Maren Rixen, Anna-Lena Glander
Darüber hinaus müssen verpflichtete Unternehmen ein "angemessenes" und einfach zugängliches unternehmensinternes Beschwerdeverfahren vorsehen, an das sich Mitarbeiter mit Beschwerden und Meldungen bezüglich menschenrechts- und umweltbezogener Risiken und Pflichtverletzungen wenden können.
Dieses Beschwerdeverfahren soll – so die Mindestanforderung – unternehmensintern allen Personen offenstehen, die auf Risiken oder Pflichtverletzungen hinweisen können, die durch das wirtschaftliche Handeln eines Unternehmens im eigenen Geschäftsbereich oder eines unmittelbaren Zulieferers entstanden sind. Dies erfasst – in Abgrenzung zu der internen Meldestelle bspw. des Hinweisgeberschutzgesetzes – nicht nur die eigenen Beschäftigten, sondern beispielsweise auch Beschäftigte der Zulieferer, mithin externe Dritte. Vor diesem Hintergrund muss auch die Verfahrensordnung des Beschwerdeverfahrens in Textform öffentlich zugänglich gemacht werden.
Verpflichtete Unternehmen müssen daher unabhängige, nicht weisungsgebundene und unparteiische Personen als Meldestelle benennen. Hierfür eignen sich Mitarbeiter der Compliance-Stelle, der Rechtsabteilung oder externe Berater, etwa Vertrauensanwälte oder Ombudspersonen. Ggf. kann diese Stelle aber auch innerhalb der HR-Abteilung angesiedelt werden, wobei sicherzustellen ist, dass in Ausübung der Tätigkeit für die Melde-/Beschwerdestelle keine Weisungsgebundenheit und keine Parteilichkeit vorliegen.
Auch sind durch die Meldestelle im Unternehmen stets die datenschutzrechtlichen Anforderungen zu beachten, da Meldungen oftmals vertrauliche und zu schützende personenbezogene Daten sowohl der meldenden als auch der betroffenen Personen und etwaiger Zeugen beinhalten. Dahingehend muss die Möglichkeit der Datenverarbeitung im Einzelfall geprüft werden. Auch die Weiterverarbeitung dieser Informationen im daran anschließenden Verfahren, beispielsweise in Zusammenhang mit Folgemaßnahmen, stellt eine Datenverarbeitung dar. In der Regel sollte dies durch eine (datenschutz-)rechtliche Prüfung der jeweiligen Meldungen sichergestellt werden.
Hilfestellung des BAFA: Beschwerdeverfahren
Insoweit kann die im Oktober 2022 erschienene Handreichung des BAFA "Beschwerdeverfahren nach dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz" zu Rate gezogen werden.
Etablierung von Hinweisgebersystemen
Aus Praktikabilitäts-, Effizienz- und Kostengründen empfiehlt sich insoweit regelmäßig die Kombination bzw. "Zusammenlegung" des Beschwerdeverfahrens nach dem LkSG mit anderen Hinweisgebersystemen, welche die nach dem LkSG verpflichteten Unternehmen ggf. einführen müssen. Z. B. dürften gemäß LkSG verpflichtete Unternehmen in der Regel auch zur Einführung einer Hinweisgeberhotline gemäß dem Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) sowie zur Umsetzung der Richtlinie zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden (HinSch-RL), zur Einführung einer internen Hinweisgeberstelle verpflichtet sein. Auch das HinSchG sieht sowohl Hinweisgebermeldungen zu Straftaten und Ordnungswidrigkeiten als auch zu Themen des Arbeitsschutzes sowie des Gesundheitsschutzes und der Sicherheit der Beschäftigten dienenden Vorschriften vor. Darüber hinaus sind arbeitsschutzrechtliche Mitteilungs-, Erlaubnis-, Prüfungs-, Bestellungs-, Belehrungs-, Dokumentations- und Anzeigepflichten (bspw. auch nach MiLoG) umfasst. Zudem kommen weitere – speziellere – Verpflichtungen der betroffenen Unternehmen zum Vorhalten von Hinweisgebersystemen, z. B. nach dem Geldwäschegesetz, in Betracht. Ein gemeinsames Hinweisgebersystem und die einheitliche Erreichbarkeit der Meldestelle dürften vor diesem Hintergrund regelmäßig nicht nur im Sinne des Unternehmens, sondern auch aufgrund der einfacheren Zugänglichkeit und der geringeren Hürden im Sinne der potenziell hinweisgebenden Personen sein.
Allerdings ist im Falle der Verbindung der verschiedenen Hinweisgebersysteme sicherzustellen, dass die verschiedenen Voraussetzungen, die nach den jeweiligen Gesetzen für die Hinweisgeberstelle bestehen, in jedem Fall berücksichtigt werden. Teilweise gehen die Anforderungen einzelner Gesetze über die Anforderungen anderer Gesetze hinaus, auch wenn beide Gesetze denselben Beschäftigungsgeber zur Einrichtung und Betreibung einer Meldestelle bzw. eines Beschwerdeverfahrens verpflichten. Beschäftigungsgeber, die aufgrund verschiedener Rechtsgrundlagen zum Vorhalten eines Meldesystems verpflichtet sind, sollten vor diesem Hintergrund stets sicherstellen, die höchsten Anforderungen der sie verpflichteten Gesetze zu erfüllen. Hierauf ist auch deswegen besonderer Wert zu legen, da die nicht ordnungsgemäße Einführung einer Hinweisgeberstelle zu einer Sanktionierung der für die Einführung verantwortlichen Personen sowie des Unternehmens selbst führen kann.