Entscheidungsstichwort (Thema)
unangemessene Benachteiligung. Rückzahlungspflicht bei Sonderzahlungen. Bindungsdauer. Aufrechnung. Aufrechnungsverbot. Unpfändbarkeit
Leitsatz (amtlich)
Die formularmäßige Verpflichtung eines Arbeitnehmers, eine Weihnachtsgratifikation auch dann zurückzahlen zu müssen, wenn er vor 31.03. des auf das Auszahlungsjahr folgenden Jahres durch betriebsbedingte Arbeitgeberkündigung ausscheidet, benachteiligt diesen unangemessen und ist jedenfalls insoweit unwirksam.
Normenkette
BGB § 305 ff., § 386 ff., § 394; ZPO § 850c
Verfahrensgang
ArbG München (Urteil vom 21.11.2008; Aktenzeichen 14 Ca 5790/08) |
Tenor
I. Das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 21. Nov. 2008 – 14 Ca 5790/08 wird in Ziff. 1. und 2 teilweise abgeändert und insoweit wie folgt neu gefasst:
- Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 3.000.– brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit 1. März 2008 zu zahlen.
- Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
- Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 1/10, die Beklagte 9/10.
II. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten noch um ausstehende Vergütung.
Der Kläger war auf Grund des Arbeitsvertrages vom 3./6. Juni 2004 (Bl. 7 ff. d. A.) seit 6. Sept. 2004 bei der Beklagten, seit 1. Jan. 2007 als Anzeigenverwalter, bei einem Bruttomonatsentgelt von EUR 0 dzzgl. einer monatlichen A-Konto-Zahlung von EUR 250.– beschäftigt. Im Arbeitsvertrag ist unter Nr. III. 2 geregelt:
„III. Bezüge
…
2. Weihnachtsgratifikationen
a. Soweit der Verlag dem/der MitarbeiterIN eine Weihnachtsgratifikation gewährt, erfolgt dies freiwillig unter dem Vorbehalt der jederzeitigen Widerruflichkeit. Auch nach wiederholter Zahlung erwächst kein Rechtsanspruch auf Zahlung einer Weihnachtsgratifikation.
b. Die Zahlung der Weihnachtsgratifikation erfolgt zusammen mit dem Novembergehalt. Voraussetzung für die Auszahlung ist, dass der/die MitarbeiterIN am 30.11. des Jahres in einem ungekündigten Beschäftigungsverhältnis steht. Ein Aufhebungsvertrag steht einer Kündigung gleich. Besteht das Beschäftigungsverhältnis noch nicht das ganze Jahr, so wird die Gratifikation zeitanteilig gewährt.
c. Der/die MitarbeiterIN ist verpflichtet, die Gratifikation zurückzuzahlen, wenn das Beschäftigungsverhältnis bis zum 31.03. des auf die Auszahlung folgenden Kalenderjahres durch Kündigung durch den Arbeitnehmer oder den Arbeitgeber oder durch Aufhebungsvertrag endet.
d. Der Verlag ist berechtigt, mit seiner Rückzahlungsforderung gegen alle etwaigen noch fälligen Zahlungsansprüche des Arbeitnehmers aufzurechnen.
e. Ausgangsbasis für die Berechnung der Weihnachtsgratifikation ist ein Bruttomonatsgehalt.”
Der Kläger hatte mit dem Novembergehalt 2007 eine Weihnachtsgratifikation von EUR 3.000.– brutto erhalten.
Mit Schreiben vom 2. Jan. 2008 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum Kläger aus betriebsbedingten Gründen zum 29. Feb. 2008 und versprach ihm für den Fall einer unterlassenen Kündigungsschutzklage eine Abfindung von EUR 4.500.–. Der Kläger hatte die Unwirksamkeit dieser Kündigung nicht gerichtlich geltend gemacht. Die Beklagte verrechnete die im Jahr 2007 bezahlte Weihnachtsgratifikation mit der Februarvergütung 2008.
Mit seiner am 30. Apr. 2008 beim Arbeitsgericht München eingegangenen und der Beklagten am 21. Mai 2008 zugestellten Klage vom 25. Apr. 2008 macht der Kläger die Zahlung der Februarvergütung von EUR 0 und einer weiteren Abfindung geltend.
Er meint, soweit hier von Interesse, die Weihnachtsvergütung sei zu Unrecht mit dem Februarentgeltanspruch verrechnet worden. Die Rückzahlungsklausel in Nr. III. 2. c. des Arbeitsvertrages sei unwirksam, insoweit eine Rückzahlungsverpflichtung auch bei Arbeitgeberkündigungen vorgesehen sei.
Er hat b e a n t r a g t:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 3.375,00 brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.03.2008 zu bezahlen.
Die Beklagte hat b e a n t r a g t,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hält die Rückzahlungsklausel für wirksam, weswegen eine Rückzahlungsverpflichtung hinsichtlich der Weihnachtsgratifikation gegeben sei.
Mit Endurteil vom 25. Nov. 2008, das hinsichtlich des Weiteren streitigen und unstreitigen Sachvortrages der Parteien in Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht München die Klage in vollem Umfang abgewiesen. Hinsichtlich des noch streitigen Gegenstandes stellte es darauf ab, die Rückzahlungsklausel der Nr. III. 2. c. des Vertrages verstoße nicht gegen §§ 307 ff. BGB. Die Vereinbarung verstoße weder gegen das Transparenzgebot noch gegen Gebote von Treu und Glauben.
Gegen dieses ihm am 11. Dez. 2008 zugestellte Urteil hat der Kläger mit Schriftsatz vom 29. Dez. 2008, der am selben Tag beim Landesarbeitsgericht eingegangen war, Berufung eingelegt und mit Schriftsatz vom 10. Feb. 2009, eingegangen per Fax am 11. Feb. 2009 begründet. Die Beklagte hat hierauf mit Schriftsatz vom 25. Feb. 2009, der am 26. Feb. 2009 eingegangen war, erwidert.
Der Kläger führt aus, er akzeptiere die Entscheidung hinsichtlich...