Rz. 19

Der Arbeitgeber ist nicht frei, die Arbeitsorganisation und Arbeitsabläufe nach Belieben umzugestalten. Denn auch die Umgestaltung selbst muss den Vorgaben des MuSchG genügen und die Anforderungen des allgemein geltenden Arbeitsschutzes erfüllen. Der Gesetzgeber hat im Mutterschutzgesetz weitreichende Vorgaben gemacht, welche Belastungen einer gesunden, werdenden Mutter zuzumuten sind und welche eine unzumutbare Gefährdung darstellen, vgl. den § 11 MuSchG für Schwangere und § 12 MuSchG für Stillende. Grundsätzlich verboten ist schwere körperliche Arbeit sowie Arbeiten, bei denen Schwangere schädlichen Einwirkungen von gesundheitsgefährdenden Stoffen oder Strahlen, von Staub, Gasen oder Dämpfen, von Hitze, Kälte oder Nässe, von Erschütterungen oder Lärm ausgesetzt sind. Beispielhaft seien hier genannt: die Beschränkung auf das Heben, Bewegen oder Tragen von regelmäßig 5 Kilogramm und gelegentlich 10 Kilogramm, das Verbot, eine Schwangere nach Ablauf des 5. Monats länger als 4 Stunden täglich im Stehen zu beschäftigen sowie der Ausschluss von Arbeiten, die mit häufigem Strecken, Beugen oder Bücken verbunden sind. Außerdem ausgeschlossen sind Akkordarbeit sowie Arbeiten mit erhöhter Infektionsgefahr.

 

Rz. 20

Nicht nur bei der Gestaltung von Arbeitsplatz und beruflichen Aufgaben, sondern auch bei den Arbeitszeiten macht das Mutterschutzgesetz klare Vorgaben, die wiederum zu einer Einschränkung der Umgestaltungsmöglichkeiten führt. So ist es grundsätzlich verboten, eine Schwangere mit Mehrarbeit, in der Nacht zwischen 20 und 6 Uhr sowie an Sonn- und Feiertagen zu beschäftigen. Mehrarbeit liegt vor, wenn Frauen unter 18 Jahre täglich mehr als 8 Stunden oder mehr als 80 Stunden in der Doppelwoche oder Frauen über 18 Jahre täglich mehr als 8,5 Stunden oder über 90 Stunden in der Doppelwoche arbeiten. Für Beschäftigte in der Gast- und Landwirtschaft, im Hotelgewerbe, im Familienhaushalt sowie für Künstlerinnen gibt es Sonderregelungen, welche die erlaubten Zeiten erweitern.

 

Rz. 21

Um das Schutzziel des MuSchG einzuhalten, sind ggf. weitere organisatorische Änderungen und Anpassungen an die Situation der Schwangeren erforderlich. Das können zum einen ablaufgestaltende Anweisungen, aber auch Ergänzungen des Arbeitsplatzes durch ergonomische Unterstützung (z. B. einstellbare Arbeitstische und Sitzgelegenheiten) oder bauliche Veränderungen wie Maßnahmen zur Erhöhung der Trittsicherheit, Vermeidung von Lärm, Zug und Staub sein.

In Betracht kommen – auf die individuelle Situation abgestimmte – weitere arbeitsorganisatorische Maßnahmen des Arbeitgebers wie:

  • Veränderung der Lage (Schicht, Arbeitsbeginn),
  • Verkürzung der persönlichen regelmäßigen Arbeitszeit (Dauer),
  • Gewährung individueller zusätzlicher Pausen,
  • Möglichkeit zur kurzen – auch mehrfachen – Arbeitsunterbrechung,
  • Reduzierung der Arbeitsmenge/des Arbeitsvolumens oder
  • besondere Schutzkleidung und Schutzmaßnahmen

Diese Maßnahmen dienen dazu, dass die Arbeitsleistung weiterhin – wenn auch mit etwaigen Einschränkungen – erbracht werden kann. Die Maßnahmen müssen geeignet und verhältnismäßig sein.[1]

Eine umfängliche, gänzliche Arbeitsbefreiung ist auf Basis des § 13 Abs. 1 Nr. 1 nicht möglich. Dies kann nur über ein betriebliches Beschäftigungsverbot nach § 13 Abs. 1 Nr. 3 erreicht werden. Der Arbeitgeber hat der Arbeitnehmerin bei einer Umgestaltung der Arbeitsbedingungen einen funktionsfähigen Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen, um ihr auch weiterhin Teilhabe am Arbeitsleben zu ermöglichen. Der Arbeitgeber muss der Frau ferner Arbeiten zuweisen, die ihr die Erbringung der Leistung ermöglichen. Die Schwangere oder Stillende kann demnach nicht (nach § 13 Abs. 1 Nr. 1) auf eine faktische "Beschäftigung Null" gesetzt werden.

[1] Vgl. Rz. 26 ff.

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