Das Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag (SBGG), das am 1.11.2024 in Kraft getreten ist, ermöglicht es in § 2 SBGG volljährigen Menschen durch eine Erklärung gegenüber dem Standesamt, die Änderung ihres Geschlechtseintrags und die Änderung ihrer Vornamen zu bewirken. Die gewünschte Änderung muss drei Monate vor der Erklärung gegenüber dem Standesamt angemeldet werden.
Durch dieses Gesetz entstehen auch an zwei Stellen arbeitsrechtliche Berührungspunkte.
4.1 Anpassung von Arbeitsverträgen, Zeugnissen und anderen Leistungsnachweisen
Nach § 10 Abs. 2 SBGG kann die Person u.a. verlangen, dass Zeugnisse und andere Leistungsnachweise und damit vergleichbare Dokumente sowie Ausbildungs- und Dienstverträge, soweit diese Angaben zum Geschlecht oder zu den Vornamen enthalten und zur Aushändigung an die Person bestimmt sind, mit dem geänderten Geschlechtseintrag und den geänderten Vornamen neu ausgestellt werden, soweit ein berechtigtes Interesse glaubhaft gemacht werden kann.
Die Regelung dürfte vor allem Arbeitszeugnisse betreffen, die der Arbeitgeber dann neu und entsprechend geändert ausstellen muss. Dabei sind Rückschlüsse auf eine Neuausstellung des Zeugnisses zu vermeiden, soweit das möglich ist. Da der Anspruch erst mit der Änderung des Geschlechtseintrags entsteht, kann er auch für erheblich zurückliegende Zeiträume und dort erstellte Dokumente geltend gemacht werden. Das kann aber dazu führen, dass ein Zeugnis nunmehr nicht mehr vom mittlerweile ausgeschiedenen Vorgesetzten oder Vertreter des Arbeitgebers unterschrieben werden kann. Dann müssen die entsprechenden Personen hinnehmen, dass nunmehr eine andere Person unterschreibt.
Ist der Betrieb zwischenzeitlich durch einen Betriebsübergang auf einen anderen Arbeitgeber übergegangen, richtet sich der Anspruch nach § 10 Abs. 3 Nr. 1 SBGG gegen den früheren Arbeitgeber als Aussteller des Zeugnisses.
Es muss vonseiten der Person an der Änderung ein berechtigtes Interesse bestehen. Das kann für Zeugnisse in der Regel nicht abgestritten werden. Für die Änderung des Arbeitsvertrags dürfte es aber insbesondere für weit zurückliegende Arbeitsverhältnisse fehlen. Der Arbeitgeber sollte den Wunsch nach einer Änderung nicht leichtfertig ablehnen: Das kann ihm als geschlechtsbezogene Diskriminierung ausgelegt werden.
4.2 Quotenregelungen
Eine weitere Folge ergibt sich aus § 7 SBGG im Hinblick auf Quotenregelungen.
Ist für die Besetzung von Gremien oder Organen durch Gesetz eine Mindestanzahl oder ein Mindestanteil an Mitgliedern weiblichen und männlichen Geschlechts vorgesehen, so ist das im Personenstandsregister eingetragene Geschlecht der Mitglieder zum Zeitpunkt der Besetzung maßgeblich.
Eine nach der Besetzung erfolgte Änderung des Geschlechtseintrags eines Mitglieds im Personenstandsregister ist bei der nächsten Besetzung eines Mitglieds zu berücksichtigen.
Die arbeitsrechtliche Relevanz besteht bei der Besetzung des Betriebsrats bzw. Personalrats im Hinblick auf die für das Minderheitsgeschlecht nach § 15 Abs. 2 BetrVG bzw. der entsprechenden Vorschriften in den Personalvertretungsgesetzen garantierten Sitze im Betriebsrat/Personalrat. Hier bleibt es zunächst bei der Besetzung des Betriebsrats/Personalrats nach dem Wahlergebnis.
Wenn allerdings nach § 25 Abs. 2 BetrVG Ersatzmitglieder nachrücken – und sei es nur vorübergehend –, ist das geänderte Geschlecht des Betriebsratsmitglieds zu berücksichtigen. Geschieht das nicht, können die Beschlüsse des Betriebsrats deswegen unwirksam sein, denn nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts führt alleine die unterbliebene Einladung eines einzelnen stimmberechtigten (Ersatz-)Mitglieds zur Unwirksamkeit des Betriebsratsbeschlusses. Das gilt aber nur, wenn das entsprechende Betriebsratsmitglied die Änderung des Geschlechtseintrags dem Vorsitzenden mitgeteilt hat.