Entscheidungsstichwort (Thema)
Energiebeihilfe statt Hausbrandkohle
Leitsatz (amtlich)
Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 des Bergmannsversorgungsscheingesetzes Nordrhein-Westfalen in der Fassung vom 20. Dezember 1983 (GVBl NW S. 635) steht dem Inhaber eines Bergmannsversorgungsscheins eine Barabgeltung bei Vorliegen der tariflichen Anspruchsvoraussetzungen gegen seinen letzten Bergbau-Arbeitgeber auch dann zu, wenn dieser bei tariflicher Einführung der Barabgeltung nicht mehr dem Bergbau-Arbeitgeber-Verband angehörte.
Normenkette
Gesetz über einen Bergmannsversorgungsschein im Land Nordrhein-Westfalen, Bergmannsversorgungsscheingesetz – BVSG NW vom 20. Dezember 1983 (GVBl NW S. 635) § 9; BGB § 611; TVG § 1 Tarifverträge: Bergbau; Manteltarifvertrag für die Arbeiter des rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbaus vom 16. Juli 1973 i.d.F. des Änderungstarifvertrages vom 13. April 1976 (MTV 1973/76); Manteltarifvertrag vom 14. November 1989 (MTV 1990)
Verfahrensgang
LAG Düsseldorf (Urteil vom 08.08.1990; Aktenzeichen 12 Sa 815/90) |
ArbG Oberhausen (Urteil vom 28.03.1990; Aktenzeichen 4 Ca 2048/89) |
Tenor
- Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 8. August 1990 – 12 Sa 815/90 – aufgehoben.
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Oberhausen vom 28. März 1990 – 4 Ca 2048/89 – abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.260,-- DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem 1.130,-- DM brutto entsprechenden Nettobetrag ab 2. Januar 1990 zu zahlen.
Wegen des weitergehenden Zinsanspruchs wird die Klage abgewiesen.
- Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger für die Kohlejahre 1987 bis 1991 eine Energiebeihilfe (anstelle nicht mehr verwendbarer Hausbrandkohlen) zu gewähren.
Die Beklagte ist Rechtsnachfolgerin der C… Bergbau AG. Diese betrieb eine Zeche des Steinkohlenbergbaus, die zum 31. März 1968 stillgelegt wurde. Die C… Bergbau AG schied anschließend zum 31. Dezember 1968 aus dem Unternehmensverband Ruhrbergbau aus.
Anläßlich der Zechenstillegung schloß die C… Bergbau AG mit dem Gesamtbetriebsrat bereits unter dem 9. Oktober 1967 einen Sozialplan “zur Regelung von Belegschafts- und Sozialfragen für die durch die Stillegung der Bergbaubetriebe betroffenen Belegschaftsmitglieder, denen fristgerecht gekündigt wird oder deren Beschäftigungsverhältnis im gegenseitigen Einvernehmen gelöst wird”. Dieser Sozialplan enthält u.a. folgende Bestimmung:
“A. Allgemeines
…
9. a) Hausbrandkohlenlieferung für ausgeschiedene Belegschaftsmitglieder oder deren Witwen werden im Rahmen der tariflichen Bestimmungen sichergestellt. KAL-Empfänger werden diesem Personenkreis gleichgestellt.”
Der Manteltarifvertrag für die Arbeiter des rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbaus vom 16. Juli 1973 in der Fassung des Änderungstarifvertrages vom 13. April 1976 (im folgenden: MTV 1973) trifft u.a. folgende Regelungen:
“ … § 100
§ 101
Die vorbezeichneten Bezugsberechtigten erhalten – ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt des Empfangs der Rentenleistung – die Hausbrandkohlen:
- wenn sie in der Bundesrepublik Deutschland einen eigenen Haushalt führen,
wenn nicht andere Familienangehörige im gleichen Haushalt ein größeres Bezugsrecht haben
und
wenn sie aus der bergmännischen Tätigkeit als Empfänger von Bergmannsrente, von Knappschaftsrente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit oder von Knappschaftsruhegeld abkehren oder aufgrund derselben Tätigkeit Empfänger solcher Renten werden und wenn sie keine anderweitige versicherungspflichtige Tätigkeit oder kein selbständiges Gewerbe ausgeübt wird, ruht das Bezugsrecht auf Hausbrandkohlen während dieser Zeit. Wird jedoch ein selbständiges Gewerbe länger als zehn Jahre ausgeübt, so erlischt das Bezugsrecht.
Es erlischt auch, wenn eine anderweitige versicherungspflichtige Tätigkeit länger als 15 Jahre ausgeübt worden ist, die Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit erst nach dem Ausscheiden aus dem Bergbau eintritt und diese nicht durch eine bergmännische Serufskrankheit oder einen im Bergbau erlittenen Unfall verursacht worden ist.
Die Bestimmungen zu c) gelten entsprechend für Inhaber des Bergmannsversorgungsscheins und für Witwen.
§ 104
- Die nach §§ 100 und 101 bezugsberechtigten Rentner, die nach dem 30. Juni 1976 aus der Bergbautätigkeit ausscheiden, und deren Witwen können auf Antrag anstelle ihres Anspruchs auf Hausbrandkohlen für das betreffende Bezugsjahr eine Energiebeihilfe für 2,5 t erhalten, sofern sie keine eigene verbrauch für Hausbrandkohlen haben. Der Antrag ist in den Monaten Januar bis März des laufenden Bezugsjahres zu stellen. Die Energiebeihilfe wird in einer Summe ausgezahlt.
- Die Höhe der Energiebeihilfe je Tonne entspricht der für aktive Arbeiter abzüglich 8,-- DM.”
§ 104 wurde durch den Änderungstarifvertrag vom 13. April 1976 in den MTV 1973 eingefügt. Gemäß § 54 des gültigen Manteltarifvertrages vom 14. November 1989 (in Kraft seit dem 1. Januar 1990) in Verb. mit der Anlage 7 gelten die tariflichen Regelungen des MTV 1973 über die Gewährung von Hausbrand (§§ 88 bis 106) unverändert weiter.
Der am 5. Februar 1928 geborene Kläger ist Inhaber eines Bergmannsversorgungsscheins. Er war seit 1948 mit Unterbrechungen bei verschiedenen Unternehmen des Ruhrbergbaus als Bergmann beschäftigt, zuletzt vom 18. bis zum 25. November 1958 bei der C… Bergbau AG. Nach kurzer Arbeitslosigkeit war er von 1959 bis 1977 im Baugewerbe tätig. Danach war der Kläger erneut arbeitslos. Seit dem 1. März 1988 bezieht er Altersruhegeld. Der Kläger führt einen eigenen Hausstand, in dem keine kohlenbezugsberechtigten Familienangehörigen leben.
Der Kläger verlangt von der Beklagten unter Berufung auf § 9 Abs. 1 Satz 3 BVSG NW die Zahlung von Energiebeihilfe für die Kohlenjahre 1987 bis 1991. Er hat die Auffassung vertreten, nach dieser Vorschrift stehe den Inhabern des Bergmannsversorgungsscheins Hausbrandkohle oder Barabgeltung nach den für ausgeschiedene Berginvaliden geltenden tariflichen oder betrieblichen Rege??* die Beklagte als Rechtsnachfolgerin der C… Bergbau AG, die sein letzter Bergbauarbeitgeber gewesen sei, nach den tariflichen Bestimmungen zur Zahlung einer Energiebeihilfe verpflichtet, ohne daß es auf die Dauer seiner Tätigkeit bei der C… Bergbau AG ankomme. Da gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 BVSG NW die Zeit der außerbergbaulichen Beschäftigung als Bergarbeit angerechnet werde, seien die tariflichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Energiebeihilfe erfüllt.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn für das Kohlejahr
1987/88 226,-- DM/t = 565,-- DM brutto für 2,5 t zuzüglich 4 % Zinsen ab 1. Juli 1988,
1988/89 226,-- DM/t = 565,-- DM brutto für 2,5 t zuzüglich 4 % Zinsen ab 1. Juli 1989,
1989/90 226,-- DM/t = 565,-- DM brutto für 2,5 t,
1990/91 226,-- DM/t = 565,-- DM brutto für 2,5 t
Energiegeld zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, dem Kläger stehe der geltend gemachte Anspruch auch unter Berücksichtigung des § 9 BVSG NW nicht zu, da er die tariflichen Anspruchsvoraussetzungen nicht erfülle. § 9 BVSG NW fingiere lediglich außerbergbauliche Beschäftigungszeiten als Bergbauzeiten, ersetze aber nicht das tarifliche Erfordernis in § 100 Abs. 1 MTV 1973, wonach der Berginvalide “zuletzt mindestens fünf Jahre” bei Mitgliedsunternehmen beschäftigt gewesen sein und diese letzten Jahre zusammenhängend erbracht haben müsse. Dem Klageanspruch stehe darüber hinaus die Regelung des § 101 Buchst. c MTV 1973 entgegen. Da der Kläger länger als 15 Jahre eine anderweitige versicherungspflichtige Tätigkeit ausgeübt habe, sei sein Bezugsrecht bereits im Jahre 1973 erloschen. Durch die erst 1983 geschaffene gesetzliche Neuregelung eines Barabgeltungsanspruches könne ein entsprechender Anspruch damit nicht wieder zum Leben erweckt werden.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die Revision, mit der der Kläger sein Klageziel weiterverfolgt.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat Erfolg.
I. Das Landesarbeitsgericht hat einen Anspruch des Klägers auf Zahlung von Energiebeihilfe anstelle der Gewährung von Hausbrand mit der Begründung verneint, die erst seit 1976 bestehenden tariflichen Bestimmungen über die Zahlung von Energiebeihilfe könnten vorliegend keine Anwendung finden, da die Beklagte bereits 1968 aus dem Unternehmensverband Ruhrbergbau ausgeschieden sei. Aufgrund dessen müsse es bei der Geltung der zum Zeitpunkt des Ausscheidens geltenden Tarifbestimmungen verbleiben, die einen Anspruch auf Barabgeltung nicht vorsähen. Eine Anwendung der erst nach dem Ausscheiden der Beklagten vereinbarten tariflichen Regelungen über die Zahlung von Energiebeihilfe widerspreche sowohl dem Rechtsstaats- als auch dem Demokratieprinzip; die Verweisung von staatlichen Gesetzen auf tarifvertragliche Regelungen dürfe nämlich nicht dazu führen, den Bürger der normsetzenden Gewalt der Tarifvertragsparteien zu unterwerfen, die ihm gegenüber weder staatlich noch demokratisch noch mitgliedschaftlich legitimiert seien.
Dieser Begründung kann nicht gefolgt werden.
II.1. Der Anspruch auf Zahlung von Energiebeihilfe läßt sich vorliegend nicht aus Abschnitt A Nr. 9a des Sozialplans vom 9. Oktober 1967 in Verbindung mit §§ 100, 104 MTV 1973 herleiten.
Zwar ist der Sozialplan nach der Entscheidung des Senats vom 6. Dezember 1989 (– 5 AZR 618/88 –, n.v.) nicht nur auf solche Arbeitnehmer anzuwenden, die im Zusammenhang mit der Zechenstilllegung ausgeschieden sind, sondern auch auf die Arbeitnehmer, die bereits vorher mit einem Kohlenbezugsrecht ausgeschieden waren. Auch deren tariflich abgesicherte Rechtsposition sollte durch den Sozialplan “sichergestellt” werden. Dieser Sozialplan allein kann jedoch als Anspruchsgrundlage nicht herangezogen werden: danach werden die Ansprüche lediglich “im Rahmen der tariflichen Bestimmungen” sichergestellt, d.h., die im Tarifvertrag vorgesehenen Leistungsvoraussetzungen müssen erfüllt sein (vgl. Senatsurteil vom 2. September 1987 – 5 AZR 519/80 –, n.v.). Gerade daran fehlt es aber vorliegend, da der Kläger unstreitig lediglich etwas mehr als fünf Jahre im deutschen Steinkohlenbergbau tätig war, die in § 100 Abs. 1 MTV 1973 geforderte Mindestbeschäftigungszeit also nicht nachweisen kann. Diese tariflichen Anspruchsvoraussetzungen können durch die Sozialplanklausel nicht ersetzt werden.
2. Rechtsgrundlage für den Klageanspruch ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts § 9 Abs. 1 Satz 3 des Gesetzes über einen Bergmannsversorgungsschein im Land Nordrhein-Westfalen (Bergmannsversorgungsscheingesetz – BVSG NW –) vom 20. Dezember 1983 (GV NW S. 635) in Verbindung mit den seit 1976 fortgeltenden tariflichen Bestimmungen über die Gewährung von Energiebeihilfe.
Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 BVSG NW erhält der Inhaber eines Bergmannsversorgungsscheins, der Empfänger einer der im Gesetz genannten Renten ist, nach dem Ausscheiden aus der außerbergbaulichen Beschäftigung vom bisherigen Bergbau-Arbeitgeber oder dessen Rechtsnachfolger Hausbrandkohlen oder Barabgeltung nach den für ausgeschiedene Berginvaliden geltenden tariflichen oder betrieblichen Regelungen. Dabei werden Zeiten der außerbergbaulichen Beschäftigung, der Arbeitslosigkeit oder berufsfördernder Leistungen uneingeschränkt wie Bergarbeit gerechnet (§ 9 Abs. 1 Satz 1 BVSG NW).
Auf den Kläger als Inhaber eines Bergmannsversorgungsscheins findet diese Vorschrift Anwendung. Die für den Rechtsstreit entscheidende Frage ist jedoch, ob die Verweisung des § 9 Abs. 1 Satz 3 BVSG NW auf die jeweils geltenden tariflichen Bestimmungen auch die erst 1976 eingeführte Vorschrift des § 104 MTV umfaßt oder ob in Fällen, in denen der Arbeitgeber aus dem tarifschließenden Unternehmensverband ausgeschieden ist, nur noch diejenigen Tarifregelungen anzuwenden sind, die im Zeitpunkt des Verbandsaustritts gegolten haben. Die Frage ist im Sinne der ersten Alternative zu beantworten.
3. Der Senat hat zur Regelung des § 9 Abs. 1 Satz 1 BVSG NW in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. April 1971 (GV NW S. 124), in der lediglich die Gewährung von Hausbrandkohlen, nicht aber Barabgeltung vorgesehen war, die Auffassung vertreten, daß auch die Inhaber eines Bergmannsversorgungsscheins für nicht in Anspruch genommenen Hausbrand die tarifvertraglich vorgesehene Barabgeltung verlangen könnten, insoweit also eine Verweisung auf die jeweils geltende Tariflage anzunehmen sei (BAG Urteil vom 12. Juni 1975 – 5 AZR 580/74 – AP Nr. 12 zu § 9 BergmannsVersorgScheinG NRW).
Diese Auslegung, der sich in der Folgezeit andere Landesarbeitsgerichte angeschlossen hatten (vgl. LAG Hamm Urteil vom 16. August 1977 – 11 Sa 407/77 -; LAG Düsseldorf Urteil vom 4. Mai 1977 – 15 Sa 1842/76 –), hat das Bundesverfassungsgericht jedoch in seinem Beschluß vom 14. Juni 1983 (BVerfGE 64, 208 ff. = AP Nr. 21 zu § 9 BergmannsVersorgScheinG NRW) nicht gebilligt. Es hat ausgeführt, die Verweisung auf tarifvertragliche Regelungen in § 9 Abs. 1 Satz 1 BVSG NW beziehe sich ausschließlich auf den Anspruch des Scheininhabers auf Gewährung von Hausbrandkohlen. Eine Erstreckung dieser Verweisung auch auf den von den Tarifvertragsparteien mit Änderungsvertrag vom 13. April 1976 eingeführten Barabgeltungsanspruch stelle einen Verstoß gegen das Rechtsstaats- und Demokratieprinzip dar. Der Gesetzgeber dürfe seine Normsetzungsbefugnis nicht in beliebigem Umfang außerstaatlichen Stellen überlassen, solle der Bürger nicht schrankenlos einer normsetzenden Gewalt nichtstaatlicher Einrichtungen ausgeliefert werden. Auch eine Verweisung von staatlichen Gesetzen auf tarifvertragliche Regelungen dürfe deshalb nicht dazu führen, daß der Bürger schrankenlos der normsetzenden Gewalt der Tarifvertragsparteien ausgesetzt werde, die ihm gegenüber weder staatlich-demokratisch noch mitgliedschaftlich legitimiert seien. Nur soweit der Inhalt der tarifvertraglichen Regelungen, auf die staatliche Rechtsnormen verweisen, im wesentlichen feststehe, könne von einem unzulässigen Verzicht des Gesetzgebers auf seine Rechtssetzungsbefugnisse nicht die Rede sein. Eine solche Begrenzung der in § 9 Abs. 1 Satz 1 BVSG NW enthaltenen Verweisung sei aber nicht mehr erkennbar, wenn diese durch Auslegung auch auf einen im Gesetz selbst nicht vorgesehenen Barabgeltungsanspruch erstreckt werde (vgl. dazu auch Boldt, DB 1984, 1032, 1036 f.; sowie R. Scholz in: Arbeitsleben und Rechtspflege, Festschrift für Gerhard Müller, 1981, S. 509, 518 f.).
4. Gegenüber der Fassung der Bekanntmachung vom 14. April 1971 (GV NW S. 124) ist § 9 Abs. 1 BVSG NW durch Gesetz vom 20. Dezember 1983 (GV NW S. 635) dahin neu gefaßt, daß nunmehr der Scheininhaber “Hausbrandkohlen oder Barabgeltung nach den für ausgeschiedene Berginvaliden geltenden tariflichen oder betrieblichen Regelungen” beanspruchen kann. Entgegen der früheren Fassung ist damit ausdrücklich ein Anspruch auf Barabgeltung im Rahmen der tariflichen Bestimmungen festgesetzt.
Angesichts dieser Gesetzesänderung ist die Frage, ob nunmehr auch dann ein Barabgeltungsanspruch des Scheininhabers nach den jeweils maßgeblichen tariflichen Regelungen besteht, wenn der Anspruchsgegner bereits vor dessen tariflicher Vereinbarung aus dem tarifschließenden Verband ausgeschieden ist, zu bejahen.
a) Die Neufassung des § 9 Abs. 1 BVSG NW sieht in Satz 3 auch für in Rente befindliche Scheininhaber neben dem Anspruch auf Hausbrandkohlen einen Anspruch auf Barabgeltung nach den für ausgeschiedene Berginvaliden geltenden tariflichen oder betrieblichen Regelungen vor. Damit bezieht die Verweisung die durch den Änderungstarifvertrag vom 13. April 1976 eingeführten Regelungen über die Zahlung von Energiebeihilfe anstelle von Hausbrand an aktive Bergleute und ausgeschiedene Berginvaliden (§§ 99, 104 MTV 1973) ausdrücklich mit ein. Dies folgt aus dem Wortlaut der Vorschrift und aus ihrer Entstehungsgeschichte, welche als Reaktion auf die bereits erwähnte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Juni 1983 zu verstehen ist.
Die Zielsetzung des Gesetzgebers, den Scheininhabern auch Ansprüche auf Barabgeltung nach den für ausgeschiedene Berginvaliden maßgeblichen tariflichen Bestimmungen einzuräumen, ergibt sich zudem klar aus der rechtspolitischen Zwecksetzung des Bergmannsversorgungsscheingesetzes, wie der Senat bereits in seiner Entscheidung zur früheren Fassung des § 9 Abs. 1 BVSG NW hervorgehoben hat. Bereits aus der Präambel dieses Gesetzes folgt, daß durch die getroffenen Vorschriften dem Bergmann das Ausscheiden aus dem Untertagebau erleichtert werden soll, um seine aufgrund der Besonderheiten des bergmännischen Berufes gefährdete Gesundheit möglichst zu erhalten und den Bergbau von nicht voll einsatzfähigen Bergleuten zu entlasten. Diesem Ziel dient die Einräumung zahlreicher Sonderrechte, die dem Bergmann einen Anreiz zum Wechsel des Arbeitsplatzes geben sollen. Das Bergmannsversorgungsscheingesetz will damit ehemalige Bergleute durch ständige Anpassung ihrer Rechte so stellen, als hätten sie den Bergbau nie verlassen. Eines dieser vom BVSG NW zur Erreichung dieses Zweckes vorgesehenen Mittel ist der in § 9 Abs. 1 BVSG NW verankerte Weiterbezug von Hausbrandkohlen, der nach dem Gesetzeszweck hinsichtlich seiner Voraussetzungen den zur Zeit der Geltendmachung der Forderung bestehenden Rechten der ausgeschiedenen Berginvaliden angepaßt werden sollte (vgl. Senatsentscheidungen vom 23. Januar 1964 – 5 AZR 200/63 –, vom 12. Juni 1975 – 5 AZR 580/74 – und vom 5. Dezember 1984 – 5 AZR 577/77 – AP Nr. 4, 12 und 25 zu § 9 BergmannsVersorgScheinG NRW; Boldt, DB 1984, 1032, m.w.N.).
Diese vom Gesetzeszweck geforderte ständige Anpassung erfordert aber auch die Einräumung eines Barabgeltungsanspruchs, sofern ein solcher den aktiven bzw. invaliden Bergleuten zusteht. Diesem Ziel des BVSG NW hat deshalb der Gesetzgeber durch die ausdrückliche Einräumung eines Barabgeltungsanspruchs in der Neufassung des § 9 BVSG NW Rechnung getragen. Dabei ist davon auszugehen, daß § 9 Abs. 1 Satz 3 BVSG NW auch hinsichtlich des Barabgeltungsanspruchs auf die jeweiligen tariflichen Bestimmungen verweist. Dies wird bereits angesichts des Wortlauts deutlich, der auf die “für ausgeschiedene Berginvaliden geltenden” Regelungen verweist, worunter nur die zur Zeit der Erhebung der Forderung geltenden Normen verstanden werden können. Auch das Ziel des Gesetzes, Scheininhaber mit im Bergbau verbliebenen Arbeitnehmern gleichzustellen, spricht für eine solche dynamische Verweisung. Die Annahme der Beklagten, § 9 Abs. 1 Satz 3 BVSG NW verweise in Fällen des frühzeitigen Ausscheidens aus dem tarifschließenden verband wegen der dadurch fehlenden Tarifgebundenheit auf ältere, mittlerweile nicht mehr geltende Tarifverträge, findet deshalb im Gesetzeswortlaut keine Stütze. Vielmehr verweist § 9 Abs. 1 Satz 3 BVSG NW ersichtlich sowohl für tarifgebundene als auch für nicht tarifgebundene Arbeitnehmer einheitlich auf die geltenden tariflichen Regelungen.
b) Diese Verweisung in § 9 Abs. 1 Satz 3 BVSG NW auf Barabgeltungsansprüche nach Maßgabe der für ausgeschiedene Berginvaliden geltenden tariflichen Bestimmungen bezieht damit auch solche Regelungen mit ein, die erst nach dem Ausscheiden des Bergbauarbeitgebers aus dem tarifschließenden Verband geschaffen wurden. Hiergegen bestehen unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts angesichts der Neufassung des Gesetzes keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
Das Arbeitsgericht Essen hat wegen der Frage der Verfassungsmäßigkeit von § 9 Abs. 1 Satz 1 BVSG NW in seiner Neufassung durch Beschluß vom 11. Oktober 1984 – 1 Ca 1560/84 – einen Rechtsstreit gemäß Art. 100 GG ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Es hat in seinem Vorlagebeschluß die Auffassung vertreten, § 9 Abs. 1 Satz 1 BSVG NW n.F. verstoße gegen das Rechtsstaats- und Demokratieprinzip, da von der Verweisung auch die jeweilige Festlegung der Tarifvertragsparteien über die Höhe der Energiebeihilfe erfaßt werde, die in deren Belieben liege. Hierin liege aber ein unzulässiger Verzicht des Gesetzgebers auf seine Rechtssetzungsbefugnisse. Das Bundesverfassungsgericht hat diese Vorlage jedoch durch Beschluß vom 25. Februar 1988 (BVerfGE 78, 32 ff.) als unzulässig verworfen, da die Begründung des Vorlagebeschlusses sich nicht eingehend mit der Rechtslage auseinandergesetzt, sondern klärungsbedürftige Fragen offengelassen habe. Das Arbeitsgericht habe keinen Versuch gemacht, den objektiven Gehalt der tariflichen Regelungen über die Ablösung des Anspruchs auf Lieferung von Hausbrandkohle durch eine Energiebeihilfe mit einer am Wortlaut orientierten Auslegung und mit Hilfe systematischer und teleologischer Erwägungen näher zu erschließen.
Ein Verstoß der in § 9 Abs. 1 Satz 3 BVSG NW n.F. getroffenen Regelung gegen das Rechtsstaats- und Demokratieprinzip ist zu verneinen.
Nach dem Rechtsstaatsprinzip dürfen Einschränkungen der Freiheit des Bürgers, soweit sie überhaupt zulässig sind, nur durch oder aufgrund staatlichen Gesetzes erfolgen; das Demokratieprinzip gebietet, daß die Ordnung eines nach dem Grundgesetz staatlicher Regelung offenstehenden Lebensbereiches durch Sätze des objektiven Rechts auf eine Willensentschließung der vom Volke bestellten Gesetzgebungsorgane zurückgeführt werden muß (BVerfGE 64, 208, 214 f.; BVerfGE 33, 125, 158). Aufgrund dessen darf der Gesetzgeber seine Normsetzungsbefugnis nicht in beliebigem Umfang außerstaatlichen Stellen überlassen, die gegenüber dem Bürger weder staatlich-demokratisch noch mitgliedschaftlich legitimiert sind. Ein unzulässiger Verzicht des Gesetzgebers auf seine Rechtssetzungsbefugnisse liegt nur dann nicht vor, wenn der Inhalt der tariflichen Regelungen, auf die staatliche Rechtsnormen verweisen, im wesentlichen feststeht (BVerfGE 64, 208, 214 f.; BVerfGE 26, 338, 366 f.). Diesen Grundsatz hat das Bundesverfassungsgericht in seinem auf Vorlage des Arbeitsgerichts Essen ergangenen Beschluß nochmals ausdrücklich bestätigt (BVerfGE 78, 32, 36).
Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts genügt die Neufassung des § 9 Abs. 1 Satz 3 BVSG NW rechtsstaatlichen Erfordernissen. Nach dem Gesetzeswortlaut ist neben dem Anspruch auf Hausbrandkohlen nunmehr ausdrücklich ein Barabgeltungsanspruch des Scheininhabers nach den für ausgeschiedene Berginvaliden geltenden tariflichen Bestimmungen eingeräumt. Damit bleibt die Regelung nicht den Tarifvertragsparteien überlassen, sondern ist im Gesetz selbst getroffen. Insoweit hat auch das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluß vom 25. Februar 1988 (BVerfGE 78, 32 ff.) keine Bedenken gegen die grundsätzliche Verpflichtung zur Barabgeltung durch solche früheren Bergbau-Arbeitgeber erhoben, die vor der tariflichen Einführung dieser Leistung aus dem Arbeitgeberverband ausgeschieden waren.
Nur wegen der näheren Anspruchsvoraussetzungen und der Höhe eines Barabgeltungsanspruchs äußert sich das Gesetz nicht, sondern verweist insoweit auf die für ausgeschiedene Berginvaliden geltenden tariflichen Bestimmungen. Auch darin liegt jedoch keine unzulässige Übertragung der Normsetzungsbefugnis des Gesetzgebers auf die Tarifvertragsparteien, da der Inhalt der in Bezug genommenen Tarifnormen im wesentlichen feststeht.
Die Voraussetzungen eines tariflichen Barabgeltungsanspruchs stehen nach der tariflichen Regelung fest und entsprechen einer langjährigen Praxis. Insoweit kann deshalb von einer hinreichenden Bestimmtheit der vom Gesetz in Bezug genommenen Tarifregelungen ausgegangen werden. Die Höhe des Barabgeltungsanspruchs wird gemäß § 104 Abs. 2 in Verbindung mit § 99 Abs. 3 MTV 1973 für jedes Bezugsjahr zwischen den Tarifparteien festgelegt und ergibt sich damit nicht unmittelbar aus dem Tarifvertrag. Gleichwohl steht die Festsetzung nicht im freien Belieben der Tarifvertragsparteien, vielmehr ergibt sich aus dem Gesamtzusammenhang der tariflichen Hausbrandregelungen deutlich der für die Festsetzung zugrunde zu legende Maßstab. Damit steht auch die Höhe der Barabgeltung im wesentlichen fest.
Gemäß § 99 Abs. 1, § 104 Abs. 1 MTV 1973 erhalten aktive Bergleute bzw. ausgeschiedene Berginvaliden anstelle ihres Anspruchs auf Hausbrandkohlen eine Energiebeihilfe, sofern sie keine eigene Verwendung für Hausbrandkohlen haben. Aus dieser Regelung geht hervor, daß die Energiebeihilfe eine Umwandlung der originären Naturalleistungspflicht des Arbeitgebers in ein Baräquivalent darstellt (vgl. insoweit auch BVerfGE 78, 32, 37). Hierfür spricht auch der Wortlaut des § 99 Abs. 1 MTV 1973, in dem von einer “Ablösung” der Hausbrandkohlenlieferung durch Zahlung der Energiebeihilfe die Rede ist. Aus dieser Funktion der Energiebeihilfe als Äquivalent des Naturalleistungsanspruchs folgt, daß sich die Höhe der Beihilfe an dem Geldwert zu orientieren hat, den die Hausbrandkohlen verkörpern. Da die Kosten für Kohle von tatsächlichen Verhältnissen abhängig und damit einer ständigen Entwicklung unterworfen sind, muß auch die jeweilige Höhe der Energiebeihilfe als Baräquivalent dieser laufenden Kohlepreisentwicklung angepaßt werden. Für ein solches Verständnis des Barabgeltungsanspruches spricht bestätigend die in § 99 Abs. 3 MTV 1973 geregelte Pflicht der Tarifparteien, die Höhe der Energiebeihilfe für jedes Bezugsjahr neu festzulegen. Gerade angesichts dieser Regelung wird deutlich, daß die Höhe der Energiebeihilfe der Kohlepreisentwicklung angepaßt werden soll (vgl. dazu auch BVerfGE 78, 32, 37). Eine den Tarifvertragsparteien obliegende Ausgestaltung in seinen Einzelheiten gemäß § 99 Abs. 3 MTV 1973 stellt keinen Verstoß gegen das Rechtsstaats- und Demokratieprinzip dar (vgl. BVerfGE 26, 338, 366), da der Gesetzgeber selbst die wesentlichen Entscheidungen getroffen hat.
Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang ferner, daß durch die gesetzliche Neuregelung lediglich eine Regelungspraxis festgeschrieben wurde, die von den Tarifvertragsparteien bereits seit 1976 geübt wurde und deshalb dem Gesetzgeber bekannt war. Angesichts dieser langjährigen Praxis muß von einem bewährten, zu einer im wesentlichen einheitlichen Berechnungspraxis führenden Regelungssystem ausgegangen werden. Damit ist der Gesetzgeber durch die Verweisung auf tarifliche Regelungen auch hinsichtlich der Höhe des Barabgeltungsanspruchs der ihm obliegenden Normsetzungspflicht hinreichend nachgekommen. Ein Verstoß gegen das Rechtsstaats- und Demokratieprinzip liegt auch insoweit nicht vor.
c) Entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung bestehen schließlich auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen, daß die Beklagte durch die Bestimmung des § 9 Abs. 1 Satz 3 BVSG NW einer tarifvertraglichen Regelung unterworfen wird, die erst nach ihrem Ausscheiden aus dem tarifschließenden Unternehmensverband geschaffen wurde, auf deren Ausgestaltung sie also keinerlei Einfluß hatte. Hierin liegt insbesondere keine Verletzung des Art. 9 Abs. 3 GG. Diese Verfassungsbestimmung gewährleistet zwar auch das Recht des Einzelnen, einer Koalition fernzubleiben. Allein dadurch, daß jemand den Vereinbarungen fremder Tarifvertragsparteien unterworfen wird, ist jedoch diese negative Koalitionsfreiheit noch nicht verletzt. Wenn nicht einmal die Bindung eines Außenseiters an einen Tarifvertrag infolge Allgemeinverbindlicherklärung die negative Koalitionsfreiheit zu verletzen mag (vgl. BVerfGE 44, 322 ff. ; BVerfGE 55, 7, 22 = AP Nr. 17 zu § 5 TVG), so kann die Bindung an ein einzelnes tarifvertragliches Element (hier : Hausbrandkohlen bzw. Barabgeltung) noch weniger als unzulässiger Druck zu einem Koalitionsbeitritt qualifiziert werden (so bereits BVerfGE 64, 208, 214 = AP Nr. 21 zu § 9 BergmannsVersorgScheinG NRW). Dies muß hier um so mehr deshalb gelten, als die Erstreckung der tariflichen Regelung auf Nichtmitglieder nicht lediglich durch eine Allgemeinverbindlicherklärung, sondern durch den Gesetzgeber selbst erfolgt ist.
5. Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 BVSG NW finden damit die Vorschriften über die Zahlung einer Energiebeihilfe in §§ 100, 104 MTV 1973 Anwendung. Die dort vorgesehenen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt der Kläger.
a) Die Beklagte bzw. deren Rechtsvorgängerin war die letzte Bergbau-Arbeitgeberin des Klägers, bevor dieser von der bergmännischen Tätigkeit abkehrte. Sie ist damit “bisheriger” Bergbau-Arbeitgeber im Sinne des § 9 Abs. 1 BVSG NW, ohne daß es auf die Dauer der Tätigkeit des Klägers bei ihr ankommt (vgl. insoweit bereits Senatsurteil vom 23. Januar 1964 – 5 AZR 200/63 – AP Nr. 4 zu § 9 BergmannsVersorgScheinG NRW; Boldt, DB 1984, 1032, 1036 f.).
b) Der Kläger war nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts von April 1948 bis November 1958 mit Unterbrechungen bei verschiedenen Unternehmen des Ruhrbergbaus beschäftigt, und zwar insgesamt über einen Zeitraum von fünf Jahren und neun Monaten. Er erfüllt damit zwar nicht die in § 100 Abs. 1 MTV 1973 geforderte Mindestbeschäftigungszeit von 20 Jahren im deutschen Steinkohlenbergbau; gemäß § 9 Abs.1 Satz 3 BVSG NW werden jedoch Zeiten der außerbergbaulichen Beschäftigung und der Arbeitslosigkeit uneingeschränkt wie Bergarbeit gerechnet, so daß der Kläger aufgrund dieser gesetzlichen Fiktion insgesamt weit über 20 Jahre Mindestbeschäftigung im Bergbau vorzuweisen hat. Er hat die gesamte Zeit seiner Bergbautätigkeit, mithin auch die letzten fünf Jahre, bei Bergwerksunternehmen des Ruhrbergbaus, d.h. also bei Mitgliedsunternehmen, verbracht. Daß dieser Zeitraum ununterbrochen abgeleistet sein muß, wie die Beklagte meint, ergibt sich aus der Regelung des § 100 Abs. 1 MTV 1973 nicht.
c) Gemäß § 104 MTV 1973 steht dem Kläger auf Antrag anstelle seines Anspruchs auf Hausbrandkohlen eine Energiebeihilfe zu, sofern er keine eigene Verwendung für Hausbrandkohlen hat. Allerdings hat der Kläger zu keiner Zeit ausdrücklich vorgetragen, für Hausbrandkohlen keine Verwendung zu haben. Dies läßt sich aber aus dem Umstand entnehmen, daß der Kläger anstelle der Kohlenlieferung Barabgeltung beansprucht. Der Kläger hat weiter nicht vorgetragen, daß er für das Bezugsjahr 1987/88 sowie die Folgejahre bis zur Klagerhebung jeweils rechtzeitig in der Zeit von Januar bis März des laufenden Bezugsjahres eine Energiebeihilfe beantragt hat. Er hat lediglich auf die Ablehnung seitens der Beklagten vom 16. Dezember 1988 verwiesen, aus der aber der genaue Zeitpunkt der Antragstellung nicht hervorgeht. Aus diesem Schreiben ergibt sich aber, daß der Kläger im Jahre 1988 überhaupt einen entsprechenden Antrag gestellt hat, der von der Beklagten unter Hinweis auf fehlende Anspruchsvoraussetzungen abgelehnt wurde. Erneuter Anträge für die folgenden Bezugsjahre bedurfte es nicht mehr. Letztlich hat aber die Beklagte zu keiner Zeit das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen des § 104 MTV 1973 bestritten.
Auch die Höhe des geltend gemachten Anspruchs auf Gewährung von Energiebeihilfe ist zwischen den Parteien außer Streit.
6. Der Anspruch des Klägers auf Zahlung einer Energiebeihilfe ist schließlich entgegen der Auffassung der Beklagten nicht gemäß § 101 Buchst. c MTV 1973 erloschen. Nach dieser Bestimmung, die ihrem Wortlaut nach für Inhaber des Bergmannsversorgungsscheins entsprechend gilt, erlischt das Bezugsrecht auf Hausbrandkohlen u.a. dann, wenn eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit länger als 15 Jahre ausgeübt worden ist, die Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit erst nach dem Ausscheiden aus dem Bergbau eintritt und diese nicht durch eine bergmännische Berufskrankheit oder einem im Bergbau erlittenen Unfall verursacht worden ist.
Der Kläger war in der Zeit von 1959 bis 1977 im Baugewerbe tätig und hat damit länger als 15 Jahre eine anderweitige versicherungspflichtige Tätigkeit ausgeübt. Dies kann jedoch trotz der im Tarifvertrag vorgesehenen entsprechenden Anwendung der Regelungen des § 101 Buchst. c MTV 1973 für Inhaber des Bergmannsversorgungsscheins nicht zu einem Erlöschen der Ansprüche des Klägers führen. Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 BVSG NW werden Zeiten der außerbergbaulichen Beschäftigung und der Arbeitslosigkeit uneingeschränkt wie Bergarbeit gerechnet. Aufgrund dieser gesetzlichen Anrechnungsklausel wird die außerbergbauliche Beschäftigung als Bergbautätigkeit fingiert, so daß insoweit gerade keine anderweitige versicherungspflichtige Tätigkeit ausgeübt worden ist. Die in § 101 Buchst. c MTV 1973 angeordnete entsprechende Geltung der Bestimmungen für Scheininhaber kann sich mithin nur auf die sonstigen, in § 101 Buchst. c MTV 1973 getroffenen Regelungen beziehen. Anderenfalls läge ein Verstoß gegen gesetzliche Vorschriften, d.h. gegen höherrangiges Recht vor, der zur Unanwendbarkeit der entsprechenden Bestimmung führen müßte.
7. Für den Zinsanspruch jeweils ab 1. Juli nach Ablauf des Bezugsjahres besteht keine Rechtsgrundlage, da es nach dem Vortrag des Klägers sowohl an einer Mahnung fehlt als auch an einer kalendermäßigen Bestimmtheit der Leistung. Eine solche läßt sich den maßgeblichen tariflichen Regelungen nicht entnehmen. Dem Kläger stehen deshalb Zinsen erst ab dem Zeitpunkt der Rechtshängigkeit (2. Januar 1990) zu.
Unterschriften
Dr. Thomas, Dr. Gehring, Dr. Reinecke, Dr. Müller, Buschmann
Fundstellen
Haufe-Index 838591 |
BAGE, 105 |
NZA 1992, 607 |
RdA 1992, 159 |