Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsmissbräuchlichkeit eines Teilzeitbegehrens

 

Leitsatz (amtlich)

1. Einem Teilzeitbegehren nach § 8 TzBfG kann der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegenstehen. Das kann der Fall sein, wenn der Arbeitnehmer eine formale Rechtsposition nach § 8 TzBfG dazu ausnutzt, einen Freistellungsanspruch während der als Urlaubszeit besonders begehrten Schulsommerferien durchzusetzen, ohne sich mit den Urlaubswünschen anderer Arbeitnehmer abstimmen zu müssen.

2. Das in einer Betriebsvereinbarung zur Urlaubsvergabe niedergelegte betriebliche Organisationskonzept zur gerechten Verteilung von Urlaubs- und Freizeitwünschen auf alle Mitarbeiter kann einen betrieblichen Grund im Sinne von § 8 Abs. 4 S.1 TzBfG darstellen.

 

Normenkette

BGB § 242; TzBfG § 8

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Entscheidung vom 18.10.2016; Aktenzeichen 16 Ca 3940/16)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten hin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 18.10.2016 in Sachen16 Ca 3940/16 abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um einen Antrag des Klägers auf Reduzierung seiner Arbeitszeit auf der Grundlage von § 8 TzBfG.

Die Beklagte ist ein Luftfahrtunternehmen und beschäftigt im Bereich des fliegenden Personals mehr als 1200 Mitarbeiter. Der Kläger ist bei der Beklagten seit dem 02.12.2013 als Flugzeugführer beschäftigt, zuletzt als Flugkapitän auf dem Flugzeugmuster A 320 mit Stationierungsort Düsseldorf. Sein durchschnittliches Monatsgehalt beträgt 11.845,39 € brutto. Der Kläger hat ein schulpflichtiges Kind sowie ein weiteres Kind, das im Jahre 2018 schulpflichtig werden wird.

Mit Schreiben vom 03.01.2014, welches der Beklagten am 05.02.2015 zugegangen ist, beantragte der Kläger die Reduzierung seiner Arbeitszeit um7,7 % auf 92,3 % der Vollarbeitszeit ab dem 01.07.2016 durch Freistellung an 28 zusammenhängenden Tagen ab Beginn der jeweiligen Sommerschulferien in Nordrhein-Westfalen. Die Beklagte lehnte diesen Antrag mit Schreiben vom 25.05.2016 unter Berufung auf betriebliche Gründe ab.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, dass er einen Anspruch auf die beantragte Verringerung der Arbeitszeit und die begehrte Lage der Arbeitszeit habe. Dieser Anspruch ergebe sich jedenfalls aus § 8 TzBfG. Die Beklagte habe entgegenstehende betriebliche Gründe nicht hinreichend dargelegt.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, einer Reduzierung der jährlichen Arbeitszeit des Klägers um 7,7 % auf 92,3 % der regelmäßigen Vollarbeitszeit ab dem 01.07.2016 durch Freistellung an 28 zusammenhängenden Tagen ab dem Beginn der jeweiligen Sommerschulferien in Nordrhein-Westfalen zuzustimmen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat sich vor allem auf den Rechtsstandpunkt gestellt, dass das Teilzeitbegehren des Klägers rechtsmissbräuchlich sei. Der Kläger versuche mit seinem Teilzeitantrag, sich einen "Sonderurlaub" in den Schulferien zu sichern, ohne an das bei der Beklagten bestehende Request-Verfahren gebunden zu sein. Die Nachfrage nach Urlaub sei in den Sommerferien besonders hoch. Es solle eine gerechte Verteilung der Urlaubswünsche der Flugzeugführer gewährleistet werden. Dem diene die Betriebsvereinbarung Urlaubsvergabe vom 21.01.2011. Darin werde ein rollierendes System der Urlaubsvergabe vorgesehen, dass einerseits auf Seniorität, andererseits auf soziale Gesichtspunkte wie z. B. das Vorhandensein schulpflichtiger Kinder abstelle. Eine jährliche Freistellung des Klägers in den Sommerferien würde dazu führen, dass der Kläger anders als seine Kollegen in diesem Zeitraum stets von der Arbeit freigestellt wäre, so dass in diesem Zeitraum noch weniger Kollegen Urlaub angeboten werden könne. Insoweit würde die Stattgabe des Teilzeitantrags in dem begehrten Zeitraum zu einer Benachteiligung der Kollegen führen.

Zusätzlich hat die Beklagte die Auffassung vertreten und hierzu näher ausgeführt, dass auch betriebliche Gründe gemäß § 8 Abs. 4 S. 1 TzBfG dem Teilzeitwunsch des Klägers entgegenstünden.

Mit Urteil vom 18.10.2016 hat die 16. Kammer des Arbeitsgerichts Köln der Klage stattgegeben. Auf die Entscheidungsgründe des arbeitsgerichtlichen Urteils, die sich unter anderem auf die Gründe eines Urteils der 14. Kammer des Arbeitsgerichts Köln vom 28.06.2016 in dem parallel gelagerten Verfahren14 Ca 7821/15 stützen, wird Bezug genommen.

Das Urteil des Arbeitsgerichts wurde der Beklagten am 14.03.2017 zugestellt. Die Beklagte hat hiergegen am 13.04.2017 Berufung eingelegt und diese nach entsprechender Verlängerung der Frist am 14.06.2017 begründet.

Die Beklagte und Berufungsklägerin wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie konkretisiert, dass im Jahre 2016 am Stationierungsort Nordrhein-Westfalen über 20 primäre, die Sommerferien betreffende Urlaubsanträge von Flugkapitänen aus Kapazitätsgründen abgelehnt worden seien. Die Beklagte und Berufungsklägerin beantrag...

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