LSF Sachsen v. 22.12.2014, S 2248 - 19/8 - 212
Vergütungen, die ein Steuerpflichtiger für seine Tätigkeit als Aufsichtsrat erhält, stellen grundsätzlich Einkünfte aus selbständiger Arbeit gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG dar.
1. Umqualifizierung der Einkünfte
In Fällen, in denen die Aufsichtsratstätigkeit in einem engen sachlichen Zusammenhang mit einer nichtselbständig ausgeübten Hauptbeschäftigung steht, kann die ertragsteuerliche Würdigung vom o.g. Grundsatz abweichen:
a) Übernahme auf Veranlassung des Arbeitgebers
Nimmt ein Steuerpflichtiger die Tätigkeit in einem Aufsichtsrat auf Verlangen, Vorschlag oder Veranlassung seines Arbeitgebers wahr, so wird es nach einem Beschluss der Finanzministerkonferenz nicht beanstandet, die erhaltene Vergütung als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 EStG) anzusehen.
Es besteht insoweit für den Arbeitgeber keine Pflicht zum Einbehalt von Lohnsteuer, vielmehr hat der Steuerpflichtige die Vergütung eigenständig in seiner Einkommensteuererklärung anzugeben.
b) Übernahme kraft Amt
Ist mit dem Antritt eines Hauptamtes unmittelbar die Übernahme eines Aufsichtsratspostens verbunden (Übernahme kraft Amt bzw. Funktion), so liegen insoweit Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit vor. Dies betrifft insbesondere Bedienstete im öffentlich-rechtlichen Bereich (z.B. Minister, Bürgermeister, Landräte). Als Arbeitslohn von Dritter Seite unterliegt die Vergütung gemäß § 38 Abs. 1 Satz 3 EStG grundsätzlich dem Lohnsteuerabzug, da sie dem Arbeitgeber/Dienstherren bekannt ist bzw. er diese kennen kann. Neben der Anzeigepflicht des Arbeitnehmers gemäß § 38 Abs. 4 Satz 3 EStG liegt in diesen Fällen auch regelmäßig eine Abführungspflicht (vgl. Tz. 2) vor.
2. Abführung der Vergütung an den Arbeitgeber
Aufgrund gesetzlicher oder vertraglicher Regelungen (Beamtenrecht, Tarifvertragsrecht) müssen bestimmte Personen, die nebenberuflich als Aufsichtsrat tätig sind, die erhaltene Vergütung ganz oder teilweise an ihren Arbeitgeber abführen.
Dabei ist die Vergütung auch im Falle einer sofortigen Abtretung, d.h. bei unmittelbarer Zahlung vom Unternehmen, dessen Aufsichtsrat der Steuerpflichtige ist, an den Arbeitgeber/Dienstherren, dem Steuerpflichtigen zunächst als Einnahme zuzurechnen (BFH-Urteil vom 1.10.1993, III R 32/92, BStBl 1994 II S. 179).
Die Abführung an den Arbeitgeber führt zu negativen Betriebseinnahmen bzw. negativem Arbeitslohn.
3. Weitere Anwendungsfälle
Die o.g. Grundsätze sind entsprechend anzuwenden, wenn ein Steuerpflichtiger nebenberuflich in einem Verwaltungsrat oder einem vergleichbaren Kontrollorgan tätig wird.
Normenkette
EStG § 18 Abs. 1 Nr. 3
EStG § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1