Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger eine Entschädigung in Höhe von EUR 7.500,00 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.6.2023 zu bezahlen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger zu 80%, die Beklagte zu 20%.

4. Der Streitwert wird festgesetzt auf EUR 37.500,00.

5. Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über eine Entschädigung wegen Altersdiskriminierung im Rahmen eines Bewerbungsverfahrens.

Der im Jahre 1972 geborene Kläger ist ausgebildeter Diplomwirtschaftsjurist. Hinsichtlich seines Lebenslaufs wird auf Anl. B4 Bezug genommen. Die Beklagte ist ein international agierendes Handelsunternehmen im Bereich Sportartikel. Im April 2023 schrieb die Beklagte auf zahlreichen Internetplattformen eine Position als Manager Corporate Communication (m/w/d) Unternehmensstrategie in Vollzeit unbefristet aus. Hinsichtlich der Stellenanzeige wird auf Anl. K1 verwiesen. Die Anzeige weist auszugsweise folgenden Text aus:

„Wir lieben:

(…)

Darüber hinaus verstehst Du Dich als Organisationstalent, das Projekte souverän führt – auch im Change. Als Digital Native fühlst Du Dich in der Welt der Social Media, der Daten-getriebenen PR, des Bewegtbilds und allen gängigen Programmen für DTP, CMS, Gestaltung und redaktionelles Arbeiten zu Hause.”

Mit Schreiben vom 18. April 2023 bewarb sich der Kläger auf diese Stelle über das online Karriereportal der Beklagten. Mit E-Mail vom 26. April 2023 erteilte die Beklagte dem Kläger eine Absage. Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 9. Mai 2023 machte der Kläger gegenüber der Beklagten einen Entschädigungsanspruch i.H.v. 37.500,00 EUR geltend, welchen die Beklagte mit Schreiben vom 1. Juni 2023 ablehnte. Die Klageschrift vom 22. Juni 2023 wurde der Beklagten am 27. Juni 2023 zugestellt.

Der Kläger trägt vor, er sei für die Stelle geeignet und erfülle sämtliche geforderten Voraussetzungen für die ausgeschriebene Position. Insbesondere sei er nicht überqualifiziert, da es sich nach seiner Auffassung bei der Stelle nicht um eine reine Sachbearbeiterposition, sondern vielmehr um eine Führungsposition handele. Dies folge aus der Verwendung der Begriffe „Manager” sowie „Unternehmensstrategie”. Durch die Absage habe der Kläger eine Benachteiligung im Hinblick auf sein Alter erfahren. Die Verwendung des Begriffs „Digital Native” deute darauf hin, dass die Beklagte einen Bewerber suche, der einer Generation entstamme, die von Kindesbeinen an die digitale Sprache von Computer, Videospielen und Internet verwendet. In Jahreszahlen gemessen würden Angehörige der Geburtsjahrgänge ab 1980 den digitalen Ureinwohnern zugerechnet. Damit habe die Beklagte direkt auf das Merkmal Alter abgestellt und damit zum Ausdruck gebracht, dass es ihr nicht allein darum ging, einen technisch versierten Bewerber anzusprechen, der mit digitalen Medien gegebenenfalls nach intensivem langjährigen Studium souverän umgehen kann (sogenannter „Digital Immigrant”). Hierdurch werde die Vermutung begründet, die Benachteiligung des Klägers sei wegen seines Alters erfolgt. Die Beklagte schulde dem Kläger daher eine Entschädigung von fünf Monatsvergütungen à 7.500,00 EUR. Ein Monatsgehalt von 7.500,00 EUR läge im üblichen Bereich vergleichbarer Positionen. Die Beklagte habe grob und nachhaltig gegen ihre Verpflichtung aus § 11, einen Arbeitsplatz nicht unter Verstoß gegen § 7 Abs. 1 AGG auszuschreiben, verstoßen. Die Entschädigung sei auch nicht auf drei Monatsgehälter zu begrenzen; vielmehr müsse die Beklagte, sofern sie sich auf die Kappungsgrenze berufen wolle, beweisen, dass der Kläger auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.

Der Kläger beantragt:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 37.500,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt:

Klagabweisung.

Die Beklagte trägt vor, dass der Kläger als Wirtschaftsjurist überqualifiziert sei. Dies und der fehlende Sportbezug im Bewerbungsschreiben des Klägers, vorgelegt als Anl. B5, seien die Gründe gewesen, sich nicht für den Kläger zu entscheiden. Aus dem Lebenslauf sei ersichtlich, dass der Kläger als Wirtschaftsjurist mit Erfahrung in Anwaltskanzleien in den letzten Jahren Führungspositionen bekleidet habe, während es sich bei der ausgeschriebenen Position um eine einfache Sachbearbeiterstelle handele. Dies spiegele sich auch in der Gehaltsvorstellung des Klägers iHv 90.000,00 EUR Bruttojahresgehalt wieder. Die ausgeschriebene Stelle sei mit 60.000,00 EUR im Jahr dotiert gewesen. Der eingestellte Bewerber Herr H. verfüge über ein jährliches Bruttogehalt in Höhe von 58.020,00 EUR. Die deutliche Überqualifikation des Klägers, seine Gehaltsvorstellung sowie sein Familienwohnsitz in Berlin sprächen dafür, dass seine Bewerbung auch nicht ernstlich gemeint gewesen sei. Mit der Verwendung des Begriffs „Digital Native” sei kein Indiz verbun...

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