Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Steuerermäßigung für eine in drei Raten, über zwei Veranlagungszeiträume ausgezahlte Abfindung. Grundsatz von Treu und Glauben bei gegenüber der Lohnsteueraußenprüfung des Betriebs-FA abweichender steuerrechtlicher Beurteilung einer Abfindung als außerordentliche Einkünfte durch das die Einkommensteuerveranlagung durchführende FA. Einkommensteuer 1995 und 1996
Leitsatz (amtlich)
1. Eine für das Ausscheiden aus einem Dienstverhältnis gezahlte Abfindung ist wegen fehlender Zusammenballung nicht nach § 34 Abs. 1 EStG ermäßigt zu besteuern, wenn sie in drei Raten, auf zwei Veranlagungszeiträume verteilt ausgezahlt wird.
2. Hat das Betriebs-FA im Rahmen der Lohnsteueraußenprüfung die ermäßigte Besteuerung der Abfindungszahlungen beim Lohnsteuerabzug gebilligt, kann der Arbeitnehmer im Einkommensteuerveranlagungsverfahren hierauf nicht vertrauen.
Normenkette
EStG § 24 Nr. 1 Buchst. a, § 34 Abs. 1-2; BGB § 242
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens werden den Klägern auferlegt.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob bei Zahlung einer Abfindung in drei Raten, verteilt auf zwei Veranlagungszeiträume, außerordentliche Einkünfte im Sinne des § 34 Abs. 1 und Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) vorliegen.
Der Kläger (Kl) war Gesellschafter-Geschäftsführer der … GmbH mit Sitz in … (im Folgenden: GmbH). Weitere Gesellschafterin der GmbH war die … ebenfalls mit Sitz in …. Aufgrund des Geschäftsführer-Anstellungsvertrags vom 19. Juni 1990, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, bezog der Kl zum einen ein festes Jahresgehalt in Höhe von DM 280.000 welches in zwölf gleichen monatlichen Raten zum Ende eines Monats auszuzahlen war und zum anderen eine Tantieme in Höhe von 20 % des körperschaftsteuerpflichtigen Einkommens der GmbH, erhöht um die Summe der berücksichtigten Abschreibungen. Das Festgehalt sollte zudem ab 1. Januar 1992 jährlich an die Entwicklung des Tarifvertrags VMI/IGM angepasst werden. Nach § 2 gilt der Vertrag zunächst bis zum 31. Dezember 1994. Danach verlängerte sich das Vertragsverhältnis um jeweils weitere zwei Jahre, wenn es nicht zwölf Monate vor Vertragsablauf gekündigt wurde.
Am 10. Oktober 1995 wurde zwischen der GmbH und dem Kl bezüglich des Geschäftsführer-Anstellungsvertrag ein Aufhebungsvertrag geschlossen. Das Anstellungsverhältnis des Kl als Geschäftsführer wurde danach mit Wirkung vom 30. September 1995 beendet. Gleichzeitig wurde vom Kl das Amt als Organgeschäftsführer niedergelegt. Die Aufhebungsvereinbarung vom 10. Oktober 1995 auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, enthielt unter der Ziffer (2) folgende Abfindungsregelung:
„Die Gesellschaft verpflichtet sich, an den Geschäftsführer als Abfindung für die Aufgabe seiner Tätigkeit bei der Gesellschaft einen Betrag in Höhe von
DM 2.700.000,00
(Deutsche Mark: zwei Millionen siebenhunderttausend)
zu bezahlen.
Der Abfindungsbetrag ist in 3 Raten wie folgt zur Zahlung fällig:
- DM 900.000,00 bis 01.12.1995,
- DM 900.000,00 bis 01.03.1996,
- DM 900.000,00 bis 30.06.1996.
Der jeweils offene Restbetrag ist ab 01.12.1995 mit 5 % p.a. zu verzinsen. Zinsen werden zum 30.06.1996 fällig.”
Nach Ziffer (3) der vorgenannten Aufhebungsvereinbarung sollte mit der zum 1. Dezember 1995 fällig werdenden ersten Abfindungsrate der Kaufpreis wegen der Übernahme von zwei Fahrzeugen durch den Kl verrechnet werden.
In den dem Beklagten (Bekl) am 28. Februar 1997 vorgelegten gemeinsamen Einkommensteuer (ESt)-Erklärungen machten die Kl im Hinblick auf diese Abfindungsvereinbarung nach § 34 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2 EStG ermäßigt zu besteuernde Entschädigungszahlungen geltend für 1995 in Höhe von DM 876.000 und für 1996 in Höhe von DM 1.800.000.
Nach Anhörung (Schriftsatz des Bekl vom 9. Dezember 1997 und Antwortschreiben des steuerlichen Beraters der Kl vom 7. Januar 1998) lehnte der Bekl in den ESt-Bescheiden 1995 und 1996 jeweils vom 29. Januar 1998 die Berücksichtigung der geltendgemachten Tarifbegünstigung nach § 34 EStG ab.
Hiergegen legten die Kl form- und fristgerecht Einspruch ein. Diesen begründeten sie im wesentlichen damit, die von der GmbH beim Lohnsteuerabzug vorgenommene Tarifbegünstigung auf die Abfindungszahlungen seien bei einer Lohnsteuer (LSt)-Prüfung des Betriebsfinanzamts am 19. März 1996 überprüft und nicht beanstandet worden. Eine nachträglich andere Beurteilung als bei der LSt-Prüfung verstoße gegen Treu und Glauben. Zudem lasse Abschnitt 199 EStR die Verteilung einer Entschädigungszahlung auf zwei Veranlagungszeiträume zu, wenn die Entschädigung sich bei normalem Ablauf auf mehrere Jahre verteilte und nur wegen ihrer ungewöhnlichen Höhe und der besonderen Verhältnisse des Zahlungspflichtigen auf zwei Jahre verteilt würde, im Übrigen aber einer Auszahlung in einem Betrag vorgesehen gewesen sei. Diese Voraussetzungen lägen im Fall des Kl vor, da die Höhe der Entschädigung einem Gehaltszeitraum von ca. fünf bis sechs Kalenderjahren, entsprochen habe. Aufgr...