Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfassungsmäßigkeit. Versicherungsfreiheit von Beziehern einer Vollrente wegen Alters nach § 5 Abs 4 Nr 1 SGB 6. isolierter Arbeitgeberbeitrag nach § 172 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB 6. Nichtermittlung von Entgeltpunkten für Zeiten nach Beginn einer Altersvollrente nach § 75 Abs 1 SGB 6

 

Leitsatz (amtlich)

Die Regelungen zur Versicherungsfreiheit von Beziehern einer Vollrente wegen Alters (§ 5 Abs 4 Nr 1 SGB 6), zur Verpflichtung des Arbeitgebers zur Beitragsabführung zur gesetzlichen Rentenversicherung ohne Zuordnung dieser Beiträge zum Versicherungskonto der Arbeitnehmers (§ 172 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB 6) und zur Nichtermittlung von Entgeltpunkten für Zeiten nach Beginn einer Altersvollrente (§ 75 Abs 1 SGB 6) sind verfassungsgemäß.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 12. September 2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt höhere Altersrente unter Berücksichtigung von Beitragszeiten aufgrund einer von ihm seit 01.04.2007 ausgeübten Beschäftigung.

Der am … 1942 geborene Kläger bezieht seit 01.04.2002 eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit (Rentenbescheid vom 30.01.2002). Aufgrund der vorzeitigen Inanspruchnahme der Rente nach Vollendung des 60. Lebensjahres wird die Rente mit einem Abschlag in Höhe von 18 v.H. (Zugangsfaktors um 0,003 niedriger als 1,0 für jeden Kalendermonat der vorzeitigen Inanspruchnahme) gewährt.

Am 01.04.2007 nahm der Kläger eine mehr als geringfügige Beschäftigung als kaufmännischer Angestellter auf. Er führt aus dieser Beschäftigung keine Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung ab, der Arbeitgeber einen Beitragsanteil gemäß § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Im Hinblick auf die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung stellte die Beklagte die Rente des Klägers mit Bescheid vom 29.05.2007 für die Zeit ab 01.04.2007 neu fest. Unverändert legte sie der Berechnung der monatlichen Rente lediglich Entgeltpunkte für die Zeit bis 31.03.2002 zugrunde.

Am 06.06.2007 beantragte der Kläger, die von seinem Arbeitgeber zu leistenden Beiträge seinem Versichertenkonto gutzuschreiben und seine Rente zu erhöhen bzw. den Abschlag wegen frühzeitiger Inanspruchnahme der Rente zu reduzieren.

Mit formlosem Bescheid vom 18.06.2007 wies die Beklagte den Kläger darauf hin, dass er als Bezieher einer Vollrente versicherungsfrei sei und aufgrund der ausgeübten Beschäftigung keine Beiträge zur Rentenversicherung abführe. Lediglich sein Arbeitgeber sei zur Zahlung seines Anteils verpflichtet. Diese Beiträge fänden jedoch keine Berücksichtigung in dem Versicherungskonto des Klägers, da er selbst an der Beitragszahlung nicht beteiligt sei. Es verbleibe daher bei dem bisher erteilten Rentenbescheid. Der Kläger legte Widerspruch ein und machte geltend, durchaus an der Beitragszahlung beteiligt zu sein. Nur aufgrund der durch seine Arbeit erwirtschafteten Leistung könne der Arbeitgeberanteil aufgebracht werden. Die Aufteilung des Beitrags in einen Arbeitgeber- und einen Arbeitnehmeranteil sei reine Fiktion. Soweit beide Anteile gezahlt würden, würden auch beide zu Gunsten des Arbeitnehmers zugeordnet werden. Er erbat einen rechtsmittelfähigen Bescheid.

Hierauf erließ die Beklagte unter dem 07.08.2007 einen förmlichen Bescheid, mit dem sie den Antrag des Klägers vom 06.06.2007 ablehnte. Die Überprüfung des Rentenbescheides vom 30.01.2002 habe ergeben, dass weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden sei. Die Rente sei in zutreffender Höhe festgestellt. Zur Vermeidung von Wettbewerbsvorteilen hätten Arbeitgeber von Personen, die aus den in § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 4 SGB VI genannten Gründen versicherungsfrei seien, einen Arbeitgeberanteil zu zahlen, damit ihnen der Anreiz genommen werde, nur versicherungsfreie Personen zu beschäftigen. Dieser Arbeitgeberanteil sei kein Beitrag zur Rentenversicherung im eigentlichen Sinne und löse keine Leistungsansprüche aus. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 02.11.2007 zurück. Soweit der Kläger sich sinngemäß gegen die Versicherungsfreiheit von Beziehern einer Vollrente wende, sei der Rentenversicherungsträger an geltendes Recht gebunden.

Mit Schreiben vom 09.03.2012 wandte der Kläger sich erneut gegen die Ablehnung seines Antrags vom 06.06.2007 durch die vorgenannten Bescheide. Erst jetzt habe er Kenntnis davon erhalten, dass nach § 77 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 SGB VI die Möglichkeit bestehe, auch nach Vollendung des 64. Lebensjahres rentenerhöhend Entgeltpunkte aus einem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis zu erzielen. Hieraus ziehe er den Schluss, dass auf Seiten des Gesetzgebers der Wille bestehe, die Beschäftigung älterer Arbeitnehmer zu fördern und zu belohnen. Die von der Beklagten vorgebrachten Argumente der Vermeidung von Wettbewerbsvorteilen du...

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