Entscheidungsstichwort (Thema)
Altersgrenze für Angehörige des Cockpitpersonals
Leitsatz (amtlich)
Die Tarifvertragsparteien können für Angehörige des Cockpitpersonals eine Höchstaltersgrenze von 60 Jahren festlegen, mit deren Erreichen das Arbeitsverhältnis endet (im Anschluß an die Urteile vom 20. Dezember 1984 - 2 AZR 3/84 - AP Nr 9 zu § 620 BGB Bedingung und vom 6. März 1986 - 2 AZR 262/85 - AP Nr 1 zu § 620 BGB Altersgrenze).
Eine derartige Altersgrenze verletzt weder das Grundrecht auf Berufsfreiheit (Art 12 Abs 1 GG) noch den Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 GG). Ihr steht auch nicht die Empfehlung des Rates der Europäischen Gemeinschaften 82/857/EWG entgegen.
Verfahrensgang
LAG Düsseldorf (Entscheidung vom 09.01.1991; Aktenzeichen 12 Sa 1413/90) |
ArbG Düsseldorf (Entscheidung vom 01.08.1990; Aktenzeichen 4 Ca 2158/90) |
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis mit Ablauf des Monats endete, in dem der Kläger das 60. Lebensjahr vollendet hatte.
Der am 10. April 1930 geborene Kläger war seit 1. November 1969 als Pilot, zuletzt als Flugkapitän bei der Beklagten, die ein Bedarfsflugunternehmen betreibt, und ihrer Rechtsvorgängerin, der G Bedarfsluftfahrtgesellschaft mbH, beschäftigt. Nach § 16 des Anstellungsvertrages vom 6. Oktober 1969 galten „die Bestimmungen der beigefügten Betriebsordnung, deren Empfang gleichzeitig bestätigt wird”. § 1 dieser Betriebsordnung regelte die Dauer des Arbeitsverhältnisses wie folgt:
„Ist in dem Anstellungsschreiben die Dauer des Arbeitsvertrages nicht bestimmt, so endet das Arbeitsverhältnis spätestens mit Ablauf des Monats, in dem der männliche Arbeitnehmer das 65. Lebensjahr … vollendet.
Für das fliegende Personal endet das Arbeitsverhältnis bei einem Angestellten mit Ablauf des 55. Lebensjahres …”
Der Kläger ist Mitglied der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft (DAG). Sie schloß mit der Beklagten Firmentarifverträge für das Bordpersonal ab. § 27 des Manteltarifvertrags Nr. 2 für das Bordpersonal der H -Fluggesellschaft mbH (MTV-Bord) vom 16. September 1983 in der Fassung des Änderungstarifvertrags vom 25. Januar/10. Februar 1988 enthält folgende Altersgrenzenregelung:
„(1) Das Arbeitsverhältnis des Cockpitpersonals endet, ohne daß es einer Kündigung bedarf, spätestens mit Ablauf des Monats, in dem das 60. Lebensjahr vollendet wird. Es kann im gegenseitigen Einvernehmen auch vor dem 60. Lebensjahr, aber nicht vor Vollendung des 55. Lebensjahres beendet werden.
HF wird versuchen, einem auf Grund der Altersgrenze ausscheidenden Arbeitnehmer des Cockpitpersonals eine Tätigkeit am Boden anzubieten.
(2) …
(3) Arbeitnehmer können bei Erreichen der Altersgrenze bei Vorliegen voller Leistungsfähigkeit in einer anderen Tätigkeit innerhalb der Gesellschaft weiterbeschäftigt werden, sofern eine fliegerische Tätigkeit nicht mehr in Betracht kommt. In diesem Fall kann jedoch aus der vorangegangenen Tätigkeit als Angehöriger des Bordpersonals kein Anspruch auf Fortzahlung der bis dahin gezahlten Bezüge abgeleitet werden. Eine Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung besteht weder auf seiten der HF noch auf seiten des Arbeitnehmers.”
Der ab 1. Januar 1988 gültige Tarifvertrag Versorgung und Versicherungen Bordpersonal sieht in Abschnitt A eine Übergangsversorgung für die wegen Erreichens der Altersgrenze aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidenden Angehörigen des Cockpitpersonals vor. Die tariflichen Vorschriften lauten auszugsweise wie folgt:
„§ 2
Die Übergangsversorgung soll dem Angehörigen des Cockpitpersonals für den Zeitraum zwischen seinem Ausscheiden aus dem fliegerischen Beschäftigungsverhältnis und dem Eintritt in das Rentenalter als Teil einer angemessenen Lebensunterhaltszahlung dienen. Die Leistungen nach diesem Tarifvertrag sind daher ein von HF finanzierter Zuschuß zu der vom Angehörigen des Cockpitpersonals zu treffenden Eigenvorsorge.
§ 3
(1) HF gewährt jedem Angehörigen des Cockpitpersonals eine sich im einzelnen aus den nachfolgenden Bestimmungen ergebende Übergangsversorgung, sofern der Angehörige des Cockpitpersonals mindestens 10 Jahre ununterbrochen als Flugzeugführer und/oder Flugingenieur bei HF tätig war und sein Beschäftigungsverhältnis als Angehöriger des Cockpitpersonals ausschließlich wegen Erreichens der im jeweils geltenden Manteltarifvertrag für das Bordpersonal von HF festgelegten Altersgrenze für das Cockpitpersonal endet.
…
§ 4
(1) Die Höhe der Übergangszahlung richtet sich nach der Dauer der ununterbrochenen Beschäftigungszeit als Angehöriger des Cockpitpersonals von HF bzw. deren Rechtsvorgängerinnen.
(2) Die Beschäftigungszeit rechnet vom Tage der Aufnahme einer fliegerischen Tätigkeit bei HF einschließlich der zum Erwerb des entsprechenden Typeratings bei HF bzw. deren Rechtsvorgängerinnen absolvierten Ausbildungszeit an. …
§ 5
(1) HF gewährt als monatliche Übergangszahlung nach einer Beschäftigungszeit gemäß § 4 von 10 Jahren 20 % des zuletzt bezogenen tarifvertraglichen Grundgehaltes. Für das 11. bis 15. vollendete Beschäftigungsjahr erhöht sich die monatliche Übergangsversorgung um jeweils 1 %.
Für das 16. bis 25. vollendete Beschäftigungsjahr erhöht sich die monatliche Übergangsversorgung um jeweils 2 %.
Der in Abhängigkeit von der Beschäftigungszeit gemäß § 4 erreichbare Höchstbetrag der monatlichen Übergangsversorgung beträgt 45 % des zuletzt bezogenen tarifvertraglichen Grundgehaltes.
…”
Mit Schreiben vom 4. April 1990 wies die Beklagte den Kläger darauf hin, daß sein Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 30. April 1990 wegen Vollendung des 60. Lebensjahres ende.
Der Kläger hat behauptet, in ausgezeichneter gesundheitlicher Verfassung zu sein. Er hat die Auffassung vertreten, sein Arbeitsverhältnis habe nicht mit Erreichen der Altersgrenze geendet, sondern bestehe unbefristet fort. § 27 Abs. 1 MTV-Bord sei nichtig. Altersgrenzen seien ebenso zu behandeln wie Befristungen eines Arbeitsverhältnisses. Für eine automatische Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei Erreichen der tariflichen Altersgrenze gebe es jedoch keinen sachlichen Grund, der den Anforderungen der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts genüge. Außerdem verletze § 27 Abs. 1 MTV-Bord die durch Art. 12 GG geschützte Freiheit der Berufswahl, den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG und die Empfehlungen der EG 82/857 EWG.
Der Kläger hat beantragt
festzustellen, daß das Angestelltenverhältnis zwischen den Parteien nicht am 30. April 1990 durch Zeitablauf endete, sondern unbefristet fortbesteht.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hält die Altersgrenze für wirksam.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter. Die Beklagte beantragt Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen. Das Arbeitsverhältnis endete nach § 27 Abs. 1 MTV-Bord mit Ablauf des Monats, in dem der Kläger sein 60. Lebensjahr vollendet hatte.
I.Das Landesarbeitsgericht hat die in § 27 Abs. 1 MTV-Bord vorgesehene Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach Vollendung des 60. Lebensjahres für wirksam erachtet. Es hat im wesentlichen ausgeführt, die tariflichen Altersgrenzen seien an den Grundsätzen zu messen, die das Bundesarbeitsgericht zur Zulässigkeit befristeter Arbeitsverträge entwickelt habe. Der danach erforderliche sachliche Grund bestehe für die in § 27 Abs. 1 MTV-Bord festgelegte Altersgrenze. Da an die psychische und physische Leistungsfähigkeit eines Flugzeugführers außergewöhnlich hohe Anforderungen zu stellen seien und das Risiko unvorhergesehener Ausfallerscheinungen mit fortschreitendem Alter steige, komme es nicht darauf an, ob der Flugzeugführer auch nach dem 60. Lebensjahr noch bei guter Gesundheit sei und die fliegerärztliche Tauglichkeitsprüfung bestanden habe. Selbst wenn an die sachliche Rechtfertigung einer Altersgrenze strenge Anforderungen gestellt würden, werde ihnen § 27 Abs. 1 MTV-Bord gerecht, zumal die Beklagte mit der Übergangsversorgung einen ausreichenden Ausgleich für die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses gewähre. Die tarifliche Altersgrenzenregelung verstoße nicht gegen das Grundrecht der Berufsfreiheit (Art. 12 GG). Zwar spreche vieles dafür, daß tarifliche Altersgrenzen insoweit nicht anders zu behandeln seien als gesetzliche. § 27 Abs. 1 MTV-Bord sei jedoch auch bei Anwendung der Stufentheorie des Bundesverfassungsgerichts nicht zu beanstanden. Die Altersgrenze stehe nicht außer Verhältnis zu dem Zweck der ordnungsgemäßen Erfüllung der Berufstätigkeit und enthalte keine übermäßige, nicht mehr zumutbare Belastung. Ebensowenig verletze § 27 Abs. 1 MTV-Bord den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.
Diese Würdigung entspricht im Ergebnis und weitgehend auch in der Begründung der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts.
II.Der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts hat bereits in den Urteilen vom 20. Dezember 1984 (- 2 AZR 3/84 - AP Nr. 9 zu § 620 BGB Bedingung) und vom 6. März 1986 (- 2 AZR 262/85 - AP Nr. 1 zu § 620 BGB Altersgrenze) über die Wirksamkeit tariflicher Altersgrenzen für Mitglieder des Bordpersonals entschieden.
1.Das Urteil vom 20. Dezember 1984 hat sich mit § 47 des Manteltarifvertrags für das Bordpersonal der LTU Lufttransport-Unternehmen KG vom 1. Januar 1980 auseinandergesetzt. Diese tarifliche Regelung lautete wie folgt:
„Ausscheiden wegen Erreichens der Altersgrenze
1. Das Arbeitsverhältnis eines Angehörigen des Bordpersonals endet – ohne daß es einer Kündigung bedarf – mit Ablauf des Monats, in dem das 55. Lebensjahr vollendet wird.
2. Das Arbeitsverhältnis kann bei körperlicher und beruflicher Eignung über dieses Alter hinaus verlängert werden, soweit die einschlägigen Vorschriften eine Verwendung über das 55. Lebensjahr hinaus zulassen. Wird das Arbeitsverhältnis des Angehörigen des Bordpersonals ausnahmsweise entsprechend Satz 1 über das 55. Lebensjahr hinaus verlängert, endet es – ohne daß es einer Kündigung bedarf – mit Ablauf des Monats, in dem der Angehörige des Bordpersonals zwei weitere Lebensjahre vollendet hat. Eine wiederholte Verlängerung ist zulässig; Satz 2 gilt entsprechend. In jedem Fall endet das Arbeitsverhältnis – ohne daß es einer Kündigung bedarf – mit Ablauf des Monats, in dem der Angehörige des Bordpersonals das 59. Lebensjahr vollendet.
3. Angehörige des Bordpersonals können nach Erreichen der Altersgrenze, wenn und solange sie noch voll leistungsfähig sind, in einer anderen Tätigkeit innerhalb der LTU weiterbeschäftigt werden, sofern eine fliegerische Tätigkeit nicht mehr in Betracht kommt. In diesem Fall kann jedoch aus der vorangegangenen Tätigkeit als Angehöriger des Bordpersonals kein Anspruch auf Fortzahlung der bis dahin gezahlten Bezüge abgeleitet werden. Eine Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung besteht weder auf seiten der LTU noch auf seiten des Angehörigen des Bordpersonals.”
Eine Übergangsversorgung bis zum Einsetzen der gesetzlichen Rentenversicherung war nicht vorgesehen. Trotzdem hat der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts die Regelung, nach der das Arbeitsverhältnis der Angehörigen des Bordpersonals nach Vollendung des 55. Lebensjahres endete, für sachlich gerechtfertigt angesehen, weil der Tarifvertrag eine zweimalige Verlängerung des Arbeitsvertrages um jeweils zwei weitere Jahre ermöglichte und insoweit keine starre Altersgrenze enthielt. Die Verlängerungsklausel hat der Zweite Senat dahingehend ausgelegt, daß die LTU verpflichtet war, nach billigem Ermessen den Vertrag grundsätzlich zu verlängern, wenn die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen erfüllt waren. Die starre Höchstbegrenzung des Arbeitsverhältnisses bis zur Vollendung des 59. Lebensjahres hat der Zweite Senat „im Hinblick auf das besondere Interesse an der Gewährleistung der Sicherheit des Luftverkehrs” für zulässig gehalten (Urteil vom 20. Dezember 1984 - 2 AZR 3/84 - AP Nr. 9 zu § 620 BGB Bedingung, zu B II 3 der Gründe).
2.Im Urteil vom 6. März 1986 (- 2 AZR 262/85 - AP Nr. 1 zu § 620 BGB Altersgrenze) befaßte sich der Zweite Senat mit § 19 des zwischen der Arbeitsrechtlichen Vereinigung Hamburg e.V. und der DAG abgeschlossenen Manteltarifvertrags Nr. 3 Bordpersonal vom 8. April 1980 in der Fassung des Rationalisierungsschutzabkommens vom 29. Oktober 1980. Diese Altersgrenzenregelung lautete auszugsweise wie folgt:
„(1) Das Arbeitsverhältnis endet – ohne daß es einer Kündigung bedarf – mit Ablauf des Monats, in dem das 55. Lebensjahr vollendet wird.
(2) Das Arbeitsverhältnis des Cockpitangehörigen kann bei körperlicher und beruflicher Eignung über dieses Alter hinaus verlängert werden, soweit die einschlägigen Vorschriften eine Verwendung über das 55. Lebensjahr hinaus zulassen. Wird das Arbeitsverhältnis des Angehörigen des Cockpitpersonals ausnahmsweise entsprechend Satz 1 über das 55. Lebensjahr hinaus verlängert, so endet es – ohne daß es einer Kündigung bedarf – mit Ablauf des Monats, in dem der Angehörige des Cockpitpersonals ein weiteres Lebensjahr vollendet. Eine wiederholte Verlängerung ist zulässig; Satz 2 gilt entsprechend. In jedem Fall endet das Arbeitsverhältnis – ohne daß es einer Kündigung bedarf – mit Ablauf des Monats, in dem der Angehörige des Cockpitpersonals das 60. Lebensjahr vollendet.
…
(4) Angehörige des Bordpersonals können nach Erreichen der Altersgrenze, wenn und solange sie noch voll leistungsfähig sind, in einer anderen Tätigkeit innerhalb der Gesellschaft weiterbeschäftigt werden, sofern eine fliegerische Tätigkeit nicht mehr in Betracht kommt. In diesem Fall kann jedoch aus der vorangegangenen Tätigkeit als Angehöriger des Bordpersonals kein Anspruch auf Fortzahlung der bis dahin gezahlten Bezüge abgeleitet werden. Eine Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung besteht weder auf seiten DLH/CFG noch auf seiten des Angehörigen des Bordpersonals.”
Der Zweite Senat hat die Altersgrenze von 55 Jahren wegen der Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis fünfmal um je ein weiteres Jahr zu verlängern, und wegen der im Tarifvertrag Übergangsversorgung enthaltenen Versorgungsregelung für wirksam erachtet. Die für das Cockpitpersonal eingerichtete Übergangsversorgung hat zu einer anderen Auslegung der Verlängerungsklausel geführt. Der Arbeitgeber war nicht regelmäßig verpflichtet, das Arbeitsverhältnis nach billigem Ermessen zu verlängern, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen dieser Bestimmung erfüllt waren. Er hatte jedoch im Rahmen der bei der Ausübung des Bestimmungsrechts gebotenen Interessenabwägung auf besondere, gerade dem betroffenen Arbeitnehmer durch das vorzeitige Ausscheiden entstehende soziale Härten Rücksicht zu nehmen. Auch in dieser Entscheidung hat der Zweite Senat ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die Höchstaltersgrenze von 60 Jahren für Angehörige des Cockpitpersonals nicht zu beanstanden sei (Urteil vom 6. März 1986 - 2 AZR 262/85 - AP Nr. 1 zu § 620 BGB Altersgrenze, zu A IV 6 d cc der Gründe).
3.Aus den Urteilen des Bundesarbeitsgerichts vom 20. Dezember 1984 (aaO, zu B II 2 der Gründe) und vom 6. März 1986 (aaO, zu A IV 6 der Gründe) lassen sich demnach entgegen der Ansicht des Klägers keine rechtlichen Bedenken gegen die starre Altersgrenze von 60 Jahren herleiten. Im Gegenteil: In diesen Urteilen ist lediglich darauf hingewiesen worden, daß gegen starre Altersgrenzen, die davor liegen, „möglicherweise Bedenken” erhoben werden können. Die gleichzeitig vereinbarten starren Höchstaltersgrenzen von 59 bzw. 60 Lebensjahren sind ausdrücklich nicht beanstandet worden (BAG Urteil vom 20. Dezember 1984, aaO, zu B II 3 der Gründe und Urteil vom 6. März 1986, aaO, zu A IV 6 d cc der Gründe).
4.Im vorliegenden Fall haben sich die Tarifvertragsparteien mit der Höchstaltersgrenze von 60 Jahren für das Cockpitpersonal begnügt und von einer noch weiter vorverlagerten Altersgrenze gänzlich abgesehen. Die Regelungen des § 27 MTV-Bord sind weniger einschneidend als die Bestimmungen, mit denen sich die Urteile vom 20. Dezember 1984 und 6. März 1986 befaßt haben.
III.Der Senat hält daran fest, daß die Tarifvertragsparteien eine Höchstaltersgrenze von 60 Jahren für Angehörige des Cockpitpersonals festlegen können.
1.Tarifverträge unterliegen keiner Billigkeitskontrolle (BAG Urteil vom 20. August 1986 - 4 AZR 256/85 - AP Nr. 47 zu § 1 TVG Tarifverträge: Metallindustrie; Urteil vom 29. Januar 1991 - 3 AZR 44/90 - AP Nr. 23 zu § 18 BetrAVG, zu I 3 a der Gründe). Es ist nicht Sache der Gerichte zu prüfen, ob die Tarifvertragsparteien die gerechteste und zweckmäßigste Regelung getroffen haben. Sie haben lediglich zu kontrollieren, ob die Grenzen der Tarifautonomie überschritten sind (BAG Urteil vom 1. Juni 1983 - 4 AZR 566/80 - AP Nr. 5 zu § 611 BGB Deputat). Tarifverträge sind von den Gerichten nur darauf zu überprüfen, ob sie gegen zwingende staatliche Rechtssätze verstoßen (vgl. BAGE 41, 163, 168 = AP Nr. 1 zu § 1 BetrAVG Besitzstand, zu II 3 der Gründe; BAGE 46, 394, 399 = AP Nr. 21 zu § 1 TVG; Urteil vom 29. Januar 1991 - 3 AZR 44/90 -, aaO). Ein derartiger Verstoß liegt nicht vor.
2.Die Altersgrenze von 60 Jahren für Angehörige des Cockpitpersonals ist weder als Befristung noch als auflösende Bedingung rechtlich zu beanstanden, so daß die dogmatische Einordnung der Altersgrenze offenbleiben kann.
a)Im Urteil vom 25. März 1971 (BAGE 23, 257, 265 = AP Nr. 5 zu § 57 BetrVG 1952, zu II 2 der Gründe) hat der Zweite Senat die einzelvertragliche Festlegung einer Altersgrenze als vorweggenommenen Aufhebungsvertrag angesehen. Diese Auffassung hat der Zweite Senat mit Urteil vom 20. Dezember 1984 (- 2 AZR 3/84 - AP Nr. 9 zu § 620 BGB Bedingung, zu B I 3 b der Gründe) aufgegeben. Seither ist er von einer auflösenden Bedingung ausgegangen (Urteil vom 20. Dezember 1984, aaO, zu B I 3 b der Gründe; Urteil vom 6. März 1986 - 2 AZR 262/85 - AP Nr. 1 zu § 620 BGB Altersgrenze, zu A IV 2 a der Gründe; BAGE 57, 30, 38 = AP Nr. 2 zu § 620 BGB Altersgrenze, zu B IV 1 der Gründe), weil das Erreichen der Altersgrenze ein zukünftiges Ereignis sei, dessen Eintritt ungewiß sei, während die Zeit des Eintritts feststehe (dies incertus an, certus quando). Eine Befristung setze voraus, daß der Eintritt des künftigen Ereignisses feststehe, möge auch, wie etwa für den Todesfall, der Zeitpunkt des Eintritts ungewiß sein (dies certus an, incertus quando). In der Literatur wird wohl überwiegend die Altersgrenze als Befristung angesehen (u.a. Belling, Anm. zu AP Nr. 9 zu § 620 BGB Bedingung; Gitter/Boerner, RdA 1990, 129, 131; Hromadka, DB 1985, Beil. 11/85, S. 2; ders., SAE 1986, 244; Joost, Anm. zu AP Nr. 2 zu § 620 BGB Altersgrenze; Stahlhacke, DB 1989, 2329, 2330; Münch-Komm-Schwerdtner, BGB, 2. Aufl., § 620 Rz 46). Für die Arbeitsvertragsparteien sei die Vollendung eines bestimmten Lebensjahres ein Ereignis, von dessen Eintritt sie ausgingen und das sie als feste Größe ihrer Planung zugrunde legten. Jede Befristung stehe unter der Rechtsbedingung, daß das Arbeitsverhältnis nicht vor dem Fristablauf anderweitig ende, etwa durch Aufhebungsvertrag, Kündigung oder Tod.
Einer Entscheidung dieser Streitfrage bedarf es im vorliegenden Fall nicht, weil die Altersgrenze unabhängig von ihrer dogmatischen Einordnung nach den gleichen Grundsätzen zu überprüfen ist. Daran ändert es nichts, daß der Zweite Senat im Urteil vom 9. Juli 1981 (BAGE 36, 112, 123 = AP Nr. 4 zu § 620 BGB Bedingung, zu II 3 der Gründe) erwogen hat, auflösende Bedingungen in Arbeitsverträgen grundsätzlich für unwirksam zu erklären, sofern sie nicht vornehmlich dem Interesse des Arbeitnehmers dienten oder ihr Eintritt allein von seinem Willen abhänge. In dieser Entscheidung hat der Zweite Senat darauf abgestellt, daß der Arbeitnehmer bei der Befristung, die einen festen Endzeitpunkt für das Arbeitsverhältnis setze, von vornherein wisse, sich nicht auf einen dauerhaften Bestand des Arbeitsverhältnisses einrichten zu können, sondern sich rechtzeitig um einen neuen Arbeitsplatz bemühen zu müssen. Dagegen sei bei einem auflösend bedingten Arbeitsvertrag ungewiß, ob das Arbeitsverhältnis in absehbarer Zeit enden werde. Abgesehen vom Fall der Potestativbedingung habe der Arbeitnehmer auch keinerlei Einfluß darauf, ob und gegebenenfalls wann die Bedingung eintrete, so daß ihm eine hinreichend sichere Erwartungsgrundlage für Dispositionen fehle. Bei einer Altersgrenze ist jedoch ebenso wie bei der Befristung der Beendigungszeitpunkt für den Arbeitnehmer voraussehbar und vom Willen des Arbeitgebers unabhängig. Aus diesem Grunde hat es der Zweite Senat im Urteil vom 20. Dezember 1984 (- 2 AZR 3/84 - AP Nr. 9 zu § 620 BGB Bedingung, zu B I 4 b der Gründe) für gerechtfertigt gehalten, auf Altersgrenzenregelungen die für Befristungen aufgestellten Grundsätze anzuwenden. An dieser Ansicht ist in den Urteilen vom 20. November 1987 (BAGE 57, 30, 38 ff. = AP Nr. 2 zu § 620 BGB Altersgrenze, zu B IV der Gründe) und vom 6. März 1986 (- 2 AZR 262/85 - AP Nr. 1 zu § 620 BGB Altersgrenze, zu A IV 2 a der Gründe) festgehalten worden. Es besteht kein Anlaß, davon abzuweichen.
b)Ebenso wie in den Urteilen vom 20. Dezember 1984 (- 2 AZR 3/84 - AP Nr. 9 zu § 620 BGB Bedingung, zu B I 5 der Gründe) und vom 6. März 1986 (- 2 AZR 262/85 - AP Nr. 1 zu § 620 BGB Altersgrenze, zu A IV 2 b der Gründe) kann es auch im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, ob tariflichen Befristungsregelungen eine materielle Richtigkeitsgewähr zukommt, die eine richterliche Inhaltskontrolle ausschließt oder einschränkt, und ob es sich bei den Grundsätzen der Befristungskontrolle letztlich um tarifdispositives Richterrecht handelt. Selbst wenn tarifliche Altersgrenzenregelungen einer uneingeschränkten Befristungskontrolle unterliegen, ist § 27 Abs. 1 MTV-Bord rechtswirksam.
c)§ 27 Abs. 1 MTV-Bord enthält keine schematische, für alle Arbeitnehmer geltende Altersgrenze, sondern stellt auf die besonderen Anforderungen der Tätigkeit des Cockpitpersonals ab. Demnach erübrigt sich im vorliegenden Fall eine Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung zur Zulässigkeit einer generellen Altersgrenze für alle Arbeitnehmer (vgl. hierzu BAGE 5, 240 = AP Nr. 2 zu § 18 ATO; BAGE 23, 257, 270 ff. = AP Nr. 5 zu § 57 BetrVG, zu III 1 der Gründe; BAG Urteil vom 3. Februar 1975 - 5 AZR 159/74 - AP Nr. 1 zu § 63 MTL II, zu 3 der Gründe; BAGE 29, 133, 135 = AP Nr. 1 zu § 60 BAT, zu I 1 der Gründe; BAGE 31, 20, 22 = AP Nr. 9 zu § 99 BetrVG 1972, zu II 2 a der Gründe; BAG Beschluß vom 19. September 1985 - 2 AZR 188/83 - AP Nr. 11 zu § 77 BetrVG 1972, zu B I 4 der Gründe; BAGE 57, 30, 40 = AP Nr. 2 zu § 620 BGB Altersgrenze, zu B IV 3 der Gründe) und mit der in der Literatur geübten Kritik an dieser Rechtsprechung (vgl. u.a. Belling, Anm. zu EzA § 620 BGB Altersgrenze Nr. 1; Gitter/Boerner, RdA 1990, 129, 130 ff.; Hanau, RdA 1976, 24 ff.; Linnenkohl/Rauschenberg, BB 1984, 603 ff.; Schlüter/Belling, SAE 1979, 277 ff. und NZA 1988, 297 ff.; Stahlhacke, DB 1989, 2329 ff.). Auch die Kritiker der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts halten Altersgrenzen jedenfalls dann für gerechtfertigt, wenn sie der ordnungsgemäßen Erfüllung der Berufstätigkeit und dem Schutz vor schwerwiegenden Gefahren dienen. Mit zutreffender Begründung hat das Landesarbeitsgericht diese Voraussetzung bejaht.
aa)Flugzeugführer sind überdurchschnittlichen physischen und psychischen Belastungen ausgesetzt. Altersbedingter Verschleiß und Abbau kann nur sehr begrenzt durch Routine und Erfahrung ausgeglichen werden. Das zur Minderung der Leistungsfähigkeit führende Altern hängt zwar nicht allein vom Lebensalter ab, sondern ist ein schleichender Prozeß, der individuell verschieden schnell vor sich geht (BAGE 11, 278, 285 = AP Nr. 1 zu § 1 KSchG Personenbedingte Kündigung, zu III 1 der Gründe; BAGE 57, 30, 41 = AP Nr. 2 zu § 620 BGB Altersgrenze, zu B IV 3 b aa der Gründe). Mit höherem Lebensalter wird jedoch ein Altern mit den damit verbundenen Folgen wahrscheinlicher. Selbst wenn sich der einzelne Flugzeugführer augenblicklich in einer guten gesundheitlichen Verfassung befindet, ändert dies nichts daran, daß ein erhöhtes altersbedingtes Risiko besteht. Das Risiko plötzlicher Ausfallerscheinungen und unerwarteter Fehlreaktionen steigt mit zunehmendem Alter. Das Versagen eines Flugzeugführers kann aber zahlreiche Menschen in Gefahr bringen. Die mit höherem Lebensalter steigende Gefahr eines Leistungsabfalls rechtfertigt bei Flugzeugführern wegen der besonderen Leistungsanforderungen und der einschneidenden Folgen einer Fehlleistung die Einführung einer Altersgrenze.
bb)Die in § 27 Abs. 1 MTV-Bord festgelegte Altersgrenze entspricht einem normierten Erfahrungswert. Nach § 41 Abs. 1 Satz 2 der Betriebsordnung für Luftfahrtgeräte (LuftBO) vom 4. März 1970 (BGBl. I S. 262), geändert durch Verordnung vom 9. Januar 1976 (BGBl. I S. 53), sollen Mitglieder der Flugbesatzung mit einem Alter von über 60 Jahren nicht eingesetzt werden. Der Zweite Senat hat zwar in seinem Urteil vom 20. Dezember 1984 (- 2 AZR 3/84 - AP Nr. 9 zu § 620 BGB Bedingung, zu B II 2 c der Gründe) ausgeführt, es sei unklar, ob diese Bestimmung auch für den Einsatz des „Flugkapitäns” gelte. Diese Bedenken, die der Kläger aufgegriffen hat, teilt der nunmehr für Befristungsfragen allein zuständige erkennende Senat nicht. Aus § 41 Abs. 1 Satz 2 LuftBO läßt sich nicht ableiten, daß der „Flugkapitän” als verantwortlicher Luftfahrzeugführer nicht zu den Mitgliedern der Flugbesatzung im Sinne des § 41 Abs. 1 Satz 2 LuftBO zählt. Nach § 41 Abs. 1 Satz 1 LuftBO hat der Unternehmer „für jeden Flug den verantwortlichen Luftfahrzeugführer und die Flugbesatzung zu bestimmen”. Obwohl vor dem Wort „Flugbesatzung” das Wort „übrige” fehlt, zwingt dies nicht zu einer einschränkenden Auslegung des Begriffs Flugbesatzung. Nach allgemeinem Sprachgebrauch läßt sich der verantwortliche Luftfahrzeugführer zwanglos zur Flugbesatzung zählen. Dieser Begriff wird auch in der Überschrift des 2. Teils des 5. Abschnitts der LuftBO verwandt. Die darin enthaltenen Regelungen (§ 32 Zusammensetzung der Flugbesatzung, § 33 Verhalten der Flugbesatzung) nehmen den verantwortlichen Luftfahrzeugführer nicht von ihrem Geltungsbereich aus. Es widerspräche auch dem Zweck der §§ 32, 33, 41 Abs. 1 Satz 2 LuftBO, diese Vorschriften nicht auf den verantwortlichen Luftfahrzeugführer anzuwenden. Jedenfalls läßt sich dem § 41 Abs. 1 Satz 2 LuftBO entnehmen, daß der für den Luftverkehr zuständige Verordnungsgeber Personen im Alter von mehr als 60 Jahren in der Regel nicht mehr für geeignet ansieht, im Cockpit eingesetzt zu werden. Eine an dieser Altersgrenze ausgerichtete Vereinbarung über die Beendigung der Arbeitsverhältnisse des Cockpitpersonals ist im Hinblick auf das besondere Interesse an der Gewährleistung der Sicherheit des Luftverkehrs nicht zu beanstanden (so auch BAG Urteil vom 20. Dezember 1984 - 2 AZR 3/84 - AP Nr. 9 zu § 620 BGB Bedingung, zu B II 3 der Gründe; BAG Urteil vom 6. März 1986 - 2 AZR 262/85 - AP Nr. 1 zu § 620 BGB Altersgrenze, zu A IV 6 d cc der Gründe).
cc)Eine derartige Altersgrenze wird nicht nur vom nationalen Verordnungsgeber, sondern international für erforderlich gehalten. Wie der Kläger in der Revisionsbegründung eingeräumt hat, stellen die Vorschriften der LuftBO die Umsetzung der Mindestanforderungen des ICAO-Abkommens dar, dem Deutschland beigetreten ist. Der Kläger weist selbst darauf hin, daß nach Anhang I Nr. 2.1.7.1 dieses Abkommens die Erlaubnisse eines Luftfahrers, der das 60. Lebensjahr erreicht habe, so zu beschränken seien, daß er die Tätigkeit als verantwortlicher Luftfahrzeugführer im gewerblichen internationalen Luftverkehr nicht mehr ausüben dürfe.
3.Entgegen der Auffassung des Klägers verletzt die vorliegende tarifliche Altersgrenzenregelung nicht das Grundrecht auf Berufsfreiheit (Art. 12 GG).
a)Eine gesetzliche Höchstaltersgrenze für einzelne Berufe bedeutet keine bloße Beschränkung der Berufsausübung, die nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG durch oder aufgrund eines Gesetzes beschränkt werden kann, soweit vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls es zweckmäßig erscheinen lassen. Sie greift vielmehr auf der Stufe der subjektiven Zulassungsvoraussetzungen in die Freiheit der Berufswahl ein (BVerfGE 9, 338, 345 = AP Nr. 17 zu Art. 12 GG; BAG Urteil vom 6. März 1986 - 2 AZR 262/85 - AP Nr. 1 zu § 620 BGB Altersgrenze, zu A V 1 der Gründe). Im Urteil vom 6. März 1986 (aaO, zu A V 2 der Gründe) hat der Zweite Senat aber den Unterschied zwischen gesetzlichen und tariflichen Altersgrenzen herausgearbeitet und ausgeführt, daß eine tarifliche Altersgrenze keine subjektive Zulassungsvoraussetzung für ganze Berufe enthalte, sondern nur die Erhaltung eines einzelnen Arbeitsplatzes von einem bestimmten Lebensalter abhängig mache. Das Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis nach dem Erreichen der Altersgrenze könne allerdings allgemein im Hinblick auf die herrschende Einstellung gegenüber älteren Arbeitnehmern und im besonderen wegen der auch für andere deutsche Luftfahrtunternehmen geltenden tariflichen Altersgrenzen für einen Flugzeugführer eine erhebliche Beschränkung, unter Umständen das Ende seiner Tätigkeit in diesem Beruf bedeuten. Ein solcher Eingriff könne deshalb nur aus sachlichen Gründen zulässig sein. In der Literatur wird häufig die Auffassung vertreten, daß damit an die Zulässigkeit von Altersgrenzen zu geringe Anforderungen gestellt werden (vgl. Bel,ling, Anm. zu EzA § 620 BGB Altersgrenze Nr. 1; Gitter/Boerner, RdA 1990, 129, 133 ff.; Linnenkohl/Rauschenberg, BB 1984, 603, 607 f.; Schlüter/Belling, SAE 1979, 277, 278 und NZA 1988, 297, 301 ff.; Stahlhacke, DB 1989, 2329, 2332 f.). Im vorliegenden Fall kann offenbleiben, ob die Ansicht dieser Autoren zutrifft, daß eine tarifliche Altersgrenze ebenso wie eine gesetzliche Altersgrenze als subjektive Zulassungsvoraussetzung die Freiheit der Berufswahl beschränke und deshalb den gleichen strengen verfassungsrechtlichen Anforderungen genügen müsse. § 27 Abs. 1 MTV-Bord wird auch diesem Prüfungsmaßstab gerecht.
b)Bei subjektiven Berufszulassungsvoraussetzungen gilt das Prinzip der Verhältnismäßigkeit in dem Sinne, daß diese Einschränkungen zu dem angestrebten Zweck der ordnungsgemäßen Erfüllung der Berufstätigkeit nicht außer Verhältnis stehen und keine übermäßigen, nicht mehr zumutbaren Belastungen enthalten dürfen (BVerfGE 7, 377, 407; 9, 338, 345 = AP Nr. 17 zu Art. 12 GG, zu C II 2 b der Gründe; BVerfGE 55, 185, 196; 69, 209, 218). Die vorliegende tarifliche Altersgrenze dient dem Schutz von Leben und Gesundheit sowohl der Flugpassagiere als auch der Besatzungsmitglieder. Die Altersgrenze von 60 Jahren ist ein hierzu geeignetes und auch angemessenes Mittel. Der Schutz von Leben und Gesundheit überwiegt nicht nur gegenüber den wirtschaftlichen, sondern auch gegenüber den ideellen, immateriellen Interessen älterer Flugzeugführer an der Fortsetzung ihres Arbeitsverhältnisses. Zur Sicherstellung eines wirksamen Gefahrenschutzes durften die Tarifvertragsparteien davon absehen, auf die konkrete Leistungsfähigkeit des einzelnen älteren Flugzeugführers abzustellen. Dem Normgeber bleibt es überlassen, zu generalisieren und ohne Ausnahmetatbestände für individuelle Leistungsnachweise die Beendigung des Arbeitsverhältnisses anzuordnen (vgl. BVerfGE 9, 338, 347, 353 = AP Nr. 17 zu Art. 12 GG, zu C II 2 b und IV der Gründe). Zudem darf nicht unberücksichtigt bleiben, daß die mit der Altersgrenze verbundene generalisierende Belastung durch die Übergangsversorgung gemildert ist (vgl. BVerfGE 9, 338, 348 = AP Nr. 17 zu Art. 12 GG, zu C II 2 b der Gründe).
c)Der Kläger räumt zwar ein, daß Leben, Gesundheit und Vertrauen in die Sicherheit des Luftverkehrs überragende Gemeinschaftsgüter seien, meint aber, die Tarifvertragsparteien hätten sich damit nicht zu befassen. Dieser Ansicht vermag der Senat nicht zu folgen. Die Tarifvertragsparteien sind zumindest berechtigt, die Arbeitsbedingungen so zu regeln, daß den Pflichten und den Interessen ihrer Mitglieder Rechnung getragen wird. Eine eigene Angelegenheit der Flugunternehmen ist es, Leben und Gesundheit sowohl der übrigen Arbeitnehmer (Flugpersonal) als auch der Kunden (Passagiere) wirksam zu schützen. Die Luftverkehrsunternehmen haben auch ein eigenes Interesse, das Vertrauen in die Sicherheit des Luftverkehrs zu erhalten, weil ihre Marktchancen nicht zuletzt vom Vertrauen ihrer Kunden abhängen.
d)Im vorliegenden Fall kann dahingestellt bleiben, ob eine Altersgrenze für Flugzeugführer auch ohne betriebliche Übergangsversorgung nicht zu beanstanden ist (so BAG Urteil vom 20. Dezember 1984 - 2 AZR 3/84 - AP Nr. 9 zu § 620 BGB Bedingung). Die Übergangsversorgung ist zumindest insoweit von Bedeutung, als sie die Einbußen verringert, die sich aus der Beschränkung der Berufsfreiheit ergeben. Das Bestehen einer betrieblichen Übergangsversorgung macht dementsprechend eine Altersgrenze noch eher zumutbar. Die Übergangsversorgung des Klägers beträgt ca. 35 % des Grundgehalts, das erheblich über der sozialversicherungsrechtlichen Beitragsbemessungsgrenze lag. Im Vergleich zur Sozialversicherungsrente erhält der Kläger, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend ausführt, eine ausreichende Übergangsversorgung.
Auch der Hinweis des Landesarbeitsgerichts auf eine zumutbare Eigenversorgung ist rechtlich nicht zu beanstanden. Daran ändert es nichts, daß im Urteil vom 20. Dezember 1984 (aaO, zu B II 2 g aa der Gründe) ausgeführt worden ist, die verhältnismäßig hohen Bezüge der Flugzeugführer während des aktiven Dienstverhältnisses seien durch die besonders qualifizierten Leistungen bedingt und hätten nicht dazu dienen sollen, Vermögenseinbußen auszugleichen, die dadurch entstünden, daß die Flugzeugführer wegen Erreichens der Altersgrenze arbeitslos werden. Im vorliegenden Fall weist § 2 Satz 2 des Tarifvertrags Versorgung und Versicherung Bordpersonal ausdrücklich darauf hin, daß die von der Beklagten gewährte Übergangsversorgung ein „Zuschuß zu der vom Angehörigen des Cockpitpersonals zu treffenden Eigenvorsorge” ist.
4.Art. 2 Abs. 1 GG ist neben Art. 12 Abs. 1 GG nicht anwendbar. Art. 12 Abs. 1 GG erfaßt die Berufsfreiheit auch unter dem Gesichtspunkt des Rechts auf freie Entfaltung der Persönlichkeit. Dieses Recht wird im Bereich des Arbeitslebens durch Art. 12 Abs. 1 GG konkretisiert (vgl. BVerfGE 1, 264, 274; 13, 97, 104; 30, 292, 334). Art. 12 Abs. 1 GG ist lex specialis für das Gebiet des Berufsrechts und geht dem Auffanggrundrecht des Art. 2 Abs. 1 GG vor (vgl. u.a. BVerfGE 9, 73, 77; 9, 338, 343 = AP Nr. 17 zu Art. 12 GG, zu C I der Gründe; BVerfGE 10, 185, 199; 68, 193, 223 f., m.w.N.).
5.Die Altersgrenzenregelung des § 27 MTV-Bord verletzt nicht den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Er gebietet, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches gemäß seiner Eigenart unterschiedlich zu behandeln (ständige Rechtsprechung seit BVerfGE 1, 14, 52). Das in Art. 3 Abs. 1 GG enthaltene Willkürverbot ist verletzt, wenn sich ein vernünftiger, aus der Natur der Sache sich ergebender oder sonstwie sachlich einleuchtender Grund für die getroffene Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden läßt (ständige Rechtsprechung seit BVerfGE 1, 14, 52; vgl. u.a. BVerfGE 78, 249, 287; 80, 109, 118). Dem Normgeber steht eine weitgehende Gestaltungsfreiheit zu, wobei er bei der Ordnung von Massenerscheinungen auch typisieren kann (BVerfGE 63, 119, 128; 80, 109, 118). Sowohl für die unterschiedliche Behandlung älterer und jüngerer Arbeitnehmer durch § 27 Abs. 1 MTV-Bord als auch für die Differenzierung zwischen Angehörigen des Cockpitpersonals und anderen Arbeitnehmern bestehen einleuchtende sachliche Gründe. Bei der Tätigkeit des Cockpitpersonals ist es angebracht, zum Schutz wichtiger Rechtsgüter das Arbeitsverhältnis bereits dann zu beenden, wenn generell mit altersbedingten Leistungsabfällen zu rechnen ist. Die zusätzlichen altersbedingten Risiken rechtfertigen die Ungleichbehandlung älterer und jüngerer Angehöriger desselben Berufs. Der vorbeugende Gefahrenschutz ist auch ein ausreichender Grund, entsprechend den mit den einzelnen Berufstätigkeiten verbundenen Gefahren zu unterscheiden.
6.Die Empfehlung des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 10. Dezember 1982 zu den Grundsätzen für ein gemeinsames Vorgehen betreffend die Altersgrenze (82/857/EWG, Amtsblatt Nr. L 357 vom 18. Dezember 1982, S. 27) steht der in § 27 Abs. 1 MTV-Bord festgelegten Altersgrenze nicht entgegen.
a)Nach Art. 189 Abs. 5 EWG-Vertrag sind Empfehlungen nicht verbindlich. Sie enthalten keine normativen Regelungen. Das schließt aber nicht aus, daß sie eine gewisse rechtliche Wirkung entfalten. In dem vom Kläger zitierten Urteil vom 13. Dezember 1989 (- RCs-322/88 - Grimaldi/Le Fonds des maladies professionnelles, EuZW 1990, 95 f.) hat der Europäische Gerichtshof zum einen hervorgehoben, daß Empfehlungen selbst gegenüber ihren Adressaten keine bindende Wirkung entfalten sollen und deshalb auch keine Rechte begründen können, auf die sich die einzelnen vor den nationalen Gerichten berufen könnten. Zum anderen hat jedoch der Europäische Gerichtshof in dieser Entscheidung darauf hingewiesen, daß die Empfehlungen nicht ohne Rechtswirkungen sind. Vielmehr sind die Gerichte verpflichtet, die Empfehlungen bei der Entscheidung der bei ihnen anhängigen Rechtsstreitigkeiten zu berücksichtigen, insbesondere dann, wenn die Empfehlungen Aufschluß über die Auslegung nationaler Rechtsvorschriften geben, die zu ihrer Durchführung erlassen worden sind, oder wenn sie die Ergänzung zwingender Gemeinschaftsvorschriften bezwecken.
b)Im vorliegenden Fall ist bereits fraglich, ob die Empfehlung 82/857/EWG überhaupt einschlägig ist. Diese Empfehlung dient der „schrittweisen Verwirklichung der flexiblen Rentenaltersgrenze im Rahmen der verschiedenen Alterssicherungssysteme”. Die tarifliche Altersgrenze von 60 Jahren für das Cockpitpersonal betrifft aber nicht das Rentenalter. Im Gegenteil: § 2 Satz 1 des Tarifvertrags Versorgung und Versicherung Bordpersonal unterscheidet ausdrücklich zwischen dem Ausscheiden aus dem fliegerischen Beschäftigungsverhältnis und dem „Eintritt in das Rentenalter”. Der Arbeitnehmer erhält bis zum Bezug der Altersrente eine Übergangs versorgung. Selbst wenn sich die Empfehlung 82/857/EWG auf derartige Altersgrenzen und Übergangsversorgungen erstreckt, schließt sie Höchstaltersgrenzen, die auch den Anforderungen bestimmter Berufe angepaßt sein können, nicht gänzlich aus. Vielmehr läßt Abschnitt A Nr. 1 der Empfehlung es zu, daß die Arbeitnehmer „gegebenenfalls” nur „bis zu einem bestimmten Alter” das „Recht haben, den Zeitpunkt, von dem an sie die Rente in Anspruch nehmen können, frei zu wählen”. Im übrigen enthält die Empfehlung ausdrücklich einen Vorbehalt für tarifliche Regelungen („unter Beachtung der Autonomie der Sozialpartner”).
Unterschriften
Dr. Seidensticker, Dr. Steckhan, Kremhelmer, Nottelmann, Lappe
Fundstellen
DB 1993, 443-444 (LT1) |
JR 1993, 176 |
JR 1993, 176 (L) |
NZA 1993, 998 |
NZA 1993, 998-1002 (LT1) |
RdA 1992, 399 |
ZTR 1993, 118-119 (LT1) |
AP, Altersgrenze (LT1) |
AR-Blattei, ES 1170 Nr 14 (LT1) |
EuZW 1994, 160 (S) |
EzA, Altersgrenze Nr 2 (LT1) |
ZLW 1993, 199-208 (ST) |