Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialversicherungspflicht bzw -freiheit. (sport-)psychologischen Beraterin. abhängige Beschäftigung. selbstständige Tätigkeit. Abgrenzung. Wille der Vertragsparteien
Leitsatz (amtlich)
1. Der Beruf einer (sport-)psychologischen Beraterin gehört zu den maßgeblich durch persönliche Zuwendung und die individuellen Fähigkeiten, Kenntnisse und Erfahrungen des Dienstleisters geprägten Tätigkeiten, die grundsätzlich sowohl in der Form einer abhängigen Beschäftigung als auch im Rahmen eines freien Dienstverhältnisses ausgeübt werden können (hier: abhängige Beschäftigung).
2. Auf den Willen der Vertragsparteien kommt es nur dann entscheidend an, wenn die übrigen tatsächlichen Umstände in etwa gleichermaßen für eine Selbstständigkeit oder für eine Beschäftigung sprechen.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 23. Oktober 2019 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin aufgrund ihrer Tätigkeit als sportpsychologische Beraterin für den Beigeladenen zu 1 in der Zeit vom 1. Oktober 2013 bis 31. Dezember 2018 in der gesetzlichen Renten-, Kranken- und sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung versicherungspflichtig beschäftigt gewesen ist.
Die 1988 geborene Klägerin verfügt über einen Hochschulabschluss (Master of Science) der Psychologie und hat in den Jahren 2013/2014 eine Weiterbildung zur Sportpsychologin absolviert. Der Beigeladene zu 1 ist ein in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) organisiertes (sport-)psychologisches Institut, das Leistungen des Coachings, des kognitiven und mentalen Trainings, der Leistungsdiagnostik und Mitarbeiteranalyse sowie entsprechende Seminare und Vorträge anbietet und sich durch Publikationen sowie durch Mitwirkung an Lehrveranstaltungen und Forschungsprojekten wissenschaftlich betätigt. Seine beiden Gesellschafter lehren als Professoren an der DHfPG. Der Beigeladene zu 1 unterhält am Standort S Büroräumlichkeiten. Dort wurde die Klägerin ab dem Jahr 2013 als sportpsychologische Beraterin für den Beigeladenen zu 1 tätig. Daneben führte sie auch für andere Auftraggeber sportpsychologische Beratungen, Wettkampfbetreuungen, Schulungen und Workshops durch. Für ihre Tätigkeiten erstellte sie jeweils Rechnungen, die sie unabhängig vom jeweiligen Auftraggeber fortlaufend durchnummerierte. Dem Beigeladenen zu 1 stellte sie mit Ausnahme des Monats Dezember 2014, für den einmalig eine Abrechnung der „Arbeitszeit vom 01. bis 19. Dezember 2014“ mit „vereinbarungsgemäß“ 3.750 € erfolgte (vgl. Rechnung vom 19. Dezember 2014, Bl. 35 der Verwaltungsakte der Beklagten ≪VA≫), monatsweise unter Angabe des jeweiligen Tätigkeitszeitraums und Auflistung der erbrachten Leistungen für ihre „Arbeitszeit“ jeweils „vereinbarungsgemäß“ einen Betrag i.H.v. 2.500 € zuzüglich ggf. angefallener Fahrtkosten in unterschiedlicher Höhe sowie ab Januar 2016 der Umsatzsteuer in Rechnung (vgl. Bl. 20 bis 76 VA sowie Bl. 84, 89, 95, 99, 101, 105, 107, 111, 118 und 120 der Beiakte zu Bl. 68/73 der LSG-Akte ≪Beiakte≫). Dabei rechnete sie im Streitzeitraum gegenüber dem Beigeladenen zu 1 (oft in Kombination und jeweils ohne Angabe von konkreten Stunden) als Leistungen die Erstellung psychologisch-pädagogischer Gutachten bzw. Gutachtenerstellung, die Durchführung und Auswertung von Diagnostik, die Auswertung psychologischer Testverfahren, das Erstellen von Konzepten, die Gestaltung und Bearbeitung von Konzepten, die Erstellung von praktischen Übungen für den Nachwuchsbereich Fußball, die Überarbeitung des Rahmentrainingsplans Sportpsychologie, das Verfassen des Rahmentrainingsplans Golf, die Erstellung von Schulungsunterlagen, die Erstellung von Konzepten zu sportpsychologischen Workshops / Fortbildungen / Traineeprogrammen / Coaching-Programmen, die Vorbereitung und Durchführung von Workshops, die Durchführung mehrtägiger Seminare, die Durchführung von Einzelcoachings in Unternehmen, die Unterstützung bei einem Führungskräftecoaching, die Vorbereitung und Konzepterstellung von Beratungsprojekten in Unternehmen, die Korrektur eines Beratungskonzeptes, die Planung von Seminaren für Führungskräfte, die Ideensammlung zu Vortragsinhalten, die Unterstützung bei der Vorbereitung von Vorträgen, die Planung von Seminaren und Lehrveranstaltungen, die Nachbereitung von Seminaren und Lehrveranstaltungen, die Erstellung von Präsentationen und deren Überarbeitung und Übersetzung, die Überarbeitung von Studienbriefen für die DHfPG, die Unterstützung bei der Begutachtung von Abschlussarbeiten, die Korrektur von Hausarbeiten, Seminararbeiten und Klausuren, die Vorbereitung und Durchführung von Lehrveranstaltungen, Recherchen zu verschiedenen Fachthemen, Einarbeitung, Literaturrecherchen und Zusammenfassung von Artikeln und Texten, das Verfassen, Übersetzen und Überarbeiten von Artikeln, das Schreiben eines Buchkapitels, ...