Entscheidungsstichwort (Thema)
Unzulässige Rechtsausübung
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage der Rechtsmissbräuchlichkeit bei Berufung auf den besonderen Kündigungsschutz nach Stellung eines Antrags auf Elternzeit.
Normenkette
KSchG § 1; BErzGG § 15 Abs. 7
Verfahrensgang
ArbG Celle (Urteil vom 11.02.2004; Aktenzeichen 2 Ca 667/03) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Celle vom 11.02.2004 – Az 2 Ca 667/03 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt mit der Klage eine Arbeitszeitreduzierung auf 30 Stunden.
Der im Zeitpunkt der Klage 36-jährige und verheiratete Kläger ist seit August 1983 bei der Beklagten tätig gewesen. Er hatte zunächst seine Ausbildung als Maschinenschlosser absolviert, war bis Juni 1989 als Facharbeiter tätig, hat sodann von August 1989 bis Juli 1991 die Technikerschule besucht und war sodann seit September 1991 bis Dezember 1993 als technischer Angestellter tätig. Im Zeitraum von Januar 1994 bis März 1995 war der Kläger arbeitslos und danach ab 20.03.1995 wieder für die Beklagte tätig.
Am 17.07.2003 ist der Kläger Vater einer Tochter geworden.
Grundlage der arbeitsvertraglichen Beziehungen ist der Arbeitsvertrag vom 29.11.1995. Wegen des Inhalts wird auf diesen (Bl. 5 – 9 d. A.) verwiesen.
Der Kläger ist vollschichtig bei der Beklagten tätig gewesen.
Am 03.11.2003 wird der Kläger von seinem Fachvorgesetzten unterrichtet, dass die Abteilung des Klägers künftig nicht mehr existieren werde.
Mit Antrag vom 04.11.2003 beantragte der Kläger Elternzeit für den Zeitraum vom 01.01.2004 bis 30.06.2005 i. V. m. einer reduzierten Wochenarbeitszeit auf 30 Stunden wegen der Geburt seiner Tochter (Bl. 10 d. A.).
Die Beklagte lehnte dieses mit Schreiben vom 06.11.2003 ab (Bl. 11. d.
A.).
Im Betrieb der Beklagten existiert eine 37,5 Stundenwoche bei flexibler Arbeitszeit mit einer Gleitzeitregelung, die eine Kernzeit von mindestens 5 Stunden beinhaltet.
Die Beklagte plante einen Gesamtabbau von 235 Mitarbeitern, wobei aufgrund der Sozialdaten des Klägers auch eine Kündigung des Klägers bzw. eine Überführung in eine neugegründete Transfergesellschaft in Betracht kam.
In etwa 36 Fällen wurden im Anschluss Aufhebungs- bzw. Altersteilzeitverträge abgeschlossen, weitere ca. 140 Mitarbeiter wechselten in eine Transfergesellschaft. Der Kläger hat das Angebot der Beklagten vom 17.11.2003, ihn ab 08.12.2003 bis 30.04.2004 in die neugegründete Transfergesellschaft zu übernehmen, abgelehnt.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei zur Ablehnung seines Teilzeitwunsches nicht berechtigt. Dringende betriebliche Gründe im Sinne des Bundeserziehungsgeldgesetzes zur Ablehnung des Teilzeitwunsches stünden der Beklagten nicht zur Seite. Insbesondere sei sein Arbeitsplatz nicht weggefallen.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, eine Arbeitszeitreduzierung des Klägers auf 30 Wochenstunden für die Zeit vom 01.01.2004 bis zum 30.06.2005 zuzustimmen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat behauptet, der Arbeitsplatz des Klägers sei aufgrund einer Umorganisation entfallen. Dieses beruhe auf einer unternehmerischen Entscheidung, die auch zur Grundlage habe, dass zur Vermeidung von Informationsverlusten nur noch Vollzeitmitarbeiter beschäftigt werden sollten. Im Übrigen sei ein Sachbearbeiter mit der Qualifikation des Klägers für ein Wochenarbeitszeitvolumen von nur 7,5 Stunden auf dem Arbeitsmarkt nicht zu bekommen.
Zudem stelle der Antrag des Klägers eine unzulässige Rechtsausübung dar.
Der Kläger stelle den Antrag einen Tag nach der Mitteilung durch seinen Fachvorgesetzten, dass seine Abteilung zukünftig nicht mehr existiere. Der Kläger habe sich damit vorrangig nur den besonderen Kündigungsschutz zu Nutze machen wollen, um sich der sozialen Auswahl zu entziehen. Der Kläger sei auch nicht darauf angewiesen, die Betreuung des Kindes zu übernehmen, da die Ehefrau des Klägers nicht arbeite.
Durch Urteil des Arbeitsgerichts Celle vom 11.02.2004 wurde die Beklagte verurteilt, eine Arbeitszeitreduzierung des Klägers auf 30 Wochenstunden für die Zeit bis zum 30.06.2005 zuzustimmen. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen, die Kosten des Rechtsstreits der Beklagten auferlegt und der Streitwert auf 3.750,00 EUR festgesetzt. Wegen des Inhalts des erstinstanzlichen Urteils wird auf dieses (Bl. 55 – 75 d. A.) verwiesen.
Dieses Urteil wurde der Beklagten am 18.02.2004 zugestellt. Hiergegen legte diese am 16.03.2004 Berufung ein und begründete diese mit einem am 16.04.2004 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz.
Zur Begründung der Berufung trägt die Beklagte vor, der Antrag des Klägers stelle eine unzulässige Rechtsausübung vor und beinhalte ein Verstoß gegen Treu und Glauben. Der Kläger verfolge nicht das Ziel, dass er in der ersten Lebensphase des Kindes dessen Betreuung und Erziehung mit übernehme, sondern das Ziel, besonderen Kündigungsschutz zu erhalten.
Dieses ergebe sich aus folgenden Gesichtspunkten.
Die Tocht...