Im Arbeitsvertrag des Arbeitnehmers war vereinbart:
"Der Mitarbeiter kann darüber hinaus eine erfolgsabhängige variable Vergütung ("Tantieme") erzielen. Die jährliche Tantieme beträgt maximal 180.000 EUR brutto … Die Festlegung einer Tantieme und deren Höhe hängen von dem Erreichen von Zielen ab, deren drei wesentliche Kriterien jedes Jahr, erstmals zum Ende der Probezeit, zwischen dem Mitarbeiter und der Gesellschaft vereinbart werden. Sollten die drei Kriterien nicht zwischen dem Mitarbeiter und der Gesellschaft vereinbart werden, werden diese seitens der Gesellschaft nach billigem Ermessen vorgegeben. Ein Rechtsanspruch auf eine Tantieme besteht nicht. Wird dem Mitarbeiter eine Tantieme gewährt, erfolgt dies freiwillig mit der Maßgabe, dass auch durch eine wiederholte Zahlung kein Rechtsanspruch, weder dem Grunde noch der Höhe nach, weder für die Vergangenheit noch die Zukunft, begründet wird."
Ab Juni 2020 kam es zu Unstimmigkeiten zwischen den Parteien. Die Geschäftsführerin der Arbeitgeberin bat zunächst den Arbeitnehmer unter Fristsetzung, einen Vorschlag zu einer Zielvereinbarung zu unterbreiten. Es kam dann zwar zur Übermittlung eines Vorschlags durch den Arbeitnehmer, diesen lehnte die Arbeitgeberin jedoch ab. Im Ergebnis kam es zu keiner Zielvereinbarung. Daraufhin hat die Arbeitgeberin die Ziele einseitig festgesetzt. Nach Ablauf der Zielvereinbarungsperiode kam es nicht zur Auszahlung einer Tantieme, da die von der Arbeitgeberin festgelegten Ziele vom Arbeitnehmer nicht erreicht worden waren.
Der Arbeitnehmer machte Schadensersatz gegen den Arbeitgeber geltend mit der Begründung, er habe es unterlassen, Zielvereinbarungsverhandlungen anzustoßen. Bei einem rechtzeitigen Abschluss einer Zielvereinbarung hätte er eine Tantieme i. H. v. 97.000 EUR brutto erzielen können. Insbesondere sei die Arbeitgeberin nicht berechtigt gewesen, die Ziele einseitig vorzugeben.
Das BAG hat entschieden, dass der Arbeitgeber die vertraglich gegenüber dem Arbeitnehmer übernommene Pflicht, mit ihm Ziele zu vereinbaren, nur dann erfüllt, wenn er tatsächlich mit ihm Verhandlungen über den Abschluss einer Zielvereinbarung führt und es dem Arbeitnehmer ermöglicht, auf die Festlegung der Ziele Einfluss zu nehmen. Dabei muss der Arbeitgeber bereit sein, mit dem Arbeitnehmer gemeinsam die Ziele auszuhandeln und dazu muss er wiederum die von ihm vorgeschlagenen Ziele ernsthaft zur Disposition stellen. Ist das nicht der Fall und kommt dadurch eine Zielvereinbarung nicht zustande, muss der Arbeitgeber nachweisen, dass seine Verhandlungsweise gleichwohl diesen Anforderungen genügt hat.
Gelingt ihm das nicht, liegt ein schuldhafter Verstoß des Arbeitgebers gegen diese arbeitsvertragliche Verpflichtung vor. Das führt dazu, dass sich der Arbeitgeber gegenüber dem Arbeitnehmer schadensersatzpflichtig macht, weil er es zu vertreten hat, dass eine Zielvereinbarung nicht zustande gekommen ist. In diesem Fall hat der Arbeitgeber auch nicht das Recht, ersatzweise die Ziele nach billigem Ermessen festzusetzen. Ein solches Recht kann er sich grundsätzlich zwar vorbehalten, aber nicht dann, wenn gerade durch sein Verschulden eine Zielvereinbarung nicht zustande gekommen ist.
Arbeitgebern ist daher zu raten, von vornherein mit dem Arbeitnehmer zu vereinbaren, dass die Ziele vom Arbeitgeber nach billigem Ermessen festgesetzt werden. Das ist auch weiterhin zulässig. Von einer Vereinbarung mit dem Inhalt, dass die Ziele zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbart werden müssen ist abzuraten, weil der Arbeitgeber sich im Fall des Scheiterns einer entsprechenden Vereinbarung schadensersatzpflichtig machen kann.