Weichen die Zahlungen einer steuerfreien Verdienstausfallentschädigung an den Arbeitnehmer für die Entschädigungsbehörde (Antragsvolumen) von der behördlichen Erstattung nach § 56 IfSG ab, welche der Arbeitgeber auf Antrag von der Entschädigungsbehörde erstattet bekommt (Erstattungsvolumen), so handelt es sich um eine "unzutreffende Lohnversteuerung" bzw. "unzutreffende Steuerfreistellung".

5.2.1 Unzutreffende Lohnversteuerung

Eine unzutreffende Lohnversteuerung liegt in den Fällen vor, soweit die Entschädigungsbehörde dem Arbeitgeber auf Antrag mehr erstattet, als der Arbeitgeber bisher an seinen Arbeitnehmer steuerfrei ausgezahlt hat.

Der Arbeitgeber unterliegt in diesem Fall i. d. R. keiner lohnsteuerlichen Mitteilungspflicht gegenüber seinem Betriebsstättenfinanzamt, da er bisher zu viel Lohnsteuer einbehalten hat. Insoweit liegt auch kein Fall der haftungsbefreienden Anzeige des Arbeitgebers[1] vor. Der Arbeitnehmer kann die zu Unrecht einbehaltene Lohnsteuer für den jeweiligen Veranlagungszeitraum über die Abgabe der Einkommensteuererklärung geltend machen.

5.2.2 Unzutreffende Steuerfreistellung

Anders gestalten sich die Zahlungen einer steuerfreien Verdienstausfallentschädigung durch den Arbeitgeber an seinen Arbeitnehmer, bei der die Entschädigungsbehörde den behördlichen Erstattungsantrag nach § 56 IfSG eines Arbeitgebers ablehnt oder einen niedrigeren Betrag als beantragt erstattet. Insoweit beschränkt sich der Umfang der Steuerfreiheit der Verdienstausfallentschädigung auf den Betrag, den die Entschädigungsbehörde erstattet.

 
Praxis-Beispiel

Verdienstausfallentschädigung teilweise zurückgefordert

Arbeitgeber zahlt seinem Arbeitnehmer neben dem zu versteuernden Arbeitslohn im März 2023 aufgrund der Corona-Pandemie eine steuerfreie Verdienstausfallentschädigung nach § 56 IfSG[1] i. H. v. 1.800 EUR. Die Entschädigungsbehörde erstattet dem Arbeitgeber im August 2023 lediglich 1.000 EUR, also weniger als beantragt. Der Umfang der Steuerfreiheit beschränkt sich insoweit auf lediglich 1.000 EUR.[2]

Ergebnis: Der Arbeitgeber hat in der Folge die Lohnsteuer nicht vorschriftsmäßig einbehalten. Denn die bisher durch den Arbeitgeber als steuerfrei ausgezahlte Verdienstausfallentschädigung in Höhe des Differenzbetrags von 800 EUR stellt steuerpflichtigen Arbeitslohn dar. Da die Steuerfreistellung insoweit unzutreffend war, ist der Arbeitgeber verpflichtet, die noch nicht erhobene Lohnsteuer bei der nächsten Lohnzahlung einzubehalten.

 
Praxis-Beispiel

Verdienstausfallentschädigung jahresübergreifend zurückgefordert

Der Arbeitgeber zahlt seinem Arbeitnehmer im Jahr 2022 aufgrund der Corona-Pandemie neben seinem Arbeitslohn auch eine steuerfreie Verdienstausfallentschädigung von 4.900 EUR. Im Kalenderjahr 2023 fordert der Arbeitgeber die zu viel gezahlte Verdienstausfallentschädigung von 2.400 EUR von seinem Arbeitnehmer zurück. Der Arbeitnehmer bezieht im Jahr 2023

  1. Kurzarbeitergeld i. H. v. 2.900 EUR,
  2. keine Lohnersatzleistungen.

Ergebnis: Der Arbeitgeber hat unter der Nummer 15 der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung für 2022 dem Arbeitnehmer die steuerfrei ausgezahlte Verdienstausfallentschädigung von 4.900 EUR zu bescheinigen.

Für das Kalenderjahr 2023 muss der Arbeitgeber die unter Nummer 15 der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung zu bescheinigenden Leistungen in Höhe des Rückforderungsbetrags von 2.400 EUR mindern. Insoweit sind dem Arbeitnehmer unter Nummer 15 der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung die ggf. saldierten Beträge zu bescheinigen:

  1. 500 EUR,
  2. - 2.400 EUR.[3]
 
Praxis-Beispiel

Verdienstausfallentschädigung nicht zurückgefordert

Der Arbeitgeber verzichtet für das Kalenderjahr 2023 auf die Rückforderung einer an den Arbeitnehmer zu viel gezahlten Verdienstausfallentschädigung und begründet dies z. B. damit, dass tarifliche oder andere innerbetriebliche Gründe, wie die Erhaltung des Betriebsfriedens, eine entscheidende Rolle spielen. Eine Steuerbefreiung der überzahlten Verdienstausfallentschädigung nach § 3 Nr. 11a (Corona-Sonderzahlung), Nr. 11b (Corona-Pflegebonus) oder Nr. 11c (Inflationsausgleichsprämie) EStG kommt nicht zur Anwendung.

Ergebnis: Eine Korrektur der einzubehaltenden Lohnsteuer beim Arbeitnehmer für das Kalenderjahr 2023 erfolgt über die Abgabe einer Einkommensteuererklärung oder aber durch eine Lohnsteuer-Nachforderung.[4]

Der Arbeitgeber hat seinem Betriebsstättenfinanzamt[5] beispielsweise unter Angabe von Namen, Anschrift, Geburtsdatum und der steuerlichen Identifikationsnummer der betroffenen Arbeitnehmer sowie dem Anzeigegrund und der für die Berechnung einer Lohnsteuer-Nachforderung erforderlichen Mitteilungen über die Höhe und die Art des Arbeitslohns[6] unverzüglich schriftlich anzuzeigen.

 
Hinweis

Anzeige über nicht durchgeführten Lohnsteuerabzug

Für die Anzeige kann der eingestellte Vordruck "Anzeige über nicht durchgeführten Lohnsteuerabzug" genutzt werden. Dieser ist abrufbar im Formular-Management-System (FMS) der Bundesfinanzverwaltung (http://www.formulare-bfinv.de).

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Personal Office Platin enthalten. Sie wollen mehr?


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