Entscheidungsstichwort (Thema)
Außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Leiter des Jugendamtes eines Landkreises wegen sexistischer, frauenverachtender Äußerungen
Normenkette
BGB § 626 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Krefeld (Entscheidung vom 09.05.2011; Aktenzeichen 4 Ca 186/11) |
Tenor
1)
Auf die Berufung des beklagten Kreises wird das Teilurteil des Arbeitsgerichts Krefeld vom 09.05.2011 - 4 Ca 186/11 - teilweise abgeändert und wie folgt formuliert:
Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht mit dem 18.01.2011 beendet worden ist.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2)
Die weitergehende Berufung des beklagten Kreises wird zurückgewiesen.
3)
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
4)
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Frage, ob ihr Arbeitsverhältnis durch vom Beklagten erklärte Anfechtungen und Kündigungen rechtswirksam beendet worden ist.
Der am 30.11.1965 geborene ledige Kläger ist auf der Grundlage eines Arbeitsvertrages vom 14.05.2009 ab dem 01.07.2009 als Leiter des Jugendamtes für den Bereich des Landkreises Viersen beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden u.a. die Bestimmungen des "Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst" (TVöD) für den Dienstleistungsbereich Verwaltung (TVöD-V) und das Kündigungsschutzgesetz Anwendung. Die Bruttomonatsvergütung des Klägers betrug zuletzt 5.481,43 €.
Vor seiner Tätigkeit für den beklagten Kreis war der Kläger vom 01.01.1993 bis zum 31.10.2006 als Stadtjugendpfleger der Stadt Erkelenz tätig. Vom 01.11.2006 bis zum 30.06.2009 bekleidete er die Position eines stellvertretenden Jugendamtsleiters bei der Stadt Mönchengladbach.
Im Jahre 1990 gründete der Kläger den Verein "Jugend Aktuell e.V." in W., dessen Vorsitzender er auch ist. Der Verein "Jugend Aktuell e.V." organisierte in der Vergangenheit mehrere Großveranstaltungen für Jugendliche. Hierzu gehörten Diskoabende z.B. in der Viersener Festhalle, Bade-Diskos und Halloween-Partys, die im Vitusbad in Mönchengladbach stattfanden. Die auf diesen Veranstaltungen gemachten Fotos wurden zu einem großen Teil auf der Homepage des Vereines veröffentlicht. Wegen der Fotos wird im Übrigen auf den Anlagenband Teil 1 und 2 zu den Gerichtsakten Bezug genommen.
Im Mai 2008 führte der Verein "Jugend Aktuell e.V." eine Fahrt für Jugendliche nach Prag durch. An dieser Fahrt nahm auch der Kläger als Betreuer teil. Der Verein veröffentlichte nach Abschluss der Fahrt ca. 300 Fotoaufnahmen auf seiner Homepage. Auch insoweit wird auf den Anlagenband Teil 1 und Teil 2 und insbesondere auf Bl. 135 - 142 d.A. verwiesen.
Mit Schreiben vom 07.01.2011 (Bl. 20 d.A.) erteilte der Beklagte dem Kläger ab sofort Hausverbot und Urlaub ab der 2. Kalenderwoche. Mit einem weiteren Schreiben vom 10.01.2011 hörte er ihn zu einer beabsichtigten außerordentlichen und hilfsweise ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses an. Er erklärte überdies mit Schreiben vom 18.01.2011 die Anfechtung des Arbeitsvertrages wegen des Fehlens charakterlicher und fachlicher Eignung (vgl. hierzu Bl. 14 - 19 d.A.).
Bereits am 17.01.2010 hatte der Beklagte den bei ihm bestehenden Personalrat zu einer beabsichtigten außerordentlichen und hilfsweise ordentlichen Kündigung des Klägers angehört und hierbei dem Kläger u.a. geschlechtsdiskriminierende und sexistische Äußerungen vorgeworfen. Der Personalrat stimmte der beabsichtigten ordentlichen Kündigung am 19.01.2011 ausdrücklich zu und gab zur außerordentlichen Kündigung keine Stellungnahme ab (vgl. hierzu Bl. 178 d.A.).
Mit Schreiben vom 19.01.2011 kündigte der Beklagte das mit dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos aus wichtigem Grund. Es folgten weitere Kündigungen vom 24.01.2011, 03.02.2011 und 24.02.2011 nach jeweils erfolgten vorherigen Beteiligungen des Personalrats (vgl. hierzu Bl. 126 ff. d.A.).
Unter dem 31.01.2011 erklärte der Beklagte darüber hinaus erneut die Anfechtung des Arbeitsvertrages der Parteien und berief sich hierbei vor allem auf eine vermeintliche Pädophilie des Klägers.
Der Kläger hat mit seiner am 26.11.2011 beim Arbeitsgericht Krefeld anhängig gemachter und später mehrmals erweiterter Klage die Rechtsunwirksamkeit aller Kündigungen und der Anfechtungserklärungen des Beklagten geltend gemacht.
Er hat die Auffassung vertreten, dass weder Gründe vorlägen, die die streitbefangenen Kündigungen rechtfertigten, noch Tatsachen gegeben seien, die die Anfechtung seines Anstellungsvertrags begründen könnten. Der Kläger hat darüber hinaus gemeint, dass ihm ein Festhalten am Arbeitsverhältnis wegen des Verhaltens des Beklagten und der von ihm veröffentlichten unzutreffenden Vorwürfe nicht zumutbar wären und deshalb das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe von 40.000,00 € aufzulösen sei.
Der Kläger hat beantragt,