Entscheidungsstichwort (Thema)

Schadensersatzpflicht des Arbeitgebers wegen Nichtberücksichtigung einer Teilzeitkraft bei der Besetzung von Vollzeitstellen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. § 9 TzBfG begründet bei Vorliegen der Voraussetzungen einen Anspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber auf Verlängerung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit.

2. Ein angezeigter Verlängerungswunsch verpflichtet den Arbeitgeber nicht schon dazu, dem Arbeitnehmer bei der Besetzung eines freien Arbeitsplatzes einen Vertragsantrag i.S.v. § 145 BGB auf Abschluss eines Arbeitsvertrages mit erhöhter Arbeitszeit zu unterbreiten. Vielmehr löst die Anzeige des Arbeitnehmers zunächst lediglich die Pflicht aus, den Arbeitnehmer über den freien Arbeitsplatz zu informieren.

3. Ein Schadensersatzanspruch wegen Nichtberücksichtigung des Teilzeitbeschäftigten setzt zumindest voraus, dass dieser sich auf einen entsprechenden freien Arbeitsplatz zumindest beworben hat und diesen auch tatsächlich hätte bekommen müssen.

 

Normenkette

ArbGG §§ 66, 66 Abs. 1; BGB §§ 241, 249, 251-252, 275, 280, 280 Abs. 1, 3, § 283; TV-L §§ 39, 39 Abs. 2; TzBfG §§ 7, 7 Abs. 2, § 9

 

Verfahrensgang

ArbG Mainz (Entscheidung vom 08.06.2016; Aktenzeichen 1 Ca 11/16)

 

Tenor

  • I.

    Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 08.06.2016 - Az.: 1 Ca 11/16 - wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

  • II.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über Schadensersatz wegen Nichtaufstockung der Arbeitszeit der Klägerin auf 38,5 Wochenstunden sowie die Korrektur eines in erster Instanz erteilten Zwischenzeugnisses.

Der Beklagte ist der Zusammenschluss von acht deutschen Wissenschaftsakademien in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins. Er erhält seine Mittel von Bund und Ländern und unterliegt dem öffentlichen Tarifrecht.

Die 1954 geborene Klägerin verfügt über einen in der ehemaligen DDR erworbenen mittleren Bildungsabschluss und eine Ausbildung als Friseurin. Zudem absolvierte die Klägerin eine zweijährige IHK-Ausbildung zur Bürokauffrau und nahm an einigen EDV-Schulungen teil.

Mit Arbeitsvertrag vom 12.09.1994 (Bl. 7 f. d.A.) wurde die Klägerin zum 15.09.1994 als Angestellte in Teilzeit eingestellt. Dabei sah der Arbeitsvertrag unter anderem in § 2 eine Verweisung auf den BAT sowie in § 4 als Tätigkeit die Wahrnehmung der Aufgaben einer Verwaltungsangestellten sowie eine daraus folgende Einreihung in die Vergütungsgruppe VIb Fallgruppe 1a BAT vor.

1998 erfolgte eine Höhergruppierung nach BAT V c. Bei der Überleitung vom BAT in den TV-L wurde die Klägerin mit der zwischenzeitlichen Eingruppierung nach BAT Vb in die Entgeltgruppe 9 TV-L überführt. Seit dem Jahr 2007 ist sie eingeordnet in die Tarifgruppe E 9/2 4 + TV-L und bezieht ein Bruttomonatsgehalt i.H.v. 1.710,41 €.

Die Klägerin erhielt auf eigenen Wunsch ein Zwischenzeugnis unter dem Datum 31.12.2002 (Bl. 41 d.A.).

Im Februar 2003 wurde die Teilzeitstelle der Arbeitnehmerin T. auf eine Vollzeitstelle aufgestockt.

Mit Schreiben vom 12.06.2003 (Bl. 9 d.A.) beantragte die Klägerin die Arbeitszeitaufstockung auf 38,5 Wochenstunden. Unter dem 18.07.2003 (Bl. 10 d.A.) teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass ihrem Antrag momentan nicht entsprochen werden könne und sobald dies möglich sei, ohne weitere Aufforderung auf den Antrag zurückkommen werde.

Im Jahr 2006 war Herr U. A. befristet für eine kurze Zeit im Bereich Haushalt und Finanzen als Aushilfe tätig.

Zum 01.04.2007 wurde die Stelle Leiterin Haushalt und Finanzen mit Frau C. M. besetzt, die Diplom Betriebswirtin (FH) ist und zuvor bereits als Verwaltungsleiterin eines öffentlich geförderten Vereins tätig gewesen ist. Sie verfügte über langjährige Erfahrung als Leiterin der Finanzen und in der Personalführung. Nach Einarbeitung wurde Frau M. die Abteilungsleitung endgültig zum 01.03.2008 übertragen. Nach dem Anforderungsprofil setzt diese Stelle u.a. ein Universitäts- oder Fachhochschulstudium der Betriebswirtschaftslehre bzw. Abschlusses von einer Fachhochschule für das Öffentliche Finanzwesen voraus. Die Stelle wird nach der Entgeltgruppe 11 TV-L vergütet.

Auf eigenen Wunsch erhielt die Klägerin mit Datum 04.06.2008 ein weiteres Zwischenzeugnis (Bl. 45 d.A.). Nach einem Gespräch am 15.07.2008, in dem die Klägerin (vergeblich) um inhaltliche Ergänzung und Berichtigungen gebeten hatte, überreichte sie mit Schriftsatz vom 16.07.2008 noch einen ausformulierten eigenen Entwurf an den Beklagten (Bl. 49 f. d.A.). Der Beklagte reagierte hierauf jedoch nicht, sondern beließ es bei dem bereits ausgestellten Zwischenzeugnis.

Sodann wurde zum 15.01.2009 eine weitere Verwaltungsfachangestellte mit Entgeltgruppe 6 TV-L in Teilzeit (zunächst befristet, vgl. schriftlicher Arbeitsvertrag Bl. 112 d.A.) Frau S. T. eingestellt.

Schließlich wurde zum 01.09.2013 des Weiteren die Diplom-Kauffrau D. K. als Sachbearbeiterin mit stellvertretender Leitung der Abteilung Haushalt und Finanzen in Teilzeit eingestellt. Die Stelle wird nach der Entgeltgrupp...

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