Rz. 9
Satz 2 zählt die Kriterien auf, nach denen die Ermessensentscheidung zu treffen ist. Die Kriterien sind grundsätzlich in allen Einzelfällen heranzuziehen, um eine Ungleichbehandlung von Arbeitslosen mit arbeitsmarktpolitischem Handlungsbedarf zu vermeiden. Satz 2 Nr. 1 betrifft die Fähigkeiten der zu fördernden Person. Damit ist Eignung im umfassenden Sinn gemeint. Die bereits erlangte schulische und berufliche Bildung und Qualifikation ist ebenso zu berücksichtigen wie andere erworbene Kenntnisse und Fertigkeiten. Es wird zutreffend auf die Fähigkeiten abgestellt, wenn die ausgewählte Maßnahme die Qualifikation des Betroffenen in Bezug auf die konkrete Eingliederung oder Eingliederungsaussicht optimal ergänzt bzw. erweitert. Dafür können nicht nur objektive Kriterien, sondern durchaus auch subjektive Neigungen entscheidungserheblich sein. Gerade bei behinderten Menschen kommt den subjektiven Vorstellungen ein besonderer Stellenwert zu. Die Eignung ist stets auch unter physischen und psychischen Gesichtspunkten zu beurteilen. Denkbar ist schließlich darüber hinaus, dass die Fähigkeiten der zu fördernden Person in Bezug auf die angestrebte Arbeitsaufnahme keiner Förderung bedürfen; in diesen Fällen darf allein auf Satz 2 Nr. 2 abgestellt werden.
Rz. 10
Satz 2 Nr. 2 fügt den Beurteilungskriterien die Aufnahmefähigkeit des Arbeitsmarktes hinzu. Damit wird einerseits der arbeitsmarktpolitische Erfolgsfaktor eingebracht, andererseits ein Anknüpfungspunkt zu den Arbeitgebern und deren Bedürfnissen geschaffen. Satz 2 Nr. 2 enthält eine mittelfristige perspektivische Komponente. So sollen z. B. Weiterbildungsmaßnahmen durch Umschulung nicht in aussterbende Berufe gefördert werden, also in denen absehbar keine (langfristigen) Beschäftigungsmöglichkeiten bestehen. Die Fachkräfte in den Agenturen für Arbeit sind gehalten, bei der Auswahl der Maßnahme Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes zu beachten. Es gehört ohnehin zu ihren ständigen Aufgaben, diesen zu beobachten. Hilfreich können auch die Forschungsergebnisse des Institutes für Arbeitmarkt- und Berufsforschung sein. Zur Aufnahmefähigkeit des Arbeitsmarktes kann auch die maßgebende Region einen wesentlichen Ansatzpunkt bilden. In Deutschland zeigt sich seit langer Zeit eine deutlich größere Aufnahmefähigkeit des Arbeitsmarktes in den eher südlich gelegenen Bundesländern (Bayern, Baden-Württemberg und Hessen), ein dynamischer Arbeitsmarkt ist zudem insbesondere in Hamburg vorhanden. Schließlich gilt es, den Bedarf an Fachkräften zu beobachten und zu analysieren, bei Fachkräftemangel – wie aktuell trotz leicht steigender Arbeitslosigkeit zu beobachten – ist die Aufnahmefähigkeit des Arbeitsmarktes besonders groß. Das hat zur Folge, dass es einer besonderen Begründung dafür bedarf, einen grundsätzlich geeigneten Arbeitslosen noch mit Fördermitteln zugunsten des Arbeitgebers auszustatten.
Rz. 11
Satz 2 Nr. 3 stellt auf die Notwendigkeit bzw. Erforderlichkeit der arbeitsmarktpolitischen Leistung ab. Damit soll dem "Rucksackverfahren" entgegengewirkt werden, nach dem z. T. eine ungeförderte Arbeitsaufnahme außerhalb von Fachkräftemangel kaum noch möglich erscheint. Im Vermittlungsprozess sind nach der Potenzialanalyse (§ 37 Abs. 1) Maßnahmen zur Realisierung einer Arbeitsaufnahme (Strategie) zu entwickeln und in die Eingliederungsvereinbarung aufzunehmen. Konsequenterweise sind anschließend die in der Eingliederungsvereinbarung enthaltenen Leistungen auch zu erbringen. Satz 2 Nr. 3 stellt insofern klar, dass der begonnene Eingliederungsprozess konsequent fortzuführen ist. Arbeitsmarktpolitischer Handlungsbedarf meint die im Einzelfall erforderliche arbeitsmarktpolitische Maßnahme für den Betroffenen aus der entwickelten Integrationsstrategie. Letztlich wird die Fachkraft der Agentur für Arbeit auch zu beachten haben, in welchem Umfang noch Haushaltsmittel aus dem Eingliederungstitel zur Verfügung stehen und ob die Auswahl mit dem Arbeitsmarktprogramm der Agentur für Arbeit übereinstimmt. Das ändert aber nichts an dem Erfordernis einer spezifischen arbeitsmarktpolitischen Maßnahme für eine nachhaltige berufliche Eingliederung im Einzelfall. Mit ausschlaggebend ist ferner die geschlossene Eingliederungsvereinbarung.
Rz. 12
Im Verhältnis der Auswahlkriterien zueinander genießt der Eingliederungserfolg Priorität. Im Zweifel ist eine arbeitsmarktpolitische Leistung, mit der eine nachhaltige Arbeitsaufnahme (z. B. durch eine unbefristete sozialversicherungspflichtige Beschäftigung) erreicht wird, auch auszuwählen, wenn der Arbeitsmarkt an sich für derartige Beschäftigungen nicht mehr aufnahmefähig ist und die Leistung (bei abstrakter Betrachtung) für eine berufliche Integration nicht erforderlich ist.
Rz. 13
Die Aufzählung in Satz 2 ist recht verbindlich. Die Fachkraft der Agentur für Arbeit darf ohne Weiteres keines der Kriterien außer Acht lassen. Andererseits ist die Aufzählung nicht abschließend. Weitere im Einzelfall in Betracht kommende Kriterien, etwa soziale Umstä...