NRW muss Unternehmen keine Lohnentschädigungen zahlen

Nach Corona-Ausbrüchen in der Fleischindustrie befanden sich im Frühjahr 2020 zahlreiche Arbeitnehmende in häuslicher Quarantäne. Unternehmen, die Mitarbeitenden den Lohn weitergezahlt haben, wollten hierfür Entschädigung vom Land NRW bekommen. Dies hat das Oberverwaltungsgericht Münster abgelehnt.

Beschäftigte hatten während der Coronapandemie Anspruch auf Entschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz, § 56 Absatz 1 IfSG, wenn sie sich auf behördliche Anordnung, ohne krank zu sein, aufgrund eines Coronaverdachts in Quarantäne begeben mussten. Die Verdienstausfallentschädigungen wurden zunächst vom Arbeitgeber ausgezahlt und anschließend auf Antrag von der Entschädigungsbehörde erstattet. Zwei Unternehmen der Fleischindustrie in Nordrhein-Westfalen wollten die während der Quarantäne ausgezahlten Löhne vom Land NRW zurückgezahlt bekommen. Eine Erstattung kommt nicht in Betracht, entschied das OVG Münster, wenn die Arbeitnehmenden einen Anspruch auf Arbeitslohn gegen ihren Arbeitgeber haben.

Der Fall: Unternehmen verlangen Corona-Entschädigungen

Die Unternehmen setzten als Subunternehmen ihre Arbeitnehmenden bei großen fleischverarbeitenden Betrieben in Rheda-Wiedenbrück und Coesfeld ein. Dort kam es im Mai und Juni 2020 zu zahlreichen Corona-Ausbrüchen. Die Behörden schlossen daraufhin die Betriebe und ordneten gegenüber dort tätigen Arbeitnehmenden die Absonderung in häusliche Quarantäne an. Die Arbeitgeber gingen davon aus, ihre Beschäftigten hätten aufgrund des Infektionsschutzgesetzes einen Anspruch auf Entschädigung wegen Verdienstausfalls und zahlten diese – wie durch das IfSG vorgesehen - für die zuständige Behörde an ihre Mitarbeitenden aus. Die Anträge, die die Unternehmen auf Erstattung dieser Entschädigungen stellten, lehnte das Land NRW jedoch ab.

Keine Erstattung gezahlter Verdienstausfallentschädigungen

Zu Unrecht, entschieden noch die Vorinstanzen, das Verwaltungsgericht Minden und das VG Münster. Die Berufung des Landes NRW hatte dagegen vor dem OVG Münster Erfolg. Das Land muss den Unternehmen die Verdienstausfallentschädigungen nicht erstatten, entschied das Gericht. In der Begründung führte es aus, dass eine Erstattung gezahlter Verdienstausfallentschädigungen nur dann in Betracht komme, wenn die jeweiligen Arbeitnehmenden keinen Anspruch auf Zahlung des Arbeitslohns gegen ihren Arbeitgeber haben.

OVG: Arbeitnehmer haben Lohnanspruch gegen Arbeitgeber

In beiden Fällen bestand jedoch ein solcher Anspruch nach § 616 BGB, stellten die Richter fest. Danach haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einen Lohnanspruch, wenn sie für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit ohne ihr Verschulden an der Dienstleistung verhindert waren. Für das Gericht waren die Voraussetzungen erfüllt: Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ihre Quarantäne verschuldet haben, hieß es in der Urteilsbegründung. Zudem seien die Ausfallzeiten mit jeweils weniger als sechs Wochen jedenfalls bei - wie hier - unbefristeten und ungekündigten Arbeitsverhältnissen außerhalb der Probezeit verhältnismäßig gering gewesen.

Bei den Verwaltungsgerichten Münster und Minden sind noch rund 7.000 Klagen aus diesem Themenkomplex anhängig. 

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung wurde jeweils die Revision zum Bundesverwaltungsgericht zugelassen.


Hinweis: OVG Münster, Urteil vom 10. März 2023, Az: 18 A 563/22, 18 A 1460/22 


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