Rz. 31
Im ersten Moment verblüfft die Aufrundungsregelung in § 5 Abs. 2 BUrlG. Da der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch 24 Werktage jährlich beträgt und das Zwölftelungsprinzip auf volle Monate abstellt, können beim gesetzlichen Mindesturlaub Bruchteile von Urlaubstagen nicht entstehen. Bis zum 31.12.1994 war dies nicht so, da bei vormalig 18 Urlaubstagen jeder volle Monat 1,5 Urlaubstage ergab. Die Grundregel hat sich daher mit Erhöhung des gesetzlichen Urlaubsanspruchs auf 24 Werktage ab 1.1.1995 überholt.
Rz. 32
Von Bedeutung ist die Vorschrift jedoch weiterhin bei der Berechnung von Teilurlaubsansprüchen bei einem tarif – und/oder arbeitsvertraglich vereinbarten höheren Jahresurlaubsanspruch von z. B. 27 Arbeitstagen. Die Anwendung von § 5 Abs. 2 BUrlG bleibt jedoch beschränkt auf die Berechnung von Teilurlaubsansprüchen nach § 5 Abs. 1 BUrlG. Soweit nicht gesetzliche, tarif- oder arbeitsvertragliche Bestimmungen Abweichendes regeln, verbleibt es ansonsten bei einem Anspruch auf einen bruchteiligen Urlaubstag ohne Auf- oder Abrundung (s. näher unten Rz. 36 ff.).
3.1 Bruchteile von mindestens einem halben Tag
Rz. 33
Bei einer Berechnung von Urlaubsansprüchen nach § 5 Abs. 1 BUrlG gebietet § 5 Abs. 2 BUrlG die Aufrundung auf volle Urlaubstage, wenn der Bruchteil mindestens einen halben Tag ergibt. Ab 0,5 Urlaubstagen ist aufzurunden, und zwar unabhängig davon, ob der Urlaub gewährt oder abgegolten wird. Abzustellen ist auf die erste Dezimalstelle. Bei berechneten 3,496 Urlaubstagen erfolgt keine Aufrundung der zweiten oder dritten Dezimalstelle. Eine Aufrundung auf 4 Urlaubstage nach § 5 Abs. 2 BUrlG scheidet aus.
Die Aufrundung ist auch vorzunehmen, wenn der Berechnung ein höherer vertraglicher oder tariflicher Urlaubsanspruch zugrunde liegt, sofern keine wirksame abweichende Regelung gilt.
Der vereinbarte Jahresurlaub beträgt 28 Arbeitstage. Das Arbeitsverhältnis endet nach 5 vollen Monaten. Der Urlaubsanspruch beträgt bei Berechnung (5 : 12 von 28 =) 11,66 Tage, damit nach Aufrundung 12 Tage.
3.2 Bruchteile von weniger als einem halben Tag
Rz. 34
Lange Zeit haben Literatur und das BAG unter Hinweis auf das im Urlaubsrecht geltende Ganztagesprinzip § 5 Abs. 2 BUrlG bei Bruchteilen von weniger als einem halben Tag als Abrundungsregelung ausgelegt. Inzwischen vertritt das BAG jedoch zu Recht die Auffassung, dass Bruchteile, die nicht nach § 5 Abs. 2 BUrlG aufzurunden sind, nicht umgekehrt abzurunden sind, da der Wortlaut nur die Aufrundung vorsieht.
Die Abrundung lässt sich nicht mit dem Ganztagesprinzip begründen. Dieses besagt nur, dass Urlaubsansprüche, die nach Tagen bemessen sind, nur in Tagen zu erfüllen sind. Der Arbeitgeber hat den unter 0,5 liegenden Bruchteil eines Urlaubstags durch Freistellung von der Arbeitspflicht für Stunden und Minuten zu gewähren. Die Berechnung erfolgt nach der vom Arbeitnehmer individuell zu leistenden Tagesarbeitszeit.
Im Arbeitsvertrag kann eine Abrundung dann vereinbart werden, wenn der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch verbleibt. Beträgt der Jahresurlaub 28 Arbeitstage, beträgt der Urlaubsanspruch bei einem Ausscheiden nach 4 vollen Monaten 9,33 Tage. Hier ist bei einzelvertraglicher Vereinbarung die Abrundung möglich, da der gesetzliche Urlaubsanspruch bei 5-Tage-Woche 8 Werktage oder 6,66 Arbeitstage beträgt.
Rz. 35
Kann der Bruchteil eines Urlaubstags bis zum Ausscheiden nicht gewährt werden, ist der Anspruch nach § 7 Abs. 4 BUrlG abzugelten.
3.3 Bruchteile außerhalb der Zwölftelungsregelung des § 5
Rz. 36
Die Bruchteilsregelung in § 5 Abs. 2 BUrlG gilt nur für die Teilurlaubsansprüche nach § 5 Abs. 1 BUrlG. Ergeben sich außerhalb der Zwölftelungsregelung des § 5 Abs. 1 BUrlG bei der Berechnung von Urlaubsansprüchen Bruchteile von mindestens 0,5, findet keine Aufrundung statt. § 5 Abs. 2 BUrlG als Sonderregelung kann nicht verallgemeinert werden.
Es kommt daher insbesondere in folgenden Fällen weder zur Aufrundung noch zur Abrundung: