Leitsatz (amtlich)
Ein Arbeitsverhältnis kann nicht rückwirkend für einen abgeschlossenen Zeitraum in ein Altersteilzeit-Arbeitsverhältnis umgewandelt werden.
Normenkette
ATG § 2 Abs. 1; TV-ATZ § 2 Abs. 1 a.F.
Verfahrensgang
ArbG Münster (Urteil vom 20.07.2000; Aktenzeichen 2 Ca 2352/99) |
Tenor
Auf die Berufung des beklagten Landes vom 30.08.2000 gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Münster vom 20.07.2000 – 2 Ca 2352/99 – wird das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.200,00 DM festgesetzt.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die am 27.07.1944 geborene Klägerin ist seit dem 01.04.1969 ununterbrochen als Verwaltungsangestellte bei dem beklagten Land beschäftigt. Seit dem 01.07.1995 arbeitet sie als Teilzeitkraft mit der Hälfte der tarifvertraglichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit.
Mit Schreiben vom 09.11.1998 beantragte sie „Altersteilzeit” ab dem 01.08.1999. Die Bezirksregierung Münster lehnte diesen Antrag unter dem 21.12.1998 ab und wies zur Begründung darauf hin, die Klägerin erfülle nicht die Voraussetzungen des § 2 des Tarifvertrages zur Regelung der Altersteilzeit (TV ATZ) vom 05.05.1998, da sie in den letzten fünf Jahren als nicht vollbeschäftigte Angestellte beschäftigt gewesen sei. Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 29.01.1999 „Widerspruch” ein. Eine Reaktion des beklagten Landes erfolgte nicht. Mit Schreiben vom 12.07.1999 beantragte die Klägerin erneut „Altersteilzeit” ab dem 01.08.1999. Die Bezirksregierung Münster lehnte auch diesen Antrag ab und führte zur Begründung unter anderem aus, der Änderungstarifvertrag Nr. 1 zum Tarifvertrag Altersteilzeit vom 15.03.1999 habe zu § 2 – Voraussetzungen der Altersteilzeit – keine andere Regelung getroffen.
Mit ihrer am 10.12.1999 vor dem Arbeitsgericht Münster erhobenen Klage hat die Klägerin die Verpflichtung des beklagten Landes begehrt, ihr Arbeitsverhältnis zum 01.08.1999, hilfsweise ab Rechtshängigkeit der Klage, in ein Altersteilzeit-Arbeitsverhältnis umzuwandeln.
Zur Begründung hat sie vorgetragen, die erfolgte Ablehnung der Altersteilzeit beinhalte einen Verstoß gegen § 2 Abs. 1 BeschFG. Die Berücksichtigung nur Vollbeschäftigter verstoße auch gegen das gemeinschaftsrechtliche Diskriminierungsverbot, wie es sich aus Art. 119 Abs. 2 EWG-V ergebe. Ebenso sei die Richtlinie 76/207/EWG vom 09.02.1976 verletzt.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verpflichten, das Arbeitsverhältnis in ein Altersteilzeit-Arbeitsverhältnis auf der Grundlage des TV ATZ vom 05.05.1998 zum 01.08.1999 umzuwandeln, hilfsweise ab Rechtshängigkeit der Klage.
Das beklagte Land hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es hat darauf verwiesen, der in Bezug genommene Tarifvertrag verbiete die Gewährung von Altersteilzeit, da die Klägerin in den letzten fünf Jahren nicht vollzeitig gearbeitet habe. Im Übrigen würden Teilzeitkräfte nicht schlechthin ausgeschlossen, sondern es sei lediglich geregelt, dass nur ein gewisser Zeitraum mit Teilzeitbeschäftigung verbraucht worden sein dürfe.
Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 20.07.2000 stattgegeben und zur Begründung unter anderem ausgeführt, § 2 Abs. 1 TV ATZ in der Fassung vom 05.05.1998, zuletzt geändert am 15.03.1999, verstoße insoweit gegen § 2 Abs. 1 BeschFG und gegen Art. 5 der Richtlinie 76/207/EWG, als Teilzeitbeschäftigten nicht die Möglichkeit gewährt werde, in Altersteilzeit zu gehen. Es liege eine mittelbare Diskriminierung weiblicher Arbeitnehmer vor. Dabei sei entscheidend, dass die Gesetzesfassung ebenso wie die tarifvertragliche Regelung objektiv die Diskriminierung eines Geschlechtes hinnehme. Demgemäß habe die Klägerin einen Anspruch, ab dem 55. Lebensjahr das Arbeitsverhältnis in ein Altersteilzeit-Arbeitsverhältnis umzuwandeln.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe und des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf das Urteil des Arbeitsgerichts, das dem beklagten Land am 01.08.2000 zugestellt worden ist, ergänzend Bezug genommen.
Hiergegen richtet sich seine am 31.08.2000 eingelegte und – nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 31.10.2000 – am 26.10.2000 begründete Berufung.
Das beklagte Land meint, das Arbeitsgericht habe verkannt, dass auch vollbeschäftigte Arbeitnehmer nach § 2 Abs. 2 TV ATZ einen Anspruch auf Abschluss einer Vereinbarung über Altersteilzeit nur haben, wenn sie mindestens 60 Jahre alt sind. Für 55jährige gebe es nur eine Kann-Vorschrift. Ein Verstoß gegen die Richtlinie 76/207/EWG scheide schon mangels Benachteiligung eines größeren Teils gegenüber einem angeblich begünstigteren kleineren Teil aus. Für die Klägerin könne es keine Benachteiligung sein, wenn der Gesetzgeber und diesem folgend die Tarifvertragsparteien einem Vollbeschäftigten den gesetzlichen (tarifrechtlichen) Anspruch einräumt, seine Arbeitszeit auf 50 v. H. zu verkürzen und damit genau den Status zu erreichen, den die teilzeitbeschäftigte Klägerin oh...