Entscheidungsstichwort (Thema)

Kündigung

 

Leitsatz (amtlich)

§ 4 Satz 1 KSchG bezieht sich nicht auf die arbeitnehmerseitige „Eigen” – Kündigung

 

Orientierungssatz

Außerordentliche fristlose „Eigen” – Kündigung des Arbeitnehmers/Anfechtung/Motivirrtum

 

Normenkette

KSchG § 4 S. 1; BGB § 123 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Bautzen (Urteil vom 22.12.2006; Aktenzeichen 5 Ca 5162/06)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bautzen vom 22.12.2006 – 5 Ca 5162/06 – wird auf Kosten des Klägers

z u r ü c k g e w i e s e n.

Revision ist nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten auf die Berufung des beim Arbeitsgericht unterlegenen Klägers jetzt noch darüber, ob das sie verbindende Arbeitsverhältnis aufgrund außerordentlicher fristloser Arbeitgeberkündigung der Beklagten mit Schreiben vom 14.08.2006, dem Kläger zugegangen am selben Tag, hilfsweise erklärt zum nächst möglichen Zeitpunkt, sein Ende gefunden hat. Außerdem begehrt der Kläger die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände ende, sondern zu unveränderten Bedingungen fortbestehe.

Dabei steht und fällt die Klage mit der Entscheidung darüber, ob das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht bereits aufgrund außerordentlicher fristloser Eigenkündigung des Klägers mit Schreiben vom 07.08.2006, der Beklagten zugegangen am selben Tag, sein Ende gefunden hat.

Diese eigene Erklärung hat der Kläger angefochten, weil er zur Abgabe widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden sei.

Von der erneuten Darstellung des Tatbestandes wird im Wesentlichen abgesehen (§ 69 Abs. 2 ArbGG) und auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen (§ 69 Abs. 3 ArbGG).

Zu ergänzen ist mit Blick auf das Berufungsverfahren lediglich, dass der Kläger in einer an seinen prozessbevollmächtigten Rechtsanwalt gerichteten E-Mail – gesendet unter dem 21.12.2006 – u. a. Folgendes geäußert hat:

„…

Herr … und Herr … haben mich wie beschrieben unter Druck gesetzt (ich werde durch Firma gekündigt wenn ich es nicht selbst tue – die rechtliche Auswirkung einer Eigenkündigung war mir zu diesem Zeitpunkt wie schon beschrieben nicht bekannt, deshalb habe ich letztendlich die Kündigung geschrieben und nach Aufklärung zu Hause wieder zurückgenommen. Alle anderen Mitarbeiter wurden ebenfalls allein in das Zimmer zum Gespräch gerufen, die Vorgesetzten waren schon mit Bedacht zu Zweit und haben uns auch mit Bedacht nur allein ins Zimmer hereingerufen.

…” In der Berufungsverhandlung ist für die Beklagte darauf hingewiesen worden, dass der Kläger bezogen auf seine Eigenkündigung nicht die Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG gewahrt habe.

Im Übrigen wird wegen des tatsächlichen und rechtlichen Vorbringens beider Parteien auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

I.

Die Berufung ist unzulässig, soweit der Kläger die Feststellung begehrt, dass sein Arbeitsverhältnis „auch nicht durch andere Beendigungstatbestände” ende, sondern zu unveränderten Bedingungen fortbestehe. Denn insoweit fehlt es an einer eigenständigen Berufungsbegründung bezüglich dieses bereits bei dem Arbeitsgericht gestellten und dort abgewiesenen Klageantrags.

Dieser Antrag ist ersichtlich auch nicht auf die Eigenkündigung bezogen. Denn deren Rechtswirksamkeit ist Vorfrage für die Kündigungsschutzklage.

II.

Im Übrigen ist die Berufung zwar zulässig, nicht jedoch ist sie begründet. Denn die – ihrerseits zulässige – Kündigungsschutzklage ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat sie zu Recht abgewiesen, weil nicht festzustellen ist, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die streitgegenständliche Kündigung aufgelöst worden ist. Denn zum Zeitpunkt des Kündigungszugangs bestand aufgrund der (rechtswirksamen) Eigenkündigung des Klägers mit Schreiben vom 07.08.2006 bereits kein Arbeitsverhältnis mehr.

1. Allerdings ist die Klage nicht bereits deshalb unbegründet, weil der Kläger die Rechtsunwirksamkeit seiner Eigenkündigung nicht binnen der Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG geltend gemacht hätte bzw. binnen dieser Frist die Unwirksamkeit der Eigenkündigung wegen Irrtumsanfechtung nicht geltend gemacht hat.

Richtig ist, dass mit dem Gesetz zu Reform am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 (BGBl. I S. 3002 ff.), das am 01.01.2004 in Kraft getreten ist, durch dessen Art. 1 Nr. 2 in § 4 Satz 1 KSchG die Wörter „oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam” nach den Wörtern „sozial ungerechtfertigt” eingefügt wurden. Nach der Begründung des Gesetzentwurfs (BT-Drucks. 15/1204 S. 25) sollte damit für alle Fälle der Rechtsunwirksamkeit einer Arbeitgeberkündigung eine einheitliche Klagefrist gelten.

Damit bezieht sich § 4 Satz 1 KSchG nicht auf die arbeitnehmerseitige „Eigen”-Kündigung.

Die Frist bezieht sich auch nicht auf den Einwand, die Eigenkündigung sei infolge Irrtumsanfechtung nichtig. Denn dafür gelten nach dem BGB eigenständig geregelte materiell-rechtliche Anfechtungsfristen, die durch § 4 Satz 1 KSchG weder ausdrücklich noch der Sache nach eingeschränkt (oder erweitert) werden. Und Anfechtungs...

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