Rz. 68
Als Mutterschaftsgeld wird das um die gesetzlichen Abzüge verminderte durchschnittliche kalendertägliche Arbeitsentgelt der letzten 3 abgerechneten Kalendermonate vor Beginn der Schutzfrist i. S. d. § 3 Abs. 1 MuSchG gezahlt (Nettoarbeitsentgelt), höchstens jedoch 13,00 EUR für den Kalendertag (vgl. § 24i Abs. 2 Satz 2 und 4). Für die Ermittlung des durchschnittlichen kalendertäglichen Nettoarbeitsentgelts gilt gemäß § 24i Abs. 2 Satz 3 die Vorschrift des § 21 MuSchG entsprechend. Nach § 21 Abs. 1 MuSchG bleiben für die Ermittlung des durchschnittlichen Arbeitsentgelts Abrechnungszeiträume unberücksichtigt, in denen die Frau infolge unverschuldeter Fehlzeiten kein Arbeitsentgelt erzielt hat.
Der Begriff "durchschnittliches Arbeitsentgelt" in § 21 Abs. 1 Satz 1 MuSchG hat den gleichen Inhalt wie der Begriff "Durchschnittsverdienst". Daher zählen auch sämtliche regelmäßigen und festen geldwerten Bezüge zum Durchschnittsverdienst, wenn diese in den letzten 3 Monaten Teil des Arbeitsentgelts waren (BAG, Urteil v. 11.10.2000, 5 AZR 240/99).
Rz. 69
Aufgrund des Verweises in § 24i Abs. 2 Satz 2 SGB V auf § 21 MuSchG könnte man zu der Auffassung gelangen, dass für die Berechnung des Mutterschaftsgeldes nicht das sozialversicherungsrechtliche, sondern das arbeitsrechtliche Arbeitsentgelt heranzuziehen ist. Denn das Mutterschutzgesetz ist kein sozialversicherungsrechtliches, sondern ein arbeitsrechtliches Gesetz, weil es das Beziehungsgeflecht zwischen der schwangeren Arbeitnehmerin bzw. der jungen Mutter und dem Arbeitgeber regelt. Dem ist jedoch nicht so: Aus § 21 MuSchG ergibt sich nicht, dass nicht das sozialversicherungsrechtliche, sondern das arbeitsrechtliche Arbeitsentgelt die Grundlage für die Mutterschaftsgeldberechnung ist. So bestimmt das GR v. 6./7.12.2017 i. d. F. v. 13.3.2024, Abschn. 9.2.4.1 (Fundstelle: Rz. 189) ausdrücklich, dass bei der Berechnung des Mutterschaftsgeldes vom Arbeitsentgelt i. S. d. § 14 SGB IV i.V.m. der Sozialversicherungsentgeltverordnung (SvEV) auszugehen ist.
Rz. 70
Ergänzend sind zur Ermittlung des Arbeitsentgelts i. S. d. § 24i Abs. 2 SGB V i. V. m. § 21 Abs. 1 Satz 1 MuSchG insbesondere folgende Regelungen zu beachten:
Provisionen, welche der werdenden Mutter während des 3-monatigen Bemessungszeitraums zugeflossen (= abgerechnet) sind, rechnen ebenfalls zum Arbeitsentgelt – und zwar ohne Rücksicht darauf, ob sie allein oder neben einer festen Vergütung gewährt wurden. Entscheidend ist der Zeitpunkt des Entstehens des Anspruchs auf die Provision. Entstand der Anspruch auf Zahlung der Provision während des 3-monatigen Bemessungszeitraums, ist die Provision für die Berechnung des Mutterschaftsgeldes entsprechend zu berücksichtigen. Ein Entgelt, das für längerfristige Perioden als einen Kalendermonat zugesagt worden ist, wird in den einzelnen Monaten des Bezugszeitraums anteilig verdient und ist somit entsprechend aufzuteilen. Überschneiden sich Leistungszeitraum und Bemessungszeitraum, ist das Entgelt pro rata temporis (= zeitanteilig, nach Verhältnis) in den Durchschnittsverdienst für die Ermittlung des Zuschusses einzustellen. Maßgebend für die Berechnung des Zuschusses ist damit bei in größeren Zeitabständen gezahlten erfolgsabhängigen Vergütungen der "Entstehungsmonat" (erbrachte Arbeitsleistung) und nicht der Zahlmonat. Wird z. B. am Ende eines Jahres eine Provision für die erbrachte Jahresarbeitsleistung gezahlt, ist diese anteilig – wie durch Arbeitsleistung erzielt – auf die jeweiligen Monate aufzuteilen.
Provisionen, die sich in ihrer Höhe nach dem Beginn der Schutzfrist nachträglich ändern (z. B. durch Stornierung von provisionsorientierten Geschäften), wirken sich nicht auf die Berechnung des Mutterschaftsgeldes aus; eine Neuberechnung des Mutterschaftsgeldes kommt in diesen Fällen nicht in Betracht (vgl. BAG, Urteil v. 14.12.2011, 5 AZR 439/10; vgl. auch Zeitschrift für Betrieb und Personal 2012, 316).
Einmalig gezahltes Arbeitsentgelt bleibt bei der Berechnung des Nettoarbeitsentgelts unberücksichtigt (§ 24i Abs. 2 Satz 3 SGB V i. V. m. § 21 Abs. 2 Nr. 1 MuSchG). Zum einmalig gezahlten Arbeitsentgelt zählen z. B. Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld sowie jährlich ausgezahlte Gewinnbeteiligungen bei guten Geschäftsergebnissen des Unternehmens.
- Wurde in den für die Berechnung des Mutterschaftsgeldes maßgebenden Kalendermonaten einmalig gezahltes Arbeitsentgelt gezahlt, muss der Arbeitgeber speziell für die Krankenkasse das (Netto-)Arbeitsentgelt ausrechnen, welches sich ohne die Zahlung des einmalig gezahlten Arbeitsentgelts ergeben hätte.
- Die Nutzung eines Firmenfahrzeugs (Firmenwagen, Dienstwagen) zu privaten Zwecken stellt einen geldwerten Vorteil dar. Deshalb ist der finanzielle Vorteil bei der Berechnung des Mutterschaftsgeldes als Arbeitsentgelt im sozialversicherungsrechtlichem Sinne zu betrachten. Anmerkung: Die private Nutzung ist der Arbeitnehmerin im Rahmen des geschlechterspezifischen Diskriminierungsverbots grundsätzlich auch während der Mutterschutzfristen weit...