Das NachwG enthielt bis zum 31.7.2022 Sanktionen für den Fall, dass der Arbeitgeber seine Nachweispflicht nicht oder nicht ordnungsgemäß erfüllt. Dennoch kamen folgende Rechtsfolgen in Betracht, wenn der Arbeitgeber seinen Verpflichtungen nicht oder nicht vollständig nachkam:
- Erfüllungs- bzw. Berichtigungsanspruch auf Erteilung bzw. Korrektur eines Nachweises;
- Schadensersatzanspruch wegen unterlassener oder unrichtiger Angaben;
- Zurückbehaltungsrecht bis zur Erteilung oder Korrektur eines Nachweises;
- Beweiserleichterungen im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens um den Inhalt der vereinbarten Arbeitsbedingungen.
Nachdem die RL 2019/1152/EU in ihrem Art. 19 zwingend Sanktionen vorsah, war der Gesetzgeber zum Handeln aufgefordert. Art. 15 Abs. 1 RL 2019/1152/EU erwähnt darüber hinaus, dass in diesem Fall "der Arbeitnehmer (...) in den Genuss von für ihn günstigen Vermutungen (kommt), die vom Mitgliedstaat festgelegt werden und die vom Arbeitgeber widerlegt werden können". Alternativ oder kumulativ kann eine staatliche Beschwerdestelle festgelegt werden, die für Abhilfe sorgt. Dabei kann geregelt werden, dass der Arbeitnehmer die Erteilung des (vollständigen) Nachweises zunächst anzumahnen hat.
Seit dem 1.8.2022 sind in § 4 NachwG einige Tatbestände geregelt, die als Ordnungswidrigkeiten mit einem Bußgeld von bis zu 2.000 EUR belegt werden können. Ob diese Tatbestände in der Praxis den Vorgaben des Art. 19 Satz 2 der RL 2019/1152/EU ("angemessen, wirksam und abschreckend") genügen werden, ist zweifelhaft. Denn im Gesetzgebungsverfahren wurde im Wesentlichen die Zuständigkeit für die Verfolgung der Ordnungswidrigkeiten – die weder Bund noch Länder übernehmen wollten – diskutiert.
Arbeitgeber können also darauf hoffen, dass die Intensität bei der Verfolgung der Ordnungswidrigkeiten nicht besonders hoch sein wird. Auf eine gesetzliche Vermutungs- oder Beweislastregel wurde ebenfalls verzichtet.
7.1 Erfüllungs- bzw. Berichtigungsanspruch
Der Arbeitgeber ist nach § 2 NachwG zum Nachweis der vereinbarten wesentlichen Arbeitsbedingungen verpflichtet. Diesen Anspruch kann der Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber vor den Gerichten für Arbeitssachen durchsetzen. Im Rahmen einer solchen Klage würde der Arbeitgeber verurteilt, dem Arbeitnehmer einen den formellen und inhaltlichen Anforderungen des § 2 NachwG genügenden Nachweis zu erteilen. Diesen Antrag kann der Arbeitnehmer nach § 888 Abs. 1 ZPO vollstrecken oder nach § 61 Abs. 2 ArbGG mit einem Antrag auf Zahlung einer angemessenen Entschädigung verbinden, für den Fall, dass der Arbeitgeber seiner Verpflichtung innerhalb einer vom Gericht zu bestimmenden Frist nicht nachkommt. Allerdings ist zu beachten, dass mit der Zahlung der Entschädigung regelmäßig weitergehende Ansprüche wegen der Verletzung der Nachweispflicht ausscheiden. Erteilt der Arbeitgeber einen Nachweis, ist dieser aber unvollständig oder fehlerhaft, so kann der Arbeitnehmer entsprechend auf Ergänzung oder Korrektur der Angaben klagen.
Die praktische Bedeutung von Klagen auf Erfüllung der Nachweispflicht oder Berichtigung von bereits erteilten Nachweisen dürfte allerdings gering sein, da regelmäßig keine Bereitschaft zur gerichtlichen Auseinandersetzung mit dem Arbeitgeber innerhalb eines noch bestehenden Arbeitsverhältnisses besteht.
Noch geringer dürfte die Relevanz von Erfüllungs- und Berichtigungsansprüchen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses sein. Erfahrungsgemäß werden ggf. noch offene Entgelt- oder Zeugnisansprüche in diesem Fall gerichtlich geltend gemacht, ohne dass der Umweg über die Klage auf Erteilung eines Nachweises gewählt wird, zumal ein solcher nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses kaum noch einen prozessualen Wert haben dürfte. Nach allgemeinen prozessualen Grundsätzen bestünden vielmehr schon Zweifel an einem Rechtsschutzbedürfnis für die isolierte Erteilung eines Nachweises nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Gleichwohl sieht § 2 Abs. 1 Satz 5 NachwG vor, dass die Verjährung des Anspruchs auf Erteilung des Nachweises erst am Schluss desjenigen Jahres beginnt, in dem das Arbeitsverhältnis endet.
Beginn der Verjährung
Das Arbeitsverhältnis beginnt 1990 und endet durch Renteneintritt im Januar 2025. Ein schriftlicher Arbeitsvertrag wurde nicht geschlossen, ein Nachweis nie erteilt. Der Anspruch auf einen Nachweis sowie der Anspruch auf Erteilung etwaiger Änderungsnachweise verjährt gemäß § 195 BGB i. V. m. § 2 Abs. 1 Satz 5 NachwG am 31.12.2028. So lange muss der Arbeitgeber demnach in der Lage sein, einen Nachweis über die wesentlichen Vertragsbedingungen zwischen 1990 und 2025 binnen 7Tagen bzw. binnen eines Monats zu erteilen. Für diesen Zeitraum ist umgekehrt eine weitere Speicherung sämtlicher Daten, die Gegenstand des Nachweises sein könnten, nicht nur zulässig, sondern sogar geboten.