Entscheidungsstichwort (Thema)

Unbegründete Schadensersatzklage der Arbeitgeberin wegen Fehlbeträgen in der Gebührenkasse bei unzureichenden Darlegungen zum Verschulden des Arbeitnehmers sowie zum wirtschaftlichen Schaden. Beweiswürdigung bei deutlichen Verdachtsgründen zulasten des Arbeitnehmers. Verschuldensunabhängige Mankohaftung nur aufgrund ausdrücklicher Vereinbarung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Fügt der Arbeitnehmer der Arbeitgeberin einen Schaden zu, der entweder durch die oder gelegentlich der Arbeitsleistung oder infolge Ausfall der Arbeitsleistung durch eine vertragswidrige Verletzung entstanden ist, hat der diesen Schaden nach den §§ 280 ff., 241 Abs. 2 BGB sowie nach Maßgabe einschlägiger Spezialbestimmungen (etwa § 61 HGB) sowie gemäß §§ 823 Abs. 1, Abs. 2 in Verbindung mit einem Schutzgesetz (etwa § 303 StGB), 826 BGB zu ersetzen; die darlegungs- und beweisbelastete Arbeitgeberin hat insbesondere die tatsächlichen Voraussetzungen für das Vorliegen eines schuldhaften Fehlverhaltens des Arbeitnehmers als schuldhafte Abweichung des tatsächlich vom vertraglich geschuldeten Verhalten nach Inhalt, Ort, Zeitpunkt und beteiligten Personen sowie den Eintritt eines wirtschaftlichen Schadens hinreichend substantiiert darzulegen.

2. Auch ein deutlicher Verdacht zulasten des Arbeitnehmers begründet noch keine sichere Annahme der Täterschaft; das Gericht hat gemäß § 286 ZPO unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlung und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob es eine tatsächliche Behauptung für wahr oder nicht für wahr erachtet.

3. An einer sicheren Überzeugung fehlte es, wenn sachverständigerseits nur von einer "an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit" gesprochen werden kann und der konstruierte Geschehensablauf einer Rückbuchungen durch einen dritten Täter zwar äußerst unwahrscheinlich aber nicht gänzlich undenkbar ist.

4. Gemäß § 241 BGB können die Parteien in den Grenzen der §§ 138, 242 BGB, § 4 Abs. 3 TVG eine "Mankoabrede" treffen; ihr Inhalt ist daraufhin auszulegen, ob der Arbeitnehmer nur für verschuldetes Manko eintreten (was bei fehlender Zahlung eines besonderen Mankogeldes zu vermuten ist) oder ob er ohne Rücksicht auf ein Verschulden haften soll.

5. Für eine verschuldensunabhängige Mankohaftung ist grundsätzlich eine ausdrückliche Abrede erforderlich, die sich auch aus den Umständen des Einzelfalles ergeben kann etwa dann, wenn ein zusätzliches Mankoentgelt zum Gehalt bezahlt wird, das dem Durchschnitt der nach regelmäßigem Verlauf der Dinge zu erwartenden Fehlbestände entspricht.

 

Normenkette

BGB §§ 280, 138, 241 Abs. 2, §§ 242, 280 Abs. 1, § 823 Abs. 1, § 826; TVG § 4 Abs. 3; ZPO § 286

 

Verfahrensgang

ArbG Trier (Entscheidung vom 18.06.2014; Aktenzeichen 4 Ca 1321/13)

 

Tenor

  1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 18.06.2014 - 4 Ca 1321/13 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
  2. Die Revision wird nicht zugelassen.
 

Tatbestand

Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten darüber, ob der Beklagte der Klägerin zum Schadensersatz verpflichtet ist.

Der Beklagte war seit 1967 bei der klagenden Verbandsgemeinde tätig und dort zuständig für die Verwaltung und Bedienung einer Gebührenkasse, dabei u.a. auch für die Einnahme von Parkplatzmieten. Die Stadt B. vermietet am Moselufer Parkplätze an Anwohner. Die insoweit anfallenden Mietbeträge haben die Anwohner bei der Klägerin entrichtet, die sie dann wiederum an die Stadt B. überweist. In die Zuständigkeit des Beklagten fiel des Weiteren die Einnahme und Abrechnung von Gebühren für Gaststättenerlaubnisse.

Zur Wahrnehmung dieser Aufgaben befand sich im Büro des Beklagten eine Registrierkasse. Der Beklagte führte den Hauptanteil, jedenfalls aber ca. 90%, die genaue Gewichtung wird von den Parteien in beiden Rechtszügen unterschiedlich dargestellt, der Bedienungsanteile durch. Daneben bedienten gelegentlich auch die Mitarbeiter A., S. und P. die Kasse. Neben dieser Gebührenkasse gibt es im Dienstgebäude der Klägerin noch zwei weitere Kassen und eine Zentralkasse, bei der die Einnahmen der einzelnen Gebührenkassen einmal wöchentlich abgerechnet werden.

An der vom Kläger verwendeten Registrierkasse besteht die technische Möglichkeit, auch Rückbuchungen vorzunehmen. Diese werden auf der in der Kasse mitlaufenden Kassenrolle dokumentiert. Bei einem ordnungsgemäßen Ablauf der Kassenbedienung wird auf der Bonrolle die Uhrzeit der Rückbuchung sichtbar und diese erhält, wie jeder sonstige einzelne Buchungsvorgang auch, eine fortlaufende Nummer.

Die Klägerin hat bei Einsichtnahme in die Kassenberichte ("X2-Bericht") dieser Registrierkasse für das Jahr 2011 im Oktober 2011 festgestellt, dass an der vom Beklagten verwendeten Kasse Rückbuchungen im Umfang von insgesamt 11.324,06 € erfolgt sind. Kassenrollen, die Rückschlüsse über Rückbuchungen in den vorausgegangenen Jahren erlaubten, sind vernichtet worden, jedenfalls teilweise auch durch den Beklagten.

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