Rz. 17

Nach dem Wortlaut des Gesetzes darf die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer von 8 Stunden innerhalb des Ausgleichszeitraums von 6 Kalendermonaten bzw. 24 Wochen im Durchschnitt nicht überschritten werden. Weitere Vorgaben im Hinblick darauf, wie dieser Durchschnittswert erreicht wird, enthält das Gesetz nicht.

Umstritten ist gleichwohl, ob der Ausgleich der längeren Arbeitszeit immer nur im Nachhinein erfolgen darf[1] oder ob ein Ausgleich auch dadurch erfolgen darf, dass die Tage mit kürzerer Arbeitszeit am Anfang des Ausgleichszeitraums liegen.[2] Zwar ist der erstgenannten Auffassung insoweit zuzustimmen, als noch die Gesetzesbegründung[3] davon spricht, der Ausgleich müsse innerhalb der folgenden 6 Kalendermonate bzw. 24 Wochen erfolgen. Jedoch findet sich diese Begründung in der Fassung des Gesetzes nicht wieder und es spricht viel dafür, dass der Gesetzgeber letztlich bewusst davon abgesehen hat, irgendwelche Vorgaben für das Erreichen des Durchschnittswertes aufzunehmen; zumal das neue ArbZG explizit die Rahmenbedingungen für flexible Arbeitszeit verbessern sollte.[4] Für die Wahl des Ausgleichszeitraums ist es also ohne Bedeutung, ob die Tage mit längerer oder kürzerer Arbeitszeit am Anfang, am Ende oder in der Mitte des Ausgleichszeitraums liegen; im einen Fall wird vor-, im anderen wird nachgearbeitet.[5]

 
Praxis-Beispiel

Nach Erasmy, NZA 1994, 1105

Arbeitgeber A entschließt sich (unter Beachtung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats), die Arbeitszeit über 2 Ausgleichszeiträume hinweg wie folgt zu verteilen:

Im ersten Ausgleichszeitraum von 6 Monaten soll in den ersten 6 Wochen gar nicht und danach 20 Wochen lang 60 Stunden in der Woche gearbeitet werden. In dem sich direkt anschließenden zweiten Ausgleichszeitraum von wiederum 6 Monaten soll umgekehrt verfahren werden, d. h. in den ersten 20 Wochen wird bis zur höchstzulässigen Grenze gearbeitet, danach wiederum nicht.

Nach der hier vertretenen Auffassung ist eine solche Arbeitsverteilung zulässig.

 

Rz. 18

Der Ausgleich ist ordnungsgemäß durchgeführt, wenn die Summe der vom einzelnen Arbeitnehmer im Ausgleichszeitraum tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden die Summe der in diesem Zeitraum zulässigen Arbeitsstunden nicht überschreitet.[6] Da die zulässige Gesamtarbeitszeit im Durchschnitt 8 Stunden pro Werktag beträgt, kann sie bei einem Ausgleichszeitraum von 24 Wochen maximal 1152 Stunden umfassen (6 Werktage x 8 Stunden x 24 Wochen = 1152 Stunden). Bei einem Ausgleichszeitraum von 6 Kalendermonaten ist die Zahl der in diesen Zeitraum fallenden Werktage zu ermitteln und diese dann dementsprechend mit 8 Stunden zu multiplizieren.[7]Sonn- und Feiertagsarbeit im Umfang der geleisteten Arbeit ist in die Höchstarbeitszeiten einzurechnen (gemäß § 11 Abs. 2 ArbZG gilt § 3 ArbZG entsprechend).[8]

 

Rz. 19

Umstritten ist, ob Urlaubs- und Krankheitstage sowie Tage sonstiger Arbeitsbefreiung als Ausgleichstage in Betracht kommen dergestalt, als diese Tage mit Null angesetzt werden.[9] Zwar spricht für diese Auffassung, dass die Ausgleichsregelung dazu dient, die höhere Beanspruchung eines Arbeitnehmers auszugleichen, und dies zumindest bei Urlaubstagen, die ja die Erholung des Arbeitnehmers bezwecken, durchaus gegeben ist. Gleichwohl ist diese Auffassung abzulehnen, weil das ArbZG richtlinienkonform auszulegen ist und der Wortlaut des Art. 16b der EG-Arbeitszeitrichtlinie[10] ausdrücklich besagt, dass Zeiten des bezahlten Jahresurlaubs[11] sowie Krankheitszeiten bei der Berechnung des Durchschnitts unberücksichtigt bleiben oder neutral sind (LAG Brandenburg, Urteil v. 27.5.2005, 5 Sa 141/04[12]).

Danach dürfen sich Urlaubs- und Krankheitszeiten bei der Durchschnittsberechnung nicht auswirken. Dies kann in der Weise erreicht werden, dass diese Tage mit einer fiktiven Arbeitszeit von 8 Stunden bzw. bei Teilzeit mit entsprechend weniger Stunden gemäß der für den Arbeitnehmer geltenden Arbeitsverteilung angesetzt werden, um sie zu neutralisieren. Diese Zeiten können aber auch als mögliche Ausgleichstage abgezogen werden, mit der Folge, dass sich der Ausgleichszeitraum um einen entsprechenden Zeitraum verlängert. Dem Arbeitgeber steht hierbei ein Wahlrecht für die Durchschnittsberechnung zu (LAG Brandenburg, Urteil v. 27.5.2005, 5 Sa 141/04[13]).

 

Rz. 20

Nach Sinn und Zweck des Zeitausgleichs können jedoch solche Tage als Ausgleichstage berücksichtigt werden, die aus Zeiten eines Sonderurlaubs, eines unberechtigten Fernbleibens oder sonstiger Arbeitsbefreiungen aus persönlichen Gründen des Arbeitnehmers resultieren.[14]

 

Rz. 21

Feiertage sind keine Werktage, sodass sie auch nicht als Ausgleichstage herangezogen werden können (LAG Brandenburg, Urteil v. 27.5.2005, 5 Sa 141/04[15]).

[1] So etwa Buschmann/Ulber, ArbZG, 8. Aufl. 2015, § 3 ArbZG, Rz. 18.
[2] Erasmy, NZA 1994, 1105; Zmarzlik, DB 1994, 1082; ErfK/Roloff, 23. Aufl. 2023, § 3 ArbZG, Rz. 5.
[3] BT-Drucks. 12/5888 S. 24.
[4] ErfK/Roloff, 23. Aufl. 2023, § 3 ArbZG, Rz. 5.
[5] Zmarzlik, DB 1994, 1082.
[6] Baeck/D...

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