Rz. 86
Abs. 5 gewährleistet einen vorläufigen Bestandsschutz des Arbeitsverhältnisses, unabhängig davon, ob die Kündigung sozial gerechtfertigt und daher wirksam ist. Die Pflicht zur Weiterbeschäftigung dient der Sicherung des Arbeitsplatzes während des laufenden Kündigungsschutzprozesses.
7.1 Voraussetzungen der Weiterbeschäftigungspflicht
Rz. 87
Die Weiterbeschäftigungspflicht des Arbeitgebers tritt nur bei einem Widerspruch aus den in Abs. 3 abschließend genannten Gründen gegen eine ordentliche Kündigung ein. Sie ist nicht bei einer außerordentlichen Kündigung vorgesehen, es sei denn, sie wird als betriebsbedingte Kündigung ordentlich unkündbarer Arbeitnehmer unter Einhaltung der fiktiven Kündigungsfrist ausgesprochen. Hier ist Abs. 5 analog anzuwenden. Eine Weiterbeschäftigungspflicht entsteht auch nicht, wenn der Arbeitgeber mit der außerordentlichen Kündigung vorsorglich eine ordentliche Kündigung verbindet. Abs. 5 findet aber auf die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung Anwendung.
7.2 Widerspruch des Betriebsrats
Rz. 88
Der Betriebsrat muss der Kündigung frist- und ordnungsgemäß widersprochen haben (vgl. Rz. 43 ff., 45 ff.). Nicht erforderlich ist, dass der Widerspruchsgrund wirklich vorliegt. Bestreitet der Arbeitgeber die Begründetheit des Widerspruchs, so ist er gleichwohl zur Weiterbeschäftigung verpflichtet. Eine Befreiung tritt nur unter den Voraussetzungen des Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 ein (vgl. auch Rz. 107).
Rz. 89
Nimmt der Betriebsrat seinen Widerspruch wegen offensichtlicher Unbegründetheit zurück, so kann der Arbeitgeber nach Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 vorgehen (vgl. Rz. 108). Entscheidend ist hier nicht, dass der Betriebsrat den Widerspruch für offensichtlich unbegründet hält, sondern ob eine Kontrolle durch das Arbeitsgericht dies ergibt.
7.3 Erheben der Kündigungsschutzklage
Rz. 90
Der Arbeitnehmer muss zudem nach dem KSchG Klage auf Feststellung erhoben haben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. Der Arbeitnehmer muss daher unter den Geltungsbereich des KSchG fallen (§ 23 Abs. 1 Sätze 2, 3 KSchG) und sein Arbeitsverhältnis länger als 6 Monate bestanden haben (§ 1 Abs. 1 KSchG).
Rz. 91
Zudem muss die Kündigungsschutzklage rechtzeitig, d. h. nach § 4 Satz 1 KSchG innerhalb von 3 Wochen nach Zugang der Kündigung, erhoben worden sein. Im Fall der nachträglichen Zulassung der Klage nach § 5 KSchG tritt die Weiterbeschäftigungspflicht ein, sobald der Beschluss, der die verspätete Erhebung der Kündigungsschutzklage zulässt, in Rechtskraft erwachsen ist.
Der Arbeitnehmer kann die Weiterbeschäftigung auch verlangen, wenn er die Klage nicht auf die Sozialwidrigkeit stützt. Der Anspruch auf Weiterbeschäftigung entsteht, sobald der Arbeitnehmer den Feststellungsantrag stellt und damit, wie § 4 Satz 1 KSchG es verlangt, die Wirksamkeit der Kündigung zum Streitgegenstand macht.
Rz. 92
Der Anspruch auf Weiterbeschäftigung erlischt, sobald der Arbeitnehmer seine Klage zurücknimmt. Gleiches gilt, wenn der Arbeitnehmer, nicht aber wenn der Arbeitgeber, den Auflösungsantrag nach § 9 KSchG stellt.
7.4 Verlangen des Arbeitnehmers
Rz. 93
Die Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung hängt schließlich vom Verlangen des Arbeitnehmers ab; es genügt nicht, dass der Betriebsrat sie verlangt. Nicht notwendig ist, dass der Arbeitnehmer eine schriftliche Erklärung abgibt. Die Erhebung der Kündigungsschutzklage ist nicht ausreichend. Es genügt auch nicht, dass der Arbeitgeber durch die Nichtbeschäftigung des Arbeitnehmers in Annahmeverzug gerät (vgl. Rz. 110). Wenn jedoch der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung nach Ablauf der Kündigungsfrist anbietet, so liegt darin regelmäßig nicht bloß ein Angebot der Arbeitsleistung i. S. d. § 293 BGB, sondern ein Weiterbeschäftigungsverlangen i. S. d. Abs. 5.
Grds. hat der Arbeitnehmer sein Verlangen nach Weiterbeschäftigung noch innerhalb der Kündigungsfrist zu erklären. Wie zu verfahren ist, wenn die Kündigungsfrist bereits abg...