Rz. 14
Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung muss – im 2. Schritt – der Arbeitgeber umfassend die Arbeitsbedingungen und die Gefährdungen nach
beurteilen, denen die schwangere oder stillende Frau oder ihr (ungeborenes) Kind ausgesetzt ist oder sein kann. Von dieser Gefährdungsbeurteilung werden auch Expositionen gegenüber fortpflanzungsgefährdenden, also fruchtschädigenden und/oder fruchtbarkeitsgefährdenden Gefahr- oder Biostoffen erfasst.
Rz. 15
Da eine Gefährdung des ungeborenen oder gestillten Kindes ohne gleichzeitige Gefährdung der schwangeren oder stillenden Frau möglich ist, kann sich die Beurteilung nicht nur auf die Gefährdung der Frau beschränken, sondern muss sich auch auf mögliche Gefährdungen des (ungeborenen) Kindes beziehen.
Rz. 16
Im Rahmen der Analyse hat der Arbeitgeber die technischen, biologischen, chemischen und andere Einflussfaktoren aus dem Arbeitsprozess zu erfassen. Dazu setzt der Arbeitgeber auch geeignete Messgeräte ein, die diese Gefährdungsfaktoren erfassen können. Arbeitsmedizinische Kenntnisse sind dabei ebenso erforderlich wie die Kenntnis der Arbeitsabläufe und Arbeitsschritte.
Rz. 17
Der Begriff der "Gefährdung" bezeichnet – im Unterschied zum Rechtsbegriff der "Gefahr" – die Möglichkeit eines Schadens oder einer gesundheitlichen Beeinträchtigung ohne bestimmte Anforderungen an ihr Ausmaß oder ihre Eintrittswahrscheinlichkeit.
Rz. 18
Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 hat der Arbeitgeber unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Beurteilung der Gefährdung nach Nr. 1 im Rahmen einer ersten Prüfung des Schutzmaßnahmenbedarfs zu ermitteln, ob für eine schwangere oder stillende Frau oder ihr Kind voraussichtlich keine Schutzmaßnahmen erforderlich sein werden (Buchstabe a) oder ob eine Umgestaltung der Arbeitsbedingungen nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 MuSchG erforderlich sein wird (Buchstabe b) oder ob eine Fortführung der Tätigkeit der Frau an diesem Arbeitsplatz nicht möglich sein wird (Buchstabe c).
Gerade die Einschätzung, dass keine Schutzmaßnahmen erforderlich sein werden (Buchstabe a) erleichtert das Verfahren bei offensichtlichen Umständen, die keine schwangerschaftsbezogene Gefährdung nach sich ziehen, weil überhaupt keine Gefährdungen gegeben sind (z. B. reine Büroarbeitsplätze).
Der Gesetzgeber geht davon aus, dass diese gestufte Vorgehensweise es insbesondere einer schwangeren Frau ermöglicht, die Gefährdungen für sich und ihr ungeborenes Kind auch noch vor der Meldung ihrer Schwangerschaft bei ihrem Arbeitgeber einschätzen zu können. Soweit nach der Prüfung nach Nr. 2 keine Schutzmaßnahmen erforderlich sind, kann sie grundsätzlich davon ausgehen, dass eine Fortführung der Beschäftigung an diesem Arbeitsplatz unbedenklich ist. Dies gilt jedoch nur, sofern der Arbeitgeber bereits eine generelle Gefährdungsbeurteilung vorgenommen und diese auch zugänglich gemacht hat und aus der sich ebenfalls keine Gefährdungslage ergibt.