Entscheidungsstichwort (Thema)

Begründetheit eines Teilzeitverlangens

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein betriebliches Organisationskonzept, das eine gerechte Verteilung von Urlaubs- und Freizeitwünschen aller Mitarbeiter sicherstellen soll, kann einem individuellen Teilzeitverlangen eines Mitarbeiters entgegenstehen.

 

Normenkette

TzBfG § 8 Abs. 4 S. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Entscheidung vom 28.06.2016; Aktenzeichen 14 Ca 7821/15)

 

Tenor

  1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 28.06.2016 - 14 Ca 7821/15 - abgeändert und die Klage abgewiesen.
  2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
  3. Die Revision wird nicht zugelassen.
 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Verringerung und Neuverteilung der Arbeitszeit des Klägers.

Die Beklagte ist ein Luftfahrtunternehmen und beschäftigt mehr als 1.200 Mitarbeiter im Bereich des fliegenden Personals. Der Kläger ist bei der Beklagten seit dem 05.02.2007 als Flugzeugführer beschäftigt. Sein durchschnittliches Bruttomonatseinkommen beträgt derzeit 12.122,98 €.

Mit Schreiben vom 10.07.2015 beantragte der Kläger die Reduzierung seiner Arbeitszeit auf 91,78 % ab dem Jahr 2016 durch Freistellung für 30 Kalendertage jeweils ab dem Beginn der Sommerschulferien in B . Die Beklagte lehnte die beantragte Teilzeit mit Schreiben vom 25.05.2016 ab.

Wegen des gesamten erstinstanzlichen streitigen und unstreitigen Vorbringens sowie der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils vom 28.06.2016 Bezug genommen. Mit diesem Urteil hat das Arbeitsgericht das im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 26.04.2016 zunächst ergangene klageabweisende Versäumnisurteil aufgehoben und die Beklagte verurteilt, einer Reduzierung der jährlichen Arbeitszeit des Klägers um 8,22 % auf 91,78 % der regelmäßigen Vollarbeitszeit ab dem 01.07.2016 durch jährliche Freistellung ab Beginn der jeweiligen Sommerschulferien in B für einen Zeitraum von 30 zusammenhängenden Tagen zuzustimmen. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe gemäß § 8 TzBfG Anspruch auf Beschäftigung im Umfang der von ihm beantragten reduzierten Arbeitszeit. Die allgemeinen Voraussetzungen für einen Anspruch des Klägers auf Zustimmung nach § 8 Abs. 4 S. 1 TzBfG seien erfüllt und sein Teilzeitbegehren sei auch nicht rechtsmissbräuchlich. Letzteres folge daraus, dass der Umfang der zu reduzierenden Arbeitszeit, nämlich 30 zusammenhängende Kalendertage, auch im Rahmen der Blockfreistellung bei der Beklagten grundsätzlich vorgesehen sei. Nach diesem Modell gebe es bei der Beklagten auch kalendermonatige Freistellungen in den Sommermonaten Juli und August. Außerdem stünden dem Teilzeitbegehren des Klägers auch keine betrieblichen Gründe der Beklagten entgegen. Die Beklagte habe nämlich bereits kein hinreichendes Organisationskonzept vorgetragen, dass der beantragten Teilzeitbeschäftigung entgegenstehen könnte. Die erklärten Ziele der Beklagten, möglichst vielen Mitarbeitern Teilzeit zu gewähren, die Teilzeitverteilung gerecht zu gestalten und nicht in Teilzeit arbeitende Mitarbeiter nicht zu benachteiligen, beinhalte kein von den Gerichten für Arbeitssachen hinzunehmendes Organisationskonzept, das einen Ausschluss der vom Kläger beantragten Teilzeitarbeit bedinge. Es handele sich vielmehr um selbstverständliche Ziele einer jeden Planung von Teilzeitbegehren. Wegen der weiteren Begründung im Einzelnen wird auf die Entscheidungsgründe des vorgenannten Urteils (Bl. 215 ff. d. A.) Bezug genommen.

Gegen dieses ihr am 12.08.2016 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 05.09.2016 Berufung eingelegt und hat diese nach entsprechender Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist am 14.11.2016 begründet.

Die Beklagte wiederholt und vertieft zunächst ihren erstinstanzlichen Vortrag. Im Übrigen meint sie weiterhin, dem Teilzeitverlangen des Klägers stehe bereits der Einwand des Rechtsmissbrauchs gemäß § 242 BGB entgegen. Es müsse berücksichtigt werden, dass die Vergabe von Urlaub bei der Beklagten nach der Betriebsvereinbarung "Urlaubsvergabe" vom 21.01.2011 geregelt sei. Nur bei Einhaltung dieser Betriebsvereinbarung könne eine gerechte Verteilung der Urlaubswünsche aller Mitarbeiter gewährleistet werden. Gerade im Zeitraum der Sommermonate, mithin also in dem Zeitraum, für den der Kläger eine zusammenhängende Freistellung begehre, komme es regelmäßig zu einer Vielzahl von Urlaubsanträgen. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass gerade in den Sommermonaten stets das höchste Flugprogramm zu absolvieren sei. Um dieses Spannungsfeld aufzulösen, hätten sich die Betriebspartner in der Betriebsvereinbarung zur Urlaubsvergabe auf eine mengenmäßige Reglementierung von Erholungsurlaub in den Sommermonaten geeinigt. Gerade hier würde der Teilzeitantrag des Klägers ihm gegenüber den anderen Cockpitmitarbeitern einen Vorteil verschaffen, da er mittels seiner Teilzeit die reglementierenden Regelungen der Betriebsvereinbarung "Urlaubsvergabe"...

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