Beteiligte
Kläger und Revisionskläger |
Beklagte und Revisionsbeklagte |
Tatbestand
I
Die Beteiligten streiten nur noch darüber, ob die beklagte Krankenkasse das dem Kläger zustehende Nettokrankengeld zugunsten der beigeladenen Banken [Beigeladene zu 2) und 3) ] teilweise einbehalten durfte.
Die Beklagte gewährte dem Kläger für die Zeit ab 27. Oktober 1984 Krankengeld in kalendertäglicher Höhe von brutto 60, 23 DM = netto 53, 27 DM (nämlich abzüglich der Beitragsanteile zur Renten- und Arbeitslosenversicherung). Aufgrund von Abtretungserklärungen des Klägers hinsichtlich des pfändbaren Teils seiner Ansprüche gegen Dritte behielt die Beklagte vom Nettokrankengeld für die Zeit vom 6. Februar bis 7. März 1985 zugunsten der Beigeladenen zu 2) und für die Zeit vom 8. März bis 26. April 1985 zugunsten der Beigeladenen zu 3) kalendertäglich 3, 39 DM ein. Der dagegen erhobene Widerspruch wurde zurückgewiesen (Widerspruchsbescheid vom 30. März 1987).
Die Klage hatte in erster Instanz teilweise Erfolg. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) die erstinstanzliche Entscheidung geändert und die Klage auch insoweit abgewiesen, als das Sozialgericht (SG) ihr stattgegeben hatte. In den Entscheidungsgründen wird u.a. ausgeführt: Die Wirksamkeit der Abtretung des Krankengeldes an die Banken nach § 53 Abs. 3 des Ersten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB I) beurteile sich nach § 850c der Zivilprozeßordnung (ZPO) i.d.F. des Fünften Gesetzes zur Änderung der Pfändungsfreigrenzen vom 8. März 1984. Danach seien für die Ermittlung des pfändungsfreien Betrages zwei Faktoren maßgebend: Zum einen die Zahl der Personen, denen der Schuldner aufgrund gesetzlicher Pflicht Unterhalt gewähre (hier zwei Personen), zum anderen der Zeitraum, für den das Einkommen gezahlt werde. In Abhängigkeit vom letztgenannten Faktor gelte für die Ermittlung des pfändungsfreien Betrages entweder die Monatstabelle oder die Wochentabelle oder die Tagestabelle. Bei Anwendung der Monatstabelle ergebe sich ausgehend von einem täglichen Nettokrankengeld von 53, 27 DM ein Monatslohn von 1.598, 10 DM und alsdann nach der Tabelle bei zwei unterhaltenen Angehörigen ein pfändbarer Betrag von monatlich 101, 60 DM oder - wie von der Beklagten angesetzt - täglich 3, 39 DM. Beim Ansatz der Tagestabelle - so wie der Kläger dies wünsche - verbleibe kein pfändungsfreier Betrag. Es verbiete sich jedoch, den pfändungsfreien Betrag vom Krankengeld eines Versicherten durch Gleichstellung von kalendertäglichem Krankengeld mit dem täglichen Nettolohn der Tagestabelle (Anlage zu § 850c ZPO) zu ermitteln. Denn aus § 850c Abs. 1 Satz 1 ZPO gehe hervor, daß die Tagestabelle auf Arbeitstage und nicht auf Kalendertage abstelle. Das dort bezifferte pfändungsfreie Wocheneinkommen von 174,-- DM entspreche umgerechnet nämlich exakt dem an anderer Stelle angegebenen Monatseinkommen von 754,-- DM (174 x 13:3). Dieses wiederum würde einem kalendertäglichen pfändungsfreien Betrag von nur 25, 13 DM (754:30) entsprechen, während der in § 850c ZPO tatsächlich vorgesehene tägliche pfändungsfreie Betrag mit 34, 80 DM beziffert sei, ein Betrag, der - bezogen auf den monatlichen Betrag von 754,-- DM - 21, 67 Tage ausfüllen würde (754:34, 80) und somit annähernd der Anzahl der üblichen monatlichen Arbeitstage entspreche.
Mit der - vom LSG zugelassenen - Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 53 Abs. 3 SGB I i.V.m. § 850c ZPO und macht geltend: Ob die Monats-, Wochen- oder Tagestabelle anzuwenden sei, richte sich nicht nach der tatsächlichen Auszahlungsweise des Arbeitsentgeltes, sondern nach dem vereinbarten bzw. gesetzlich festgelegten Zeitraum, für den die Auszahlung erfolge. Nach der hier noch anwendbaren Vorschrift des § 182 Abs. 4 der Reichsversicherungsordnung (RVO) sei das Krankengeld für Kalendertage zu zahlen gewesen. Soweit ein Anspruch für einen ganzen Kalendermonat bestanden habe, hätten nach der genannten Bestimmung 30 Tage angesetzt werden müssen. Da das Krankengeld eine kalendertägliche Leistung sei, müsse der Pfändungsfreibetrag nach der Tagestabelle berechnet werden. Die Überlegungen des LSG zu den Tabellen des § 850c ZPO gingen fehl. Der pfändungsfreie Betrag eines Tagelöhners sei ausschließlich nach der Tagestabelle zu ermitteln. Es komme dabei nicht darauf an, ob er im Schnitt 22 Arbeitstage erreiche oder sie eventuell auch überschreite. Es gebe keine Regelung, die es gebiete, die einzelnen Tageslöhne eines Tagelöhners zu addieren, um dann den Pfändungsfreibetrag beispielsweise nach der Monatstabelle zu berechnen. Offensichtlich habe der Gesetzgeber mit der höheren Pfändungsfreigrenze bei täglicher Lohnzahlung dem Umstand Rechnung getragen, daß der Tagelöhner keinen festen Arbeitsplatz habe und dem Risiko ausgesetzt sei, am nächsten Tag keine Arbeit zu finden. Daß die Tagestabelle nur auf Tagelöhner Anwendung finde, die exakt 22 Arbeitstage im Monat ableisteten, sei aus dem Gesetz nicht ersichtlich. Ähnlich wie beim Tagelöhner höre die Krankengeldzahlung zu einem vom Willen des Krankengeldempfängers unabhängigen Zeitpunkt auf. Der Krankengeldempfänger sei genauso schutzwürdig wie der Tagelöhner, so daß eine Umrechnung der Kalendertage in Arbeitstage zwecks Ermittlung der Pfändungsfreigrenze unzulässig sei.
Der Kläger beantragt,
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das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 11. Juli 1991 insoweit abzuändern, als die Beklagte vom Sozialgericht verurteilt worden ist, an den Kläger Krankengeld für den Zeitraum vom 6. Februar 1985 bis 26. April 1985 in Höhe von kalendertäglich netto 53, 27 DM abzüglich bereits geleisteten Krankengeldes zu zahlen und insoweit die Berufung zurückzuweisen. |
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Die Beklagte beantragt,
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die Revision zurückzuweisen. |
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Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und macht ergänzend geltend, die vom LSG vertretene Auffassung, daß die Tagestabelle zu § 850c ZPO auf Arbeitstage und nicht auf Kalendertage abstelle, folge auch aus verfassungsrechtlichen Überlegungen. Für die Höhe der Pfändungsfreigrenze dürfe es im Ergebnis keinen Unterschied machen, für welchen Zeitraum Arbeitnehmern Arbeitsentgelt ausgezahlt werde. Sachliche Gründe für eine unterschiedliche Behandlung der Betroffenen gebe es insoweit nicht. Der Gesetzgeber habe daher - unter Wahrung des Gleichbehandlungsgrundsatzes (Art 3 des Grundgesetzes [GG]) - mit den in der Ausgangsbestimmung des § 850c Abs. 1 ZPO für die einzelnen Abrechnungszeiträume festgelegten Pfändungsfreigrenzen für die Bezieher von Arbeitseinkommen wirtschaftlich einheitliche Belastungsgrenzen schaffen wollen. Dies wiederum zwinge zu dem Schluß, daß die in die Tagestabelle aufgenommenen Pfändungsfreibeträge allein als arbeitstägliche Werte und eben nicht als kalendertägliche zu verstehen seien.
Die Beigeladenen haben im Revisionsverfahren keine Stellungnahme abgegeben.
II
Die Revision ist unbegründet. Das LSG hat auf die zulässige Berufung der Beklagten die erstinstanzliche Entscheidung zu Recht auch insoweit geändert und die Klage abgewiesen, als es um die Auszahlung eines höheren Krankengeldes für die Zeit vom 6. Februar bis 26. April 1985 ging. Die Beklagte durfte für diesen Zeitraum, der im Revisionsverfahren nur noch streitig ist, von dem Krankengeld des Klägers zunächst zugunsten der Beigeladenen zu 2) und ab 8. März 1985 zugunsten der Beigeladenen zu 3) kalendertäglich 3, 39 DM einbehalten.
Nach den Tatsachenfeststellungen des LSG, an die der Senat gemäß § 163 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) gebunden ist, hat der Kläger gegenüber den Beigeladenen zu 2) und 3) den pfändbaren Teil seiner Ansprüche gegen Dritte abgetreten. Eine solche Abtretung ist auch bezüglich der Ansprüche auf Krankengeld möglich. Nach § 53 Abs. 3 SGB I können Ansprüche auf laufende Geldleistungen, die der Sicherung des Lebensunterhalts zu dienen bestimmt sind, übertragen und verpfändet werden, soweit sie den für Arbeitseinkommen geltenden unpfändbaren Teil übersteigen. Krankengeld ist eine laufende Geldleistung, die der Sicherung des Lebensunterhalts zu dienen bestimmt ist, denn sie hat Lohnersatzfunktion (BSGE 19, 25, 27 = SozR Nr. 5 zu § 580 RVO; BSGE 36, 59, 61 = SozR Nr. 3 zu § 193 RVO; BSGE 43, 86, 89 = SozR 2200 § 192 Nr. 18). Die Übertragung erfolgt durch Abtretungsvertrag (Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, SGB V, Komm, § 53 SGB I RdNr 4). Mit dem Abschluß des Vertrags tritt gemäß § 398 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) der neue Gläubiger an die Stelle des bisherigen Gläubigers.
Die Beklagte wäre nur dann verpflichtet, an den Kläger ein höheres Krankengeld zu zahlen, wenn sie die Pfändungsfreigrenze nicht beachtet und damit einen nicht pfändbaren Teil des Krankengeldes an die Beigeladenen zu 2) und 3) abgeführt hätte. Diese Voraussetzung ist indessen nicht erfüllt. Der einbehaltene Teil des Krankengeldes war pfändbar, und die Forderung ist dementsprechend mit ihrer Entstehung auf die Beigeladenen zu 2) und 3) übergegangen.
§ 53 Abs. 3 SGB I nimmt ohne ausdrückliche Nennung auf die Vorschriften der §§ 850ff. ZPO über die Pfändung von Arbeitseinkommen Bezug (Krauskopf, a.a.O., § 53 SGB I RdNr 10; vgl. auch Hauck/Haines, SGB I, Allgemeiner Teil, Komm, § 53 RdNr 9). Für die Übertragung von Ansprüchen auf laufende Geldleistungen ist somit auch § 850c ZPO zu beachten. Dabei kommt es im vorliegenden Falle entscheidend darauf an, ob die Pfändungsfreigrenzen bei der Übertragung eines Anspruchs auf Krankengeld nach der Monatstabelle oder nach der Tagestabelle zu ermitteln sind. Legt man die Monatstabelle zugrunde, so sind - wie die Beklagte angenommen hat -3, 39 DM pro Tag pfändbar. Denn der Kläger war zur damaligen Zeit zwei Personen unterhaltspflichtig. Bei einem Nettokrankengeld von monatlich 1.598, 10 DM (53, 27 DM x 30 Tage = 1.598, 10 DM) durften 101, 60 DM monatlich gepfändet werden. Dies ergibt einen pfändbaren Betrag von täglich 3, 39 DM (101, 60 DM : 30 Tage = 3, 39 DM). Wendet man dagegen die Tagestabelle an, so bleibt bei einem täglichen Nettolohn von 53, 27 DM und bei einer Unterhaltspflicht für zwei Personen kein pfändbarer Betrag übrig.
Indessen darf die Pfändungsfreigrenze hier nicht nach der Tagestabelle berechnet werden. Nach § 850c Abs. 1 Satz 1 ZPO richtet sich die Anwendung der Tages-, Wochen- oder Monatstabelle danach, ob das zu pfändende (Arbeits-) Einkommen täglich, wöchentlich oder monatlich ausgezahlt wird ("je nach dem Zeitraum, für den es gezahlt wird"). Die Tagestabelle darf daher nur bei Tageslohn angewendet werden, d.h. wenn die Auszahlung - wie bei Tagelöhnern - täglich erfolgt (vgl. Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, Komm, 48. Aufl., § 850c ZPO Anm. 1). Dafür sprechen der aus der Entstehungsgeschichte ersichtliche Sinn und Zweck der Regelungen über die Pfändungsfreigrenzen (zur Entwicklung des Lohnpfändungsrechts S. Arnold, BB 1978, 1314, 1315) und über die Zahlung des Krankengeldes für Kalendertage.
Der Pfändungsschutz für Arbeitseinkommen war bis zum 30. September 1952 in der Verordnung zur einheitlichen Regelung des Pfändungsschutzes für Arbeitseinkommen (Lohnpfändungsverordnung) vom 30. Oktober 1940 (RGBl I, S. 1451) und in dem Gesetz zur Änderung von Vorschriften über den Pfändungsschutz für Arbeitseinkommen vom 22. April 1952 (BGBl. I, S. 247) geregelt. Mit Wirkung vom 1. Oktober 1953 hob Art 5 Nr. 18 i.V.m. Art 12 des Gesetzes über Maßnahmen auf dem Gebiet der Zwangsvollstreckung vom 20. August 1953 (BGBl. I, S. 952) die bisherigen gesetzlichen Regelungen auf und fügte durch Art 1 Nr. 12 die Pfändungsschutzvorschriften der §§ 850ff. in die ZPO ein. Nach § 850c Abs. 1 ZPO i.d.F. des Gesetzes vom 20. August 1953 unterlag Arbeitseinkommen nicht der Pfändung bei Auszahlung für Monate oder Bruchteile von Monaten in Höhe von 169,-- DM monatlich, bei Auszahlung für Wochen in Höhe von 39,-- DM wöchentlich, bei Auszahlung für Tage in Höhe von 6, 50 DM täglich und, soweit es diese Beträge überstieg, zu drei Zehnteln des Mehrbetrages. Die Pfändungsfreigrenze lag relativ gesehen immer gleich hoch, d.h. es spielte keine Rolle, ob der Arbeitnehmer monatlich, wöchentlich oder täglich entlohnt wurde. Das zeigt folgende Rechnung: Ausgehend von sechs Arbeitstagen in der Woche entspricht der unpfändbare Betrag von 39,-- DM genau dem Lohn von 6, 50 DM pro Tag (39,-- DM : sechs Arbeitstage = 6, 50 DM). Ferner steht der bei einem Wochenlohn unpfändbare Betrag von 39,-- DM genau in Relation zu dem unpfändbaren Betrag von 169,-- DM bei monatlicher Entlohnung (39,-- DM x 52 Wochen : 12 Monate = 169,-- DM).
Diese Relation wurde auch beibehalten, als mit dem Gesetz zur Änderung der Pfändungsfreigrenzen vom 26. Februar 1959 (BGBl. I, S. 49) die Pfändungsfreigrenzen erhöht und der Vorschrift des § 850c erstmalig Pfändungstabellen beigefügt wurden. Nach § 850c Abs. 1 ZPO i.d.F. des Art 1 Nr. 1 des Gesetzes vom 26. Februar 1959 war das Arbeitseinkommen eines Schuldners, der keine Unterhaltspflichten zu erfüllen hat, unpfändbar bis zu 182,-- DM monatlich bei Auszahlung für Monate oder Bruchteilen von Monaten, bis zu 42,-- DM wöchentlich bei Auszahlung für Wochen und bis zu 7,-- DM täglich bei Auszahlung für Tage. Wiederum ausgehend von sechs Arbeitstagen pro Woche stand der pfändungsfreie Betrag pro Woche in Relation zum Pfändungsfreibetrag bei Tageslöhnen (7,-- DM x sechs Arbeitstage = 42,-- DM pro Woche). Das gleiche gilt für den Pfändungsfreibetrag von 182,-- DM beim Monatslohn (42,-- DM x 52 Wochen = 2.184,-- DM: 12 Monate = 182,-- DM monatlich).
Diese Relation wurde erst in Art 1 Nr. 1 des am 1. Oktober 1965 in Kraft getretenen Zweiten Gesetzes zur Änderung der Pfändungsfreigrenzen vom 9. August 1965 (BGBl. I, S. 729) aufgegeben. Nunmehr erhöhte der Gesetzgeber den unpfändbaren Teil des Arbeitseinkommens bei Auszahlung für Tage überproportional. Nach § 850c Abs. 1 ZPO i.d.F. dieses Gesetzes lag die Pfändungsfreigrenze des Arbeitseinkommens eines Schuldners, der keine Unterhaltspflicht zu erfüllen hat, mit Monatslohn bei 221,-- DM, mit Wochenlohn bei 51,-- DM und mit Tageslohn bei 10, 20 DM. Geht man auch hier von sechs Arbeitstagen in der Woche aus, so hätte bei einem unpfändbaren Betrag von 10, 20 DM für den Tageslohn die Pfändungsgrenze für den Wochenlohn bei 61, 20 DM (10, 20 DM x sechs Arbeitstage = 61, 20 DM) und der unpfändbare Teil des Monatslohns bei 265, 20 DM (61, 20 DM x 52 Wochen = 3.182, 40 DM : 12 Monate = 265, 20 DM monatlich) liegen müssen. Für die Begünstigung der Schuldner mit Tageslohn wird in den Gesetzesmaterialien (BT-Drucks IV/3303, S. 15) folgende Begründung geben:
"Die prozentual stärkere Anhebung der pfändungsfreien Grundbeträge bei täglich zahlbarem Arbeitseinkommen beruht auf der Erwägung, daß die in Frage kommenden Schuldner regelmäßig in keinem ständigen Beschäftigungsverhältnis stehen. Mit dem Geld, das sie als tägliche Vergütung für die jeweils geleistete Arbeit erhalten, müssen sie den Lebensunterhalt auch für die beschäftigungsfreien Tage bestreiten. "
Bei der Bestimmung der Pfändungsfreigrenzen für diejenigen, deren Arbeitseinkommen täglich ausgezahlt wird, handelt es sich also um eine Ausnahmeregelung, die auf die besondere Situation der unständig Beschäftigten Rücksicht nimmt (vgl. dazu auch Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, Komm, 48. Aufl., § 850c Anm. 2 B). Deshalb ließe sich die Tagestabelle auch nur bei der Übertragung von Ansprüchen auf laufende Geldleistungen i.S. von § 53 Abs. 3 SGB I anwenden, wenn sich derjenige, der Sozialleistungen erhält, wirtschaftlich in einer vergleichbaren Situation wie ein unständig Beschäftigter befände. Das ist - jedenfalls soweit es um die Bezieher von Krankengeld geht - nicht anzunehmen, unabhängig davon, ob die Krankenkasse dem Arbeitnehmer diese Leistung nur für einige Tage, für mehrere Wochen oder für Monate gewährt hat.
Dem steht nicht entgegen, daß nach der hier noch anwendbaren Vorschrift des § 182 Abs. 4 Satz 4 RVO das Krankengeld für Kalendertage gezahlt wurde. Diese Regelung hat ausschließlich verwaltungstechnische Gründe. Die Berechnung und die Auszahlung des Krankengeldes sollen möglichst einfach und ohne großen Verwaltungsaufwand erfolgen können. Auch das läßt sich an der gesetzlichen Entwicklung ablesen.
Die Zahlung des Krankengeldes nach Kalendertagen (vgl. jetzt § 47 Abs. 1 Satz 4 des Fünften Buchs des Sozialgesetzbuchs - SGB V -) ist durch das Gesetz über die Angleichung der Leistungen zur Rehabilitation (RehaAnglG) vom 7. August 1974 (BGBl. I, S. 1881) eingeführt worden. Diese Regelung löste die bisherige unterschiedliche Berechnung und Zahlung des Krankengeldes nach Kalender-, Arbeits- oder Werktagen ab, so daß das Krankengeld nach der Neuregelung auch für Sonnabende, Sonntage und Feiertage zu zahlen ist und es nicht mehr darauf ankommt, ob die Arbeitszeit verlegt und vor- oder nachgearbeitet worden ist (vgl. dazu Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Bd II, S. 392k, 392l, 394r II und 394s I). Der Grund für die bis heute beibehaltene Regelung läßt sich aus den Gesetzesmaterialien (vgl. BR-Drucks 517/73, S. 64 zu Nr. 5 [§ 182 RVO] Buchst c und S. 58f. zu § 13 Abs. 2) nicht entnehmen. Die Gesetzesänderung hängt aber offensichtlich damit zusammen, daß die Berechnung und die Zahlung gleichartiger Leistungen verschiedener Rehabilitationsträger harmonisiert werden sollten und die Beibehaltung der bisherigen Berechnungs- und Zahlungsweise vor allem bei längerfristigen medizinischen und berufsfördernden Maßnahmen Schwierigkeiten bereitet hätte (vgl. dazu Schulin, SGb 1977, 476, 480).
Im übrigen verpflichtete § 182 Abs. 4 Satz 4 RVO - ebenso wie jetzt § 47 Abs. 1 Satz 1 SGB V - die Krankenkassen nicht, das Krankengeld täglich auszuzahlen. Die Gesetzesvorschriften sollen lediglich zum Ausdruck bringen, daß in die Krankengeldgewährung alle Tage einzubeziehen sind, an denen der Arbeitnehmer arbeitsunfähig ist. Es wird mit der Vorschrift also nur der Umfang der Leistungspflicht der Krankenkasse festgelegt. Dies gilt grundsätzlich auch für Fälle, in denen mehrere Wochen oder gar Monate Arbeitsunfähigkeit besteht. Allerdings war für eine längere Arbeitsunfähigkeit wegen der unterschiedlichen Länge der einzelnen Monate eine zusätzliche Vorschrift erforderlich. Sie findet sich in § 182 Abs. 4 Satz 5 RVO bzw. seit dem 1. Januar 1989 in § 47 Abs. 1 Satz 5 SGB V. Danach ist der Kalendermonat, wenn die Krankenkasse dem Versicherten für einen Monat Krankengeld zu gewähren hat, mit 30 Tagen anzusetzen. Auch insoweit handelt es sich lediglich um eine Umfangsbestimmung der Leistungspflicht. Die genannten Regelungen können deshalb schon nach ihrem Sinn und Zweck nicht dazu führen, beim Pfändungsschutz die Tagestabelle zu § 850c ZPO anzuwenden.
Schließlich spricht gegen den vom Kläger gewünschten erweiterten Pfändungsschutz der Tagestabelle: Die Situation des Krankengeldbeziehers ist in aller Regel nicht vergleichbar mit der eines unständig Beschäftigten, der in der Zeit, in der er keine Arbeit hat, von seinem Arbeitsentgelt leben muß (vgl. dazu BT-Drucks IV/3303, S. 15). Denn normalerweise kehrt der Krankengeldbezieher nach der Beendigung des Krankengeldbezugs an seinen Arbeitsplatz zurück und kann dann wieder von seinem Arbeitsentgelt leben. Aber selbst wenn er während der Zeit der Arbeitsunfähigkeit, z.B. durch Kündigung des Arbeitgebers, seinen Arbeitsplatz verliert, steht er in der Regel nicht mittellos da, sondern erhält zunächst als Arbeitsunfähiger weiter Krankengeld oder - nach Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit - auf Antrag Arbeitslosengeld (§§ 100ff. des Arbeitsförderungsgesetzes [AFG]) bzw. Arbeitslosenhilfe (§ 134 AFG). Zwar ist auch bei denjenigen, die ständig beschäftigt waren, nach Verlust des Arbeitsplatzes und der Wiedergenesung nicht immer der Lebensunterhalt durch einen Anspruch auf Sozialleistungen abgesichert. Es handelt sich aber insoweit um Ausnahmefälle, z.B. um Personen, die wegen einer zu kurzen Zeit der Beschäftigung noch nicht die gesetzlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Arbeitslosengeld (vgl. § 106 AFG) oder von Arbeitslosenhilfe (vgl. dazu § 134 Abs. 1 Nr. 4 und Abs. 2 und 3 AFG) erfüllt haben. Diese atypischen Fälle können nicht zur Richtschnur für die Anwendung des Pfändungsschutzes nach § 850c ZPO gemacht werden.
Die Revision des Klägers konnte nach alledem keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.1 RK 26/91
BUNDESSOZIALGERICHT
Fundstellen