Rz. 10
Für die Ausgestaltung der Arbeitsbedingungen gelten in der betrieblichen Praxis viele Vorschriften. Diese Arbeitsschutz- und Arbeitssicherheitsstandards gelten zunächst für alle Arbeitsverhältnisse. Das Mutterschutzgesetz setzt darauf auf und rückt den besonderen Schutzbedarf der Schwangeren und Stillenden in den Mittelpunkt. Doch zunächst muss der Arbeitgeber die allgemein gültigen Schutzniveaus kennen, beachten und für ihre Wirkung sorgen – unabhängig von der Besetzung des konkreten Arbeitsplatzes mit einer (noch nicht) Schwangeren. So nimmt etwa § 10 MuSchG für die Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung ausdrücklich auf die ohnehin nach § 5 Arbeitsschutzgesetz bestehende Verpflichtung zur Durchführung einer solchen Gefährdungsbeurteilung Bezug.
Rz. 10a
Dies gilt auch für besondere Situationen, wie etwa einer Pandemie. Dabei rückt der Infektionsschutz in den Mittelpunkt. Werdende Mütter dürfen nicht mit Tätigkeiten beschäftigt werden, bei denen sie einem erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt sind. In der Zeit der Corona-Pandemie stellte der engere Kontakt einer Schwangeren mit SARS-CoV-2-Infizierten oder unter begründetem Verdacht der Infektion stehenden Personen eine unverantwortbare Gefährdung im Sinne von § 9 dar. Schwangere sollten daher keine Tätigkeiten mit SARS-CoV-2-haltigen Proben im Laborbereich und keine Tätigkeiten mit Kontakt zu möglicherweise SARS-CoV-2-infizierten Personen verrichten. Die in der Pandemie zwischen 2020 und 2023 gemachten Erkenntnisse und Gefährdungsbeurteilungen lassen sich auf generelle Infektionslagen oder mögliche neue Pandemien übertragen. Der Arbeitgeber muss daher die Erfahrungswerte aus der Pandemie für seine betrieblichen Pandemievorsorgepläne verarbeiten.
1.1.2.1 Arbeitsschutzgesetz und Arbeitsstättenverordnung
Rz. 11
Zum einen ist zunächst im Arbeitsverhältnis das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) relevant. Das ArbSchG dient dazu, Sicherheit und Gesundheitsschutz der (d. h. aller) Beschäftigten bei der Arbeit durch Maßnahmen des Arbeitsschutzes zu sichern und zu verbessern. Es gilt in allen Tätigkeitsbereichen. Dabei geht es beim generellen Arbeitsschutz um Maßnahmen zur Verhütung von Unfällen bei der Arbeit und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren, einschließlich Maßnahmen der menschengerechten Gestaltung der Arbeit. Das Arbeitsschutzgesetz und die daraus abgeleiteten Verordnungen gelten demnach auch für Schwangere und Stillende. Die Besonderheit der Schwangerschaft hat der Arbeitgeber bei der speziellen Gefährdungsbeurteilung nach § 10 MuSchG zu berücksichtigen.
Rz. 12
In der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) werden weitere (detailliertere) Anforderungen an den eingerichteten und ausgeübten Arbeitsplatz gestellt. Die Arbeitsstättenverordnung verfolgt das generelle Ziel, Beschäftigte in Arbeitsstätten zu schützen und zur Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten beizutragen. Die ArbStättV dient der menschengerechten Gestaltung der Arbeit, wie etwa Forderungen nach gesundheitlich zuträglichen Luft-, Klima- und Beleuchtungsverhältnissen sowie nach einwandfreien sozialen Einrichtungen, insbesondere Sanitär- und Erholungsräumen. Sie enthält Mindestvorschriften für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Beschäftigten beim Einrichten und Betreiben von Arbeitsstätten.
Die Verordnung dient der nationalen Umsetzung der EG-Arbeitsstättenrichtlinie 89/654/EWG. Daneben wird auch die Richtlinie 92/58/EWG des Rates über Mindestvorschriften über die Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichnung am Arbeitsplatz durch einen gleitenden Verweis innerhalb der Arbeitsstättenverordnung umgesetzt. Außerdem erfolgt die Umsetzung des Anhanges IV Teil A und B der Richtlinie 92/57/EWG des Rates über die auf zeitlich begrenzte oder ortsveränderliche Baustellen anzuwendenden Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz.
Rz. 13
Die ArbStättV besteht aus einem verfügenden Teil mit insgesamt 9 Paragrafen und einem in 5 Abschnitte unterteilten Anhang mit detaillierten Anforderungen an Arbeitsstätten wie etwa Raumtemperatur, Kennzeichnungspflicht, Fluchtwege und Vorgaben für besondere Gefahrenbereiche. In der Verordnung werden die Mindestanforderungen der genannten EU-Richtlinien direkt umgesetzt. Es werden in der ArbStättV allgemeine Schutzziele anstatt konkreter Maßzahlen und Detailanforderungen vorgegeben. Dies verschafft dem Arbeitgeber mehr Gestaltungsspielraum bei seinen Entscheidungen zur Ausgestaltung und dem Betrieb der Arbeitsstätte. Ein Ausschuss für Arbeitsstätten steht dem Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung beratend zur Seite und hat die Aufgabe, Regeln für Arbeitsstätten zu ermitteln und zu formulieren.
Rz. 14
Der Paragrafenteil der Verordnung enthält außerdem neben Vorschriften für das Einrichten und Betreiben von Arbeitsstätten (§§ 3a und 4 ArbStättV) und der Regelung für den Nichtraucherschutz (§ 5 ArbStättV), spezifische Bestimmungen für Arbeits-, Sanitär-, Pausen-, Bereitschafts- und Erste-Hilfe-Räume sowie Unterkünfte (§ 6 ArbStättV). Im 1. Kapitel des Anhanges der Verordnung werden allgemei...