Was die tierische Perspektive über Diversity lehrt


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Kolumne: Was die tierische Perspektive über Diversity lehrt

Das Thema "Diversity" ist kein einfaches: Viele fordern die Vielfalt in Unternehmen und legen Zahlen zum Unternehmenserfolg dank Diversity vor. Andere widersprechen den Zahlen und wünschen sich Pragmatismus. Kolumnist Martin Claßen verweist auf eine andere Herangehensweise.

Diversity ist im Talent Management eines der großen Themen. Spätestens seit dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG), nach dem Unterschiede zwischen Menschen für ihre Behandlung durch Unternehmen als bedeutungslos anzusehen sind. Das klassische Rollenmodell hierzulande – weiß, männlich und heterosexuell – hat offiziell ausgedient.

Kann es ein Zuviel oder Zuwenig in der Vielfalt geben?

Ehrlich gesagt, ich weiß es nicht - ob Diversity für Unternehmen nur gut ist und mehr Diversity noch besser. Über die Jahre habe ich zig Analysen und Statements dazu gelesen. Mein Eindruck aus alledem ist einerseits, dass in einer zunehmend diversen Welt eine Organisation klug beraten ist, die aus der Vielfalt ihrer Ökosysteme resultierenden verschiedenartigen Interpretationen von Wirklichkeit auch intern abzubilden. Was gut wäre.

Es gibt andererseits ein Zuviel an Diversity, bei dem Fliehkräfte der Vielfalt die für jedes System erforderliche Harmonie durchkreuzen, also Zentrifugalkräfte die Zentripetalkräfte torpedieren. Was nicht gut wäre.

Vermutlich gibt es für Unternehmen also eine Obergrenze für Diversity und damit ein Zuviel. Was jede Organisation für sich ausloten muss.

Eine Analogie zumDiversity Management aus der Tierwelt

Lassen Sie uns das Thema aus einer anderen Perspektive betrachten. Bei einem der großen Streitthemen in Deutschland – Stuttgart 21 – spielen bedrohte Tiere eine wichtige Rolle. Eines davon sind Zaun- und Mauereidechsen, deren Behandlung im Bescheid des Eisenbahn-Bundesamts zur „Umsiedlung und Zwischenhälterung von Eidechsen“ vom 5. Mai 2014 im Detail nachgelesen werden kann.

Hier nun die Kurzfassung: Seit Generationen gibt es am Stuttgarter Bahnhof eine heimische Eidechsenart, nennen wir sie die schwäbische Eidechse. Zum zweiten gibt es eine zugewanderte Eidechsenart, nennen wir sie die mediterrane Eidechse. Im Talent Management würde man sagen: „mit Migrationshintergrund“. Zum dritten gibt es Abkömmlinge mit gemischten Eltern, nennen wir sie die gekreuzte Eidechse. Als schützenswert wurde nun wegen ihres traditionellen Heimrechts lediglich die schwäbische Eidechse angesehen. Für deren Umsiedlung sind nicht unerhebliche Beträge vorgesehen. Die beiden anderen nicht originären Arten bleiben ihrem Schicksal an der Großbaustelle überlassen. Zur Unterscheidung der drei Arten wurde anfangs, dies war ein ernsthafter Vorschlag von Amts wegen, ein Gentest der kleinen Reptilien vorgesehen.

Was nun im Talent Management?

Diese Analogie führt uns zu drei Fragen, mit denen sich eine Organisation an eine für sie stimmige Talent-Management-Diversity anpirschen kann:

  • Welche Talente sind in Ihrem Unternehmen die schwäbischen Eidechsen und was bekommen die?
  • Wie geht Ihr Unternehmen mit mediterranen sowie gekreuzten Eidechsen um und was bekommen die nicht?
  • Wie finden sie die weniger offensichtlichen Unterschiede zwischen Talenten heraus und führen die ebenfalls zu Unterschieden in der Behandlung?

Martin Claßen hat 2010 das Beratungsunternehmen People Consulting gegründet. Talent Management gehört zu einem seiner fünf Fokusbereiche in der HR-Beratung.