Leitsatz (amtlich)
Arbeitsgemeinschaften gemäß § 44b SGB II widersprechen dem Grundsatz eigenverantwortlicher Aufgabenwahrnehmung, der den zuständigen Verwaltungsträger verpflichtet, seine Aufgaben grundsätzlich durch eigene Verwaltungseinrichtungen, also mit eigenem Personal, eigenen Sachmitteln und eigener Organisation wahrzunehmen.
Tenor
§ 44b SGB II ist mit Artikel 28 Absatz 2 Satz 1 und 2 in Verbindung mit Artikel 83 des Grundgesetzes unvereinbar. Die Vorschrift bleibt bis zum 31. Dezember 2010 anwendbar, wenn der Gesetzgeber nicht zuvor eine andere Regelung trifft.
Im Übrigen werden die Verfassungsbeschwerden zurückgewiesen.
Die Bundesrepublik Deutschland hat den Beschwerdeführern in dem Verfahren 2 BvR 2433/04 die Hälfte der notwendigen Auslagen zu erstatten.
Tatbestand
A.
Die Beschwerdeführer sind Kreise und Landkreise. Sie wenden sich gegen die Zuweisung der Zuständigkeit für einzelne Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende („Hartz IV”) ohne vollständigen Ausgleich der sich daraus ergebenden finanziellen Mehrbelastungen. Die Beschwerdeführer im Verfahren 2 BvR 2433/04 beanstanden zudem die Verpflichtung, Arbeitsgemeinschaften mit der Bundesagentur für Arbeit zu bilden.
I.
1. Die Bundesregierung und die sie tragenden Bundestagsfraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN legten im Rahmen des „Zukunftsprogramms Agenda 2010” gleichlautende Entwürfe eines Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vor (BTDrucks 15/1516, S. 1638). Kern des Regelungsanliegens war die Zusammenführung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe zu einer einheitlichen Leistung, der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Nach § 6 SGB II-E sollte die Bundesagentur für Arbeit für das Erbringen der Leistungen zuständig sein. Damit sollten die Verwaltungsleistungen der Hilfe bei der Arbeitsuche und der Anspruchsprüfung und -gewährung unter einem Dach gebündelt werden. Mitarbeiter der bisherigen Träger der Sozialhilfe sollten durch einen gesetzlichen Auftrag (§ 93 SGB X) beteiligt werden (BTDrucks 15/1516, S. 45, 47, 48). Die Aufwendungen für die Grundsicherung für Arbeitsuchende sollte der Bund tragen; sein Anteil am Umsatzsteueraufkommen sollte dafür steigen (BTDrucks 15/1516, S. 33 f.). Die finanzielle Entlastung der Kommunen war ausdrückliches Ziel des Gesetzentwurfs (BTDrucks 15/1516, S. 41).
Der Gesetzentwurf war in mehreren Gesichtspunkten umstritten. Die Beschlussempfehlung des federführenden Bundestagsausschusses für Wirtschaft und Arbeit nahm einige der aus den Oppositionsfraktionen vorgebrachten Bedenken auf. Dies führte etwa zu Änderungen des Entwurfs in Bezug auf die Regelungen über die Erwerbsfähigkeit, die Zumutbarkeit einer Beschäftigung oder die Vermögensanrechnung. Die Regelungen über die Zuständigkeit (§ 6 SGB II-E) und die Finanzierung aus Bundesmitteln (§ 46 SGB II-E) blieben aber unangetastet (BTDrucks 15/1728, S. 171, 191).
Insbesondere die Zuständigkeit für die Grundsicherung für Arbeitsuchende war jedoch umstritten. Die Opposition im Bundestag hielt die Kommunen, nicht die Bundesagentur für Arbeit für die geeigneten Träger der Betreuung von Arbeitslosen und der Arbeitsvermittlung (BTDrucks 15/1749, S. 19). Sie lehnte den Regierungsentwurf auch aus diesem Grunde ab.
Die Bundestagsfraktion der CDU/CSU hatte eigene Gesetzentwürfe eingebracht, die identisch waren mit Bundesratsentwürfen, die dort vom Land Hessen eingebracht worden waren. Im Entwurf eines Existenzgrundlagengesetzes waren die Kreise und kreisfreien Städte und nach landesrechtlicher Bestimmung die kreisangehörigen Gemeinden als Leistungsträger vorgesehen (BTDrucks 15/1523, S. 31; § 101 SGB XII-E). Die Zuweisung aller Vermittlungs-, Beratungs- und Leistungsaufgaben an die Kommunen sei unabdingbare Voraussetzung für ein effektives Hilfesystem (BTDrucks 15/1523, S. 63). Außerdem sollte in das Grundgesetz ein Art. 106b eingefügt werden, wonach den Ländern die durch Arbeitslosigkeit verursachten Aufwendungen, für die Leistungen der Arbeitslosenversicherung nicht bereitstehen, aus dem Steueraufkommen des Bundes erstattet werden; die Länder sollten verpflichtet werden, diese Erstattung an die zuständigen Leistungsträger weiterzugeben (BTDrucks 15/1527).
Der Bundestag nahm den Gesetzentwurf der Mehrheitsfraktionen an und lehnte die Oppositionsentwürfe ab. Die Bundesratsmehrheit beharrte auf einer kommunalen Zuständigkeit für die Arbeitsvermittlung und für die Leistungen an Arbeitslose. Der Bundesrat verlangte, den Vermittlungsausschuss einzuberufen.
Der Vermittlungsausschuss empfahl eine Änderung der Regelungen über die Zuständigkeit (BTDrucks 15/2259): Die Kreise und kreisfreien Städte sollten für einzelne der Leistungen zuständig sein, nämlich für die Betreuung von Kindern, die Pflege von Angehörigen, die psychosoziale Betreuung, die Schuldnerberatung, die Suchtberatung, die Leistungen für Unterkunft und Heizung, die Leistungen für Erstausstattungen für die Wohnung und für Bekleidung sowie für mehrtägige Klassenfahrten; im Übrigen sollte die Bundesagentur zuständig bleiben (§ 6 Abs. 1 SGB II-E). Damit die Verwaltung der Leistung dennoch aus einer Hand erfolgen könne, sah § 44b SGB II-E nun die Bildung von Arbeitsgemeinschaften aus den Agenturen für Arbeit und den kommunalen Trägern vor. Der Bund sollte nur noch die Aufwendungen der von der Bundesagentur für Arbeit zu erbringenden Leistungen tragen (§ 46 SGB II-E). Der Gesetzesbeschluss wurde auch in Bezug auf die Umsatzsteuerverteilung geändert, und es wurde eine Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisung an die neuen Länder zum Ausgleich der Lasten aus struktureller Arbeitslosigkeit vorgesehen (BTDrucks 15/2259, S. 8).
Der Bundestag nahm die Beschlussempfehlung an, und der Bundesrat stimmte dem Gesetz zu. Das Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 wurde am 29. Dezember 2003 verkündet (BGBl I S. 2954). Die hier umstrittenen Regelungen traten am 1. Januar 2004 in Kraft (Art. 61 Abs. 2).
Sie lauteten im Einzelnen:
Sozialgesetzbuch (SGB) Erstes Buch (I)
– Allgemeiner Teil –
§ 19a Leistungen der Grundsicherung für
Arbeitsuchende
(1) Nach dem Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende können in Anspruch genommen werden
- Leistungen zur Eingliederung in Arbeit,
- Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts.
(2) Zuständig sind die Agenturen für Arbeit und die sonstigen Dienststellen der Bundesagentur für Arbeit, sowie die kreisfreien Städte und Kreise, soweit durch Landesrecht nicht andere Träger bestimmt sind.
Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II)
– Grundsicherung für Arbeitsuchende –
§ 6 Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende
Träger der Leistungen nach diesem Buch sind:
die Bundesagentur für Arbeit (Bundesagentur),
soweit Nummer 2 nichts Anderes bestimmt,
- die kreisfreien Städte und Kreise (kommunale Träger) für die Leistungen nach § 16 Abs. 2 Satz 1, 2 Nr. 1 bis 4, § 22 und § 23 Abs. 3, soweit durch Landesrecht nicht andere Träger bestimmt sind.
Zu ihrer Unterstützung können sie Dritte mit der Wahrnehmung von Aufgaben beauftragen.
§ 44b Arbeitsgemeinschaften
(1) Zur einheitlichen Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach diesem Buch errichten die Träger der Leistungen nach diesem Buch im Bezirk jeder Agentur für Arbeit eine Arbeitsgemeinschaft in den nach § 9 Abs. 1a des Dritten Buches eingerichteten Job-Centern. Die Ausgestaltung und Organisation der Arbeitsgemeinschaften soll die Besonderheiten der beteiligten Träger, des regionalen Arbeitsmarktes und der regionalen Wirtschaftsstruktur berücksichtigen.
(2) Die Geschäfte der Arbeitsgemeinschaft führt ein Geschäftsführer. Er vertritt die Arbeitsgemeinschaft außergerichtlich und gerichtlich. Können die Agentur für Arbeit und die Kommunen sich bei der Errichtung der Arbeitsgemeinschaft nicht auf ein Verfahren zur Bestimmung des Geschäftsführers einigen, wird er von der Agentur für Arbeit und den Kommunen abwechselnd jeweils für ein Jahr einseitig bestimmt. Das Los entscheidet, ob die erste einseitige Bestimmung durch die Agentur für Arbeit oder die Kommunen erfolgt.
(3) Die Arbeitsgemeinschaft nimmt die Aufgaben der Agentur für Arbeit als Leistungsträger nach diesem Buch wahr. Die kommunalen Träger sollen der Arbeitsgemeinschaft die Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach diesem Buch übertragen; § 94 Abs. 4 in Verbindung mit § 88 Abs. 2 Satz 2 des Zehnten Buches gilt nicht. Die Arbeitsgemeinschaft ist berechtigt, zur Erfüllung ihrer Aufgaben Verwaltungsakte und Widerspruchsbescheide zu erlassen.
(4) Die Agentur für Arbeit teilt dem kommunalen Träger alle Tatsachen mit, von denen sie Kenntnis erhält und die für seine Leistungen erheblich sein können.
(5) In den Fällen des § 6a gelten die Absätze 1 bis 4 nicht.
§ 46 Finanzierung aus Bundesmitteln
(1) Der Bund trägt die Aufwendungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende, soweit die Leistungen von der Bundesagentur erbracht werden. Er erstattet der Bundesagentur hierfür die Verwaltungskosten. In den Fällen des § 6a regelt das Bundesgesetz nach § 6a eine entsprechende Finanzierung; eine Pauschalierung ist zulässig. Der Bund kann festlegen, nach welchen Maßstäben die Mittel für Leistungen zur Eingliederung in Arbeit auf die Agenturen für Arbeit zu verteilen sind, es sei denn, dass die Maßstäbe in einer Zielvereinbarung (§ 48) geregelt sind.
(2) Die Bundesagentur erstattet dem Bund jeweils zum 15. Februar, 15. Mai, 15. August und 15. November einen Aussteuerungsbetrag, der dem Zwölffachen der durchschnittlichen monatlichen Aufwendungen für Arbeitslosengeld II, Sozialgeld und Beiträge zur Sozialversicherung im vorangegangenen Kalendervierteljahr für eine Bedarfsgemeinschaft, vervielfältigt mit der Zahl der Personen, die im vorangegangenen Kalendervierteljahr innerhalb von drei Monaten nach dem Bezug von Arbeitslosengeld einen Anspruch auf Arbeitslosengeld II erworben haben, entspricht.
2. Die Ausgestaltung der Option kommunaler Trägerschaft der Aufgaben nach dem Sozialgesetzbuch – Zweites Buch –, also des Verzichts auf die Arbeitsgemeinschaften zu Gunsten der Alleinzuständigkeit der Kreise oder kreisfreien Städte, konnte im Vermittlungsverfahren nicht abschließend bestimmt werden. Sie wurde einem weiteren Gesetzgebungsverfahren zugewiesen.
Dazu legten die Bundestagsfraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN den Entwurf eines Kommunalen Optionsgesetzes vor (BTDrucks 15/2816). Der Entwurf sah auch die Änderung von Vorschriften vor, die die Option nicht betrafen. Durch Landesrecht sollte bestimmt werden, dass die Kreise ihre Gemeinden zur Aufgabenerfüllung heranziehen können. Als Aufsichtsbehörde der Arbeitsgemeinschaften war die oberste Landesbehörde im Benehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit vorgesehen.
Auch dieser Gesetzentwurf geriet nach dem Beschluss des Bundestags auf Verlangen des Bundesrats in das Vermittlungsverfahren. Neben der Ausgestaltung der Option bemängelte die Bundesratsmehrheit vor allem eine nach ihrer Auffassung durch das Sozialgesetzbuch – Zweites Buch – bewirkte finanzielle Belastung der Kommunen, insbesondere durch das Wohngeld (BRatPlPr 799, S. 196 A ff., 198 C f., 201 C f.).
Die Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses (BTDrucks 15/3495) sah dazu eine Verpflichtung auf eine Entlastung der Kommunen um jährlich 2,5 Milliarden Euro vor. Der Bund sollte einen bestimmten Anteil an den von den Kommunen zu erbringenden Leistungen für Unterkunft und Heizung tragen. Der Bundestag nahm den Vermittlungsvorschlag an, und der Bundesrat stimmte dem Gesetz zu. Das Gesetz zur optionalen Trägerschaft von Kommunen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (Kommunales Optionsgesetz) vom 30. Juli 2004 wurde am 5. August 2004 verkündet (BGBl I S. 2014). Die Änderungen der hier angegriffenen §§ 6 und 46 SGB II traten am Tag nach der Verkündung in Kraft (Art. 17 Abs. 1).
Die Vorschriften lauteten nunmehr:
Sozialgesetzbuch (SGB) Erstes Buch (I)
– Allgemeiner Teil –
§ 19a Leistungen der Grundsicherung für
Arbeitsuchende
(1) Nach dem Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende können in Anspruch genommen werden
- Leistungen zur Eingliederung in Arbeit,
- Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts.
(2) Zuständig sind die Agenturen für Arbeit und die sonstigen Dienststellen der Bundesagentur für Arbeit, sowie die kreisfreien Städte und Kreise, soweit durch Landesrecht nicht andere Träger bestimmt sind. In den Fällen des § 6a des Zweiten Buches ist abweichend von Satz 1 der zugelassene kommunale Träger zuständig.
Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II)
– Grundsicherung für Arbeitsuchende –
§ 6 Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende
(1) Träger der Leistungen nach diesem Buch sind:
- die Bundesagentur für Arbeit (Bundesagentur), soweit Nummer 2 nichts Anderes bestimmt,
- die kreisfreien Städte und Kreise für die Leistungen nach § 16 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 bis 4, §§ 22 und 23 Abs. 3, soweit durch Landesrecht nicht andere Träger bestimmt sind (kommunale Träger).
Zu ihrer Unterstützung können sie Dritte mit der Wahrnehmung von Aufgaben beauftragen.
(2) Die Länder können bestimmen, dass und inwieweit die Kreise ihnen zugehörige Gemeinden oder Gemeindeverbände zur Durchführung der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Aufgaben nach diesem Gesetz heranziehen und ihnen dabei Weisungen erteilen können; in diesen Fällen erlassen die Kreise den Widerspruchsbescheid nach dem Sozialgerichtsgesetz. § 44b Abs. 3 Satz 3 bleibt unberührt. Die Sätze 1 und 2 gelten auch in den Fällen des § 6a.
(3) Die Länder Berlin, Bremen und Hamburg werden ermächtigt, die Vorschriften dieses Gesetzes über die Zuständigkeit von Behörden für die Grundsicherung für Arbeitsuchende dem besonderen Verwaltungsaufbau ihrer Länder anzupassen.
§ 44b Arbeitsgemeinschaften
(1) Zur einheitlichen Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach diesem Buch errichten die Träger der Leistungen nach diesem Buch durch privatrechtliche oder öffentlich-rechtliche Verträge Arbeitsgemeinschaften in den nach § 9 Abs. 1a des Dritten Buches eingerichteten Job-Centern. Befinden sich im Bereich eines kommunalen Trägers mehrere Agenturen für Arbeit, ist eine Agentur als federführend zu benennen. Die Ausgestaltung und Organisation der Arbeitsgemeinschaften soll die Besonderheiten der beteiligten Träger, des regionalen Arbeitsmarktes und der regionalen Wirtschaftsstruktur berücksichtigen.
(2) Die Geschäfte der Arbeitsgemeinschaft führt ein Geschäftsführer. Er vertritt die Arbeitsgemeinschaft außergerichtlich und gerichtlich. Können die Agentur für Arbeit und die Kommunen sich bei der Errichtung der Arbeitsgemeinschaft nicht auf ein Verfahren zur Bestimmung des Geschäftsführers einigen, wird er von der Agentur für Arbeit und den Kommunen abwechselnd jeweils für ein Jahr einseitig bestimmt. Das Los entscheidet, ob die erste einseitige Bestimmung durch die Agentur für Arbeit oder die Kommunen erfolgt.
(3) Die Arbeitsgemeinschaft nimmt die Aufgaben der Agentur für Arbeit als Leistungsträger nach diesem Buch wahr. Die kommunalen Träger sollen der Arbeitsgemeinschaft die Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach diesem Buch übertragen; § 94 Abs. 4 in Verbindung mit § 88 Abs. 2 Satz 2 des Zehnten Buches gilt nicht. Die Arbeitsgemeinschaft ist berechtigt, zur Erfüllung ihrer Aufgaben Verwaltungsakte und Widerspruchsbescheide zu erlassen. Die Aufsicht über die Arbeitsgemeinschaft führt die zuständige oberste Landesbehörde im Benehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit.
(4) Die Agentur für Arbeit und der kommunale Träger teilen sich alle Tatsachen mit, von denen sie Kenntnis erhalten und die für die Leistungen des jeweils anderen Trägers erheblich sein können.
(5) (weggefallen)
§ 46 Finanzierung aus Bundesmitteln
(1) Der Bund trägt die Aufwendungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende einschließlich der Verwaltungskosten, soweit die Leistungen von der Bundesagentur erbracht werden. Der Bundesrechnungshof prüft die Leistungsgewährung. Dies gilt auch, soweit die Aufgaben von Arbeitsgemeinschaften nach § 44b wahrgenommen werden. Eine Pauschalierung von Eingliederungsleistungen und Verwaltungskosten ist zulässig. Die Mittel für die Erbringung von Eingliederungsleistungen und Verwaltungskosten werden in einem Gesamtbudget veranschlagt.
(2) Der Bund kann festlegen, nach welchen Maßstäben die Mittel nach Absatz 1 Satz 4 auf die Agenturen für Arbeit zu verteilen sind. Bei der Zuweisung wird die Zahl der erwerbsfähigen Bezieher von Leistungen zur Grundsicherung zugrunde gelegt. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit kann im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates ergänzende andere Maßstäbe für die Verteilung der Mittel für Leistungen zur Eingliederung in Arbeit festlegen.
(3) Nicht verausgabte Mittel nach Absatz 1 Satz 5 sind zur Hälfte in das Folgejahr übertragbar. Die übertragbaren Mittel dürfen einen Betrag von 10 vom Hundert des Gesamtbudgets des laufenden Jahres nicht übersteigen.
(4) Die Bundesagentur erstattet dem Bund jeweils zum 15. Februar, 15. Mai, 15. August und 15. November einen Aussteuerungsbetrag, der dem Zwölffachen der durchschnittlichen monatlichen Aufwendungen für Arbeitslosengeld II, Sozialgeld und Beiträge zur Sozialversicherung im vorangegangenen Kalendervierteljahr für eine Bedarfsgemeinschaft, vervielfältigt mit der Zahl der Personen, die im vorangegangenen Kalendervierteljahr innerhalb von drei Monaten nach dem Bezug von Arbeitslosengeld einen Anspruch auf Arbeitslosengeld II erworben haben, entspricht.
(5) Der Bund beteiligt sich zweckgebunden an den Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs. 1, um sicherzustellen, dass die Kommunen durch das Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt unter Berücksichtigung der sich aus ihm ergebenden Einsparungen der Länder um jährlich 2,5 Milliarden Euro entlastet werden.
(6) Der Bund trägt im Jahre 2005 29,1 vom Hundert der in Absatz 5 genannten Leistungen. Dieser Anteil wird zum 1. März 2005 und zum 1. Oktober 2005 überprüft. Ergibt die Überprüfung, dass die Entlastung der Kommunen den Betrag von 2,5 Milliarden Euro jährlich übersteigt oder unterschreitet, ist der Anteil des Bundes rückwirkend zum 1. Januar 2005 entsprechend anzupassen, allerdings nicht mehr als auf eine Stelle hinter dem Komma genau. Mit der Überprüfung zum 1. Oktober 2005 wird darüber hinaus der Anteil des Bundes für das Jahr 2006 festgelegt.
(7) Die Überprüfung für die Jahre 2006 und 2007 ist jeweils zum 1. Oktober vorzunehmen. Ergibt sie, dass die Entlastung der Kommunen den Betrag von 2,5 Milliarden Euro jährlich übersteigt oder unterschreitet, ist der Anteil des Bundes rückwirkend zum 1. Januar des jeweiligen Jahres entsprechend anzupassen, allerdings nicht mehr als auf eine Stelle hinter dem Komma genau. Mit der Überprüfung zum 1. Oktober 2006 wird darüber hinaus der Anteil des Bundes für das Jahr 2007 und mit der Überprüfung zum 1. Oktober 2007 der Anteil des Bundes ab dem Jahre 2008 festgelegt.
(8) Weitere Überprüfungen und Anpassungen sind zum 1. Oktober 2009 und danach alle zwei Jahre vorzunehmen.
(9) Für die Überprüfungen und Anpassungen des in Absatz 5 genannten Anteils des Bundes nach den Absätzen 6 bis 8 sind die in der Anlage genannten Kriterien maßgebend.
(10) Der Anteil des Bundes an den in Absatz 5 genannten Leistungen wird den Ländern erstattet. Der Abruf der Erstattungen ist zur Monatsmitte und zum Monatsende zulässig. Wenn die Überprüfung des in Absatz 5 genannten Anteils des Bundes nach den Absätzen 6 bis 8 ergibt, dass dieser zu erhöhen ist, werden bis zur gesetzlichen Festsetzung eines erhöhten Anteils des Bundes auf Antrag eines Landes monatlich im Voraus Abschläge auf den bis dahin geltenden Anteil des Bundes gezahlt. Die Abschläge können bis zu einem Monat vorgezogen werden.
Die Finanzierungsregelungen des § 46 Abs. 6 bis 10 SGB II wurden im Dezember 2005 auf feste Anteile des Bundes für die Jahre 2005 und 2006 umgestellt; die zuvor geregelten Änderungsmechanismen entfielen (Erstes Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch vom 22. Dezember 2005, BGBl I S. 3675).
3. Mit dem Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20. Juli 2006 (BGBl I S. 1706) wurde der neue Zuschnitt der Zuständigkeiten der Bundesministerien nachvollzogen: Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales trat an die Stelle des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit. Art. 1 Nr. 3 dieses Gesetzes änderte § 6 SGB II; in Abs. 1 Satz 2 wurde folgender Halbsatz eingefügt: „sie sollen einen Außendienst zur Bekämpfung von Leistungsmissbrauch einrichten.” Die Änderung sollte für die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Aufgabe begründen, einen Außendienst zur Bekämpfung des Leistungsmissbrauchs einzurichten, um zu überprüfen, ob die Anspruchsvoraussetzungen von Personen, die Leistungen der Grundsicherung beziehen oder bezogen, vorliegen oder vorlagen (BTDrucks 16/1410, S. 18). In § 6 Abs. 2 Satz 3 SGB II wurden nach der Angabe von „§ 6a” die Wörter „mit der Maßgabe, dass eine Heranziehung auch für die Aufgaben nach § 6b Abs. 1 Satz 1 erfolgen kann” eingefügt. Durch diese Änderung sollte klargestellt werden, dass die zugelassenen kommunalen Träger Gemeinden und Gemeindeverbände im Rahmen einer landesrechtlichen Regelung zur Erfüllung der Aufgaben als zugelassener kommunaler Träger gemäß § 6b Abs. 1 SGB II heranziehen können (BTDrucks 16/1410, S. 18).
Da sich die Verpflichtung der Agenturen für Arbeit, gemäß § 9 Abs. 1a SGB III Job-Center als einheitliches Organisationsmodell für alle einzurichten, in der Praxis aufgrund der Um- und Neustrukturierung der Agenturen für Arbeit und der heterogenen Struktur der Arbeitsgemeinschaften und zugelassenen kommunalen Träger als nicht umsetzbar erwies (BTDrucks 16/1410, S. 31), wurde die Regelung des § 9 Abs. 1a SGB III wieder aufgehoben. Dies führte dazu, dass auch die in § 44b Abs. 1 Satz 1 SGB II geregelte Verpflichtung, die Arbeitsgemeinschaften in den Job-Centern einzurichten, aufgehoben wurde. Die Verpflichtung der kommunalen Träger, mit den Agenturen für Arbeit durch privatrechtliche oder öffentlich-rechtliche Verpflichtung Arbeitsgemeinschaften zu bilden (§ 44b Abs. 1 Satz 1 SGB II) und den Arbeitsgemeinschaften die Wahrnehmung ihrer Aufgaben zu übertragen (§ 44b Abs. 3 Satz 2 SGB II), blieb unberührt. Außerdem wurde § 44b Abs. 3 Satz 4 SGB II neu gefasst, um den zuständigen obersten Landesbehörden die Möglichkeit zu geben, für die Aufsichtsführung über die Arbeitsgemeinschaften eine andere Stelle zu bestimmen. Satz 4 lautet nunmehr: „Die Aufsicht über die Arbeitsgemeinschaft führt die zuständige oberste Landesbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle im Benehmen mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales.”
4. Die letzte Änderung des Sozialgesetzbuchs – Zweites Buch – durch das Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und des Finanzausgleichsgesetzes vom 22. Dezember 2006 (BGBl I S. 3376), das am 1. Januar 2007 in Kraft trat, ließen § 6 und § 44b SGB II unberührt. Geändert wurden hingegen die Finanzierungsregelungen des Bundes gemäß § 46 SGB II; der Bund erhöhte seine Beteiligung an den Leistungen der kommunalen Träger für Unterkunft und Heizung für 2007 von 29,1 vom Hundert auf 35,2 vom Hundert für Baden-Württemberg, 41,2 vom Hundert für Rheinland-Pfalz und für die übrigen Länder auf 31,2 vom Hundert. Ab 2008 bestimmt sich die Beteiligung nach einer Formel (BTDrucks 16/3269, S. 4).
II.
Die Beschwerdeführer meinen, die angegriffenen Regelungen verletzten Art. 28 Abs. 2 GG.
1. Die Bestimmung der Zuständigkeit der Kreise für einzelne Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende durch § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II und § 19a Abs. 2 SGB I sei ein unzulässiger Durchgriff des Bundes auf die kommunale Ebene. Die Kompetenzordnung nach Art. 83 und Art. 84 Abs. 1 GG sehe als Regelfall vor, dass die Länder in eigener Verantwortung entscheiden, ob Bundesgesetze durch unmittelbare oder mittelbare Landesverwaltung ausgeführt werden sollen. Die Einbeziehung von Gemeinden und Gemeindeverbänden richte sich dann nach dem Landesrecht. Das führe bei einer Aufgabenzuweisung an die Kommunen zu landesverfassungsrechtlichen Schutzmechanismen, nämlich insbesondere dem in vielen Landesverfassungen geregelten Konnexitätsprinzip: das Land müsse Kostenersatz für die mit der Aufgabenzuweisung verbundenen Belastungen leisten. Weise der Bund die Aufgabe zu, dann sei das Land nicht zum Kostenersatz verpflichtet, und auch zwischen dem Bund und den Kommunen gebe es direkte Finanzbeziehungen, die zum Ausgleich genutzt werden könnten, nicht.
Wenn eine bundesgesetzliche Zuweisung von Zuständigkeiten an die Kommunen überhaupt von Art. 84 Abs. 1 GG gedeckt sein könne, müsse sie jedenfalls an enge Voraussetzungen gebunden bleiben. Es dürfe sich bei der Aufgabenzuweisung nur um eine punktuelle Annexregelung handeln, und diese Annexregelung müsse zum wirksamen Vollzug der materiellen Bestimmungen notwendig sein. Beide Voraussetzungen würden durch die angegriffenen Regelungen nicht erfüllt. Die den Kommunen zugewiesenen Aufgaben seien neu; sie seien nämlich durch die Neuregelung nicht nur umbenannt, sondern neu konzipiert worden. Um eine Annexregelung handele es sich nicht, weil die Aufgabenzuweisung geradezu das organisationsrechtliche Herzstück des neuen Sozialgesetzbuchs – Zweites Buch – darstelle. Auch der erhebliche Umfang der zugewiesenen Aufgaben spreche gegen eine bloße Annexregelung.
Die Aufgabenzuweisung an die Kommunen sei zum Gesetzesvollzug auch nicht notwendig, sondern sogar hinderlich. Da es sich bei den den Kommunen zugewiesenen Leistungen nicht um abgegrenzte Leistungen, sondern um Elemente des einheitlichen Arbeitslosengeldes II handele, sei es folgerichtig gewesen, dass der Gesetzentwurf eine einheitliche Aufgabenträgerschaft vorgesehen habe. Nur um den Kommunen finanzielle Lasten aufzubürden, sei im Vermittlungsverfahren die Aufgabenverantwortung einerseits aufgeteilt und andererseits in den Arbeitsgemeinschaften wieder zusammengeführt worden. Der Landesrechtsvorbehalt belege zudem, dass der Gesetzgeber selbst die Bestimmung der Kommunen zu Aufgabenträgern nicht für notwendig halte.
Der Bund habe gegen das Verbot verstoßen, die finanziellen Verhältnisse der Kommunen ohne Einschaltung der Länder zu ordnen. Indem er die Ausgleichsleistungen für die übertragenen Aufgaben begrenze, bestimme er selbst unmittelbar, welche Lasten die Kommunen selbst tragen müssten. Der Bund hätte, wenn er schon Aufgaben an die Kommunen zuweise, einen vollständigen Mehrbelastungsausgleich leisten müssen. Stattdessen könne er nicht einmal sicherstellen, dass der gewährte unzureichende Ausgleich von den Ländern an ihre Kommunen weitergeleitet werde.
2. Die Beschwerdeführer im Verfahren 2 BvR 2433/04 beanstanden zudem einen Verstoß gegen Art. 28 Abs. 2 GG durch die in § 44b SGB II geregelte Verpflichtung, Arbeitsgemeinschaften mit den Agenturen für Arbeit zu errichten und diesen die Aufgaben der kommunalen Träger zu übertragen. Diese Konstruktion diene allein dem Beibehalten einheitlicher Aufgabenwahrnehmung trotz der Lastenzuweisung insbesondere für die Leistungen für Unterkunft und Heizung an die Kommunen. Die Kommunen müssten die Wahrnehmung der Aufgaben an die Arbeitsgemeinschaften übertragen, obwohl sie Aufgabenträger und damit finanzierungsverantwortlich blieben. Das widerspreche Art. 104a Abs. 1 GG, der die Ausgabenlast an die Wahrnehmung, nicht an die Trägerschaft knüpfe. Zudem sei eine unzulässige Mischverwaltung entstanden.
3. Mit einem am 11. August 2006 eingereichten Schriftsatz haben die Beschwerdeführer erklärt, ihre Verfassungsbeschwerden auch auf die geänderte Fassung des § 46 SGB II zu erstrecken.
Ergänzend führen die Beschwerdeführer aus, dass das in seinen materiellrechtlichen Bestimmungen zum 1. Januar 2005 in Kraft getretene Sozialgesetzbuch – Zweites Buch – nicht lediglich die Fortführung bestehender Aufgaben sei, sondern dass es sich um eine bundesgesetzlich neu geregelte Aufgabe handele, die aufgrund der neuen gesetzgeberischen Konzeption unter anderem zu einem exorbitanten Anstieg der Anspruchsberechtigten geführt habe, ohne dass die kommunalen Träger entsprechend entlastet worden seien. Die Beschwerdeführer in dem Verfahren 2 BvR 2433/04 würden durch § 44b SGB II in Arbeitsgemeinschaften hineingezwungen. Von einer völligen rechtlichen Trennung der Stränge der Aufgabenerledigung könne keine Rede sein.
III.
Zu den Verfassungsbeschwerden haben die Bundesregierung, das Bundessozialgericht, der Deutsche Landkreistag und der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V. Stellung genommen. Außerdem haben sich der Sächsische Datenschutzbeauftragte und der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit geäußert.
1. Die Bundesregierung verteidigt die angegriffenen Regelungen. Sie beschreibt das Gesetzgebungsverfahren, gerade in Bezug auf die Regelungen über die Zuständigkeit, als eine schwierige Suche nach Kompromissen. Das Ergebnis, auch die angegriffenen Normen, habe deshalb ferner experimentellen Charakter. Das erweitere den Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers und enge die Kontrollbefugnisse des Bundesverfassungsgerichts ein. Die verfassungsgerichtliche Überprüfung müsse berücksichtigen, dass die Steuerungsmöglichkeiten zur Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit beschränkt seien. Auch und gerade Organisationsregelungen seien Teil des Problemzugriffs und daher von dem Prognose- und Beurteilungsspielraum umfasst, der die Intensität der Normenkontrolle beschränke.
Über das Anliegen, die Arbeitslosen- und die Sozialhilfe zu einer neuen, einheitlichen Leistung zusammenzuführen, seien sich die am Gesetzgebungsverfahren Beteiligten weitgehend einig gewesen. Im Mittelpunkt der Auseinandersetzungen habe die Bestimmung des Leistungsträgers gestanden. Schon früh habe sich die dann Gesetz gewordene Lösung angedeutet. Sie stamme weder erst aus den Diskussionen in den letzten Verfahrensabschnitten noch diene sie der Verschiebung der Finanzverantwortung zu Lasten der Kommunen, die im Ergebnis sogar entlastet würden. Für die Aufgabenübertragung an die Kommunen hätten wesentliche Sachgründe gesprochen: Die soziale und psychosoziale Betreuung nähmen die Kommunen seit Jahrzehnten wahr; nur sie kennten die Probleme vor Ort. Für die Leistung der Unterkunftskosten sprächen die regional und lokal erheblichen Unterschiede im Wohnungsmarkt und der häufige Zusammenhang ungesicherter Wohnverhältnisse mit anderen persönlichen Krisenlagen, für deren Bewältigung die Kommunen soziale Betreuung anböten. Im Ergebnis seien den Kommunen damit nicht neue Aufgaben zugewiesen, sondern ihnen sei ein Teil der ihnen bislang nach dem Bundessozialhilfegesetz obliegenden Zuständigkeiten belassen worden.
Mit den Arbeitsgemeinschaften werde der Versuch unternommen, trotz der aufgeteilten Zuständigkeit bürgerfreundlich eine einheitliche Verwaltungsleistung aus einer Hand zu erbringen. Dem Bundesgesetzgeber sei bewusst gewesen, dass er wegen der Garantie der kommunalen Selbstverwaltung, die die eigenverantwortliche Aufgabenwahrnehmung und Verantwortungsklarheit umfasse, die Übertragung von kommunalen Aufgaben und die Beteiligung an den Arbeitsgemeinschaften nicht erzwingen dürfe. Mit der Formulierung „sollen” in § 44b Abs. 3 Satz 2 SGB II sei daher nicht mehr als ein gesetzgeberischer Appell geregelt worden. Beteilige sich eine Kommune an einer Arbeitsgemeinschaft, so blieben beide Partner für die ihnen jeweils obliegenden Leistungen verantwortlich. Die Anträge würden in enger Abstimmung bearbeitet und in einem gebündelten Bescheid beschieden, aber dabei handele es sich bloß um die äußere Verbindung verschiedener einzelner Verwaltungsakte in einer Sammelverfügung unter dem Namen der Arbeitsgemeinschaft.
Motiv für die vorgenommene Aufgabenverteilung sei nicht die Neuverteilung der finanziellen Lasten gewesen. Die angestrebten und zu erwartenden Einsparungen durch die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe sollten zwischen Bund und Kommunen aufgeteilt werden. Der Bund habe die Kommunen erheblich entlasten wollen. Dazu sehe das Gesetz einen Garantie-Entlastungsbetrag von 2,5 Milliarden Euro vor, der überschritten werden könne, wenn die geregelte Berechnungsmethode eine Mehrbelastung der Kommunen ergäbe. Die Weiterleitung dieser Sonderzuweisung des Bundes durch die Länder dürfe der Bund nach der Kompetenzordnung des Grundgesetzes nicht erzwingen. Sie falle in den Zuständigkeits- und Verantwortungsbereich der Länder.
Dies berücksichtigt, sei schon die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerden zweifelhaft. Die angegriffenen Regelungen wiesen den Kommunen nicht neue Aufgaben zu, sondern beließen es bei einer Aufgabenzuweisung – derjenigen des Bundessozialhilfegesetzes –, die das Bundesverfassungsgericht gebilligt habe. Die Regelungen über die Bildung und Errichtung von Arbeitsgemeinschaften beschwerten die Kommunen nicht, weil eine Verpflichtung nicht begründet werde. Verweigerten die Kommunen die Aufgabenübertragung, so gebe es kein rechtlich zulässiges Mittel, diese Weigerung zu überwinden.
Auch gegen die Regelungen zur finanziellen Beteiligung des Bundes könnten sich die Kommunen nicht mit der Verfassungsbeschwerde wenden, weil sie gar nicht Adressaten dieser Normen seien. Tatsächlich rügten sie auch nicht die getroffene, sondern das Unterlassen einer ihnen günstigeren Regelung. Die Kommunalverfassungsbeschwerde könne sich indes nicht gegen gesetzgeberisches Unterlassen wenden.
Jedenfalls seien die Verfassungsbeschwerden unbegründet. Die angegriffene Aufgabenzuweisung gehe nicht über das hinaus, was die Kommunen schon bislang als Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft erledigt hätten. Ihnen seien die zuvor durch das Bundessozialhilfegesetz zugewiesenen Aufgaben verblieben; dies sei – anders als ein Entzug dieser Aufgaben – verfassungsrechtlich nicht rechtfertigungsbedürftig. Nur der rechtliche Rahmen sei nun ein anderer. Die Kosten für Unterkünfte und Heizung seien zuvor von der allgemeinen Hilfe zum Lebensunterhalt umfasst gewesen; einmalige Leistungen für Wohnung, Bekleidung, Schwangerschaft, Geburt und Klassenfahrten seien zuvor ebenfalls nach dem Bundessozialhilfegesetz gewährt worden; gleiches gelte schließlich für die Schuldnerberatung, die psychosoziale Betreuung, die Suchtberatung und die auf Ausbildung, Arbeitsplatz und Wohnung bezogenen Hilfen. Neue Aufgaben seien mithin nicht geregelt worden, und die Erweiterung des Kreises der Anspruchsberechtigten greife nicht in Zuständigkeiten ein.
Eine Beeinträchtigung der Selbstverwaltungsgarantie könne nur angenommen werden, wenn diese auch vor einer Verknappung der finanziellen Mittel schützte oder wenn sie ein Recht auf eine bestimmte finanzielle Ausstattung umfasste. Das Grundgesetz garantiere indes eine tatsächliche Finanzausstattung der Kommunen nicht. Ansprüche auf eine Mindestausstattung oder einen Ausgleich neuer Lasten, wie sie in Landesverfassungen vorgesehen seien, kenne das Grundgesetz nicht.
Der Bund sei für die angegriffene Regelung der Aufgabenzuweisung gesetzgebungsbefugt gewesen. Die Sachregelungsbefugnis zur Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe ergebe sich aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG. Für die Organisations- und Verfahrensregelungen bestehe entweder eine Annexzuständigkeit, die der Sachregelungsbefugnis folge, oder eine auf Art. 84 Abs. 1 Halbsatz 2 GG beruhende Gesetzgebungszuständigkeit. Die sich aus dieser Norm ergebende Kompetenz zur Aufgabenübertragung auch an die Kommunen sei grundsätzlich unbegrenzt, unterliege insbesondere keinen Beschränkungen aus Art. 72 Abs. 2 GG oder aus dem Übermaßverbot.
Die landesverfassungsrechtlichen Konnexitätsregelungen beschränkten den Bund bei der Aufgabenzuweisung nicht. Der Bund sei nicht verpflichtet, auf Schutzvorkehrungen der Landesverfassungen Rücksicht zu nehmen. Andernfalls würde Landesverfassungsrecht zum Maßstab der Auslegung von Bundesverfassungsrecht. Die Öffnungsklausel zu Gunsten einer landesrechtlichen Bestimmung anderer Aufgabenträger vermindere den etwaigen Übergriff in die Organisationsgewalt der Länder und könne deshalb nicht zur Verfassungswidrigkeit der bundesgesetzlichen Aufgabenzuweisung führen.
Ergänzend verweist die Bundesregierung für ihren Rechtsstandpunkt auf ein Rollenpapier „Die Arbeitsgemeinschaften und ihre Träger im SGB II” vom 12. Januar 2007.
2. Das Bundessozialgericht sieht keinen Bezug der Verfassungsbeschwerden zu seiner Rechtsprechung. Selbst wenn mit der Errichtung der Arbeitsgemeinschaften auch deren Befugnis zum Erlass von Verwaltungsakten verfassungswidrig wäre, liege ein Nichtigkeitsgrund nach § 40 Abs. 2 SGB X nicht vor. Auch die Aufhebung eines von einer Arbeitsgemeinschaft erlassenen Verwaltungsaktes werde nicht beansprucht werden können.
3. Der Deutsche Landkreistag hält die Verfassungsbeschwerden für zulässig und begründet.
Die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts für eine Aufgabenzuweisung an die Kommunen durch Bundesgesetz seien nicht eingehalten. Die Bestimmung der Landkreise und kreisfreien Städte zu Aufgabenträgern sei für den wirksamen Vollzug des Gesetzes nicht notwendig. Der Landesrechtsvorbehalt spreche dagegen, und die Notwendigkeit sei auch im Gesetzgebungsverfahren an keiner Stelle dargelegt worden. Gegen eine bloß punktuelle Annexregelung sprächen schon die finanzielle Dimension der Aufgabe und zudem der erhebliche Verwaltungsaufwand, den diese größte Reform des deutschen Sozialwesens erfordere. Die bundesgesetzliche Regelung umgehe die landesverfassungsrechtlichen Konnexitätsregelungen. Einen Anspruch gegen den Bund auf Ausgleich der entstehenden Mehrausgaben hätten die Kommunen nicht.
Die Soll-Regelung des § 44b Abs. 3 Satz 2 SGB II verpflichte die Kommunen zur Aufgabenübertragung auf die Arbeitsgemeinschaften, wenn nicht überwiegende Gründe für einen atypischen Fall sprächen. Die durch Art. 28 Abs. 2 GG geschützte Eigenverantwortlichkeit der Aufgabenwahrnehmung sei dadurch beeinträchtigt. Das Ob der Übertragung sei der Entscheidungsbefugnis der Kommunen entzogen, und die etwa auf die Führung der Geschäfte bezogenen Vorgaben schränkten auch die Gestaltbarkeit der Aufgabenerledigung ein. Zudem sei mit den Arbeitsgemeinschaften ohne sachlichen Grund eine Mischverwaltung aus Bundes- und Landesbehörden gebildet worden. Dies diene allein als finanzielles Kompensationsmodell für den Bund. Die Experimentierklausel (§ 6a SGB II) zeige, dass eine Mischverwaltung nicht zwingend oder sachlich geboten sei.
4. Der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge hält die angegriffenen Regelungen für verfassungswidrig.
Die Aufgabenzuweisung berühre den Schutzbereich der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie (Art. 28 Abs. 2 GG), verletze ihn aber nicht. Die teilweise Wahrnehmung von Aufgaben der Grundsicherung für Arbeitsuchende sei eine Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft und gehöre zu den traditionellen Leistungen der Kommunen. Eine Aufgabenneuzuweisung erfolge hier nicht. Die Leistungen für Unterkunft und Heizung seien hingegen bislang in Bundesauftragsverwaltung nach dem Wohngeldgesetz erledigt worden. Die Verweisung in den Bereich der kommunalen Selbstverwaltung sei jedoch durch eine Annexkompetenz zur Kompetenznorm des Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG zulässig.
Verletzt sei aber die Organisationshoheit der Kommunen. Die Organisationsbestimmungen des Sozialgesetzbuchs – Zweites Buch – verletzten den Kernbereich der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie. § 44b SGB II bestimme die Art und Weise der Erledigung der Aufgaben der Grundsicherung, indem die Bildung einer Arbeitsgemeinschaft und die Übertragung von Aufgaben auf diese Arbeitsgemeinschaft angeordnet werde. Dadurch werde den Kommunen die Organisations- und Personalhoheit für diesen Bereich entzogen. Die Steuerung und Überwachung der Mitarbeiter und des Verwaltungsvollzugs würden eingeschränkt. Die formale sachliche Zuständigkeit bleibe ohne die Kompetenz zur organisatorischen Ausgestaltung eine leere Hülse. Das Erbringen sozialer Leistungen sei für die Kommunen Teil der politischen Gesamtsteuerung, die sie ohne die Organisationsgewalt nicht mehr sinnvoll ausüben können.
Ohne einen adäquaten Finanzausgleich der Mehrbelastung greife eine Aufgabenzuweisung in die Finanzhoheit der Kommunen ein. Eine Ausgleichspflicht des Bundes gegenüber den Kommunen sei zwar nicht explizit normiert, finde aber einen Niederschlag in Art. 106 Abs. 8 GG. Eine pauschale, bundesweit wirkende Ausgleichsleistung sei unzureichend. Eine kommunal-individuell angepasste Ausgleichsleistung sei unabdingbar.
Die geschaffene Form der Mischverwaltung verletze wegen der unzureichenden aufsichtsrechtlichen Durchformung das Demokratieprinzip. Die Arbeitsgemeinschaften seien privatrechtlich organisierte Beliehene, für die eine Fachaufsicht nicht ausreichend sichergestellt sei.
5. Der Sächsische Datenschutzbeauftragte und der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit weisen auf die Schwierigkeiten hin, die sich daraus ergäben, dass die Datenschutzkontrolle der Tätigkeiten der Arbeitsgemeinschaften teilweise beim Bundesbeauftragten für den Datenschutz und teilweise bei den Landesdatenschutzbeauftragten liegt. Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit weist darauf hin, die bisherige Praxis zeige, dass sachgerechte Lösungen im Umgang mit dem Konstrukt der Arbeitsgemeinschaften möglich seien.
IV.
In der mündlichen Verhandlung am 24. Mai 2007 haben die Beschwerdeführer und die Bundesregierung ihre schriftsätzlichen Äußerungen erläutert, vertieft und ergänzt.
Das Bundesverfassungsgericht hat sachverständige Einschätzungen von zwei Geschäftsführern von Arbeitsgemeinschaften zu den tatsächlichen Abläufen innerhalb von Arbeitsgemeinschaften gehört. Der Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft im Kreis Aachen, G., und der Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft SGB II Erfurt, R., haben sich zu den strukturellen und organisatorischen Fragen bei der praktischen Umsetzung geäußert und sind insbesondere auf die Entscheidungsstrukturen, Weisungsstränge, die Aufsicht durch verschiedene Behörden, Personalfragen, die Finanzausstattung und die technische Infrastruktur eingegangen. Außerdem wurden Prof. Dr. H. und Prof. Dr. R. als sachkundige Auskunftspersonen (§ 27a BVerfGG) zur praktischen Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben, zu den Entscheidungsstrukturen und zu möglichen Problemen des gemeinsamen Aufgabenvollzugs von Gemeindeverbänden und der Bundesagentur für Arbeit in den Arbeitsgemeinschaften gehört.
Entscheidungsgründe
B.
Die Verfassungsbeschwerden sind zulässig.
Die Beschwerdeführer sind beschwerdebefugt. Sie haben eine mögliche Verletzung ihres Rechts auf Selbstverwaltung (Art. 28 Abs. 2 GG) ausreichend substantiiert behauptet.
Soweit die Bundesregierung meint, die Beschwerdeführer könnten schon eine Beschwer durch die Errichtung der Arbeitsgemeinschaften nicht ausreichend darlegen, weil § 44b Abs. 3 Satz 2 SGB II nur einen Appell des Gesetzgebers enthalte und die kommunalen Träger nicht verpflichte, Aufgaben zu übertragen, kann dem nicht gefolgt werden.
§ 44b Abs. 3 Satz 2 SGB II enthält für den Regelfall eine Verpflichtung der kommunalen Träger, ihre Aufgaben (§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II) der Arbeitsgemeinschaft zu übertragen. Die Formulierung „sollen” bedeutet in der Gesetzessprache eine den Adressaten treffende Verbindlichkeit, die Ausnahmen nur für atypische Fälle zulässt. Ermessen soll durch eine solche Regelung nicht eröffnet werden.
Ein Wille, dem Wort „sollen” hier einen anderen als den üblichen Sinn beizumessen, ist auch den Gesetzgebungsmaterialien nicht zu entnehmen. Eine Bedeutungsabweichung vom üblichen Gebrauch des Wortes „sollen” wird dort nicht erörtert. Das aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende Gebot der Verständlichkeit geltender Normen steht einer Auslegung entgegen, die auf den Willen derjenigen abstellen würde, die mit der Formulierung „sollen” einen unverbindlichen, deklaratorisch vorgetragenen Wunsch ausdrücken wollten. Allein die Anweisung an die Kommunen, ihre Aufgaben im Regelfall auf die Arbeitsgemeinschaften zu übertragen, ist dem Gesetz zu entnehmen. Die Tatsache, dass die gesetzlichen Regelungen keine Sanktion oder anderweitige Maßnahmen regeln, um diese Rechtsfolge durchzusetzen, ändert an diesem Befund nichts.
C.
Die Verfassungsbeschwerden sind unbegründet, soweit sie sich gegen die Aufgabenzuweisung in § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II und gegen die Finanzierungsregelung in § 46 Abs. 1 und Abs. 5 bis 10 SGB II richten. Soweit die Beschwerdeführer in dem Verfahren 2 BvR 2433/04 die Verfassungswidrigkeit der in § 44b SGB II geregelten Arbeitsgemeinschaften rügen, hat die Kommunalverfassungsbeschwerde Erfolg.
I.
Soweit sich die Verfassungsbeschwerden gegen die Aufgabenzuweisung (§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II) richten, bleiben sie erfolglos und sind zurückzuweisen. Die Bestimmung der Kreise und kreisfreien Städte zu Trägern der Grundsicherung verletzt nicht das Recht auf kommunale Selbstverwaltung. Eine Verletzung von Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG durch Aufgabenzuweisung ist nicht erkennbar (1.). Soweit die Beschwerdeführer sich auf eine Verletzung von Art. 84 Abs. 1 GG berufen, haben ihre Verfassungsbeschwerden ebenfalls keinen Erfolg (2.).
1. Der die Beschwerdeführer schützende Garantiegehalt des Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG wird durch die Aufgabenzuweisung des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II nicht verletzt.
a) Das Recht der Selbstverwaltung ist den Gemeindeverbänden nach Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG für die Ausgestaltung ihres Aufgabenbereichs nur eingeschränkt gewährleistet. Anders als bei den Gemeinden (Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG) beschreibt die Verfassung die Aufgaben der Kreise nicht selbst, sondern überantwortet dies dem Gesetzgeber (vgl. BVerfGE 79, 127 ≪150≫; 83, 363 ≪383≫; Dreier, in: Dreier, Grundgesetz, Band II, 2. Aufl. 2006, Art. 28 Rn. 174; Löwer, in: von Münch/Kunig, GG, 4./5. Aufl. 2001, Art. 28 Rn. 85; Stern, in: Dolzer/Vogel/Graßhof, Bonner Kommentar ≪BK≫, Losebl. ≪Juli 2006≫, Art. 28 Rn. 168; Waechter, Kommunalrecht, 3. Aufl. 1997, Rn. 172). Dessen Gestaltungsspielraum bei der Regelung des Aufgabenbereichs der Kreise findet erst dort Grenzen, wo verfassungsrechtliche Gewährleistungen des Selbstverwaltungsrechts der Kreise entwertet würden. Der Gesetzgeber darf diese Gewährleistung nicht unterlaufen, indem er keine Aufgaben zuweist, die in der von der Verfassung selbst gewährten Eigenverantwortlichkeit wahrgenommen werden könnten. Der Gesetzgeber muss deshalb einen Mindestbestand an Aufgaben zuweisen, die die Kreise unter vollkommener Ausschöpfung der auch ihnen gewährten Eigenverantwortlichkeit erledigen können.
Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG spricht zwar nicht dagegen, den Kreisen auch staatliche Aufgaben in den übertragenen Wirkungskreis zuzuweisen; aber er garantiert daneben eine Zuweisung in den eigenen Wirkungskreis, also einen Bestand an überörtlichen, kreiskommunalen Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises (vgl. BVerfGE 83, 363 ≪383 f.≫; Löwer, a.a.O., Art. 28 Rn. 85). Dieser Aufgabenbestand muss für sich genommen und im Vergleich zu zugewiesenen staatlichen Aufgaben ein Gewicht haben, das der institutionellen Garantie der Kreise als Selbstverwaltungskörperschaften gerecht wird. Würden ihnen neben einem Schwergewicht an Aufgaben im übertragenen Wirkungskreis nur ganz randständige, in Bedeutung und Umfang nebensächliche Selbstverwaltungsaufgaben des eigenen Wirkungskreises zugewiesen, so wäre die Garantie des Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG durch den Gesetzgeber umgangen und entwertet (vgl. Schmidt-Aßmann/Röhl, Kommunalrecht, in: Schmidt-Aßmann, Besonderes Verwaltungsrecht, 13. Aufl. 2005, Rn. 138). Hält der Gesetzgeber diese Begrenzung ein, so bleibt ihm ein weiter Spielraum, der die Gewährleistung des Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG nicht berührt (vgl. Schmidt-Aßmann/Röhl, a.a.O.).
b) Nicht nur ein Entzug von Aufgaben (vgl. BVerfGE 79, 127), sondern auch eine Aufgabenzuweisung kann in das Recht auf Selbstverwaltung eingreifen, wenn dadurch die Möglichkeit eingeschränkt wird, Selbstverwaltungsaufgaben wahrzunehmen, die zum verfassungsrechtlich geschützten Aufgabenbestand gehören (vgl. NWVerfGH, Urteil vom 22. September 1992 – VerfGH 3/91 –, NVwZ-RR 1993, S. 486 ≪487≫; Urteil vom 12. Dezember 1995 – VerfGH 5/94 –, NVwZ 1996, S. 1100; Urteil vom 9. Dezember 1996 – VerfGH 11, 12, 15, 34 u. 37/95 –, NVwZ 1997, S. 793 f.; RhPfVerfGH, Urteil vom 16. März 2001 – VGH 88/00 –, NVwZ 2001, S. 912 ≪914≫; SachsAnhVerfG, Urteil vom 8. Dezember 1998 – LVG 10-97 –, NVwZ-RR 1999, S. 393 ≪396≫; Stober, Kommunalrecht in der Bundesrepublik Deutschland, 3. Aufl. 1996, § 7 IV 1 b bb; Waechter, a.a.O., Rn. 149).
Bei Gemeinden wird die gemeindliche Selbstverwaltung bereits dadurch berührt, dass eine Aufgabenzuweisung ihnen erschwert, neue Selbstverwaltungsaufgaben zu übernehmen; denn zur Garantie der gemeindlichen Selbstverwaltung gehört das Zugriffsrecht auf alle Aufgaben der örtlichen Gemeinschaft, die nicht anderen Verwaltungsträgern rechtmäßig zugewiesen sind. Demgegenüber können sich Kreise nur unter besonderen Umständen gegen eine Aufgabenzuweisung durch den Gesetzgeber wehren. Einen Abwehranspruch gegen Veränderungen des gesetzlichen Aufgabenbestands gewährt Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG den Gemeindeverbänden in der Regel nicht (vgl. Waechter, a.a.O., Rn. 178).
Anders als bei den Gemeinden spricht bei den Gemeindeverbänden die Vermutung zunächst gegen einen Eingriff in das Selbstverwaltungsrecht; da diese auf einen gesetzlich beschriebenen Aufgabenbestand verwiesen sind, bedeutet eine Änderung in aller Regel nicht einen Eingriff in den verfassungsrechtlich garantierten Aufgabenbestand, sondern eine neue Umschreibung seines Umfangs. Ein Eingriff in das verfassungsrechtlich garantierte Selbstverwaltungsrecht der Gemeindeverbände kann erst angenommen werden, wenn die Übertragung einer neuen Aufgabe ihre Verwaltungskapazitäten so sehr in Anspruch nimmt, dass sie nicht mehr ausreichen, um einen Mindestbestand an zugewiesenen Selbstverwaltungsaufgaben des eigenen Wirkungskreises wahrzunehmen, der für sich genommen und im Vergleich zu zugewiesenen staatlichen Aufgaben ein Gewicht aufweist, das der institutionellen Garantie der Kreise als Selbstverwaltungskörperschaften gerecht wird.
Außerhalb eines solchen Mindestbestands an echten Selbstverwaltungsaufgaben schützt Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG gegen Aufgabenentziehungen und -zuweisungen nicht; den Gemeindeverbänden ist, anders als den Gemeinden, kein bestimmter Aufgabenbereich unmittelbar durch die Verfassung zugewiesen (vgl. BVerfGE 21, 117 ≪128 f.≫; 23, 353 ≪365≫; 79, 127 ≪150 ff.≫; 83, 363 ≪383≫; Dreier, a.a.O., Art. 28 Rn. 178; Gern, Deutsches Kommunalrecht, 3. Aufl. 2003, Rn. 97; Stern, a.a.O., Art. 28 Rn. 169; Waechter, a.a.O., Rn. 178).
c) Eine Verletzung des Kernbereichs oder Wesensgehalts der Selbstverwaltung durch die Aufgabenzuweisung in § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II haben die Beschwerdeführer nicht dargetan. Die Beschwerdeführer bezeichnen die finanziellen Folgen der Zuweisung der Aufgaben der Grundsicherung für Arbeitsuchende als gravierend. Der Schutz des strikten Konnexitätsprinzips nach dem Verfassungsrecht der Länder werde umgangen, so dass ein vollständiger finanzieller Ausgleich für die zu übernehmenden Aufgaben ausbleibe.
Auf diese Weise können Kreise eine Verletzung des Wesensgehalts der Selbstverwaltung nicht mit Erfolg geltend machen. Die Beschwerdeführer beklagen durch den Hinweis auf finanzielle Belastungen mittelbar mangelnden Spielraum zur Erfüllung freiwilliger Selbstverwaltungsaufgaben. Da aber Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG die Wahrnehmung freiwilliger Selbstverwaltungsaufgaben nicht garantiert, kann ein Verfassungsverstoß nicht festgestellt werden. Über den Bestand ihrer Pflichtaufgaben im eigenen Wirkungskreis und über die Wahrnehmung dieser Aufgaben geben die Beschwerdeführer keine Auskunft. Sie legen nicht dar, wie es um die Aufgaben bestellt ist, die nach Landesrecht üblicherweise den Kreisen als Pflichtaufgaben im eigenen Wirkungskreis zugewiesen sind wie die Trägerschaft für weiterführende Schulen, die Nahverkehrsträgerschaft, die Abfallentsorgung oder etwa die Krankenhausversorgung. Es kommt in Betracht, diesen Aufgabenkreis wenigstens als einen Mindestbestand an „kreiskommunalen” – also überörtlichen – Aufgaben zu beurteilen, der das Bild der Kreise als Selbstverwaltungskörperschaften und als nicht nur staatliche Verwaltungsstellen ausreichend prägen kann. Solange aber eine ernsthafte Beeinträchtigung der Erfüllung solcher Aufgaben nicht nachprüfbar dargelegt ist, kann eine Verletzung des Wesensgehalts der Selbstverwaltung der Kreise durch Eingriffe in den Aufgabenbestand nicht angenommen werden.
2. Soweit sich die Beschwerdeführer auf eine Verletzung von Art. 84 Abs. 1 GG berufen, haben ihre Verfassungsbeschwerden ebenfalls keinen Erfolg.
a) Gemeinden und Gemeindeverbände können sich im Rahmen der Kommunalverfassungsbeschwerde nur eingeschränkt darauf berufen, dass eine gesetzliche Regelung auch sonstiges Verfassungsrecht verletzt; denn die Kommunalverfassungsbeschwerde folgt, auch wenn sie ausschließlich gegen Rechtsnormen gerichtet werden kann, nicht den Regeln der abstrakten Normenkontrolle. Das Bundesverfassungsgericht ist nicht befugt, im Gefolge einer zulässigen Kommunalverfassungsbeschwerde die Begründetheitsprüfung beliebig auf andere Verfassungsbestimmungen auszuweiten (vgl. Bethge, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, BVerfGG, § 91 Rn. 63).
Ist die Selbstverwaltungsgarantie durch eine angegriffene Regelung nicht berührt, kann eine Überprüfung am Maßstab der grundgesetzlichen Kompetenzordnung im Verfahren der Kommunalverfassungsbeschwerde nicht erreicht werden (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 23. September 1994 – 2 BvR 1547/85 –, NVwZ 1995, S. 370 ≪371≫; Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 7. Januar 1999 – 2 BvR 929/97 –, NVwZ 1999, S. 520 ≪522≫; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 13. März 2000 – 2 BvR 860/95 –, BayVBl 2000, S. 721 ≪722≫).
Im Rahmen einer Kommunalverfassungsbeschwerde können andere Verfassungsnormen als Art. 28 Abs. 2 GG nur insoweit als Prüfungsmaßstab herangezogen werden, als sie ihrem Inhalt nach das verfassungsrechtliche Bild der Selbstverwaltung mitzubestimmen geeignet sind (vgl. BVerfGE 1, 161 ≪181≫; 56, 298 ≪310≫; 71, 25 ≪37≫; 91, 228 ≪242≫). Die Rüge einer Verletzung von Art. 84 Abs. 1 GG oder Vorschriften über die Gesetzgebung des Bundes kann nur in dem Rahmen erhoben werden, den der Garantiegehalt des Art. 28 Abs. 2 GG eröffnet; sie ist akzessorisch (vgl. Bethge, a.a.O., § 91 Rn. 59 ff.; siehe auch Robra, Organisation der SGB II-Leistungsträger im Schnittbereich zwischen Staatsorganisations-, Finanzverfassungs- und kommunalem Selbstverwaltungsrecht, 2007, S. 160).
Soweit eine andere Norm des Grundgesetzes einen Bezug zur Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 Abs. 2 GG aufweist, wird sie nicht in vollem Umfang zum Prüfungsmaßstab im Rahmen einer kommunalen Verfassungsbeschwerde, sondern nur insoweit, als sie sich als Konkretisierung des Art. 28 Abs. 2 GG darstellt (vgl. BVerfGE 71, 25 ≪38≫). Nur soweit die Verfassungsnorm in den Gewährleistungsumfang des Art. 28 Abs. 2 GG hineinwirkt, kann sie im Rahmen einer Kommunalverfassungsbeschwerde als Prüfungsmaßstab herangezogen werden.
Diese Einschränkungen der Kommunalverfassungsbeschwerde auf den Gewährleistungsbereich des Art. 28 Abs. 2 GG ergeben sich aus dem in der Verfassung geregelten gegenständlich beschränkten Antragsrecht der Gemeinden und Gemeindeverbände (vgl. Art. 93 Abs. 1 Nr. 4b GG) und lassen eine Reihe von Konstellationen zu, in denen Verfassungsverstöße nicht geltend gemacht werden können und daher – seien sie noch so offensichtlich – nicht zu einer verfassungsgerichtlichen Beanstandung führen können, wenn die fragliche Norm nicht in einer anderen Verfahrensart – etwa der abstrakten oder konkreten Normenkontrolle – Prüfungsgegenstand wird.
b) Danach muss offen bleiben, ob der Bund durch § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II gegen Art. 84 Abs. 1 GG a.F. verstoßen hat; denn die Beschwerdeführer können sich, soweit der Schutzbereich der Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG nicht berührt ist, im Rahmen einer Kommunalverfassungsbeschwerde nicht auf diese Norm des Grundgesetzes berufen.
aa) Art. 84 Abs. 1 GG a.F. diente nicht dazu, den Kernbereich kommunaler Selbstverwaltung zu erhalten, sondern sollte vor einem unzulässigen Eingriff des Bundes in die Verwaltungszuständigkeit der Länder schützen (vgl. auch BVerfGE 22, 180 ≪209 f.≫). Art. 84 GG a.F. betraf die Ausgestaltung der Landeseigenverwaltung und ermöglichte einen wirksamen Vollzug von Bundesgesetzen. Soweit es um die Aufgabenzuweisung an die Gemeinden und Gemeindeverbände geht, konnte es nur darum gehen zu verhindern, dass die Länder in der Gestaltung der von landesorganisatorischen Besonderheiten abhängigen Verwaltungsorganisation eingeschränkt werden, ohne dass dies das Grundgesetz ausdrücklich bestimmt oder zulässt (vgl. Henneke/Ruge, in: Schmidt-Bleibtreu/Klein, Kommentar zum Grundgesetz, 10. Aufl. 2004, Art. 84 Rn. 10). Der Schutz eines Mindestbestands an Selbstverwaltungsaufgaben der Gemeindeverbände wird damit nicht bezweckt.
Soweit sich die Beschwerdeführer darauf berufen, dass landesrechtliche Konnexitätsvorschriften umgangen würden, führt dies ebenfalls nicht dazu, dass sich Gemeindeverbände im Rahmen einer Kommunalverfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht gegen die Zuweisung von Aufgaben auf Art. 84 Abs. 1 GG a.F. berufen können.
Die Beschwerdeführer machen geltend, dass die Kompetenzfrage im vorliegenden Zusammenhang nicht nur von bundesstaatlicher Bedeutung sei. Die Zuständigkeitsabgrenzung zwischen Bund und Ländern sei aus der Sicht der betroffenen Kreise und kreisfreien Städte von herausragendem materiellen Interesse, weil im Falle einer bundesgesetzlichen Aufgabenzuweisung alle landesverfassungsrechtlichen Schutzmechanismen unanwendbar würden. Damit wird aber lediglich dargelegt, dass aus verfassungssystematischen Gründen und im Hinblick auf die innerhalb der Länder ausgelösten finanzverfassungsrechtlichen Folgen ein Durchgriff des Bundes auf die kommunale Ebene verfassungswidrig sei. Damit sich die Gemeindeverbände im Rahmen der Kommunalverfassungsbeschwerde ohne weiteres auf Art. 84 Abs. 1 GG a.F. berufen können, müsste diese Vorschrift jedoch dazu dienen, die Gemeindeverbände vor einer Aufgabenzuweisung in ihren Kernbereich zu schützen. Dies lässt sich Art. 84 Abs. 1 GG a.F. nicht entnehmen.
Schließlich können sich die Beschwerdeführer auch nicht auf die bisherige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts berufen. Danach erlaubte Art. 84 Abs. 1 GG a.F. dem Bundesgesetzgeber jedenfalls in Ausnahmefällen die Zuweisung von Aufgaben an Gemeinden oder Gemeindeverbände als Selbstverwaltungsaufgaben. Das Bundesverfassungsgericht hat als einen solchen Ausnahmefall die Einschaltung von Gemeinden in den Vollzug von Bundesgesetzen auch im Bereich des eigenen Wirkungskreises für zulässig erachtet, wenn es sich um eine punktuelle Annexregelung zu einer zur Zuständigkeit des Bundesgesetzgebers gehörenden materiellen Regelung handelte und wenn diese Annexregelung für den wirksamen Vollzug der materiellen Bestimmungen des Gesetzes notwendig war (vgl. BVerfGE 22, 180 ≪209 f.≫; 77, 288 ≪299≫). Grund für diese Einschränkung war nicht eine Konkretisierung des Kernbereichs der Selbstverwaltungsgarantie der Gemeindeverbände; vielmehr stellte das Bundesverfassungsgericht darauf ab, dass das Grundgesetz die Materie des Kommunalrechts nicht dem Bund zuweist, sondern sie ausschließlich den Ländern belässt (Art. 30, 70 ff. GG). Eine Erweiterung des Schutzbereichs der kommunalen Selbstverwaltung hat das Gericht in Art. 84 Abs. 1 GG a.F. nicht gesehen.
bb) Schließlich enthält Art. 84 Abs. 1 GG a.F. keine Konkretisierung des Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG. Anders als Art. 84 Abs. 1 Satz 7 GG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes vom 28. August 2006 (BGBl I S. 2034) ließ sich der früheren Fassung des Art. 84 Abs. 1 GG kein absolutes Verbot der Aufgabenzuweisung auf die kommunale Ebene entnehmen.
c) Soweit die Beschwerdeführer darauf verweisen, dass die nach ihrer Auffassung verfassungswidrige Aufgabenzuweisung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II in der Zukunft eine Erweiterung durch Bundesgesetz ermögliche und die Beschwerdeführer dem schutzlos ausgeliefert seien, werfen sie Fragen namentlich des Übergangsrechts des Art. 125a GG auf, die in diesem Verfahren zu klären kein Anlass besteht.
II.
Die Verfassungsbeschwerden sind auch unbegründet, soweit die Beschwerdeführer sich gegen § 46 Abs. 1 und Abs. 5 bis 10 SGB II wenden. Die Vorschrift ordnet eine Geldzahlung des Bundes an die Länder an. Die Höhe des vom Bund an die Länder zu zahlenden Betrags soll eine Entlastung der Kommunen in bestimmter Höhe bewirken. Die Norm berechtigt und verpflichtet allein den Bund und die Länder. Ansprüche oder Pflichten der Kommunen werden nicht geregelt.
Eine Verletzung des Rechts aus Art. 28 Abs. 2 GG ist ausgeschlossen; denn § 46 SGB II verstößt weder gegen Art. 28 Abs. 2 GG noch gegen eine andere Norm der Verfassung.
1. Die Beschwerdeführer setzen voraus, der Bund sei weder berechtigt noch verpflichtet, die finanziellen Verhältnisse der Kommunen ohne Einschaltung der Länder zu ordnen, und meinen, dagegen verstoße § 46 SGB II, weil diese Norm verbindlich bestimme, welche Ausgleichsleistungen die kommunalen Träger der Grundsicherung aus dem Bundeshaushalt erhalten und welche Lasten sie folglich selbst zu tragen hätten.
140Dem widerspricht der Wortlaut des § 46 SGB II. Nach dessen Absatz 6 bis 8 hat der Bund jedem Land einen bestimmten Anteil der von den Kommunen zu erbringenden Leistungen zu erstatten. Einen Zahlungsanspruch gegen den Bund erwerben aus § 46 SGB II mithin allein die Länder. Die Ausgaben der Kreise und kreisfreien Städte bestimmen die Höhe des Betrags, den jedes Land vom Bund beanspruchen kann. § 46 SGB II bietet aber keinen Anhaltspunkt für einen Anspruch der Kreise und kreisfreien Städte, weder gegen den Bund noch gegen das Land.
§ 46 Abs. 5 SGB II formuliert die Absicht, die Kommunen in bestimmter Höhe durch die Zahlung des Bundes zu entlasten. Aber ein Rechtsverhältnis zwischen den Kommunen und dem Bund entsteht nicht. Die Regelung gebietet auch dem Land nicht, den Betrag an die Kreise und kreisfreien Städte weiterzugeben, noch beschränkt sie eine nach etwaigem Landesrecht zu leistende Zahlung auf den vom Bund erhaltenen Betrag.
2. Daher braucht auch aus Anlass dieses Verfahrens nicht entschieden zu werden, ob Art. 28 Abs. 2 Satz 3 GG die Gewährleistung der Selbstverwaltung sachlich erweitert oder wenigstens materiellrechtlich verstärkt hat oder ob zu der durch Art. 28 Abs. 2 GG gewährleisteten kommunalen Finanzhoheit über eine eigenverantwortliche Einnahmen- und Ausgabenwirtschaft hinaus auch eine angemessene Finanzausstattung oder jedenfalls eine finanzielle Mindestausstattung gehört. Selbst wenn es Ausgleichsansprüche der Gemeinden und Kreise gegen den Bund gäbe, die aus der Übertragung von Zuständigkeiten folgten, könnte § 46 SGB II einen solchen Anspruch nicht verletzen.
Mit der Behauptung, sie hätten einen Anspruch, während § 46 SGB II das Land berechtige, führen die Beschwerdeführer einen untauglichen Angriff gegen die Norm. Der Berechtigte eines Zahlungsanspruchs hat kein Abwehrrecht gegen die Zahlung an den Nichtberechtigten, sondern allein ein Recht auf Leistung an sich. Für die Beschwerdeführer hätte allenfalls die Möglichkeit bestanden, ein gesetzgeberisches Unterlassen zu rügen und zu beanstanden, dass eine sie berechtigende Norm fehlt.
III.
Soweit die Beschwerdeführer in dem Verfahren 2 BvR 2433/04 die Verfassungswidrigkeit der in § 44b SGB II geregelten Arbeitsgemeinschaften rügen, ist die Verfassungsbeschwerde begründet. § 44b SGB II verstößt gegen Art. 28 Abs. 2 GG in Verbindung mit Art. 83 GG.
1. Die in § 44b SGB II geregelte Pflicht der Kreise zur Aufgabenübertragung auf die Arbeitsgemeinschaften und die gemeinsame Aufgabenwahrnehmung in den Arbeitsgemeinschaften betrifft die Garantie der eigenverantwortlichen Aufgabenerledigung, die den Gemeindeverbänden in gleichem Umfange gewährt ist wie den Gemeinden (Art. 28 Abs. 2 Sätze 1 und 2 GG).
a) Das Recht zur eigenverantwortlichen Führung der Geschäfte bedeutet allgemein die Freiheit von staatlicher Reglementierung in Bezug auf die Art und Weise der Aufgabenerledigung und die Organisation der Gemeindeverwaltung einschließlich der Entscheidungen über die Aufstellung des Haushalts und die Auswahl und Verwendung des Personals (vgl. BVerfGE 83, 363 ≪382≫; 91, 228 ≪245≫; 107, 1 ≪14≫). Zur Befugnis eigenverantwortlicher Führung der Geschäfte gehört insbesondere die Festlegung der Abläufe und Entscheidungszuständigkeiten für die Wahrnehmung der Aufgaben (vgl. BVerfGE 91, 228 ≪236≫). Die Gemeinden und Gemeindeverbände können grundsätzlich nach eigenem Ermessen Behörden, Einrichtungen und Dienststellen errichten, ändern und aufheben, diese ausstatten, beaufsichtigen und die Steuerungsmechanismen festlegen (vgl. Löwer, a.a.O., Art. 28 Rn. 70). Eine Ausprägung der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie ist die Befugnis, darüber zu befinden, ob eine bestimmte Aufgabe eigenständig oder gemeinsam mit anderen Verwaltungsträgern wahrgenommen wird und ob zu diesem Zweck gemeinsame Institutionen gegründet werden (vgl. zur sog. Kooperationshoheit: Nierhaus, in: Sachs ≪Hrsg.≫, Grundgesetz, 4. Aufl. 2007, Art. 28 Rn. 53; Thorsten I. Schmidt, Kommunale Kooperation, 2005, S. 55 ff.; Mempel, Hartz IV-Organisation auf dem verfassungsrechtlichen Prüfstand, 2007, S. 129). Außerdem haben Gemeinden und Gemeindeverbände grundsätzlich das Recht auf freie Auswahl, Anstellung, Beförderung und Entlassung ihrer Mitarbeiter (vgl. BVerfGE 9, 268 ≪289 f.≫; 17, 172 ≪182≫; 91, 228 ≪245≫). Zum Kernbereich der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie gehören in diesem Zusammenhang die Dienstherrenfähigkeit und die eigene Personalauswahl (vgl. Löwer, a.a.O., Art. 28 Rn. 67).
b) Die eigenverantwortliche Aufgabenwahrnehmung wird den Gemeinden und Gemeindeverbänden jedoch nur nach Maßgabe der Gesetze gewährleistet (vgl. BVerfGE 91, 228 ≪236 f., 240≫). Sie unterliegt normativer Prägung durch den Gesetzgeber, der sie inhaltlich ausformen und begrenzen darf (vgl. BVerfGE 91, 228 ≪240≫). Die Übertragung der verwaltungsmäßigen Besorgung gemeindlicher Aufgaben auf einen anderen Träger begründet demnach für sich genommen noch keine Verletzung des Kernbereichs eigenverantwortlicher Aufgabenerledigung. Denn Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG berechtigt den Gesetzgeber, den Gemeinden Vorgaben zu ihrer Organisation zu machen, und verschafft ihm daher mittelbar auch Einfluss auf die Aufgabenerledigung. Dies ist mit der Regelungskompetenz des Gesetzgebers zur Organisation der Gemeinden unausweichlich verbunden und auch gewollt. Durch die Möglichkeit organisatorischer Rahmensetzung soll der Gesetzgeber auf eine effektive Aufgabenerledigung durch die Gemeinden hinwirken können (BVerfGE 107, 1 ≪19≫).
c) Der Gesetzgeber muss bei der Bestimmung der Reichweite der Selbstverwaltungsgarantie aber nicht nur einen Kernbereich unangetastet lassen, um den Wesensgehalt der Selbstverwaltung vor Aushöhlung zu schützen. Vielmehr hat er den verfassungsgewollten prinzipiellen Vorrang einer dezentralen, also gemeindlichen, vor einer zentral und damit staatlich determinierten Aufgabenwahrnehmung zu berücksichtigen. Inhaltliche Vorgaben bedürfen damit eines gemeinwohlorientierten rechtfertigenden Grundes, insbesondere etwa durch das Ziel, eine ordnungsgemäße Aufgabenwahrnehmung sicherzustellen. Sie sind zu beschränken auf dasjenige, was der Gesetzgeber zur Wahrung des jeweiligen Gemeinwohlbelangs für erforderlich halten kann, wobei er angesichts der unterschiedlichen Ausdehnung, Einwohnerzahl und Struktur der Gemeinden typisieren darf und auch im Übrigen einen grundsätzlich weiten Einschätzungs- und Beurteilungsspielraum hat (vgl. BVerfGE 83, 363 ≪382 f.≫ m.w.N.).
Die eigenverantwortliche Aufgabenwahrnehmung der Gemeinden und Gemeindeverbände wird aber beeinträchtigt, wenn der Gesetzgeber ohne hinreichend rechtfertigenden Grund die gleichzeitige Aufgabenwahrnehmung durch verschiedene Verwaltungsbehörden verbindlich anordnet (vgl. Löwer, a.a.O., Art. 28 Rn. 72 f. m.w.N.).
d) Ordnet der Gesetzgeber – wie bei den Arbeitsgemeinschaften nach § 44b SGB II – an, dass die Aufgaben gemeinsam von Bund und Gemeinden oder Gemeindeverbänden wahrgenommen werden, ist für die verfassungsrechtliche Prüfung auch entscheidend, ob die Verwaltungszuständigkeiten von Bund und Ländern gemäß Art. 83 ff. GG eingehalten sind. Überschreitet der Gesetzgeber die ihm dort gesetzten Grenzen des zulässigen Zusammenwirkens von Bundes- und Landesbehörden, führt dies gleichzeitig zu einer Verletzung der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie in ihrer Ausprägung als Garantie eigenverantwortlicher Aufgabenwahrnehmung im Sinne des Art. 28 Abs. 2 GG.
Die Kompetenzaufteilung nach Art. 83 GG ist eine wichtige Ausformung des bundesstaatlichen Prinzips des Grundgesetzes und dient dazu, die Länder vor einem Eindringen des Bundes in den ihnen vorbehaltenen Bereich der Verwaltung zu schützen (vgl. BVerfGE 108, 169 ≪181 f.≫). Die Verwaltungszuständigkeiten von Bund und Ländern sind grundsätzlich getrennt und können selbst mit Zustimmung der Beteiligten nur in den vom Grundgesetz vorgesehenen Fällen zusammengeführt werden. Zugewiesene Zuständigkeiten sind mit eigenem Personal, eigenen Sachmitteln und eigener Organisation wahrzunehmen. Ausnahmen hiervon sind nur in seltenen Fällen und unter engen Voraussetzungen zulässig. Diese Grundsätze gelten auch für das Verhältnis von Bund und Kommunen. Die Gemeinden und Gemeindeverbände sind staatsorganisationsrechtlich und finanzverfassungsrechtlich den Ländern zugeordnet (vgl. BVerfGE 39, 96 ≪109≫). Sie können sich zwar auf die Selbstverwaltungsgarantie in Art. 28 Abs. 2 GG stützen, bleiben jedoch hinsichtlich der grundgesetzlichen Verteilung der Verwaltungskompetenzen stets Bestandteil der Länder (vgl. auch Mempel, a.a.O., S. 36).
aa) Die Verwaltung des Bundes und die Verwaltung der Länder, zu denen auch die Kommunen gehören, sind organisatorisch und funktionell im Sinne von in sich geschlossenen Einheiten prinzipiell voneinander getrennt (vgl. BVerfGE 108, 169 ≪182≫). Die Verwaltungszuständigkeiten von Bund und Ländern sind in den Art. 83 ff. GG erschöpfend geregelt und grundsätzlich nicht abdingbares Recht (vgl. BVerfGE 32, 145 ≪156≫; 41, 291 ≪311≫; 63, 1 ≪39≫). Bund und Länder dürfen von der in diesen Bestimmungen vorgeschriebenen „Verwaltungsordnung” nicht abweichen. Es gilt der allgemeine Verfassungssatz (vgl. BVerfGE 4, 115 ≪139≫), dass weder der Bund noch die Länder über ihre im Grundgesetz festgelegten Kompetenzen verfügen können; Kompetenzverschiebungen zwischen Bund und Ländern sind selbst mit Zustimmung der Beteiligten nicht zulässig (vgl. BVerfGE 32, 145 ≪156≫).
Der Spielraum bei der organisatorischen Ausgestaltung der Verwaltung findet in den Kompetenz- und Organisationsnormen der Art. 83 ff. GG seine Grenzen (BVerfGE 63, 1 ≪39≫). Aus dem Normgefüge der Art. 83 ff. GG folgt, dass Mitplanungs-, Mitverwaltungs- und Mitentscheidungsbefugnisse gleich welcher Art im Aufgabenbereich der Länder, wenn die Verfassung dem Bund entsprechende Sachkompetenzen nicht übertragen hat, durch das Grundgesetz ausgeschlossen sind (vgl. BVerfGE 32, 145 ≪156≫; 108, 169 ≪182≫). Das Grundgesetz schließt, von begrenzten Ausnahmen abgesehen, auch eine sogenannte Mischverwaltung aus (vgl. BVerfGE 63, 1 ≪38 ff.≫; 108, 169 ≪182≫ m.w.N.).
Die Regelungen der Art. 83 ff. GG gehen damit grundsätzlich von der Unterscheidung zwischen Bundes- und Landesverwaltung aus. Sie lassen freilich auch erkennen, dass die Verwaltungsbereiche von Bund und Ländern in der Verfassung nicht starr voneinander geschieden sind. Ein Zusammenwirken von Bund und Ländern bei der Verwaltung ist in vielfältiger Form vorgesehen (vgl. nur die bei der Auftragsverwaltung und im Rahmen der Ausführung der Bundesgesetze durch die Länder als eigene Angelegenheit möglichen Einwirkungen des Bundes ≪Art. 84, 85 GG≫). Innerhalb des durch die Art. 83 ff. GG gezogenen Rahmens ist eine zwischen Bund und Ländern aufgeteilte Verwaltung deshalb zulässig (vgl. BVerfGE 63, 1 ≪38 ff.≫; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 14. Mai 2007 – 1 BvR 2036/05 –, NVwZ 2007, S. 942 ≪944≫). Damit wird dem Bedürfnis der öffentlichen Gewalt, in ihrem Streben nach angemessenen Antworten auf neue staatliche Herausforderungen nicht durch eine zu strikte Trennung der Verwaltungsräume gebunden zu werden, Rechnung getragen.
bb) Die grundsätzliche Trennung der Verwaltungsräume von Bund und Ländern gewährleistet durch eine klare und auf Vollständigkeit angelegte Zuordnung von Kompetenzen die Verantwortlichkeit der handelnden Staatsorgane.
Vor diesem Hintergrund hat der Gesetzgeber auch bei der Bestimmung von Verwaltungszuständigkeiten die rechtsstaatlichen Grundsätze der Normenklarheit und Widerspruchsfreiheit (vgl. BVerfGE 21, 73 ≪79≫; 78, 214 ≪226≫; 98, 106 ≪119≫; 108, 169 ≪181 f.≫) zu beachten, um die Länder vor einem Eindringen des Bundes in den ihnen vorbehaltenen Bereich der Verwaltung zu schützen und eine Aushöhlung des Grundsatzes des Art. 30 GG zu verhindern (vgl. BVerfGE 108, 169 ≪181 f.≫).
Aus Sicht des Bürgers bedeutet rechtsstaatliche Verwaltungsorganisation ebenfalls zuallererst Klarheit der Kompetenzordnung; denn nur so wird die Verwaltung in ihren Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten für den einzelnen „greifbar” (vgl. Schmidt-Aßmann, Der Rechtsstaat, in: HStR, 3. Aufl., § 26 Rn. 79; vgl. auch Robra, a.a.O., S. 188).
Eine hinreichend klare Zuordnung von Verwaltungszuständigkeiten ist vor allem im Hinblick auf das Demokratieprinzip erforderlich, das eine ununterbrochene Legitimationskette vom Volk zu den mit staatlichen Aufgaben betrauten Organen und Amtswaltern fordert und auf diese Weise demokratische Verantwortlichkeit ermöglicht (vgl. BVerfGE 47, 253 ≪275≫; 52, 95 ≪130≫; 77, 1 ≪40≫; 83, 60 ≪72 f.≫; 93, 37 ≪66 f.≫). Demokratische Legitimation kann in einem föderal verfassten Staat grundsätzlich nur durch das Bundes- oder Landesvolk für seinen jeweiligen Bereich vermittelt werden (vgl. Trute, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle ≪Hrsg.≫, Grundlagen des Verwaltungsrechts, 1. Aufl. 2006, Bd. 1, § 6 Rn. 5). Aus verfassungsrechtlicher Sicht ist zwar nicht die Form der demokratischen Legitimation staatlichen Handelns entscheidend, sondern deren Effektivität; notwendig ist ein bestimmtes Legitimationsniveau (vgl. BVerfGE 83, 60 ≪72≫; 93, 37 ≪66 f.≫). Daran fehlt es aber, wenn die Aufgaben durch Organe oder Amtswalter unter Bedingungen wahrgenommen werden, die eine klare Verantwortungszuordnung nicht ermöglichen. Der Bürger muss wissen können, wen er wofür – auch durch Vergabe oder Entzug seiner Wählerstimme – verantwortlich machen kann.
cc) Der Verwaltungsträger, dem durch eine Kompetenznorm des Grundgesetzes Verwaltungsaufgaben zugewiesen worden sind, hat diese Aufgaben grundsätzlich durch eigene Verwaltungseinrichtungen, also mit eigenem Personal, eigenen Sachmitteln und eigener Organisation wahrzunehmen. Der Grundsatz eigenverantwortlicher Aufgabenwahrnehmung schließt zwar die Inanspruchnahme der „Hilfe” – auch soweit sie sich nicht auf eine bloße Amtshilfe im Einzelfall beschränkt – nicht zuständiger Verwaltungsträger durch den zuständigen Verwaltungsträger nicht schlechthin aus, setzt ihr aber Grenzen: Von dem Gebot, die Aufgaben eigenverantwortlich wahrzunehmen, darf nur wegen eines besonderen sachlichen Grundes abgewichen werden. Dem Grundgedanken einer Kompetenznorm (wie auch der finanziellen Lastenaufteilung zwischen Bund und Ländern) widerspräche es, wenn in weitem Umfang Einrichtungen der Landesverwaltung für Zwecke der Bundesverwaltung herangezogen würden (vgl. BVerfGE 63, 1 ≪41≫).
Daher kann die Heranziehung an sich unzuständiger Verwaltungseinrichtungen nur hinsichtlich einer eng umgrenzten Verwaltungsmaterie in Betracht kommen (vgl. BVerfGE 63, 1 ≪41≫) und ist an besondere Voraussetzungen gebunden.
2. Danach verletzt § 44b SGB II die Selbstverwaltungsgarantie der Gemeinden; das in dieser Vorschrift geregelte Zusammenwirken von Bundes- und Landesbehörden überschreitet die Grenzen des verfassungsrechtlich Zulässigen.
a) § 44b SGB II ordnet an, dass die Agenturen für Arbeit und die kommunalen Träger zur einheitlichen Wahrnehmung ihrer Aufgaben Arbeitsgemeinschaften bilden. Die Arbeitsgemeinschaften nehmen kraft Gesetzes die Aufgaben der Agentur für Arbeit als Leistungsträger wahr; die kommunalen Träger sollen ihre Aufgaben den Arbeitsgemeinschaften übertragen. Ziel der Regelung ist es danach, die Aufgaben grundsätzlich gemeinsam in den und durch die Arbeitsgemeinschaften zu vollziehen.
Zwar überlässt der Gesetzgeber den Trägern der Leistung die Entscheidung darüber, in welcher Form die Arbeitsgemeinschaften errichtet und wie sie im Einzelnen organisatorisch ausgestaltet werden. Das ändert jedoch nichts daran, dass es sich um eine gemeinschaftliche Einrichtung einerseits der dem Bund zuzuordnenden Agenturen für Arbeit und andererseits der kommunalen Träger handelt. Auch wenn die Arbeitsgemeinschaften nicht als Träger für die Leistungen nach § 6 Abs. 1 SGB II bestimmt worden sind, wird ihnen in § 44b SGB II eine eigene Aufgabenzuständigkeit eingeräumt. Bei den Arbeitsgemeinschaften handelt es sich nicht lediglich um eine räumliche Zusammenfassung verschiedener Behörden; denn die beiden Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende übertragen die Aufgabenwahrnehmung auf die Arbeitsgemeinschaften (vgl. § 44 Abs. 3 SGB II). Die Arbeitsgemeinschaften sollen sich nicht auf eine bloße Zusammenfassung selbständiger Einheiten beschränken, sondern die gesamten operativen Aufgaben einer hoheitlichen Leistungsverwaltung wahrnehmen (vgl. Mempel, a.a.O., S. 122). § 44b SGB II sieht eine selbständige, sowohl von der Sozial- als auch von der Arbeitsverwaltung getrennte Organisationseinheit vor, die sich nicht auf koordinierende und informierende Tätigkeiten beschränkt, sondern die gesamten Aufgaben einer hoheitlichen Leistungsverwaltung im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende umfasst (vgl. Berlit, in: LPK-SGB II, § 44b Rn. 3).
Die Arbeitsgemeinschaft ist nach § 44b Abs. 3 Satz 3 SGB II berechtigt, zur Erfüllung ihrer Aufgaben Verwaltungsakte und Widerspruchsbescheide zu erlassen. Die Leistungen der Grundsicherung sollen trotz geteilter Leistungsträgerschaft „aus einer Hand” gewährt werden (vgl. Ruge/Vorholz, DVBl 2005, S. 403 ≪404≫; Kersten, ZfPR 2005, S. 130; Rixen, in: Eicher/Spellbrink, SGB II, 1. Aufl. 2005, § 44b Rn. 1; Gröschel-Gundermann, in: Jehle/Linhart/Adolph, Sozialgesetzbuch II, Sozialgesetzbuch XII, Asylbewerberleistungsgesetz, Ordner I, Stand: Januar 2005, § 44b Rn. 1; Luthe, in: Hauck/Noftz, Sozialgesetzbuch II, Stand: Dezember 2006, § 44b Rn. 2; Brosius-Gersdorf, VSSR 2005, S. 335 ≪356 f.≫).
Die Arbeitsgemeinschaften sind damit gemeinschaftliche Verwaltungseinrichtungen der Bundesagentur und der kommunalen Träger zum Vollzug der Grundsicherung für Arbeitsuchende. An dieser Einordnung ändert sich auch nichts dadurch, dass die Finanzierungs- und Gewährleistungsverantwortung bei der Bundesagentur und den kommunalen Trägern verbleiben soll. Die Rechtsprechung stellt insoweit zwar teilweise darauf ab, dass die Arbeitsgemeinschaften nicht die Befugnis zur Erfüllung der Aufgaben erhalten hätten, sondern dass in ihnen nur die Kompetenz zur Wahrnehmung der Aufgaben gebündelt werde (vgl. Bundessozialgericht, Urteil des 7b. Senats vom 7. November 2006 – B 7b AS 6/06 R –, FEVS 58, 347 ≪349≫; Urteil des 11b. Senats vom 23. November 2006 – B 11b AS 1/06 R –, FEVS 58, 353 ≪354 f.≫). Auch bei einer fortbestehenden Unabhängigkeit und Eigenständigkeit der Träger der Grundsicherung findet in den Arbeitsgemeinschaften aber ein gemeinschaftlicher Vollzug von Aufgaben des Bundes und der kommunalen Träger statt. Ob die mit der Aufgabenerbringung betrauten Verwaltungsstellen zugleich Träger der Aufgabe sind, ist für die Zuordnung der Verwaltungskompetenzen nach Art. 83 ff. GG irrelevant (vgl. Brosius-Gersdorf, a.a.O., S. 335 ≪349≫).
b) Die Arbeitsgemeinschaften sind als Gemeinschaftseinrichtung von Bundesagentur und kommunalen Trägern nach der Kompetenzordnung des Grundgesetzes nicht vorgesehen (aa). Besondere Gründe, die ausnahmsweise die gemeinschaftliche Aufgabenwahrnehmung in den Arbeitsgemeinschaften rechtfertigen könnten, existieren nicht (bb).
aa) Das Grundgesetz enthält keine Vorschrift, die eine Gemeinschaftseinrichtung von Bund und Ländern zur gemeinsamen Aufgabenwahrnehmung der Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch (Zweites Buch) vorsieht. Nach der Systematik des Grundgesetzes wird der Vollzug von Bundesgesetzen entweder von den Ländern oder vom Bund, nicht hingegen zugleich von Bund und Land oder einer von beiden geschaffenen dritten Institution wahrgenommen.
Nach Art. 83 ff. GG führen die Länder, zu denen die Kommunen gehören, die Bundesgesetze aus, soweit das Grundgesetz nichts anderes bestimmt oder zulässt. Zwar enthält Art. 87 Abs. 2 GG für soziale Versicherungsträger eine von der Grundregel des Art. 83 GG abweichende Regelung, und Art. 87 Abs. 3 GG ermöglicht dem Bund, selbständige Bundesoberbehörden und neue bundesunmittelbare Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts durch Bundesgesetz zu errichten. Es kann offenbleiben, ob der Bund nach diesen Vorschriften die Verwaltungszuständigkeit für die Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch – Zweites Buch – an sich ziehen kann, denn bei den Arbeitsgemeinschaften nach § 44b SGB II handelt es sich nicht um Bundesverwaltung gemäß Art. 87 Abs. 2 oder Abs. 3 GG (vgl. Brosius-Gersdorf, a.a.O., S. 335 ≪356 f.≫), sondern um gemeinsame Einrichtungen von bundesunmittelbaren Körperschaften des öffentlichen Rechts und Verwaltungseinrichtungen der Kommunen (Länder).
bb) Zwar bedarf das Zusammenwirken von Bund und Ländern im Bereich der Verwaltung nicht in jedem Fall einer besonderen verfassungsrechtlichen Ermächtigung (vgl. BVerfGE 63, 1 ≪40≫). Allerdings widerspricht es der Kompetenzordnung des Grundgesetzes, wenn in weitem Umfang Mitverwaltungs- und Mitentscheidungsbefugnisse des Bundes im Aufgabenbereich der Länder ohne entsprechende verfassungsrechtliche Ermächtigung vorgesehen werden. Eine Ausnahme von den Kompetenz- und Organisationsnormen der Art. 83 ff. GG bedarf daher eines besonderen sachlichen Grundes und kann nur hinsichtlich einer eng umgrenzten Verwaltungsmaterie in Betracht kommen (s. oben C. III. 1. d) cc).
(1) Bei den Regelungen über die Grundsicherung für Arbeitsuchende handelt es sich nicht um eine eng umgrenzte Verwaltungsmaterie, die ausnahmsweise ein Abweichen vom Grundsatz der eigenverantwortlichen Aufgabenwahrnehmung rechtfertigen könnte. Bei der Grundsicherung für Arbeitsuchende handelt es sich um einen der größten Sozialverwaltungsbereiche, der einen beträchtlichen Teil der Sozialleistungen des Staates umfasst. Sowohl nach der Anzahl der von den Regelungen betroffenen Personen als auch nach dem Finanzvolumen handelt es sich um eine besonders bedeutsame Verwaltungsmaterie. Die Regelungen im Sozialgesetzbuch – Zweites Buch –, die sowohl staatliche Transferleistungen als auch die Beratung und Betreuung von bedürftigen Erwerbsfähigen zum Gegenstand haben, betreffen nach seriösen Schätzungen etwa 6 bis 7 Millionen Menschen (vgl. Lühmann, DöV 2004, S. 677; Pressemitteilung des Deutschen Landkreistags vom 27. September 2007). Die Zuständigkeiten der Leistungsträger nach § 6 Abs. 1 Satz 1 SGB II machen jeweils einen erheblichen Teil der Sachaufgaben von Bundesagentur und kommunalen Trägern aus (vgl. Mempel, a.a.O., S. 127). Die sozialen und finanziellen Dimensionen der Grundsicherung für Arbeitsuchende sprechen klar gegen das Vorliegen einer eng umgrenzten Verwaltungsmaterie.
(2) Unabhängig davon, dass ein Abweichen von der Kompetenzordnung des Grundgesetzes schon wegen Bedeutung und Umfang der Grundsicherung für Arbeitsuchende ausscheidet, fehlt es auch an einem hinreichenden sachlichen Grund, der eine gemeinschaftliche Aufgabenwahrnehmung in den Arbeitsgemeinschaften rechtfertigen könnte.
Das Anliegen, die Grundsicherung für Arbeitsuchende „aus einer Hand” zu gewähren, ist zwar ein sinnvolles Regelungsziel. Dieses kann aber sowohl dadurch erreicht werden, dass der Bund für die Ausführung den Weg des Art. 87 GG wählt, als auch dadurch, dass der Gesamtvollzug nach der Grundregel des Art. 83 GG insgesamt den Ländern als eigene Angelegenheit überlassen wird.
Ein sachlicher Grund zur Vermischung beider Möglichkeiten besteht nicht. Schon die unterschiedlichen Vorschläge im Gesetzgebungsverfahren zeigen, dass es nicht erforderlich ist, zunächst zwei Träger für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zu bestimmen, um diese sodann zur gemeinschaftlichen Aufgabenwahrnehmung in den Arbeitsgemeinschaften zu verpflichten. So sah der ursprüngliche Entwurf eines Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt der Bundesregierung vor, dass allein die Bundesagentur für Arbeit für das Erbringen der Leistungen zuständig sein sollte. Demgegenüber waren nach dem Entwurf eines Existenzgrundlagengesetzes der damaligen Opposition die Kreise und kreisfreien Städte und nach landesrechtlicher Bestimmung die kreisangehörigen Gemeinden als alleinige Leistungsträger vorgesehen. Die Regelung des § 6a SGB II zeigt, dass der Bundesgesetzgeber selbst eine in der Natur der Aufgabe begründete Notwendigkeit für die gemäß § 44b SGB II organisierte Aufgabenwahrnehmung von Bundesagentur und kommunalen Trägern nicht gesehen hat. Denn diese Regelung sieht ohne weitere Voraussetzungen vor, dass anstelle der Arbeitsgemeinschaften Kreise und kreisfreie Städte – in beschränkter Anzahl – die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende außerhalb der Regellösung des § 44b SGB II vollziehen können. Weshalb dies nicht auch ohne die in § 6a Abs. 3 Satz 1 SGB II vorgesehene zahlenmäßige Beschränkung möglich sein sollte, ist nicht ersichtlich.
Als sachlicher Grund für die Arbeitsgemeinschaften kann auch nicht angeführt werden, dass sich die politisch Handelnden nicht auf eine alleinige Aufgabenwahrnehmung entweder durch die Bundesagentur oder durch die kommunale Ebene einigen konnten. Mangelnde politische Einigungsfähigkeit kann keinen Kompromiss rechtfertigen, der mit der Verfassung nicht vereinbar ist.
Schließlich rechtfertigt auch das historisch gewachsene Nebeneinander von kommunal verwalteter Sozialhilfe und von gesamtstaatlich verwalteter Arbeitslosenhilfe nicht die auf Dauer angelegte gemeinschaftliche Aufgabenwahrnehmung in den Arbeitsgemeinschaften. Zwar hatte sich seit Jahrzehnten und lange vor Bestehen der Bundesrepublik die getrennte Gewährung dieser Sozialleistungen entwickelt, und der Gesetzgeber verfolgt mit der Zusammenlegung der Arbeitslosenhilfe und der Sozialhilfe für Erwerbsfähige, als deren Folge die hier angegriffene Regelung erlassen wurde, ein Ziel, das in der Wissenschaft ebenso wie im politischen Willensbildungsprozess von der weit überwiegenden Meinung als notwendig erachtet worden ist. In dieser Situation muss er sich aber für eine Lösung entscheiden, die mit der Kompetenzordnung des Grundgesetzes vereinbar ist.
c) Die Einrichtung der Arbeitsgemeinschaft in § 44b SGB II widerspricht dem Grundsatz eigenverantwortlicher Aufgabenwahrnehmung, der den zuständigen Verwaltungsträger verpflichtet, diese Aufgaben grundsätzlich durch eigene Verwaltungseinrichtungen, also mit eigenem Personal, eigenen Sachmitteln und eigener Organisation wahrzunehmen (vgl. oben C. III. 1. d) cc). Den Gemeinden und Gemeindeverbänden ist in Art. 28 Abs. 2 GG die eigenverantwortliche Führung der Geschäfte garantiert, zu der auch die Festlegung der Abläufe und Entscheidungszuständigkeiten für die Wahrnehmung der Aufgaben gehört (vgl. oben C. III. 1. a).
aa) Eine eigenverantwortliche Aufgabenwahrnehmung ist in den Arbeitsgemeinschaften weder für die Agenturen für Arbeit noch für die kommunalen Träger gewährleistet. Die von § 44b Abs. 1 Satz 1 SGB II geforderte einheitliche Aufgabenwahrnehmung führt dazu, dass die Aufgaben nur dann nach den Vorstellungen des jeweiligen Verwaltungsträgers vollzogen werden können, wenn diese sich mit denjenigen des anderen Trägers decken.
(1) In den Arbeitsgemeinschaften sind unabhängige und eigenständige Entscheidungen über die Aufgabenwahrnehmung durch den jeweiligen Verwaltungsträger in weitem Umfang weder vorgesehen noch möglich. § 44b Abs. 1 Satz 1 SGB II bestimmt, dass die Aufgaben in den Arbeitsgemeinschaften einheitlich wahrgenommen werden. Diese einheitliche Aufgabenwahrnehmung zwingt die beiden Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende, sich in wesentlichen Fragen der Organisation und der Leistungserbringung zu einigen. Innerhalb der Arbeitsgemeinschaften sind die Aufgaben der Arbeitsagenturen und der kommunalen Träger untrennbar verbunden und werden integriert und ganzheitlich wahrgenommen; gerade dies ist der Sinn der Regelung. Organisatorische, personelle und rechtliche Maßnahmen, die einer der beiden Leistungsträger ergreift, haben Einfluss auf den Aufgabenvollzug des jeweils anderen Leistungsträgers.
Die Mitarbeiter der Arbeitsgemeinschaften entscheiden einheitlich über die von beiden Trägern zu gewährenden Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Hierbei handelt es sich nicht lediglich um zusammengesetzte – und dementsprechend in Teile, die jeweils einem der beteiligten Leistungsträger zuzuordnen sind, zerlegbare – Verwaltungsakte oder Widerspruchsbescheide; vielmehr wird über zentrale Fragen wie die Erwerbsfähigkeit und Hilfebedürftigkeit einheitlich entschieden (vgl. auch §§ 44a, 45 SGB II). Weisungen oder Anordnungen eines der beiden Leistungsträger haben damit unmittelbaren Einfluss auf die Leistung des jeweils anderen.
Die Bündelung von Wahrnehmungskompetenzen mit dem Ziel, für den Bürger Leistungen aus einer Hand anbieten zu können, fordert darüber hinaus eine Zusammenführung von Daten sowie deren gemeinsame Verwaltung und Verarbeitung. Der Vortrag der Beschwerdeführer zu den zwingenden Vorgaben der Bundesagentur hinsichtlich der dazu einzusetzenden Software (insbesondere A2LL, VerBIS, FINAS) wurde durch die Ausführungen des Geschäftsführers der Arbeitsgemeinschaft im Kreis Aachen in der mündlichen Verhandlung bestätigt. Den kommunalen Trägern der Grundsicherung bleibt hinsichtlich der Organisation der elektronischen Datenverarbeitung keine Wahlmöglichkeit. Dadurch werden, wie die sachverständige Auskunftsperson G. in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat (vgl. auch Graaf, Der Landkreis 2007, S. 344 ≪347≫), verfahrens- und inhaltliche Entscheidungsmöglichkeiten mit Wirkung für beide Leistungsträger auf die mit der vorgegebenen Software verarbeitbaren Lösungen begrenzt. Durch die softwarebedingten Vorgaben verlieren die an den Arbeitsgemeinschaften beteiligten Landkreise und Kreise Entscheidungsspielräume, die ihnen im Rahmen eigenverantwortlicher Aufgabenerfüllung zustünden.
(2) Die Organisationsstruktur der Arbeitsgemeinschaften widerspricht ebenfalls der eigenverantwortlichen Aufgabenwahrnehmung. Schon aus dem Gesetz ergibt sich, dass die Personalauswahl insbesondere hinsichtlich der Behördenleitung erheblich eingeschränkt wird. Gemäß § 44b Abs. 2 SGB II werden die Geschäfte der Arbeitsgemeinschaft von einem Geschäftsführer geführt. Können sich die beiden Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende nicht einigen, kommt es gemäß § 44b Abs. 2 Satz 3 SGB II zu einer wechselnden, jeweils auf ein Jahr befristeten Geschäftsführung einer der beiden Verwaltungsträger.
Neben dem in § 44b SGB II geregelten Geschäftsführer sehen die ARGE-Musterverträge bei den privatrechtlichen Rechtsformen die Gesellschafterversammlung und im Übrigen die Trägerversammlung vor, die sich paritätisch aus den Vertretern der Gesellschafter der Arbeitsgemeinschaft oder den Vertretern der Vertragspartner zusammensetzen. Wesentliche Entscheidungen über die Aufgabenwahrnehmung werden in diesen Gremien getroffen. Dabei kommt es zu einer Verschränkung von Bundesagentur und kommunalen Trägern und zu einer Vergemeinschaftung der Willensbildung. Die Folge ist einerseits die unumgängliche Mitentscheidung des jeweils anderen Verwaltungsträgers bei der Aufgabenwahrnehmung. Andererseits ergeben sich aus dieser Organisationsform systemimmanente Blockademöglichkeiten und Kompromisszwänge (vgl. Berlit, a.a.O., § 44b Rn. 11; Mempel, a.a.O., S. 123).
Eigenverantwortliche Aufgabenwahrnehmung setzt voraus, dass der jeweils zuständige Verwaltungsträger auf den Aufgabenvollzug hinreichend nach seinen eigenen Vorstellungen einwirken kann. Daran fehlt es in der Regel, wenn Entscheidungen über Organisation, Personal und Aufgabenerfüllung nur in Abstimmung mit einem anderen Träger getroffen werden können. Besteht, wie bei den Arbeitsgemeinschaften nach § 44b SGB II, keine Letztentscheidungsmöglichkeit im Rahmen der Aufgabenwahrnehmung, kann keiner der beteiligten Verwaltungsträger seinen eigenen Aufgabenbereich eigenverantwortlich wahrnehmen.
(3) Um die damit verbundenen Probleme zu lösen, ist die Bundesagentur für Arbeit z.B. in der Rahmenvereinbarung zur „Weiterentwicklung der Grundsätze der Zusammenarbeit der Träger der Grundsicherung in den Arbeitsgemeinschaften gemäß § 44b SGB II” vom 1. August 2005 eine Selbstbeschränkung eingegangen, nach der unter bestimmten Voraussetzungen auf Weisungen zur operativen Umsetzung der Grundsicherung für Arbeitsuchende verzichtet wird. Werden von den Arbeitsgemeinschaften jährlich abgeschlossene Zielvereinbarungen sowie die Controlling-Berichterstattung, das Benchmarking und die Mindeststandards bei der Leistungserbringung als verbindlich anerkannt, wird sowohl auf Weisungen bei der Umsetzung des gesetzlichen Auftrags als auch auf eine Rechenschaft der Arbeitsgemeinschaften über das auftragsgemäße Handeln verzichtet. In dem vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales und der Bundesagentur für Arbeit erstellten so genannten Rollenpapier „Die Arbeitsgemeinschaften und ihre Träger im SGB II” vom 12. Januar 2007 wird festgestellt, dass einseitige Eingriffe der Leistungsträger als Auftraggeber der Arbeitsgemeinschaften für ihren jeweiligen Aufgabenbereich die Ausnahme sein sollen, „aber wegen der Verantwortung als Leistungsträger grundsätzlich nicht ausgeschlossen werden” könnten. In der mündlichen Verhandlung ist deutlich geworden, dass bei gegensätzlicher Auffassung der jeweiligen Träger die Leistungen nur erbracht werden können, wenn einer der beiden – in der Praxis zumeist der kommunale Träger – auf sein Weisungsrecht und damit auf seine Einwirkungsmöglichkeiten verzichtet.
Selbstbeschränkungen eines der beiden Verwaltungsträger erweitern zwar die Möglichkeiten des anderen Verwaltungsträgers, seine eigenen Vorstellungen durchzusetzen. Die Selbstbeschränkung eines der Aufgabenträger ist aber jedenfalls hier gleichzeitig mit der Nichtwahrnehmung der eigenen Verantwortung verbunden. Soweit etwa nach der Rahmenvereinbarung vom 1. August 2005 die Kommunen auf die Ausführung von Bundesaufgaben einwirken und diese operativ steuern (vgl. Mempel, a.a.O., S. 152), kann dies nur auf der Grundlage entsprechend zurückgenommener Steuerungsansprüche auf Seiten des Bundes funktionieren. Entsprechendes gilt in umgekehrter Richtung. In diesen Fällen kann jedenfalls bei einem der beiden Verwaltungsträger nicht mehr von einer eigenverantwortlichen Aufgabenwahrnehmung gesprochen werden.
Daher ist es folgerichtig, dass etwa der Bundesrechnungshof in seinem Bericht vom 19. Mai 2006 zur Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende (GZ.: VI 6/VI 2 – 2006 – 1219, Ziff. 6.1.1.2) die vertragliche Beschränkung der Bundesagentur auf die Gewährleistungsverantwortung und in dem Verzicht auf verbindliche Weisungen eine unzulässige Einengung ihrer gesetzlichen Rolle als Leistungsträgerin sieht. Um ihrer Verantwortung für die rechtmäßige und wirtschaftliche Aufgabenerledigung durch die Arbeitsgemeinschaften nachzukommen, dürfe die Bundesagentur in ihren unmittelbaren Einflussmöglichkeiten nicht beschränkt werden.
Ebenso wenig wie die Bundesagentur auf ihre eigenverantwortliche Aufgabenwahrnehmung verzichten darf, besteht diese Möglichkeit für die kommunalen Träger, denn auch in diesem Fall würden die zugewiesenen Kompetenzen nicht in verfassungsgemäßer Weise wahrgenommen. Das Grundproblem lässt sich daher nicht durch eine Verschiebung der Einwirkungsmöglichkeiten zur einen oder anderen Seite hin bewirken; vielmehr fehlt es an einer eindeutigen Aufgaben- und Verantwortlichkeitszuordnung, die der Kompetenzordnung des Grundgesetzes entspricht.
(4) Die Aufsichtsregelungen belegen den Mangel eigenverantwortlicher Aufgabenwahrnehmung.
Nach § 44b Abs. 3 Satz 4 SGB II führt die Aufsicht über die Arbeitsgemeinschaft die zuständige oberste Landesbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle im Benehmen mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Dies betrifft die Aufsicht über die Arbeitsgemeinschaft hinsichtlich ihrer organisatorischen Ausgestaltung (vgl. BTDrucks 16/1410, S. 17; vgl. Ehrhardt, in: Mergler/Zink, Sozialgesetzbuch II, Stand: Juli 2004, § 47 Rn. 4: Aufsicht über die Arbeitsgemeinschaften als solche). Für die von den jeweiligen Leistungsträgern zu verantwortenden Bereiche bestehen zwar eigenständige Aufsichtsregelungen. So unterliegt die Bundesagentur für Arbeit, soweit sie Leistungen nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II erbringt, der Rechts- und Fachaufsicht durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (§ 47 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Soweit die kreisfreien Städte und Kreise Leistungen nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II erbringen, unterliegen sie der allgemeinen landesrechtlichen Kommunalaufsicht (BTDrucks 15/2816, S. 13; O'Sullivan, in: Estelmann, Sozialgesetzbuch Zweites Buch, Stand: Dezember 2006, § 47 Rn. 14; Hoehl, in: Schlegel/Voelzke, SGB II, 2005, § 44b Rn. 55). Die mehrfache Aufsicht über die Arbeitsgemeinschaften spiegelt jedoch die problematische Zwischenstellung der Arbeitsgemeinschaften als Mischverwaltung einer Bundesbehörde und einer staatsorganisationsrechtlich den Ländern zuzuordnenden kommunalen Behörde wider (vgl. Berlit, a.a.O., § 44 Rn. 54).
Die Ausgestaltung der Aufsicht über die Arbeitsgemeinschaften als solche widerspricht der eigenverantwortlichen Aufgabenwahrnehmung. Die in § 44b Abs. 3 SGB II vorgesehene Rechtsaufsicht umfasst unter anderem eine Überprüfung der Einhaltung von Rechtsvorschriften etwa im Hinblick auf die Geschäfts- und Rechnungsführung der Arbeitsgemeinschaften, Fragen der Rechtsform oder des Datenschutzes (vgl. BTDrucks 16/1410, S. 28). Es erscheint schon fraglich, ob das Fehlen einer Fachaufsicht in diesem Bereich nicht zu unzureichender Aufsicht und Kontrolle führt (vgl. Luthe, a.a.O., § 44b Rn. 7). Jedenfalls erhalten durch § 44b Abs. 3 Satz 4 SGB II die Länder Aufsichtsbefugnisse auch gegenüber den Mitarbeitern der Bundesagentur für Arbeit in den Arbeitsgemeinschaften. Entsprechende Probleme ergeben sich, soweit nach anderen Vorschriften (z.B. § 89 Abs. 5 SGB X; s. zur Reichweite der Anwendbarkeit der Auftragsregelungen der §§ 94, 88, 89 SGB X i.V.m. § 44b Abs. 3 Satz 2 SGB II Gröschel-Gundermann, a.a.O., § 44b Rn. 1; Hoehl, a.a.O., § 44b Rn. 46) der Bundesagentur für Arbeit und mittelbar dem dieser gegenüber aufsichtführenden Bundesministerium für Arbeit und Soziales (§ 47 Abs. 1 Sätze 1 und 2 SGB II) Aufsichts- und Weisungsrechte gegenüber den Arbeitsgemeinschaften zustehen. Die mit § 44b Abs. 3 Satz 4 SGB II vorgenommene Zuweisung der Aufsicht an die zuständige oberste Landesbehörde, die diese im Benehmen mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu führen hat, führt zudem gleichsam zu einer „Mischaufsicht” ohne wirksame Vorkehrungen für den Fall, dass Einvernehmen nicht erzielt werden kann (vgl. Brosius-Gersdorf, a.a.O., S. 335 ≪357≫; Berlit, a.a.O., § 44b Rn. 53; Graaf, a.a.O., S. 345; Gröschel-Gundermann, a.a.O., § 44b Rn. 2).
bb) Das Grundgesetz fordert nicht nur die eigenverantwortliche Aufgabenwahrnehmung des jeweils zuständigen Verwaltungsträgers; vielmehr hat der Gesetzgeber auch bei der Bestimmung von Verwaltungszuständigkeiten die rechtsstaatlichen Grundsätze der Normenklarheit und Widerspruchsfreiheit zu beachten. Selbst wenn man davon ausginge, dass die gemeinschaftliche Aufgabenwahrnehmung in den Arbeitsgemeinschaften von der Kompetenzordnung des Grundgesetzes gedeckt wäre, würde § 44b SGB II gegen den Grundsatz der Verantwortungsklarheit verstoßen.
(1) Zwar ließe sich noch bestimmen, welcher der beiden Träger der Grundsicherung für die jeweilige Leistung zuständig ist. Die organisatorische und personelle Verflechtung bei der Aufgabenwahrnehmung behindert aber eine klare Zurechnung staatlichen Handelns zu einem der beiden Leistungsträger. Die trägerübergreifende gemeinschaftliche Aufbau- und Ablauforganisation, die einheitliche Geschäftsführung und die gemeinsame Steuerung der Arbeitsgemeinschaften über die Trägerversammlung erschweren eine klare Abgrenzung von Verantwortungsbereichen der Bundesagentur für Arbeit und der kommunalen Träger (vgl. Mempel, a.a.O., S. 124; Lühmann, a.a.O., S. 677 ≪683≫).
(2) Ausdruck der mangelhaften Zuordnung von Verantwortlichkeiten, die mit der unklaren Zuordnung der Arbeitsgemeinschaften zur Bundes- oder zur kommunalen Ebene zusammenhängt, sind auch Unsicherheiten hinsichtlich der Anwendbarkeit von Bundes- und Landesrecht, wie sie etwa im Vollstreckungsrecht und beim Datenschutz aufgetreten sind.
Unsicherheiten über die Zuordnung von Zuständigkeiten tauchen bei der Verwaltungsvollstreckung auf, wenn gewährte Leistungen zurückgefordert und entsprechende Bescheide zwangsweise durchgesetzt werden müssen. So ist umstritten, ob für Leistungen, für welche die Bundesagentur für Arbeit als Träger verantwortlich ist, Bundesverwaltungsvollstreckungsrecht anzuwenden sei (dies offen lassend: Beschluss des 28. Senats des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 7. März 2007 – L 28 B 134/07 AS, L 28 B 119/07 AS PKH –, zitiert nach JURIS) oder ob ausgehend von der Einordnung der Arbeitsgemeinschaft als landesrechtliches Subjekt (vgl. § 44b Abs. 3 Satz 4 SGB II) umfassend Landesverwaltungsvollstreckungsrecht zur Anwendung zu bringen sei. Folgte man dem erstgenannten Ansatz, könnte dies Anlass für unterschiedliche Vollstreckungsverfahren bieten, nämlich dann, wenn, wie häufig, die gesamte gewährte Leistung zurückgefordert wird und damit teilweise Leistungen in der Trägerschaft der Bundesagentur und teilweise solche in kommunaler Trägerschaft berührt sind.
(3) Die Übertragung der Wahrnehmungskompetenz auf die Arbeitsgemeinschaften, an denen Bund und kommunale Träger beteiligt sind, führt auch zu Rechtsunsicherheiten bei der Anwendung des sozialrechtlichen Datenschutzes. Grundsätzlich wird die Zuständigkeit im Bereich des sozialrechtlichen Datenschutzes (§§ 67 ff. SGB X) auf den Bund zurückgeführt, soweit Stellen des Bundes beteiligt sind (vgl. § 81 Abs. 1 Nr. 1 SGB X), und auf das Land, soweit Stellen des Landes beteiligt sind (vgl. § 81 Abs. 1 Nr. 2 SGB X). Gegenwärtig bestehen für dieselben Prüfungsgebiete sowohl Anknüpfungen für die Zuständigkeit des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, wenn nach § 50 Abs. 2 SGB II die Bundesagentur für Arbeit zur verantwortlichen Stelle im Sinne des § 67 Abs. 9 SGB X für die Aufgabenwahrnehmung in den Arbeitsgemeinschaften bestimmt wird, als auch für die Landesdatenschutzbeauftragten, wenn Anknüpfungspunkt für die Abgrenzung der Zuständigkeit und damit auch der Verantwortlichkeit die Arbeitsgemeinschaft als solche ist, welche nicht über den Bereich eines Landes hinaus tätig wird (vgl. § 81 Abs. 3 Satz 1 SGB X). Diese Unklarheiten wirken sich als Hindernisse für eine wirksame Kontrolle insbesondere dann aus, wenn die mit der Kontrolle beauftragten Behörden des Bundes und der Länder eine Tatsachen- oder Rechtsfrage unterschiedlich beurteilen.
cc) Die Unklarheiten in Bezug auf Einwirkungsmöglichkeiten und Verantwortungszurechnung führen zu Freiräumen in den Arbeitsgemeinschaften, die die Gefahr einer Verselbständigung ohne hinreichende Kontrolle durch einen verantwortlichen Träger mit sich bringen. Ohne klare Zuständigkeiten besteht kein effektives Weisungs- und Aufsichtsrecht der zuständigen Aufsichtsbehörde. Es kann dann einerseits zu Kompetenzkonflikten von Aufsichtsorganen kommen; andererseits besteht die Gefahr, dass zur Vermeidung solcher Konflikte auf notwendige Steuerungs- und Kontrollmaßnahmen überhaupt verzichtet wird.
Die Möglichkeit einer solchen Entwicklung wurde in der mündlichen Verhandlung insbesondere von der sachkundigen Auskunftsperson Professor H. hervorgehoben, der auf die Verselbständigungstendenzen aufgrund unklarer Aufsichts-, Kontroll- und Steuerungsformen hinwies. Es gebe zwar vielfältige Prüfungen durch die Bundesagentur, kommunale Prüfungsämter, Bundes- und Landesrechnungshöfe, jedoch keine wirklichen Konsequenzen für den örtlichen Vollzug.
dd) Die gemeinschaftliche Aufgabenwahrnehmung in den Arbeitsgemeinschaften beeinträchtigt auch die Personalhoheit der Gemeindeverbände.
Nach den rechtlichen Vorgaben aus den Gründungsvereinbarungen der Arbeitsgemeinschaften bleibt die Verantwortung für das zur Verfügung gestellte Personal zwar bei dem jeweiligen Mitglied der Arbeitsgemeinschaft (vgl. § 9 Abs. 1 Mustervereinbarung Öffentlich-rechtlicher Vertrag und GbR-Gründungsvertrag; § 4 Abs. 1 Mustervereinbarung GmbH). Jedoch ist zu berücksichtigen, dass wesentliche Elemente der tatsächlichen Personalführung in der Praxis nur in den Händen des Geschäftsführers der Arbeitsgemeinschaft liegen können, der als Vermittler für die Anstellungskörperschaft wirken muss. Damit ist die Personalführung in einem unaufhebbaren Dilemma zwischen faktischer Entleerung der kommunalen Personalhoheit und sachwidrig verkürzter Einflussmöglichkeit des Geschäftsführers gefangen.
Durch die Ausgliederung des der Arbeitsgemeinschaft zur Verfügung gestellten Personals aus den sonstigen kommunalen Beschäftigungsstrukturen werden den Gemeindeverbänden gezielte Personalentwicklungsmaßnahmen erschwert, da sich die bei den Arbeitsgemeinschaften Beschäftigten regelmäßig nur noch sehr begrenzt im tatsächlichen Einflussbereich des Gemeindeverbandes befinden und bereits die Bewertung von Stärken und Schwächen über den Umweg des Geschäftsführers der Arbeitsgemeinschaft erfolgen muss. Mit dem Verlust der direkten Kenntnis vom Entwicklungsstand eines Teils des Personals verlieren die kommunalen Träger die Möglichkeit einer einheitlichen, eigenbestimmten und auf den Bedarf des Personals abgestimmten Personalentwicklung.
ee) Schließlich berühren Vorgaben des SGB II über das Zusammenwirken von kommunalen Trägern der Grundsicherung und der Bundesagentur auch die kommunale Finanzhoheit (vgl. dazu BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 7. Januar 1999 – 2 BvR 929/97 –, NVwZ 1999, S. 520).
Gerade im Bereich der aktiven Leistungen nach dem SGB II, also der regulären Eingliederungsleistungen und der flankierenden Maßnahmen (§§ 14 ff. SGB II), hängen Art und Umfang der zu erbringenden Leistungen in erheblichem Maße von gemeinsamen Planungen der Grundsicherungsträger und im Einzelfall von einer einvernehmlichen Eingliederungsvereinbarung mit dem Hilfebedürftigen ab (vgl. § 15 Abs. 1 SGB II). Damit wird über Ausgabenumfang und -art zwischen den Trägern der Grundsicherung konsensual entschieden; insoweit ist eine finanzielle Eigenverantwortung nur noch eingeschränkt gegeben. Es besteht vielmehr, wie dies auch vom Sachverständigen Professor H. in der mündlichen Verhandlung dargelegt und in den danach von ihm vorgelegten schriftlichen Ausführungen vertieft worden ist, eine starke wechselseitige Beeinflussung der Finanzierungsverantwortung im Vollzug der Leistungen.
3. § 44b SGB II verletzt danach Art. 28 Abs. 2 Sätze 1 und 2 GG in Verbindung mit Art. 83 GG. Verstößt eine Norm gegen das Grundgesetz, führt dies in der Regel zur Nichtigkeit der angegriffenen Norm. Im Hinblick auf einen geordneten Gesetzesvollzug im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende ist § 44b SGB II jedoch nur für unvereinbar mit dem Grundgesetz zu erklären und kann längstens bis zum 31. Dezember 2010 weiter angewendet werden.
a) Die bloße Unvereinbarerklärung, verbunden mit der Anordnung befristeter Fortgeltung der verfassungswidrigen Regelung, kommt statt der gesetzlich vorgesehenen Nichtigkeit als Rechtsfolge dann in Betracht, wenn es aus verfassungsrechtlichen Gründen unabdingbar ist, eine verfassungswidrige Vorschrift für eine Übergangszeit fortbestehen zu lassen, damit in dieser Zeit nicht ein Zustand besteht, der von der verfassungsmäßigen Ordnung noch weiter entfernt ist als der bisherige (vgl. BVerfGE 33, 303 ≪347≫; 61, 319 ≪356≫; 92, 53 ≪73≫; 111, 191 ≪224≫). Neben den Grundrechten (vgl. BVerfGE 83, 130 ≪154≫; 92, 158 ≪186≫) wird vor allem das Rechtsstaatsprinzip in der Ausprägung des Prinzips der Rechtssicherheit (vgl. BVerfGE 37, 217 ≪261≫; 73, 40 ≪101 f.≫) als ein Rechtsgut anerkannt, zu dessen Schutz die befristete Weitergeltung einer nicht verfassungskonformen Regelung gerechtfertigt und geboten sein kann. Dieses ist dann betroffen, wenn mit der Nichtigerklärung der angegriffenen Regelung ein rechtliches Vakuum aufträte und sowohl bei den Behörden als auch bei den Rechtsunterworfenen Unsicherheit über die Rechtslage entstünde (vgl. BVerfGE 37, 217 ≪261≫; 73, 40 ≪102≫; 92, 53 ≪74≫). Die Feststellung der Unvereinbarkeit einer Rechtslage mit dem Grundgesetz darf auch nicht dazu führen, dass der Verwaltung zeitweilig die Erfüllung verfassungsrechtlicher Pflichtaufgaben mangels hinreichender gesetzlicher Grundlage unmöglich gemacht wird (vgl. BVerfGE 83, 130 ≪152 ff.≫; auch 51, 268 ≪290 f.≫); dies gilt auch für die tatsächliche Wahrnehmung der ihr übertragenen Aufgaben.
b) Danach ist § 44b SGB II lediglich für mit der Verfassung unvereinbar zu erklären, um zu verhindern, dass durch die Nichtigerklärung der angegriffenen Regelung bei den betroffenen Behörden und Rechtsunterworfenen Unsicherheit über die Rechtslage besteht, und um eine wirkungsvolle, durch das Sozialstaatsprinzip gebotene Aufgabenwahrnehmung zu ermöglichen.
Die durch die Grundsicherung für Arbeitsuchende gewährten Leistungen decken weite Bereiche der Sozialleistungen des Staates ab. Bei einer Nichtigerklärung könnten die Aufgaben ab sofort nicht mehr einheitlich durch die nach § 44b SGB II gegründeten Arbeitsgemeinschaften wahrgenommen werden. Hiervon wären eine hohe Zahl von Leistungsempfängern und die Mitarbeiter in den Arbeitsgemeinschaften betroffen. Ohne eine hinreichende Übergangszeit ist es nicht möglich, eine geordnete Sozialverwaltung sicherzustellen.
Die weitere Anwendung der angegriffenen Norm ist bis zu einer gesetzlichen Neuregelung, längstens bis zum 31. Dezember 2010 zuzulassen. Dieser Zeitraum ist dem Gesetzgeber zur Schaffung einer Neuregelung im Rahmen der hier betroffenen besonders komplexen Regelungsmaterie zuzubilligen. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber mit den hier angegriffenen Regelungen, die Teil der Zusammenlegung der Arbeitslosenhilfe und der Sozialhilfe für Erwerbsfähige sind, ein Ziel verfolgt, das in der Wissenschaft ebenso wie im politischen Willensbildungsprozess von der weit überwiegenden Meinung als notwendig erachtet worden ist, dass zugleich aber die bisherige Zuordnung der getrennt wahrgenommenen jeweils bedeutenden Aufgabenkomplexe teils zum Bund, teils zur den Ländern zugehörigen Kommunalebene zur Erreichung dieses Ziels Umstellungen von ungewöhnlichem Ausmaß erfordert.
Mit der Zusammenlegung der Sozialleistungen der Sozial- und der Arbeitslosenhilfe hat sich der Gesetzgeber einer historisch einmaligen Aufgabe gestellt, die unterschiedliche Lösungen zulässt. Dies zeigt sich auch an den im Vorfeld des Gesetzgebungsverfahrens gemachten verschiedenartigen Vorschlägen aus Politik und Wissenschaft (vgl. Kommission zum Abbau der Arbeitslosigkeit und zur Umstrukturierung der Bundesanstalt für Arbeit, Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt, 2002, S. 67 ff., S. 125 ff.; zu den Vorschlägen im Gesetzgebungsverfahren vgl. oben A. I. 1.). Zum Zeitpunkt des Gesetzgebungsverfahrens, aus dem die hier angegriffenen Normen hervorgingen, sah sich der Gesetzgeber einem historisch gewachsenen Nebeneinander von kommunal verwalteter Sozialhilfe und gesamtstaatlich verwalteter Arbeitslosenhilfe gegenüber. Seit Jahrzehnten und lange vor Bestehen der Bundesrepublik hatte sich die getrennte Leistungsgewährung dieser Sozialleistungen entwickelt (vgl. Sachße/Tennstedt, Geschichte der Armenfürsorge in Deutschland, Band 2, 1988, S. 98 f., S. 146 f.). Diese historisch bedingte Aufteilung des Sachverstands auf den Gebieten der Fürsorge und der Arbeitsvermittlung auf die Kommunen als öffentliche Träger der Sozialhilfe nach dem Bundessozialhilfegesetz einerseits und die Bundesarbeitsverwaltung andererseits einer einheitlichen Aufgabenwahrnehmung zuzuführen, wird allgemein als sinnvoll und notwendig angesehen.
Namentlich die im Februar 2002 durch die Bundesregierung beauftragte Kommission zum Abbau der Arbeitslosigkeit und zur Umstrukturierung der Bundesanstalt für Arbeit schlug in ihrem Bericht „Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt” vom 16. August 2002 vor, Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe zusammenzuführen. Jeder, der Sozialleistungen beziehe, solle von einer einzigen Stelle betreut werden und eine einzige Leistung erhalten. Durch die Zusammenführung werde nach den Ausführungen der Kommission eine entscheidende Schwachstelle der bisherigen Systeme beseitigt, nämlich die aus den jeweiligen Eigeninteressen der Leistungsträger resultierenden „Verschiebebahnhöfe” bestimmter Zielgruppen (Kommission zum Abbau der Arbeitslosigkeit und zur Umstrukturierung der Bundesanstalt für Arbeit, Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt, 2002, S. 67 ff. und S. 125 ff.).
Dem Gesetzgeber muss für eine Neuregelung, die das Ziel einer Bündelung des Vollzugs der Grundsicherung für Arbeitsuchende verfolgt, ein der Größe der Umstrukturierungsaufgabe angemessener Zeitraum belassen werden. Dabei muss ihm die Möglichkeit gegeben werden, die Erfahrungen der einheitlichen Aufgabenwahrnehmung in den so genannten Optionskommunen des § 6a SGB II und die Ergebnisse der gemäß § 6c SGB II vorgesehenen Wirkungsforschung zu den Auswirkungen der Neuregelung des Sozialgesetzbuchs – Zweites Buch – zu berücksichtigen.
IV.
Die Verfassungsbeschwerden im Verfahren 2 BvR 2434/04 haben keinen Erfolg. Die Verfassungsbeschwerden im Verfahren 2 BvR 2433/04 sind begründet, soweit sie sich gegen § 44b SGB II wenden; soweit sie §§ 6 und 46 SGB II angreifen, sind sie unbegründet. Die erfolglose Beanstandung der Aufgabenzuweisung hatte wesentliches Gewicht im Vortrag der Beschwerdeführer. Der nur teilweise Erfolg lässt es gerechtfertigt erscheinen, dass den Beschwerdeführern in diesem Verfahren gemäß § 34a Abs. 2 BVerfGG die Hälfte ihrer notwendigen Auslagen erstattet wird.
Hassemer Broß Osterloh
Di Fabio Mellinghoff Lübbe-Wolff
Gerhardt Landau
Abweichende Meinung
des Richters Broß, der Richterin Osterloh und
des Richters Gerhardt
zum Urteil des Zweiten Senats vom 20. Dezember 2007
– 2 BvR 2433/04 –
– 2 BvR 2434/04 –
Der Entscheidung der Mehrheit des Senats können wir nicht folgen. § 44b SGB II begegnet im Rahmen einer verfassungskonformen Auslegung keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
Lassen der Wortlaut, die Entstehungsgeschichte, der Gesamtzusammenhang einer Regelung sowie deren Sinn und Zweck mehrere Deutungen zu, von denen eine zu einem verfassungsgemäßen Ergebnis führt, so ist allein diese zulässig und geboten (vgl. BVerfGE 69, 1 ≪55≫; 83, 201 ≪214 f.≫; 86, 288 ≪320 f.≫; 88, 145 ≪166≫; 95, 64 ≪81, 93≫).
Hiervon ausgehend ist Folgendes festzustellen:
1. § 44b SGB II ermöglicht, wie letztlich auch die Senatsmehrheit unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die einschlägige Rechtsprechung der zuständigen Fachgerichte (vgl. Umdruck S. 55) nicht bestreitet, eine Auslegung, nach der die Sachkompetenz bei dem jeweiligen Träger verbleibt und die Arbeitsgemeinschaft nur mit der Durchführung der Aufgaben betraut wird. Diese werden von den Arbeitsgemeinschaften lediglich aus Gründen der Optimierung der Verwaltungsabläufe wahrgenommen (so namentlich Rixen, in: Eicher/Spellbrink, SGB II, 1. Aufl. 2005, § 44b Rn. 7 und 19; ders., in: Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching, Beck'scher Online-Kommentar Sozialrecht, Stand: 1. September 2007, § 44b SGB II Rn. 6; Berlit, in: LPK-SGB II, 2. Aufl. 2007, § 44b Rn. 42; Weiß, in: Estelmann, Sozialgesetzbuch Zweites Buch, Stand: Dezember 2005, § 44b Rn. 1, 23; Hoehl, in: Schlegel/Voelzke, SGB II, 2005, § 44b Rn. 10; Quaas, SGb 2004, S. 723 ≪724 ff.≫; Breitkreuz, SGb 2005, S. 141 ≪144 f.≫; Kersten, ZfPR 2005, S. 130 ≪131, 136≫; Adolph, in: Linhart/Adolph, Sozialgesetzbuch II, Sozialgesetzbuch XII, Asylbewerberleistungsgesetz, Ordner I, Stand: April 2007, § 44b Rn. 1; vgl. auch BTDrucks 15/4709, S. 4). Die Aufgabe der Arbeitsgemeinschaft besteht danach allein in der einheitlichen Durchführung der Aufgaben der Träger der Leistungen. Die Arbeitsgemeinschaft wird dadurch nicht selbst zum Träger der Aufgaben; deren Erfüllung obliegt vielmehr weiterhin den nach § 6 SGB II zuständigen Agenturen für Arbeit und den kommunalen Trägern. Diese verlieren durch die Wahrnehmung der Aufgaben in der Arbeitsgemeinschaft auch nicht ihre Eigenständigkeit als Träger der jeweiligen Aufgabenzuständigkeit (vgl. näher Kersten, a.a.O., S. 130 ≪131≫).
Unterstrichen wird die fortbestehende Unabhängigkeit und Eigenständigkeit der Träger in der Arbeitsgemeinschaft unter anderem auch durch die Informationspflicht nach § 44b Abs. 4 SGB II (vgl. BTDrucks 15/4709, S. 4), nach der sich die Agentur für Arbeit und die kommunalen Träger alle Tatsachen mitteilen, von denen sie Kenntnis erhalten und die für die Leistungen des jeweils anderen Trägers erheblich sein können. Die Arbeitsgemeinschaften selbst erhalten danach keine Befugnis zur Erfüllung der den beiden Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende obliegenden Aufgaben. Vielmehr wird in ihnen nur die Kompetenz zur Wahrnehmung dieser Aufgaben gebündelt (so auch die eingangs erwähnte Rechtsprechung der Sozialgerichte: Bundessozialgericht, Urteil des 7b. Senats vom 7. November 2006 – B 7b AS 6/06 R –, FEVS 58, 347 ≪349≫; Urteil des 11b. Senats vom 23. November 2006 – B 11b AS 1/06 R –, FEVS 58, 353 ≪354 f.≫; Urteil des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 22. August 2006 – L 1 AS 4/06 –, JURIS Rn. 19; Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 30. Juni 2005 – L 8 AS 2374/05 ER – B –, FEVS 57, 40 f.; Beschluss des Sozialgerichts Leipzig vom 2. August 2006 – S 1 AS 411/05 ER –, JURIS Rn. 21; Beschluss des Sozialgerichts Hannover vom 25. Januar 2005 – S 5 AL 32/05 ER –, NVwZ 2005, S. 976).
Ebenso wenig steht die Ermächtigung der Arbeitsgemeinschaften zum Erlass von Verwaltungsakten und Widerspruchsbescheiden in § 44b Abs. 3 Satz 3 SGB II der vorgenannten Einordnung entgegen. Die Arbeitsgemeinschaft erhält insoweit lediglich die Befugnis, als Ausgangsbehörde mit Wirkung für den Leistungsträger, dessen Aufgabenzuständigkeit wahrgenommen wird, Einzelfallregelungen im Sinne des § 31 Satz 1 SGB X zu treffen und als Widerspruchsbehörde Widerspruchsbescheide zu erlassen (§§ 78 SGG ff. i.V.m. § 62 f. SGB X). Verantwortlich für die Entscheidungen bleiben stets die jeweils zuständigen Verwaltungsträger in der Arbeitsgemeinschaft, die der Arbeitsgemeinschaft auch im Einzelfall verbindlich eine Entscheidung vorgeben können (vgl. auch Rixen, in: Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching, a.a.O., § 44b SGB II Rn. 21).
Die den Landkreisen in Art. 28 Abs. 2 GG garantierte eigenverantwortliche Aufgabenwahrnehmung wird auch durch die Regelungen über eine einheitliche Entscheidung (§§ 44a ff. SGB II) nicht beeinträchtigt. Das Verfahren bei unterschiedlicher Bewertung der Erwerbsfähigkeit (§ 8 SGB II) und der Hilfebedürftigkeit des Arbeitsuchenden (§ 9 SGB II) führt zwar zu einer einheitlichen Entscheidung der Träger der Grundsicherung über die Anspruchsvoraussetzungen und unterwirft sie der Mehrheitsentscheidung der gemeinsamen Einigungsstelle (§ 45 Abs. 2 Satz 2 SGB II). Jedoch handelt die Verwaltung insoweit in voller Rechtsbindung. Die Einigung über die Anspruchsvoraussetzungen zwischen den Leistungsträgern stellt sich nicht als Verständigung mit Kompromisscharakter dar, sondern als Entscheidung zwischen rechtmäßigem und rechtswidrigem Verwaltungshandeln, über die letztlich die Sozialgerichte befinden. Somit nimmt nicht ein Träger der Grundsicherung unmittelbar Einfluss auf die Leistungsgewährung des anderen, vielmehr erleichtert das Einigungsverfahren es lediglich, die gesetzlich determinierte Entscheidung zu finden.
Auch die Vorschriften über die Aufsicht über die in den Arbeitsgemeinschaften tätigen Verwaltungsträger zwingen zu keiner anderen Beurteilung. Nach § 44b Abs. 3 Satz 4 SGB II führt die Aufsicht über die Arbeitsgemeinschaft die zuständige oberste Landesbehörde im Benehmen mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales. § 44b Abs. 3 Satz 4 SGB II betrifft jedoch nur die Aufsicht über die Arbeitsgemeinschaft als solche. Diese tritt neben die Aufsicht über die einzelnen Leistungsträger (vgl. Ehrhardt, in: Mergler/Zink, Sozialgesetzbuch II, Stand: Juli 2004, § 47 Rn. 4; Weiß, a.a.O., § 44b Rn. 54). Den jeweiligen Leistungsträgern verbleiben somit die Aufsicht und die Weisungsbefugnis für den jeweils von ihnen zu verantwortenden Bereich. Die Weisungsbefugnis besteht für den jeweiligen Verwaltungsträger grundsätzlich auch in den Fällen, in denen die Arbeitsgemeinschaften Verwaltungsakte oder Widerspruchsbescheide erlassen. Verantwortlich für diese Entscheidungen bleiben die jeweils zuständigen Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft, die der Arbeitsgemeinschaft auch im Einzelfall verbindlich eine Entscheidung vorgeben können. Die Möglichkeit verbindlicher Weisungen im Einzelfall folgt aus § 94 Abs. 4 SGB X in Verbindung mit § 88 Abs. 2 Satz 1, § 89 Abs. 5 SGB X (vgl. hierzu näher Breitkreuz, in: LPK-SGB X, 2. Aufl. 2007, § 94 Rn. 15). Damit ist – entgegen der Auffassung der Senatsmehrheit (vgl. Umdruck S. 64) – die Letztentscheidungskompetenz und Letztverantwortlichkeit der beteiligten Träger für den jeweils eigenen Aufgabenbereich gewahrt. Eine freiwillige Selbstbeschränkung im Einzelfall darf mit der Nichtwahrnehmung der eigenen Verantwortung nicht gleichgesetzt werden (so aber die Mehrheitsmeinung, vgl. Umdruck S. 65; s. dazu auch unten 3.). Vielmehr zeigt sich gerade in einer partiellen Zurückstellung eigener Vorstellungen und der darin zum Ausdruck kommenden Fähigkeit zum Kompromiss die Übernahme von Verantwortung für das Ganze.
Nach allem bestehen in jeder Hinsicht ausreichende Regelungen, die eine Zuordnung der Verantwortlichkeit zu dem jeweiligen Leistungsträger ermöglichen. Die Arbeitsgemeinschaft nimmt die Aufgaben der Leistungsträger nur im Sinne einer gebündelten Komplementärzuständigkeit wahr. Die einzelnen Träger bleiben Zurechnungssubjekte der ihnen gesetzlich zugewiesenen Aufgaben, ihre Finanzierungs- und Gewährleistungsverantwortung wird nicht tangiert, lediglich die Wahrnehmungszuständigkeit und Durchführungsverantwortung, nicht aber die sachliche Zuständigkeit geht auf die Arbeitsgemeinschaften über. Eine Einräumung von Mitwirkungsrechten in Kompetenzbereichen des jeweils anderen Trägers findet von vornherein nicht statt. Die Arbeitsgemeinschaften handeln, dem Tätigwerden z.B. einer bayerischen Verwaltungsgemeinschaft bei der Wahrnehmung von Aufgaben des eigenen Wirkungskreises ihrer Mitgliedsgemeinden (vgl. hierzu näher Lissack, Bayerisches Kommunalrecht, 2. Aufl. 2001, § 9 Rn. 11 m.w.N.) nicht unähnlich und den Antragstellern damit aus dem eigenen Rechtskreis durchaus vertraut, lediglich „als Büro” beider Träger. Sie sind nicht mehr und nicht weniger als der „Mantel”, in den die Leistungsträger gemeinsam schlüpfen, ohne sich dadurch ihrer Eigenständigkeit als Träger der jeweiligen Aufgabe zu entkleiden (so treffend Weiß, a.a.O., § 44b Rn. 23).
Mangels eigener Sachkompetenz der Arbeitsgemeinschaften kann entgegen der Senatsmehrheit von einer Abweichung vom Grundsatz eigenverantwortlicher Aufgabenwahrnehmung oder einer Verwischung von Verantwortlichkeiten – jedenfalls nach der vom Grundgesetz gebotenen und auch in Literatur (vgl. näher Rixen, in: Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching, a.a.O., § 44b SGB II Rn. 26; Weiß, a.a.O., § 44b Rn. 25; Quaas, a.a.O., S. 723 ≪724 ff.≫; Breitkreuz, a.a.O., S. 141 ≪144 f.≫; Kersten, a.a.O., S. 130 ≪136 f.≫) und Rechtsprechung (siehe nur Bundessozialgericht, Urteil des 7b. Senats vom 7. November 2006 – B 7b AS 6/06 R –, FEVS 58, 347 ≪349≫ sowie Urteil des 11b. Senats vom 23. November 2006 – B 11b AS 1/06 R –, FEVS 58, 353 ≪354 f.≫) überwiegend befürworteten verfassungskonformen Auslegung – keine Rede sein.
Die Senatsmehrheit verhält sich zur Frage einer verfassungskonformen Auslegung nicht. Mit den in Literatur und Rechtsprechung insoweit zahlreich vorgebrachten Argumenten (vgl. statt aller Kersten, a.a.O., S. 130 ≪136 f.≫; Breitkreuz, a.a.O., S. 141 ≪144 f.≫; Quaas, a.a.O., S. 723 ≪725 f.≫ jeweils m.w.N.) befasst sie sich nicht, sondern hält sie ohne weitere Begründung für „irrelevant” (vgl. näher Umdruck S. 55). Stattdessen erörtert die Senatsmehrheit einfachrechtliche Fragen unter anderem des Vollstreckungs- und des Datenschutzrechts (vgl. Umdruck S. 69 ff.), die vorrangig der Beantwortung durch die Fachgerichte vorbehalten sind (vgl. BVerfGE 18, 85 ≪92 f.≫; 99, 361 ≪366≫) und hier allenfalls dann erheblich wären, wenn feststünde, dass sie einer verfassungskonformen Lösung nicht zugänglich wären. Dafür allerdings bringt die Senatsmehrheit nichts vor.
Lässt sich, wie die Mehrheitsmeinung einräumt, nach alledem bestimmen, welcher der beiden Träger der Grundsicherung für die jeweilige Leistung zuständig sei (so ausdrücklich Umdruck S. 69), genügt dies für eine Zurechnung der Verwaltungsverantwortung (so zutreffend Weiß, a.a.O., § 44b Rn. 25). Das entzieht allen weiteren Überlegungen, namentlich solchen nicht ausreichend gewährleisteter Verantwortungszuordnung unter dem Gesichtspunkt des Demokratieprinzips (siehe Umdruck S. 52 und 69) die Grundlage.
2. Anders als die Mehrheit der Senatsmitglieder meint, muss § 44b Abs. 3 Satz 2 SGB II auch keine Verpflichtung der Kommunen entnommen werden, ihre Aufgaben auf die Arbeitsgemeinschaften zu übertragen. Die Gesetzesformulierung „sollen” postuliert kein zwingendes Gebot; sie bringt lediglich eine in rechtlicher Hinsicht nicht strikt verbindliche Erwartung des Normgebers zum Ausdruck (so im Ergebnis auch Münder, NJW 2004, S. 3209 ≪3213≫; Rixen, in: Eicher/Spellbrink, a.a.O., § 44b Rn. 21). Das Wort „sollen” ist vom Gesetzgeber bewusst gewählt worden, um eine ansonsten absehbare verfassungsrechtliche Konfliktlage mit der Selbstverwaltungsgarantie der Kommunen (Art. 28 Abs. 2 GG) zu vermeiden. Das Ob, der Zeitpunkt, der Umfang und die Dauer der Übertragung stehen deshalb im pflichtgemäßen Ermessen der kommunalen Träger (so zutreffend Berlit, a.a.O., § 44b Rn. 50). § 44b SGB II hätte jedenfalls im Wege verfassungskonformer Auslegung (siehe hierzu Berlit, a.a.O., § 44b Rn. 13 u. 50; Kersten, a.a.O., S. 130 ≪135≫ m.w.N.) unter der Maßgabe, dass die Kommunen zu einer Übertragung ihrer Aufgaben nicht verpflichtet sind, für mit dem Grundgesetz vereinbar erklärt werden müssen, sofern man die Verfassungsbeschwerden nicht bereits wegen Fehlens der Beschwerdebefugnis für unzulässig hält. Damit hätte sich dem Senat die – im Grunde unbeantwortet gebliebene – Frage nicht gestellt, in welchem Verhältnis die Gewährleistungen des Art. 28 Abs. 2 GG zu denen der Art. 83 ff. GG stehen und inwieweit letztere Prüfungsmaßstab in einem Verfahren der Kommunalverfassungsbeschwerde sein können. In den Ausführungen der Senatsmehrheit ist angelegt, dass die Kommunalverfassungsbeschwerde entgegen ihrer Intention zur abstrakten Normenkontrolle wird (vgl. hierzu näher Bethge, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, BVerfGG, § 91 Rn. 62 f. m.w.N.). Auch gerät die Auffassung der Senatsmehrheit in Widerspruch zu Art. 83 GG, der im zweigliedrigen Bundesstaat des Grundgesetzes (vgl. BVerfGE 13, 54 ≪77 f.≫) ausschließlich das Verhältnis von Bund und Ländern betrifft und bereits allein deshalb ungeeignet ist, das verfassungsrechtliche Bild der kommunalen Selbstverwaltung (siehe hierzu näher BVerfGE 1, 167 ≪181≫; 56, 298 ≪310≫; 71, 25 ≪37≫; 91, 228 ≪242≫) mitzubestimmen.
3. Die Senatsmehrheit fordert für das Zusammenwirken von Körperschaften des Bundes und der Länder mit dem Ziel, außerordentlich bedeutsame sozialstaatliche Leistungen aus einer Hand zu erbringen, eine rechtliche Durchnormierung, die unserer Ansicht nach verfassungsrechtlich nicht geboten, der vom Gesetzgeber zu lösenden Aufgabe unangemessen und der Weiterentwicklung eines lebendigen Föderalismus abträglich ist.
Die Senatsmehrheit entwickelt keine subsumtionsfähigen verfassungsrechtlichen Maßstäbe, an denen die Organisationsform der Arbeitsgemeinschaft, um die es hier ungeachtet aller Besonderheiten geht, gemessen werden könnte. Sie orientiert sich im Wesentlichen an einem Präjudiz zur geschäftsführenden Wahrnehmung von Bundesaufgaben durch eine bestimmte Landesbehörde (BVerfGE 63, 1), dessen Aussagen offensichtlich nicht ohne weiteres zur Beurteilung von Kooperationsformen wie Arbeitsgemeinschaften gemäß § 44b Abs. 2 SGB II herangezogen werden können. Insbesondere fehlt es an einer Maßstabsbildung für die Frage, inwiefern rein tatsächliche Risiken des Zusammenarbeitens verschiedener Träger öffentlicher Verwaltung in einer Arbeitsgemeinschaft für eine effektive und transparente Wahrnehmung der jeweiligen Verantwortlichkeiten verfassungsrechtlich bedeutsam sind. Die Senatsmehrheit lässt sich von vermeintlich drohenden Gefahren für eine rechtsstaatliche und demokratisch legitimierte Aufgabenwahrnehmung leiten, ohne sich auch nur ansatzweise mit der Leistungsfähigkeit der – namentlich von der Bundesagentur für Arbeit eingesetzten – neueren Steuerungsinstrumente zu befassen. Die Möglichkeiten demokratischer Legitimation moderner Verwaltungsstrukturen werden schlicht durch den Rückgriff auf das Bild der Legitimationskette ausgeblendet, was dem komplexen Konzept des hinreichenden Legitimationsniveaus (vgl. dazu Trute, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle ≪Hrsg.≫, Grundlagen des Verwaltungsrechts, 1. Aufl. 2006, Bd. 1, § 6 Rn. 14), das die Senatsmehrheit auch heranzieht (Umdruck S. 51 f.), nicht gerecht wird. Die Forderung nach detaillierter gesetzlicher Durchnormierung im Bereich der Verwaltungsorganisation führt nicht weiter und beruht auf der verfehlten Prämisse, die Träger der vollziehenden Gewalt seien angesichts praktischer Schwierigkeiten nicht in der Lage, die ihnen zugewiesenen Aufgaben in verfassungskonformer Weise zu erfüllen.
Wie die Senatsmehrheit bei der Erörterung des Rechtsfolgenausspruchs zutreffend darstellt, stand der Gesetzgeber bei der Hartz IV-Gesetzgebung vor der äußerst schwierigen Aufgabe, gewachsene Sozialsysteme im Interesse der Arbeitsuchenden zusammenzuführen. Er hat – auch, um ein von allen Seiten für notwendig erachtetes Reformwerk politisch realisieren zu können – verwaltungsorganisatorisch Neuland beschritten und dafür einen rechtlichen Rahmen festgelegt, der auf Ausfüllung durch die beteiligten Körperschaften angelegt ist. Das Gesetzgebungswerk ist, wie namentlich die Option kommunaler Trägerschaft belegt, darauf angelegt, Erfahrungen zu sammeln und diese zu gegebener Zeit in der gebotenen Weise zu berücksichtigen, was die Möglichkeit ergänzender Gesetzgebung einschließt. Die verfassungsgerichtliche Kontrolle darf diesen Aspekt nicht ausklammern. An der grundsätzlichen Zulässigkeit der Zusammenarbeit von Trägern öffentlicher Gewalt des Bundes mit solchen der Länder kann nicht gezweifelt werden. Vor diesem Hintergrund hat das Bundesverfassungsgericht zwar die bundesstaatlichen Grenzen einer solchen Zusammenarbeit aufzuzeigen. Das Gebot, die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers zu respektieren, steht aber der Verwerfung einer Regelung entgegen, die vordergründig fragmentarisch, in der Sache wegen des Fehlens belastbarer Entscheidungsgrundlagen und im Hinblick auf die plausible Erwartung angemessenen Zusammenwirkens der beteiligten Stellen hingegen zu Recht entwicklungsoffen formuliert und, soweit geboten, verfassungskonform auslegbar ist.
Die Zusammenlegung von Sozial- und Arbeitslosenhilfe ist wesentlicher Teil einer groß angelegten und allgemein befürworteten Reform, die naturgemäß nicht alle Fragen mit jener Akribie beantworten kann, die in anderen, etablierten Rechtsgebieten zum rechtsstaatlichen Maßstab geworden ist. Allein in dem Fehlen gesetzlicher Detailvorgaben für die verwaltungsorganisatorische Ausgestaltung der Arbeitsgemeinschaften gemäß § 44b SGB II als Regelverwaltungsform eine Verletzung der Selbstverwaltungsgarantie der an abweichenden Gestaltungen interessierten Landkreise zu sehen, läuft dem Anliegen des Verfassungsgesetzgebers zuwider, den Föderalismus zu stärken: Die Haltung der Senatsmehrheit hat absehbar zur Folge, dass die Bereitschaft der gesetzgebenden Körperschaften schwindet, neue Formen der Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern unter Inkaufnahme vorübergehender Unschärfen und Phasen des Experimentierens zu entwickeln.
Unterschriften
Broß, Osterloh, Gerhardt
Fundstellen
Haufe-Index 1979257 |
FamRZ 2008, 859 |
AuA 2008, 109 |
DVP 2008, 78 |
JA 2008, 317 |
JuS 2008, 367 |
KrV 2008, 29 |
NDV-RD 2008, 3 |
BayVBl. 2008, 201 |
GV/RP 2008, 118 |
KommJur 2008, 53 |
KommJur 2008, 67 |
RÜ 2008, 112 |
BGBl. I 2008, 27 |