Ein in der Praxis sehr weit verbreitetes Mitarbeiterbeteiligungsprogramm beinhaltet rein schuldrechtliche Zahlungsansprüche gegen die Gesellschaft bei Eintritt einer bestimmten Bedingung, dem Exit. Hierbei handelt es sich um die Gewährung sogenannter "Virtual Shares", auch Phantom Shares oder virtuelle Aktie genannt. Das sind virtuelle Mitarbeiterbeteiligungen, bei welchen Beschäftigte am Unternehmensgewinn partizipieren, ohne tatsächlich Eigentümer von Aktien zu werden. Die Mitarbeiter erhalten keine Anteile an der Gesellschaft und somit auch keine Gesellschafterrechte. Vielmehr geht es darum, dass der auf diese Weise beteiligte Mitarbeiter im Fall des Unternehmensverkaufs wirtschaftlich so gestellt wird und einen Vergütungsanspruch gegenüber der Gesellschaft eingeräumt erhält, als sei er vergleichbar einem nicht bevorrechtigten Gesellschafter und Inhaber von Stammgeschäftsanteilen wirtschaftlich am Verkaufserlös (Exit-Erlös) beteiligt. Mit anderen Worten: Der beteiligte Mitarbeiter soll bei einem Verkauf von Anteilen so stehen, wie er stünde, wenn er Gesellschafter des Unternehmens wäre.
In der Praxis kommt es nicht selten vor, dass die gewährten virtuellen Anteile gar nicht vom Vertragsarbeitgeber stammen, sondern von der Muttergesellschaft des Arbeitnehmers. Ebenfalls findet sich häufig eine Verwendung eines Virtual Stock Option Plans (VSOP) und eines Virtual Share Agreements (VSA). Der VSOP enthält detaillierte Regelungen. Das VSA ist häufig kürzer, teilt dem Arbeitnehmer die virtuellen Anteile zu und bezieht sich auf den VSOP. Dies ist rechtlich nicht zwingend, hat sich aber in der Praxis so durchgesetzt. Gerade bei Startups sind solche Gebilde häufig für die Beteiligten zu komplex und kompliziert und können durch einfachere und kürzere Vereinbarungen abgebildet werden, die in der Erstellung auch deutlich weniger arbeitsaufwendig und günstiger sein dürften.
Auch wenn in einer Vereinbarung über virtuelle Anteile viele Inhalte sehr individuell ausgestaltet sein können, haben sich in der Praxis bestimmte Vertragsinhalte etabliert:
Die Vereinbarungen enthalten zumeist eine "Cliff-Periode" und eine "Vesting-Periode". Die Cliff-Periode ist der Zeitraum, nachdem der Teilnehmer, also der Mitarbeiter, die ersten virtuellen Anteile erhält. Häufig beträgt die Cliff-Periode 6 Monate, analog zur Wartezeit des Kündigungsschutzgesetzes. Die Vesting-Periode ist der Zeitraum, in welchem dem Mitarbeiter weitere virtuelle Anteile gewährt werden, bis hin zur vollständigen Anzahl der maximal zugesagten Anteile. Hiermit wird versucht, den Anreiz zu setzen, dass der Teilnehmer, also der Mitarbeiter, im Unternehmen bleibt. Möglich ist aber auch ein Accelerated Vesting (beschleunigtes Vesting). Hier wird für den Fall eines verfrühten Exits während der laufenden Vesting-Periode vereinbart, dass alle Anteile der Betroffenen als gevested, also als garantiert, angesehen werden.
Eine weitere Regelung betrifft die "Good Leaver"- und "Bad-Leaver"-Fälle. Die Teilnehmer sollen die virtuellen Anteile im Fall der Beendigung des Arbeitsvertrags etc. nur behalten, wie sie Good-Leaver sind, also keine (schwerwiegenden) Pflichtverletzungen begangen haben. Regelmäßig wird auf eine Arbeitgeberkündigung aus wichtigem Grund und weitere konkrete Pflichtverletzungen abgestellt, beispielsweise auf einen Verstoß gegen die Verschwiegenheit oder gegen das Übertragungsverbot.
Neben dem zeitbasierten Vesting ist auch meilensteinbasiertes Vesting möglich, d. h. die Bedingung für den Erhalt der Anteile tritt mit dem Erreichen bestimmter Ziele ein. Diese Ziele können wiederum auf den Mitarbeiter als Teilnehmer, auf Organisationseinheiten des Unternehmens oder das gesamte Unternehmen bezogen sein.
Enorm wichtig ist, dass das Exit-Event konkret beschrieben wird. Die in der Praxis verwendeten Klauseln sehen häufig vor, dass ein größerer Anteil an Gesellschaftsanteilen verkauft werden muss (25 %, 50 %). Es sollte klargestellt sein, ob mehrere Verkäufe zusammenaddiert werden und dann ein Exit-Event ergeben und ob der Teilnehmer nur einmalig an einem Verkauf partizipiert oder auch weitergehend. In diesem Kontext wird häufig auch ein Ausgabepreis (Strike Price) der virtuellen Anteile definiert, der im Fall eines Exits vom Exit-Erlös abgezogen wird.
Auch wenn der Gestaltungsspielraum für VSA’s bzw. VSOP’s recht umfangreich ist und diese sehr individuell ausgestaltet werden können, wird es sich in aller Regel um AGB handeln. Diese unterliegen der entsprechenden Kontrolle. Ferner handelt es sich auch um Verbraucherverträge, sodass § 310 Abs. 3 BGB zu beachten ist.