Entscheidungsstichwort (Thema)
Verringerung und Verteilung der Arbeitszeit nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz. Anforderungen an entgegenstehende betriebliche Gründe
Leitsatz (redaktionell)
1. Die in § 8 Abs. 4 S. 2 TzBfG aufgeführten Regelbeispiele dienen der Erläuterung des betrieblichen Grunds, wobei nicht jeder rational nachvollziehbare Grund genügt. Vielmehr muss der Ablehnungsgrund hinreichend gewichtig sein.
2. Ob hinreichend gewichtige betriebliche Gründe zur Ablehnung berechtigen, ist gerichtlich in einer dreistufigen Prüfungsfolge festzustellen. In der ersten Stufe ist festzustellen, ob überhaupt und wenn ja, welches betriebliche Organisationskonzept der vom Arbeitgeber als erforderlich angesehenen Arbeitszeitverteilung zugrunde liegt. In einer zweiten Stufe ist zu prüfen, inwieweit die Arbeitszeitregelung dem Arbeitszeitverlangen des Arbeitnehmers tatsächlich entgegensteht. Ergibt sich, dass das Arbeitszeitverlangen des Arbeitnehmers nicht mit dem organisatorischen Konzept und der daraus folgenden Arbeitszeitregelung in Übereinstimmung gebracht werden kann, ist in einer dritten Stufe das Gewicht der entgegenstehenden betrieblichen Gründe zu prüfen.
Normenkette
TzBfG § 8
Verfahrensgang
ArbG Dortmund (Urteil vom 08.04.2008; Aktenzeichen 7 Ca 6827/07) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 08.04.2008 – 7 Ca 6827/07 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Verringerung und Neuverteilung der Arbeitszeit der Klägerin.
Die Klägerin ist am 21.11.1967 geboren, verheiratet und einem zwei Jahre alten Kind gegenüber unterhaltsverpflichtet. Sie war seit dem 01.08.1988 bei der früher selbständigen V1 U2 eG beschäftigt und wurde zunächst als sogenannte C-Kundenberaterin eingesetzt. Nach der Fusion der V1 U2 eG mit der Beklagten im Jahre 2003 wird sie von der Beklagten weiterbeschäftigt. Die Klägerin erhält unter Berücksichtigung der Zahlung von 13,5 Gehältern durchschnittlich eine monatliche Vergütung von 3.840,00 EUR brutto.
Bei der Beklagten sind 632 Arbeitnehmer in insgesamt 63 Filialen tätig, davon 44 Auszubildende und 106 Teilzeitarbeitnehmer.
Am 09.05.2005 fasste der Vorstand der Beklagten den Beschluss, jedem Kunden einen festen Berater zuzuordnen. In diesem Beschluss heißt es u.a. wie folgt:
„…(Wir) werden… in unseren Zweigstellen weiterhin gut ausgebildete Mitarbeiter einsetzen und dabei auch wie bisher auf die Kontinuität der Besetzung achten. Dazu gehört auch, dass die Stammbesetzung einer Stelle grundsätzlich aus Vollzeitkräften bestehen soll, die sich über die Zusammenarbeit im Tagesgeschäft das Vertrauen des Kunden erwerben und so letztendlich auch bei umfangreichen Transaktionen zu Rate gezogen werden. Dieses verfolgte Prinzip des „One-face-to-the-customer” (ein fester Ansprechpartner für den jeweiligen Kunden) setzt unter anderem voraus, dass für den Kunden während der Öffnungszeiten eine höchstmögliche Präsenz „seines” Bankmitarbeiters gewährleistet sein muss. Da die reguläre wöchentliche Arbeitszeit der Bankmitarbeiter zudem die Öffnungszeiten (Montag, Mittwoch 8:15 Uhr bis 16:30 Uhr; Dienstag, Donnerstag 8:15 Uhr bis 18:00 Uhr; Freitag 8:15 Uhr bis 14:00 Uhr) geringfügig übersteigt, werden so, vorbehaltlich Urlaub oder Krankheit, dem Kunden die ihm bekannten und vertrauten Mitarbeiter zur Verfügung stehen.”
Die Beklagte unterhält in acht ihrer Filialen noch eigene Kassen, an denen Kassierer tätig sind, denen keine bestimmten Kunden zugeordnet sind. Im Übrigen beschäftigt die Beklagte in den Filialen nur Angestellte – Kundenberater und Filialleiter –, denen bestimmte Kunden zur Betreuung zugeordnet sind. Dies gilt auch für die Angestellten, die ggf. am Schalter tätig werden. Die Beklagte hält eine Personalreserve vor, die in einem Pool organisiert ist. Die Größe der von ihr betriebenen Filialen ist sehr unterschiedlich; so sind in 17 Filialen der Beklagten nur zwei Mitarbeiter tätig, während in der Filiale in U2, in der die Klägerin beschäftigt ist, insgesamt 16 Mitarbeiter eingesetzt sind.
Die Klägerin ist derzeit als Kundenberaterin mit Kundenzuordnung vollzeitig mit 39 Wochenstunden in einer Filiale der Beklagten in U2 tätig. In dieser Filiale arbeiten neben dem Filialleiter ein stellvertretender Filialleiter, vier Kundenberater und zwei Anlageberater, denen ebenfalls Kunden zugeordnet sind. Alle Arbeitnehmer vertreten sich im Rahmen eines festgelegten Vertretungsplanes untereinander.
Mit Schreiben vom 10.08.2007 beantragte die Klägerin bei der Beklagten gemäß § 8 TzBfG die Verringerung ihrer Arbeitszeit ab dem 01.12.2007 auf 32 Stunden wöchentlich, wobei die Arbeitszeit von Montag bis Donnerstag von 8:00 bis 15:00 Uhr und am Freitag von 8:00 bis 14:00 Uhr verteilt werden sollte. Am 24.10.2007 fand deswegen ein Gespräch zwischen der Klägerin und dem Personalleiter der Beklagten, dem Zeugen K2, sowie dem Niederlassungsleiter Z1 und einem Betriebsratsmitglied statt. Bei diesem Gespräc...