Wie sich unliebsame Mitarbeiterbefragungen neutralisieren lassen


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Unliebsame Mitarbeiterbefragungen neutralisieren

Die Personalarbeit läuft super, Sie haben alles im Griff. Doch plötzlich droht eine Mitarbeiterbefragung, die all die tollen Ergebnisse in Gefahr bringt? Keine Sorge, Kolumnist Uwe P. Kanning hat da so einige Tipps und Tricks parat, wie die Befragung auf jeden Fall zu Ihren Gunsten ausfällt.

Ihre Geschäftsführung ist auf eine verrückte Idee gekommen? Die Belegschaft soll flächendeckend nach ihrer Meinung befragt werden? Es geht um Themen wie Arbeitszufriedenheit, Commitment, Führung oder Arbeitgeberimage? Hier ist Vorsicht geboten! Allzu leicht können unliebsame Ergebnisse Ihre jahrelangen Bemühungen um erstklassige Personalarbeit infrage stellen. Aber keine Sorge, Sie sind dem nicht schutzlos aufgeliefert. Mit ein paar einfachen Tricks lässt sich das Unheil leicht abwenden.

Sorgen Sie von vornherein dafür, dass die Daten später nicht zu interpretieren sind!

  • Am leichtesten lässt sich dies dadurch erreichen, dass Sie Ihre Fragen möglichst schwer formulieren. Verwenden Sie viele Fachbegriffe, arbeiten Sie mit doppelter Verneinung.
  • Sorgen Sie dafür, dass jede Frage mindestens ein Dreizeiler ist, sodass kaum noch jemand die Frage bis zum Ende liest.
  • Setzen Sie möglichst wenige Fragen ein – beispielsweise nur mit einer einzigen Frage zur Arbeitszufriedenheit. Am Ende sind Sie genau so schlau wie vorher, weil Sie nicht wissen, worauf eine etwaige Unzufriedenheit zurückzuführen ist.
  • Ändern Sie möglichst häufig die Polrichtung: Bei manchen Fragen muss man ganz weit links ankreuzen, um eine positive Einstellung zu dokumentieren, bei anderen Fragen liegt der positive Pol der Skala auf der rechten Seite.
  • Verwirren Sie die Befragten zudem durch häufigen Wechsel der Antwortskalierung: auf fünfstufig ("stimme nicht zu" bis "stimme voll zu") folgt zweistufig ("ja" vs. "nein"), dann siebenstufig ("täglich" bis "nie") und wieder fünfstufig ("zufrieden" bis "neutral").
  • Lassen Sie Prozentwerte einschätzen ("Wie viel Prozent Ihrer Arbeitszeit..."). Das treibt mehr Menschen an die Grenzen ihrer kognitiven Möglichkeiten, als Sie denken.

Sorgen Sie dafür, dass möglichst viele genau das berichten, was Sie hören wollen!

  • Machen Sie schon in der Einleitung klar, welches Ergebnis erwartet wird: "Nach Abschluss unserer erfolgreichen Fusion möchte die Geschäftsführung nun Ihre Meinung wissen..."
  • Stellen Sie keine Fragen zu den wirklich brisanten Themen.
  • Wählen Sie eine Antwortskala, die keine explizit negativen Aussagen ermöglicht. Erfasst wird also beispielsweise nur das Ausmaß der Zufriedenheit, nicht aber das der Unzufriedenheit.
  • Erheben Sie möglichst detailliert viele demografische Daten (Alter, Geschlecht, Beschäftigungsdauer, Abteilungs- und Teamzugehörigkeit), sodass jede einzelne Person identifizierbar wird.

Sorgen Sie dafür, dass möglichst wenige mitmachen!

  • Stellen Sie sehr viele offene Fragen, bei denen die Beschäftigten selbst einen Text eingeben müssen. Hierdurch erzeugen Sie maximal viele Missings. Die brauchen Sie, um später sagen zu können, dass die Studie keine repräsentativen Ergebnisse erzeugt hat.
  • Legen Sie den Befragungszeitraum der Datenerhebung in die Sommerferien oder kurz vor Weihnachten.
  • Geben Sie eine so kurze Zeitspanne vor, dass viele den Zeitraum verpassen.
  • Geben Sie im anderen Extrem kein explizites Ende des Erhebungszeitraums an. Diesmal schieben die meisten die Beantwortung der Fragen so lange vor sich her, bis sie es vergessen haben.

Sorgen Sie für eine schlechte Datenanalyse und eine dilettantische Ergebnisinterpretation!

  • Produzieren Sie möglichst viele Säulendiagramme und berechnen Sie keine Zusammenhänge zwischen Variablen.
  • Verzichten Sie komplett auf Signifikanztests. Interpretieren Sie Unterschiede in den Säulendiagrammen bis zur dritten Stelle nach dem Komma.
  • Agieren Sie nach dem Prinzip des Confirmation Bias: Ergebnisse, die Ihnen in den Kram passen, werden besonders herausgestellt, während unerwünschte Befunde als Zufallsereignis, Folge einer Anomalie zum Zeitpunkt der Befragung oder schließlich als nicht repräsentativ dargestellt werden.

Und das Allerwichtigste kommt zum Schluss:

Lassen Sie die schlimmsten Ergebnisse einfach unter den Tisch fallen!

Sie sehen, wer Mitarbeiterbefragungen professionell angeht, muss keine Angst vor den Ergebnissen haben. Also nur Mut! Notfalls kaufen Sie eine Beratungsfirma ein, die unbedingt mit Ihnen einen Folgeauftrag abschließen will.


Der Kolumnist  Prof. Dr. phil. habil. Uwe P. Kanning ist seit 2009 Professor für Wirtschaftspsychologie an der Hochschule Osnabrück. Seine Schwerpunkte in Forschung und Praxis: Personaldiagnostik, Evaluation, Soziale Kompetenzen und Personalentwicklung.

Schauen Sie auch einmal in den  Youtube-Kanal "15 Minuten Wirtschaftspsychologie" hinein. Dort erläutert Uwe P. Kanning zum Beispiel zusammenfassend, wie Sie gute von schlechten Testverfahren unterscheiden warum Manager scheitern, wie ein Akzent die Bewertung von Bewerbern beeinflusst oder wie "smart" gesetzte Ziele für eine Leistungssteigerung sein müssen.