Entscheidungsstichwort (Thema)
Außerdienstlicher versuchter schwerer Diebstahl eines Arbeiters des öffentlichen Dienstes mittels Werkzeug seines öffentlichen Arbeitgebers als wichtiger Grund für eine arbeitgeberseitige außerordentliche fristlose Beendigungskündigung
Leitsatz (amtlich)
Hat ein im öffentlichen Dienst beschäftigter Arbeiter einen versuchten Zigarettenautomatenaufbruch zwar nicht bei seinem öffentlichen Arbeitgeber, sondern außerhalb des Bereichs seines öffentlichen Arbeitgebers begangen, aber hierbei ebenfalls vorsätzlich Werkzeug seines öffentlichen Arbeitgebers – nämlich eine Metallsäge, einen Bolzenschneider sowie ein Brecheisen –, dessen Mitnahme ihm seitens seiner Vorgesetzten nur aufgrund seiner Angabe, er benötige das vorstehende Werkzeug ausschließlich für rein private Zwecke, gestattet worden war, eingesetzt, so gibt dieser versuchte Diebstahl in einem schweren Fall gemäß § 243 Abs. 1 Nr. 2 StGB seitens dieses Arbeiters in der Regel einen wichtigen Grund im Sinne der §§ 626 Abs. 1 BGB, 53 Abs. 1 BMT-GII für eine arbeitgeberseitige außerordentliche fristlose Beendigungskündigung gegenüber diesem Arbeiter ab.
Normenkette
BGB § 626; BMT-G 2 § 53
Verfahrensgang
ArbG Detmold (Entscheidung vom 11.07.2000; Aktenzeichen 2 Ca 360/00) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Detmold vom 11.07.2000 – 2 Ca 360/2000 – abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten erster sowie zweiter Instanz des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien haben sich in beiden Instanzen ihres hier vorliegenden Rechtsstreits nur darüber gestritten, ob ihr bisheriges Arbeitsverhältnis durch die außerordentliche fristlose Kündigung der Beklagten gegenüber dem Kläger mit Schreiben vom 02.03.2000 rechtswirksam beendet worden ist. Dabei hat die Beklagte ihre schriftliche außerordentliche fristlose Kündigung vom 02.03.2000 gegenüber dem Kläger allein deswegen ausgesprochen, weil der Kläger in der Nacht von Samstag, den 19.02.2000, auf Sonntag, den 20.02.2000, in O.-………… einen versuchten Zigarettenautomatenaufbruch begangen und hierbei Werkzeug aus dem Bauhof der Beklagten, dessen Mitnahme ihm (dem Kläger) zuvor von seinen Vorgesetzten im Bauhof der Beklagten lediglich zu privaten Zwecken erlaubt worden war, eingesetzt hat.
Hierbei ist im Hinblick auf die gerichtliche Entscheidung der vorstehenden beidinstanzlichen Streitfrage der Parteien von rechtlicher Bedeutung,
dass zum einen jeweils bereits gesetzlich
einerseits im schon zum 01.01.1900 in Kraft getretenen Bürgerlichen Gesetzbuch – BGB – vom 18.08.1896 (RG Bl. S. 195) u.a. folgendes aufgenommen war sowie weiterhin ist:
„§ 104 Geschäftsunfähigkeit
Geschäftsunfähig ist:
- wer nicht das siebte Lebensjahr vollendet hat;
- wer sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustande krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet, sofern nicht der Zustand seiner Natur nach ein vorübergehender ist;
- wer wegen Geisteskrankheit entmündigt ist.
§ 105 Nichtigkeit der Willenserklärung
(1) Die Willenserklärung eines Geschäftsunfähigen ist nichtig.
(2) Nichtig ist auch eine Willenserklärung, die im Zustande der Bewußtlosigkeit oder vorübergehender Störung der Geistestätigkeit abgegeben wird.
§ 140 Umdeutung
Entspricht ein nichtiges Rechtsgeschäft den Erfordernissen eines anderen Rechtsgeschäfts, so gilt das letztere, wenn anzunehmen ist, dass dessen Geltung bei Kenntnis der Nichtigkeit gewollt sein würde,
§ 626 Fristlose Kündigung
(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.
(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.”
Andererseits heißt es im Tarifvertragsgesetz – TVG – in der Fassung vom 25.08.1969 (BG Bl. I S. 1323) u.a.:
„§ 2 Tarifvertragsparteien
(1) Tarifvertragsparteien sind Gewerkschaften, einzelne Arbeitgeber sowie Vereinigungen von Arbeitgebern.
(2) bis (4) …
§ 3 Tarifgebundenheit
(1) Tarifgebunden sind die Mitglieder der Tarifvertragsparteien und der Arbeitgeber, der selbst Partei des Tarifvertrages ist.
(2) bis (3) …
§ 4 Wirkung der Rechtsnormen
(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrages, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrages fallen …
(2) bis (5) …”
Ferner war und ist im Bundespe...