Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosenversicherung: Ruhen des Arbeitslosengeldanspruchs bei Abfindungszahlung im Rahmen einer Kündigung. Anwendung der Ruhensregelung bei einer auf betriebliche Gründe gestützten außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund
Orientierungssatz
1. War ein befristetes Arbeitsverhältnis nicht ordentlich kündbar, so führt eine Abfindung, die bei vorzeitiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses gezahlt wird, jedenfalls dann nicht zum Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld, wenn eine auf betriebliche Gründe gestützte außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund ausgesprochen war, eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit nicht bestand und die gesetzlichen Kündigungsfrist für eine ordentliche Kündigung eingehalten wurde.
2. Einzelfall zur Bewertung des Vorliegens einer auf betriebliche Gründe gestützten außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund bei Abberufung eines Vorstandsmitglieds einer Wohnungsgenossenschaft.
Tenor
Der Bescheid vom 04.04.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.08.2017 wird aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger ab dem 02.09.2017 Arbeitslosengeld in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger seine notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Arbeitslosengeldanspruch des Klägers wegen einer Abfindung in der Zeit vom 01.09.2017 bis 26.02.2017 ruht.
Der am … geborene Kläger war von 2002 bis 2013 als Geschäftsführer bei einer .. und wechselte ab dem 01.01.2014 in eine neue Beschäftigung als hauptamtliches Vorstandsmitglied C-Stadt beschäftigt. Grundlage für das Beschäftigungsverhältnis war die Satzung der Wohnungsgenossenschaft und der am 19.12.2012 geschlossene Dienstvertrag (DV), wonach der Kläger durch Beschluss des Aufsichtsrates mit Wirkung vom 01.01.2014 für Dauer von fünf Jahren zum Vorstandsmitglied bestellt wurde. Der Kläger war berechtigt, die Genossenschaft gerichtlich und außergerichtlich gemeinsam mit einem weiteren Vorstandsmitglied oder mit einem Prokuristen zu vertreten. Die Vergütung betrug 6.900 € brutto monatlich. Zuzüglich wurden Urlaubs- und Weihnachtsgeld gezahlt. § 10 DV regelte zu Vertragsbeginn und Vertragsende Folgendes:
1. “Das Dienstverhältnis beginnt am 1. Januar 2014. Es endet, ohne dass es einer Kündigung bedarf, mit Ablauf der jeweiligen Bestellung. Wird das Vorstandsmitglied durch Beschluss der Vertreterversammlung abberufen, endet das Dienstverhältnis automatisch mit einer Frist von sechs Monaten. Das Vorstandsmitglied kann während dieses Zeitraumes von seiner Tätigkeit freigestellt werden. Das Dienstverhältnis endet auch, wenn Umstände nach § 9 (durch den RV-Träger festgestellte Erwerbsminderung) eintreten.
2. Wird das Vorstandsmitglied erneut bestellt, verlängert sich der Vertrag automatisch.
3. Der Vertrag endet ohne ausdrückliche Kündigung in dem Monat, in dem das Vorstandsmitglied das gesetzliche Rentenalter erreicht.
4. Ab dem Zeitpunkt des Beschlusses des Aufsichtsrates, das Vorstandsmitglied nicht über die laufende Amtsdauer hinaus wieder zu bestellen, kann das Vorstandsmitglied für die restliche Dauer des Dienstverhältnisses freigestellt werden.
5. Im Fall der Nichtwiederbestellung durch den Aufsichtsrat oder durch die Abberufung durch die Vertreterversammlung erhält das Vorstandsmitglied eine einmalige Abfindung sechs Monatsgehältern.„
Nach der Satzung der Wohnungsgenossenschaft (§ 21 Abs. 6) sollten Anstellungsverträge mit hauptamtlichen Vorstandsmitgliedern für die Dauer der Bestellung abgeschlossen werden. Für die Kündigung des Anstellungsverhältnisses unter Einhaltung der gesetzlichen oder vertraglichen Fristen sowie für den Abschluss von Aufhebungsverträgen war der Aufsichtsrat, vertreten durch seinen Vorsitzenden zuständig. Für fristlose Kündigungen aus wichtigem Grund war die Vertreterversammlung zuständig.
Im November 2016 teilte der Kläger den Aufsichtsratmitgliedern der Wohnungsgenossenschaft mit, dass er nicht mehr bereit sei, seine Zustimmung zu Rechtsgeschäften zwischen Aufsichtsratsmitgliedern und der Wohnungsgenossenschaft zu geben. Nach Angaben des Klägers wurde er darauf hin vom Aufsichtsrat ab dem 17.11.2016 vom Dienst suspendiert und mit einem Hausverbot belegt. Mit Schreiben vom 23.11.2016 wurde der Kläger vorläufig seines Amtes enthoben. Es wurde eine außerordentliche Vertreterversammlung für den 15.12.2016 einberufen, in der die Abberufung bzw. Kündigung des Klägers in seiner als Vorstandsmitglied beschlossen werden sollte. Nachdem auf der Sitzung ein entsprechender Beschluss nicht gefasst wurde, schloss der Kläger am 02.03.2017 einen Aufhebungsvertrag, wonach die Bestellung zum Vorstand einvernehmlich mit Wirkung zum 28.02.2017 beendet wird und er sein Mandat als Vorstandsmitglied niederlegt. Die Wohnungsgenossenschaft gewährte dem Kläger eine Abfindung in Höhe von 200.000 € und überließ dem Kläger sein Dienstfahrzeug, dessen Verkehrswert mit 15.000 € beziffert wird.
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