Rz. 3
Die Vorschrift erfasst alle Fallgestaltungen bei den Leistungen der Arbeitsförderung, bei denen eine Berücksichtigung von Einkommen vorgesehen ist. Es kommt nicht darauf an, ob das Einkommen konkret auf die Leistung der Arbeitsförderung anzurechnen ist oder nicht. Die Vorschrift ist auch anzuwenden, wenn eine Leistung der Arbeitsförderung im Ermessensweg zu bemessen und bei dieser Ermessensentscheidung das Einkommen (abstrakt) zu berücksichtigen ist.
Rz. 4
§ 329 betrifft nicht allein die Leistungen an Arbeitnehmer, sondern auch die Leistungen für Arbeitnehmer an Arbeitgeber und an Träger; denn sie betrifft alle Leistungsverfahren. Das schließt auch übergangsweise mögliche Leistungen ein.
Rz. 5
Die Vorschrift trifft eine Regelung für Sonderfälle. Das bedeutet für sich allein bereits eine erhebliche Einschränkung. Maßstab des § 329 ist die kurze Zeit, für die Einkommen zu berücksichtigen ist. Damit wird der Amtsermittlungsgrundsatz nach § 20 SGB X, der die Agenturen für Arbeit trifft, nicht gegenstandslos. Das zeigt sich bei der vorauszugehenden Anhörung des Arbeitnehmers. Andererseits stellt der Gesetzgeber keine weiteren spezifischen Anforderungen. Daher ist im Einzelfall abzuwägen, ob die Vorschrift entsprechend dem Ziel, Verwaltungsverfahren zu beschleunigen, angewendet werden kann. Die vorausgehende Anhörungspflicht einerseits und der im Kern nicht tangierte Amtsermittlungsgrundsatz verdeutlichen, dass die Agentur für Arbeit ihre Ermittlungspflichten nicht auf die Anhörung beschränken und sie auch nicht zulasten der Anhörung verschieben kann. Die Agentur für Arbeit hat auch in diesem Zusammenhang zu prüfen, ob und auf welchem Wege sie zu Angaben kommen kann, die eine Schätzung erübrigen. Das sind eben nicht nur Belege des Antragstellers, sondern auch Bescheinigungen Dritter.
Rz. 6
Einkommen darf nicht nur im Zusammenhang mit gestellten Leistungsanträgen geschätzt werden, sondern in allen Fällen, in denen Einkommen in irgendeiner Weise zu berücksichtigen ist, insbesondere also auch in laufenden Leistungsfällen aller Art oder im Zusammenhang mit der Gewährung einmaliger Leistungen.
Rz. 7
Typischer Fall des § 329 ist die Berücksichtigung von Nebeneinkommen nach § 155, das nach Maßgabe dieser Vorschrift auf das Alg anzurechnen ist. Die Anrechnungsvorschrift selbst lässt bereits zu, zwischen einmaligem und ständigem Nebeneinkommen zu unterscheiden und bei dem ständigen Nebeneinkommen wiederum nach ständig gleichbleibendem und der Höhe nach ständig erheblich unterschiedlichem Einkommen. Auf alle Unterscheidungen kann § 329 einwirken. Weitere Fälle betreffen die Berufsausbildungsbeihilfe und das Kurzarbeitergeld. Bei einmaligem Nebeneinkommen handelt es sich i. d. R. um einen kurzen Zeitraum, für den Nebeneinkommen zu berücksichtigen ist. Bei ständigem Nebeneinkommen, das der der Höhe nach starken Schwankungen unterliegt, kommt eine Schätzung z. B. für einen Zahlungszeitraum in Betracht. Ständiges, der Höhe nach gleichbleibendes Einkommen kann auch geschätzt werden, wenn es in einer Gesamtschau nur für eine kurze Zeit zu berücksichtigen ist. In diesem Zusammenhang ist zu bedenken, dass auch eine vorläufige Entscheidung in Betracht kommen kann (§ 328), sofern durch Berücksichtigung von Einkommen der gesamte Anspruch in Frage gestellt ist oder nach § 42 SGB I Vorschüsse gezahlt werden können.
Rz. 8
Bei den Leistungen der aktiven Arbeitsförderung an einen Arbeitnehmer ist eine Einkommensschätzung z. B. angebracht, soweit im Zusammenhang mit der Eingliederung in Arbeit die Zeit bis zur ersten Lohn- oder Gehaltszahlung durch ein Darlehen überbrückt werden soll, weil das Darlehen mit der Höhe des voraussichtlichen Einkommens in einem unauflöslichen Zusammenhang steht. Es darf etwa die Höhe des zu erwartenden Einkommens nicht übersteigen.
Rz. 9
Bei den Leistungen an Arbeitgeber ist z. B. bei der Bemessung des Eingliederungszuschusses zu berücksichtigen, in welchem Verhältnis das Leistungsdefizit zum Einkommen steht, damit der Eingliederungszuschuss den Intentionen des Gesetzgebers entsprechend lediglich in einer Höhe festgesetzt wird, damit das Leistungsdefizit z. B. während einer Einarbeitungszeit überbrückt werden kann. Dieselben Überlegungen treffen auf die Leistungen an Träger zu.
Rz. 10
Entsprechend dem Amtsermittlungsgrundsatz ist vor einer Anwendung des § 329 der Leistungsberechtigte zu hören. Daraus ergibt sich, die Agentur für Arbeit eine Anhörung i. S. d. § 329 je nach Betroffenheit an den Arbeitnehmer, Arbeitgeber oder Träger richten muss, bevor sie zu berücksichtigendes Einkommen schätzt. Aufgrund des Amtsermittlungsgrundsatzes bleibt es der Agentur für Arbeit unbenommen, bei Leistungen an den Arbeitgeber oder den Träger auch den Arbeitnehmer zur Höhe des zu berücksichtigenden Einkommens anzuhören.
Rz. 11
Die Anhörung ist auf die Feststellung des zu berücksichtigenden Einkommens auszurichten. Zu weiteren Ermittlungen ermächtigt § 329 nicht. Die Agentur für Arbeit darf aber in eine Anhörung weitere Sachverhalt...