Familienfreundliche Maßnahmen in Unternehmen
Ein familienfreundliches Arbeitsumfeld stellt für viele Beschäftigte ein wichtiges Attraktivitätsmerkmal von Unternehmen dar. Das erkennen auch immer mehr Geschäftsleitungen und Personalverantwortliche. Für 86 Prozent von ihnen sind familienfreundliche Maßnahmen wichtig – das sind drei Prozentpunkte mehr als vor vier Jahren und neun Prozentpunkte mehr als im Jahr 2016. Allerdings hat der Anteil der Beschäftigten, die ihrem Unternehmen eine ausgeprägt familienfreundliche Unternehmenskultur attestieren, leicht abgenommen – von 39 Prozent (2019) auf 38 Prozent (2023).
Zu diesem Ergebnis kommt der aktuelle "Unternehmensmonitor Familienfreundlichkeit", der seit 2003 in regelmäßigen Abständen den Stand der Familienfreundlichkeit in deutschen Unternehmen untersucht. Die Erhebung wird vom Institut der deutschen Wirtschaft in Köln (IW) durchgeführt und vom Bundesfamilienministerium gefördert.
Familienfreundlichkeit gewinnt an strategischer Bedeutung
Dass das Thema immer zentraler geworden ist, kommt nicht von ungefähr – schließlich hat sich der Fachkräftemangel in den vergangenen Jahren weiter verschärft. So gaben neun von zehn Unternehmen an, dass ihnen familienfreundliche Maßnahmen wichtig sind, um qualifizierte Beschäftigte in ihrem Unternehmen zu halten und acht von zehn Unternehmen sehen die Vereinbarkeit von Beruf und Familie als Möglichkeit, neue qualifizierte Mitarbeitende zu gewinnen. Nicht überraschend ist daher, dass drei Viertel der Unternehmen mit einer Fachkräftesicherungsstrategie das Thema explizit berücksichtigen.
Vereinbarkeit von Beruf und Familie fördert Mitarbeiterbindung
Wie die Ergebnisse der Befragung nahelegen, kann Familienfreundlichkeit effektiv zur Bindung von Mitarbeitenden beitragen: Sind die Beschäftigten mit der Vereinbarkeit von Familie und Beruf zufrieden, erwägt nämlich nur jede vierte befragte Person einen Arbeitgeberwechsel in den nächsten drei bis fünf Jahren. Zum Vergleich: Unter jenen, die mit der Vereinbarkeit nicht zufrieden sind, ziehen fast sechs von zehn Mitarbeitenden einen Wechsel in Betracht.
Ein Thema, das laut den befragten Unternehmen weiter in den Fokus gerät, ist die Vereinbarkeit von Beruf und Familie speziell für Väter. Rund die Hälfte der Unternehmen gibt an, dass die diesbezügliche Unterstützung von Vätern in den nächsten Jahren an Bedeutung gewinnen wird. Stand 2023 hat sich der Prozentsatz der Unternehmen, in denen männlichen Führungskräften explizit das Angebot gemacht wird, in Teilzeit zu arbeiten, im Vergleich zu 2015 nahezu vervierfacht. Mit 19 Prozent befindet sich dieser Anteil allerdings auf einem nach wie vor ausbaufähigen Niveau.
Familienfreundlichkeit in Unternehmen: Maßnahmen
Unternehmen, die familienfreundliche Maßnahmen einführen wollen, müssen dafür nicht immer mit ein großes Budget bereitstellen. Welche konkreten Maßnahmen - auch mit geringeren Budget - möglich sind, zeigt die Tabelle.
Maßnahmen | Nutzen | Stolpersteine |
Sonderurlaub gewähren, Kurzabwesenheiten tolerieren, Freistellung bei familiären Problemen | Stärkung der Loyalität | Organisation einer Vertretung bei dringenden Aufträgen |
Beratung und Vermittlung von Kinder- bzw. Seniorenbetreuung | Beratung zu rechtlichen Regelungen und Betreuungsmöglichkeiten spart Zeit und ermöglicht die Konzentration auf die Arbeit | Bei interner Beratung ist Sachverstand bezüglich gesetzlicher Regelungen nötig |
Zuschuss für Kinderbetreuung | Für Kinder im Vorschulalter ist der Zuschuss steuer- und sozialabgabenfrei. Durch die finanzielle Entlastung bei der Unterbringung des Kinds wird die schnelle Rückkehr in den Betrieb erleichtert | Verwaltungsaufwand |
Reservierung von Belegplätzen für Mitarbeiterkinder in benachbarten Kitas | Bezahlbare Alternative zum Betriebskindergarten | Die Suche nach geeignetem Kooperationspartner kann Mühe machen |
Hausaufgabenbetreuung für Mitarbeiterkinder | Entlastung der Mitarbeitenden, Steigerung der Loyalität | Problem der Räumlichkeiten |
Erlaubnis, Kind zur Arbeit mitzubringen | Weniger Ausfälle, Organisationsstress entfällt | Lärmpegel steigt, Arbeit unter erschwerten Bedingungen |
Eltern-Kind-Büro | Schnellerer Wiedereinstieg nach Elternzeit | Räumlichkeiten |
Informelles Netzwerk für Notfälle organisieren bzw. Organisation einer Dienstleistungstauschbörse | Entlastung | Organisationsaufwand |
Kontakt halten während der Eltern- und Pflegezeit | Steigerung der Loyalität, Know-how-Erhaltung | Macht etwas Aufwand, Weiterbildung während der Elternzeit verursacht zunächst Kosten |
Unterstützung beim Wiedereinstieg | Erhöht die Zufriedenheit, Wahrscheinlichkeit, qualifizierte Mitarbeiter zu verlieren, sinkt | - |
Familienfreundliche Unternehmenskultur
Doch allein einzelne Maßnahmen können das Ziel der Familienfreundlichkeit in den Unternehmen noch nicht erfüllen. Vielmehr muss auch die Unternehmenskultur dazu passen. Dafür müssen Unternehmen - zum Beispiel über Mitarbeiterbefragungen - analysieren, wie die Familienfreundlichkeit im Unternehmen wahrgenommen wird. Gibt es beispielsweise Unterschiede zwischen Geschäftsführung und Belegschaft? Haben die Mitarbeitenden bestimmte Wünsche an das Unternehmen, das dieses noch nicht erfüllt?
Zudem gilt es heute nicht nur die Zielgruppe der Mütter einzubeziehen. Auch Väter und Beschäftigte mit pflegebedürftigen Eltern müssen in den Fokus rücken. Damit sich die Unternehmenskultur familienfreundlich entwickeln kann, ist eine gezielte Kommunikation an die gesamte Zielgruppe nötig als auch entsprechende bedarfsgerechte Angebote für den gesamten Nutzerkreis.
Das Unternehmensnetzwerk "Erfolgsfaktor Familie" gibt in einem Leitfaden Umsetzungstipps und nennt Praxisbeispiele für die Entwicklung einer familienfreundlichen Unternehmenskultur.
Zertifizierung: Familienfreundliches Unternehmen
Inzwischen gibt es auch einige Arbeitgebersiegel, die speziell familienfreundliche Unternehmen auszeichnen. Ein bekanntes Beispiel ist dabei das "Audit Beruf und Familie". Schon vor 15 Jahren wurde das Audit als Siegel und Managementinstrument ins Leben gerufen. In einem mehrjährigen strukturierten Prozess werden Unternehmen dabei unterstützt, Lösungen für eine familien- und lebensphasenbewusste Personalpolitik zu finden.
Einen Zertifizierungsprozess bietet auch das Deutsche Institut für Qualitätsstandards und -prüfung e.V. (DIQP), eine private Non-Profit-Organisation, an. "Familienfreundlicher Arbeitgeber (DIQP)" ist das Gütesiegel, das am Ende des Prozesses steht.
Auch die Bertelsmann-Stiftung bietet ein Siegel an: das Qualitätssiegel "Familienfreundlicher Arbeitgeber". Die Stiftung beschreibt den Prozess als Prüfung, Bewertung und Auszeichnung familienbewusster Personalpolitik.
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