Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialversicherungspflicht bzw -freiheit. Programmierer/IT-Berater. Projektarbeit. agile Arbeit im Scrum-Team. abhängige Beschäftigung. selbstständige Tätigkeit
Orientierungssatz
Zum sozialversicherungsrechtlichen Status eines Programmierers bzw IT-Beraters, der für ein IT-Unternehmen im Rahmen eines Projekts Individualsoftware nach der sogenannten Scrum-Methode entwickelte (hier: selbstständige Tätigkeit).
Tenor
Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 30.01.2020 und der Bescheid der Beklagten vom 21.06.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.11.2018 aufgehoben und es wird festgestellt, dass der Kläger bei seiner Tätigkeit als Programmierer für die Beigeladene zu 1) ab dem 01.01.2018 selbstständig tätig war und nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen selbst.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens über die Versicherungspflicht des Klägers während seiner Tätigkeit als Programmierer bzw. IT-Berater für die Beigeladene zu 1) im Zeitraum 01.01.2018 bis 30.06.2018.
Der im Jahr 1986 geborene Kläger ist Softwareentwickler. Er war bereits seit September 2011 über eine Zwischenfirma bei der Beigeladenen zu 1) als Softwareentwickler tätig. Nach eigenen Angaben ist er als Selbstständiger für verschiedene Auftraggeber tätig.
Die Beigeladene zu 1) ist ein 1986 gegründetes IT-Unternehmen im Bereich Softwareentwicklung. Sie erstellt unter anderem Individualsoftware für die D AG.
Der Kläger verrichtete in der Zeit vom 01.01.2018 bis 30.06.2018 Tätigkeiten als Programmierer bzw. IT-Berater für die Beigeladene zu 1) im Rahmen eines Projekts für die Erstellung von Individualsoftware für die D AG. Der Tätigkeit lag ein am 05.01.2018 geschlossener Rahmenvertrag sowie ein am 09.01.2018 geschlossener Einzelvertrag zu Grunde.
In dem Rahmenvertrag vom 05.01.2018 über eine freie Mitarbeit sind auszugsweise folgende Regelungen enthalten:
§ 1 Vertragsgegenstand
1. Der Auftragnehmer wird für den Auftraggeber im Projekt als freier Softwareentwickler tätig. Durch vom Auftraggeber erteilte Einzelaufträge werden die anfallenden Aufgaben vereinbart. Der Einsatz von Erfüllungsgehilfen bedarf der Zustimmung des Auftraggebers 2. Der Auftragnehmer überträgt dem Auftraggeber an seinen gemäß Nr. 1 erbrachten Arbeiten und Arbeitsergebnissen umfassenden, ausschließlichen sowie räumlich, inhaltlich und zeitlich unbegrenzten Nutzung-und Verwertungsrecht auch für unbekannte Nutzungsarten. Es verbleiben keine Nutzung-und Verwertungsrechte beim Auftragnehmer.
2. Der Auftraggeber sagt keine Mindestabnahme zu.
§ 2 Vertragsbeginn, Vertragsende und Volumen
1. Der Auftragnehmer verpflichtet sich, dem Auftraggeber im Zeitraum vom 01.01.2018 bis 30.06.2018 für insgesamt 40 Personentage zur Verfügung zu stehen, soweit dem keine ärztlich bestätigten gesundheitlichen Gründe ausschließend entgegenstehen.
§ 3 Vergütung
1. Der Auftragnehmer erhält für seinen nach § 1 dieses Vertrages erbrachte Tätigkeit ein Tageshonorar von 524 EUR zuzüglich der gesetzlichen Mehrwertsteuer, soweit einzelvertraglich nichts anderes vereinbart wird. Die Tätigkeitsvergütung ist vom Auftragnehmer kalendermonatlich im Nachhinein unter Vorlage eines vom Auftraggeber abgezeichneten Tätigkeitsnachweises abzurechnen und 14 Tage nach Rechnungseingang beim Auftraggeber zur Zahlung fällig. Der Tätigkeitsnachweis enthält eine Auflistung der erbrachten Tätigkeiten mit den jeweils benötigten Aufwendungen in Tagen zu acht Stunden.
§ 5 Verhältnisse des Auftragnehmers zu Dritten
Der Auftragnehmer hat das Recht, auch für Dritte Auftraggeber tätig zu sein. Einer vorherigen Zustimmung des Auftraggebers bedarf es nicht, es sei denn, bei dem Dritten handelt es sich um einen Wettbewerber des Auftraggebers.
§ 6 Tätigkeitsort
Dem Auftragnehmer wird kein bestimmter Einsatzort/-Bereich zugeteilt.
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Der am 09.01.2018 abgeschlossen Einzelvertrag zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1) über die Tätigkeit im Projekt „MBKS Vans 3.x und 4.0 (Entwicklungsleistungen im Bereich Konfigurationssysteme)“ lautet auszugsweise wie folgt: |
"Tätigkeitsbeschreibung": Tätigkeiten im Zusammenhang mit Software-Engineering im Rahmen des genannten Projekts für die aufgeführten Systeme, insbesondere |
• professionelle Entwicklung von Software im agilen Scrum-Prozess |
• Umsetzung von Entwicklung-Storys im Scrum-Prozess |
• Erstellung von Aufwandschätzungen |
• Teilnahme an Daily-Scrums, Sprint-Plannings, Sprint Reviews sowie Sprint Retrospektiven |
•Konzeption individueller Gesamtlösungen (wirtschaftlich, algorithmisch, technologisch) |
im Bereich Produktkonfiguration |
• Erstellung von Testkatalogen; Betreuung, Durchführung und Dokumentation von Soft- |
ware-Tests; Systemdokumentation |
Am 19.03.2018 beant...