0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Vorschrift wurde mit Wirkung zum 1.4.2012 durch das Gesetz zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt v. 20.12.2011 (BGBl. I S. 2854) von § 434r nach § 439 überführt.
Die Vorschrift wurde zuvor zum 1.1.2008 als § 434r durch das Sechste Gesetz zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze v. 22.12.2007 (BGBl. I S. 3245) in das SGB III eingefügt.
Zum 1.1.2008 wurde die Vorschrift neu gefasst, wobei § 434r Abs. 2 bis 4 durch das Siebte Gesetz zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze v. 8.4.2008 (BGBl. I S. 681) angefügt wurden.
Mit Wirkung zum 1.4.2012 wurden Abs. 1 geändert und die Abs. 2 bis 4 aufgehoben.
1 Allgemeines
Rz. 2
Die Vorschrift trifft eine Übergangsregelung zur Verlängerung der Anspruchsdauer auf Arbeitslosengeld (Alg). Sie begünstigt im Grundsatz lebensältere Arbeitslose, die von der Neufassung des § 127 a. F. allein deshalb nicht profitieren können, weil ihr Anspruch auf Alg bereits vor dem 1.1.2008 entstanden ist. Vorausgesetzt wird lediglich, dass die Arbeitslosenversicherung insoweit noch nicht vollständig abgewickelt ist, der Arbeitslose also am 1.1.2008 noch über einen Restanspruch auf die Versicherungsleistung verfügt, den er auch noch geltend machen kann. Von der Begünstigung werden nur die älteren Arbeitslosen erfasst, die nach altem Recht die mögliche Höchstanspruchsdauer erworben haben. Ihr Anspruch wird pauschal auf 15 Monate erhöht, wenn sie vor dem 1.1.2008 das 50. Lebensjahr vollendet haben, und pauschal auf 24 Monate erhöht, wenn sie vor dem 1.1.2008 das 58. Lebensjahr vollendet haben. Ob die Versicherungsleistung am 1.1.2008 laufend bezogen wird oder nicht, ist unerheblich.
Die Regelung hat keine praktische Bedeutung mehr.
Rz. 3–6
(unbesetzt)
2 Rechtspraxis
Rz. 7
Die Vorschrift fokussiert auf die älteren Arbeitnehmer, die bereits vor dem 1.1.2008 einen Anspruch auf Alg erworben haben und deshalb von der Verlängerung der Anspruchsdauer nach § 127 Abs. 2 nicht profitieren können. Die Regelung verfolgt das Ziel, diesen Personenkreis pauschal an der Begünstigung durch die Neuregelung zu beteiligen.
Rz. 8
Die Vorschrift sieht eine pauschale Erhöhung der Anspruchsdauer auf Alg vor. Mindestens 50 Jahre alte Arbeitnehmer kommen in den Genuss einer verlängerten Anspruchsdauer von 15 Monaten (Verlängerung um 3 Monate) und mindestens 58 Jahre alten Arbeitnehmern wird eine verlängerte Anspruchsdauer von 24 Monaten zugestanden (Verlängerung um 6 Monate). Einer Übergangsregelung für mindestens 55 Jahre alte Arbeitnehmer bedurfte es nicht, diese können nach altem wie nach neuem Recht nur eine Höchstanspruchsdauer von 18 Monaten erwerben.
Rz. 8a
Das BSG hat entschieden, dass Betroffene durch die pauschale Erhöhung der Anspruchsdauer nicht in ihren Rechten verletzt werden (BSG, Urteil v. 14.9.2010, B 7 AL 23/09 R). Zugrunde lag eine Revision des Arbeitslosen. Ihm hätte, wenn er zum Zeitpunkt der Gesetzesänderung, dem 1.2.2006 arbeitslos geworden wäre, ein Anspruch auf Alg mit einer Höchstanspruchsdauer von 26 Monaten zugestanden. Nach der Neuregelung unter Berücksichtigung des § 434r wurden ihm 24 Monate Anspruchsdauer zuerkannt.
Das BSG befand, dass der Kläger unter Berücksichtigung der Übergangsregelung lediglich eine Verkürzung um 2 Monate hinnehmen musste und er dadurch nicht in seinen Grundrechten verletzt wurde. Eine Verkürzung der Anspruchsdauer um 2 Monate verstoße weder gegen das verfassungsrechtliche Übermaßverbot noch gegen den Gleichheitssatz nach Art. 3 GG.
Dabei könne dahinstehen, ob sich die eigentumsgeschützte Anwartschaft überhaupt auf die Dauer eines möglichen späteren Alg-Anspruchs erstrecke. Der verfassungsrechtliche Eigentumsschutz für eine Anwartschaft auf das Alg schließe deren Anpassung an veränderte Bedingungen des Arbeitsmarktes jedenfalls nicht aus.
Die Verkürzung der Anspruchsdauer auf Alg sollte im Hinblick auf die zu erwartende demographische Entwicklung der Tendenz zur Frühverrentung entgegenwirken. Dies sei ein sachlicher Grund für die Gesetzesänderung, die sich, soweit § 434r eingreife, im verfassungsrechtlich zulässigen Rahmen bewege.
Rz. 9
Die pauschale Begünstigung setzt voraus, dass die dem Lebensalter nach in Betracht kommenden Arbeitnehmer vor 2008 einen Anspruch auf Alg mit der nach dem bis 31.12.2007 maßgebenden Höchstanspruchsdauer ihrer Altersklasse erworben haben. Unerheblich ist nicht, nach welcher Rechtslage diese Höchstanspruchsdauer erworben wurde. Allerdings macht nur die gegenüber der aktuellen Rechtslage seit 2008 ungünstigere Höchstanspruchsdauer Sinn, die zuletzt bis zum 31.12.2007 maßgebend war. Hat der Arbeitnehmer also die Voraussetzungen dem Lebensalter nach erfüllt, aber nur eine Anspruchsdauer erworben, die die Höchstanspruchsdauer nach § 127 Abs. 2 nicht erreichte, kommt für ihn eine pauschale Erhöhung der Anspruchsdauer nicht in Betracht. Insoweit spiegelt sich in der Übergangsregelung das Versicherungsprinzip, denn in der geringeren Anspruchsdauer drückt sich auch eine geringe Versicherungspflichtzei...