Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Zuständigkeit des Sozialgerichts für Antrag des Abtretungsgläubigers einer Sozialleistung nach § 850c Abs 4 ZPO. statthafte Klageart
Leitsatz (amtlich)
1. Das Sozialgericht entscheidet über den Antrag nach § 850c Abs 4 ZPO des Abtretungsgläubigers einer Sozialleistung im Rahmen einer echten Leistungsklage gemäß § 54 Abs 5 SGG.
2. Eine Entscheidung gemäß § 850c Abs 4 ZPO liegt in der alleinigen Zuständigkeit des Gerichts. Ein Sozialleistungsträger hat insoweit kein Ermessen.
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, ab März 2013 die Beigeladene zu 2 als Ehefrau bei der Berechnung des unpfändbaren Teils der Rente des Beigeladenen zu 1 nicht zu berücksichtigen und dem Kläger einen dementsprechend höheren pfändbaren Betrag von der Rente auszuzahlen.
I. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben. Die Beigeladenen haben keine Kosten zu tragen.
Tatbestand
Gegenstand der Klage ist die Höhe des pfändbaren Betrages einer Altersrente für einen Abtretungsgläubiger.
Der Beigeladene zu 1 bezieht von der Beklagten eine Altersrente. Der Nettorentenbetrag beträgt seit 1.1.2013 1.536,38 €. Die Beigeladene zu 2 ist die Ehefrau des Beigeladenen zu 1 und bezieht eine eigene Altersrente. Laut einer in der Verwaltungsakte vorliegenden Bescheinigung über den monatlichen sozialhilferechtlichen Bedarf nach dem SGB XII des Beigeladenen zu 1 betrug der Nettorentenbetrag am 5.1.2012 459,57 €.
Dem Kläger steht aufgrund eines Abtretungsvertrages vom 1.9.2008 als Abtretungsgläubiger der pfändbare Teil der Nettorente des Beigeladenen zu 1 zu.
Die Beklagte überwies seit 1.9.2008 an den Kläger monatlich zunächst den pfändbaren Betrag in Höhe von 41,46 € und seit 1.7.2012 in Höhe von 56,95 €.
Das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - B-Stadt erließ am 19.9.2008 einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss zugunsten der BAG Bankaktiengesellschaft gegen den Beigeladenen zu 1 über einen Anspruch in Höhe von 50.015,00 € bzgl. der Rente. Mit Beschluss des Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - B-Stadt vom 21.2.2012 (Az. 244 M 441921/08) wurde dieser Pfändungs- und Überweisungsbeschluss dahingehend geändert, dass die Beigeladene zu 2 bei der Berechnung des unpfändbaren Einkommens ab dem 1.3.2012 unberücksichtigt zu bleiben hat. Die sofortige Beschwerde gegen diesen Beschluss war erfolglos (Nichtabhilfebeschluss vom 5.3.2012; Beschluss des Landgerichts B-Stadt vom 10.3.2012 - Az. 2 T 118/12).
Ab 1.3.2012 überwies die Beklagte der BAG Bankaktiengesellschaft monatlich die Differenz zwischen dem errechneten pfändbaren Betrag ohne Berücksichtigung der Unterhaltspflicht gegenüber der Ehefrau und dem an den Kläger ausgezahlten Betrag. Seit 1.7.2012 sind dies 293,83 €.
Der Beigeladene zu 1 beantragte beim Sozialgericht Bremen im Wege einer einstweiligen Anordnung eine Auszahlung seiner Rente ohne einen Abzug zugunsten der BAG Bankaktiengesellschaft. Der Antrag wurde mit Beschluss vom 8.6.2012 rechtskräftig abgelehnt.
Mit Schreiben vom 26.3.2012 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Auszahlung des kompletten pfändbaren Betrages an ihn. Die Beklagte verwies mit Schreiben vom 2.4.2012 darauf hin, dass die Anordnung des Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - B-Stadt nur für die Pfändungsangelegenheit der BAG Bankaktiengesellschaft gelte und sie nicht berechtigt sei, bei der Ermittlung ggf. abtretbarer Beträge unterhaltsberechtigte Personen mit eigenen Einkünften entsprechend § 850c Abs. 4 ZPO unberücksichtigt zu lassen.
Der Kläger hat am 7.8.2012 Klage beim Sozialgericht Bremen erhoben. Dieses hat den Rechtsstreit aufgrund des Wohnsitzes des Klägers an das Sozialgericht München verwiesen.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, bei der Berechnung des abtretbaren Teils der an den Beigeladenen zu 1 geleisteten Rente, ab dem 1.3.2012, hilfsweise ab dem nächstmöglichen Zeitpunkt, die Beigeladene zu 2 nicht als unterhaltsberechtigte Person zu berücksichtigen.
Die Beklagte beantragt,
dass das Sozialgericht in eigener Zuständigkeit feststellt, ob die Beigeladene zu 2 als unterhaltsberechtigte Person zu berücksichtigen ist.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Rechtsstreits wird auf den Inhalt der Gerichtsakte des Sozialgerichts München S 4 R 1961/12, der Gerichtsakten und S 31 R 189/12 ER des Sozialgerichts B-Stadt sowie der beigezogenen Akte der Beklagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Der Rechtsstreit kann durch Gerichtsbescheid entschieden werden, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher und rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist (§ 105 SGG). Die nach § 105 Abs. 1 S. 2 SGG erforderliche Anhörung ist erfolgt.
Die Klage ist zulässig und überwiegend begründet.
Das Gericht schließt sich grundsätzlich der Auffassung des Bundessozialgerichts im Urteil vom 27.11.1991 (Az. 4 RA 80/90) an, dass einem Abtretungsgläubiger einer Sozialleistung das Antragsrecht gem. § 850c Abs. 4 ZPO analog zusteht und für eine diesbezügliche Entscheidung die...