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In der Rechtsprechung des BAG ist anerkannt, dass der Arbeitgeber die arbeitsvertragliche Nebenpflicht hat, die im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehenden Interessen des Arbeitnehmers so zu wahren, wie dies unter Berücksichtigung seiner Belange, der des Betriebes und der Interessen der anderen Arbeitnehmer nach Treu und Glauben billigerweise verlangt werden kann (vgl. z. B. BAG, Urteil v. 21.11.2000, 3 AZR 13/00). Danach kann im Einzelfall auch ohne ausdrückliche vertragliche Regelung die Rechtspflicht des Arbeitgebers bestehen, den Arbeitnehmer unaufgefordert über Tatsachen und rechtliche Zusammenhänge aufzuklären, die für seine Rechtsstellung von Bedeutung sind. Solche insbesondere bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Aufhebungsvertrag in Betracht kommenden Aufklärungs- und Belehrungspflichten sind auch bei lediglich inhaltlichen Änderungen des Arbeitsvertrags nicht ausgeschlossen.
Nach Auffassung des BAG (BAG, Urteil v. 13.11.2001, 9 AZR 442/00) war der Arbeitgeber nach dem vor Schaffung des § 11 Abs. 1 Satz 2 TVöD/TV-L/TV-H entsprechenden § 15b Abs. 1 Unterabsatz 2 BAT nicht verpflichtet, den Arbeitnehmer über die Möglichkeit der Befristung der Arbeitszeitreduzierung aufzuklären. Dies sollte auch dann gelten, wenn der Arbeitnehmer deutlich macht, dass er die Arbeitszeit verringern will, um sich der Betreuung eines Kindes zu widmen und der Betreuungsbedarf mit steigendem Alter des Kindes abnimmt. Zur Begründung stellte das BAG darauf ab, dass die Folgen, die sich aus einer auf unbestimmte Zeit vereinbarten Verringerung der Arbeitszeit ergeben, überschaubar seien. Ob sich aus § 15b BAT eine solche Hinweispflicht herleiten lässt, hat das BAG allerdings ausdrücklich offen gelassen. Dies bleibt somit auch für § 11 TVöD/TV-L/TV-H offen.
Würde man eine Hinweis- und Aufklärungspflicht des Arbeitgebers bejahen, haftete dieser bei schuldhafter Verletzung für den dadurch verursachten Schaden wegen positiver Vertragsverletzung. Er wäre dann wohl im Wege der Naturalrestitution verpflichtet, dem Angestellten den vor der Reduzierung geltenden Stundenumfang wieder einzuräumen.
Im Fall einer auf Vorschlag des Vorgesetzten geschlossenen unbefristeten Teilzeitvereinbarung mit einer Mutter hat das LAG Köln eine geschlechtsspezifische Benachteiligung angenommen; für eine unbefristete Vereinbarung bestand aufseiten der Beschäftigten objektiv kein Bedürfnis und keinem Arbeitnehmer in der Anstellungsbehörde war jemals mit Rücksicht auf seine Vaterpflichten eine solche unbefristete Teilzeitvereinbarung nahegelegt oder eine solche Vereinbarung geschlossen worden (LAG Köln, Urteil v. 11.8.2011, 6 Sa 1561/10). Damit war die Teilzeitvereinbarung wegen des Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot nichtig (§ 134 BGB). Zwischen den Parteien bestand nach wie vor ein unbefristetes Vollzeitarbeitsverhältnis, weshalb die Klage der Beschäftigten, ihr wieder eine Vollzeitstelle zuzuweisen Erfolg hatte. Sofern eine Beschäftigte ausdrücklich eine unbefristete Teilzeitvereinbarung wünscht, sind allerdings nicht die vom BAG zu der Problematik des § 14 Abs. 1 Nr. 6 TzBfG entwickelten Grundsätze (vgl. BAG, Urteil v. 19.1.2005, 7 AZR 115/04) entsprechend heranzuziehen. D. h. in einem solchen Fall ist nicht entscheidend, ob die Beschäftigte auch bei einem Angebot einer befristeten Teilzeitbeschäftigung eine unbefristete Vertragsänderung vereinbart hätte. Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, einen von der Beschäftigten geäußerten Wunsch auf unbefristete Teilzeit im Hinblick auf eine eventuelle spätere Rückkehr zur Vollzeit zu objektivieren. Der Arbeitgeber ist insoweit nicht zur Motiverforschung verpflichtet.