Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialversicherungspflicht bzw -freiheit. Projektkoordinator im Rahmen eines Netzwerks. fehlendes Unternehmerrisiko. Abgrenzung. abhängige Beschäftigung. selbstständige Tätigkeit
Leitsatz (amtlich)
Das fehlende Unternehmerrisiko ist dann kein gewichtiger, gegen die Selbstständigkeit sprechender Anhaltspunkt, wenn in der Gesamtschau die weitgehende Weisungsfreiheit sowie die nicht in einem relevanten Maß, dh die Tätigkeit prägenden Weise vorhandene Eingliederung in die Arbeitsorganisation, vielmehr die unternehmertypische Selbstorganisation der Leistungserbringung prägend und bestimmend für das Gesamtbild der Tätigkeit sind.
Orientierungssatz
Zur sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung einer Tätigkeit als Projektkoordinator zur Koordinierung und administrativen Durchführung eines Projekts im Rahmen eines Kooperationsnetzwerks.
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 05. April 2018 wird zurückgewiesen und der Urteilstenor zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:
Der Bescheid vom 11. Januar 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07. Juni 2017 wird aufgehoben und festgestellt, dass der Beigeladene zu 4 als Projektkoordinator für das X.... in der Zeit vom 15.11.2013 bis 31.12.2017 selbstständig tätig geworden ist.
II. Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
IV. Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 5.000,00 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über den sozialversicherungsrechtlichen Status des Beigeladenen zu 4 aufgrund seiner Tätigkeit als Projektkoordinator für das X.... A.... bei der Klägerin in der Zeit vom 15.11.2013 bis zum 31.12.2017.
Die Klägerin ist eine rechtsfähige Stiftung mit Sitz in A.... und verfolgt einerseits die Förderung von Wissenschaft und Forschung auf dem Gebiet des Umweltschutzes, der Landschaft und der ökologischen Ernährung und andererseits die Förderung der Jugendbildung und des Sports. Vorstandsvorsitzender der Klägerin war W...., Aufsichtsratsvorsitzender der Y…. (im Folgenden: Y....) in A..... Als geschäftsführendes Vorstandsmitglied war die Diplom-Landschaftsökologin I.... bis zu ihrem Umzug nach V.... im September 2014 bei der Klägerin ehrenamtlich tätig, danach die Reiseverkehrskauffrau U...., die 2017 geschäftsführendes Vorstandsmitglied wurde und bei der Y.... angestellt war. Im Jahr 2013 hatte die Klägerin keinen Angestellten. Ab 2014 beschäftigte sie Handballtrainer, jeweils zeitlich befristet, zur Unterstützung des Nachwuchses des BSV Sachsen A.....
Ende 2013/Anfang 2014 schloss die Klägerin als Impulsgeberin mit dem Paritätischen Verband Sachsen und den Vereinen SOS-Mütterzentrum A...., SOS Kinder- und Jugendtreff T...., Lernwerkstatt A.... e. V., S.... e. V., R.... e.V. und Theater Q.... A.... gGmbH die „Kooperationsvereinbarung X.... A....“ (im Folgenden: X....) über die Zusammenarbeit im Rahmen des Förderprogramms „Kultur macht stark. X....“ ab, welche zunächst bis zum 31.12.2015 befristet war - mit Verlängerungsoption. Darin verpflichteten sich die Kooperationspartner die für die erfolgreiche Durchführung der von dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) auf Antrag geförderten außerschulischen Bildungsmaßnahmen notwendigen Vorleistungen zu erbringen, die Maßnahmen eigenverantwortlich durchzuführen, Personal oder Sachmittel dafür unentgeltlich zur Verfügung zu stellen, Bilder und Texte zu den Projekten der Klägerin zeitnah zuzuarbeiten und an regelmäßigen Netzwerktreffen mindestens alle zwei Monate teilzunehmen. Darüber hinaus verpflichteten sie sich, die sich aus den Zuwendungsverträgen ergebenden Verpflichtungen als für sich verbindlich anzuerkennen. Die Funktion der Klägerin bestand in der Projektkoordination, Stellung der Förderanträge, Belegprüfung, Abrechnung und Auszahlung der Fördergelder, Festlegung der Gremien und Gremienarbeit, Entscheidungsmechanismen, Öffentlichkeits- und Netzwerkarbeit, Sicherstellung der Finanzierung im Rahmen des Antrags auf Ausgabenbasis. Wegen der Einzelheiten der Kooperationsvereinbarungen und Kooperationszusagen wird auf Bl. 200 bis 215 GA verwiesen.
Die Klägerin vereinbarte mit dem Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband-Gesamtverband e.V., J.... (im Folgenden: Paritätischen Wohlfahrtsband) als Erstempfänger der Zuwendungen des BMBF am 17.12.2013 einen Zuwendungsvertrag. Die Klägerin war Letztzuwendungsempfängerin für das X..... Als solche stellte sie bei dem Paritätischen Wohlfahrtsverband den Antrag auf Gewährung einer Bundeszuwendung auf Ausgabenbasis als Letztempfänger vom 17.12.2013 (Ich und meine Stadt!) für den Bewilligungszeitraum vom 17.12.2013 bis 31.08.2014, ferner Anträge für den Bewilligungszeitraum vom 06.08.2014 bis 31.12.2014 (Ich und meine Stadt! Teil 2) und für den Bewilligungszeitraum vom 16.12.2014 bis 31.08.2015 (Neue Perspektiven in der Stadt). Der Förderung lag die „Richtlinie zur Förderung von außerschulischen Maßnahmen, insbes...