Während im deutschsprachigen Raum beim Thema Mitarbeiterbefragung die Datensammlung an vorderster Stelle steht, definiert der amerikanische Psychologe Daniel Levinson eine Mitarbeiterbefragung im Gegensatz dazu als einseitige Kommunikation mit den Mitarbeitern. Diese Sichtweise und Denkhaltung finde ich als „Personaler“ viel besser. Wie gehen Sie mit einem Mitarbeiter um, wenn Sie ihr (oder ihm) zuhören? Genauso sollte auch die Haltung sein, wenn man allen Mitarbeitern konzentriert, aktiv und wertschätzend zuhört.
Grundprinzipien der Kommunikation mit Mitarbeitern: Das CPR-Modell
Kommunikation ist also der entscheidende Prozess, quasi die „Klammer“ über alle Aktivitäten, welche im Zusammenhang mit einer Mitarbeiterbefragung durchgeführt werden. Daher lohnt es sich, an dieser Stelle einen Schritt zurück zu machen zu einigen Grundprinzipien der Kommunikation und dem CPR-Modell der Organisationalen Kommunikation nach Church und Kraut.
Die Forschung im Bereich der Kommunikation zu Qualitäts- (TQM) oder Entwicklungsinitiativen zeigt, dass man innerhalb von Organisationen strukturiert zu einer geeigneten Kommunikation kommen kann, wenn man sich die folgenden Fragen stellt:
- Was wird kommuniziert? (Inhalt – englisch: „Content“)
Der Inhalt der zu vermittelnden Botschaft steht im Vordergrund und bestimmt das Ziel der Kommunikation („Was will ich mit einer Kommunikationsintervention erreichen?“) - Wie wird es kommuniziert? (Prozess)
Die Dimension Prozess beleuchtet, welche Werkzeuge, Methoden, Formate und/oder Muster für die Kommunikation verwendet werden. - Wer kommuniziert? (Rollen)
Bei Rollen geht es um eine eindeutige Zuordnung von Personen oder Funktionen zu Aufgaben oder Verantwortungen während der Planung, Durchführung, Auswertung und den Follow-up-Aktionen nach der Mitarbeiterbefragung.
Der Inhalt der Kommunikationsbotschaft(-en) ist entscheidend und beeinflusst den Kommunikationsprozess und dessen Rollen, andererseits können aber auch die gewählten Kommunikationsmittel und -formate wie auch die Akteure der Kommunikation den Inhalt beeinflussen, z. B., wenn einzelne Führungskräfte oder auch der Betriebsrat besonders positiv oder kritisch der Befragung gegenüberstehen und dies innerhalb der Befragung genutzt werden soll.
Bezogen auf den Kommunikationsprozess ist der notwendige Detailgrad entscheidend für die Vielzahl der notwendigen Kommunikationsformate und bei einer informellen Kommunikation wird es mehr Akteure und mithin auch Rollen im Kommunikationsprozess geben als bei einer eher formalen „Top-down“-Kommunikation.
Kommunikation bei Mitarbeiterbefragungen
Bezogen auf diese Dimensionen und den Kontext Mitarbeiterbefragungen ergeben sich die folgenden drei Schlüsselfragenbereiche zur Kommunikation bei Mitarbeiterbefragungen:
Inhalt (Was?):
- Warum wird befragt?
- Wer wird befragt?
- Was wird gefragt?
- Welche Folgeaktionen sind gefragt?
Prozess (Wie?):
- Welche Formate werden verwendet?
- Wird per Email, Intranet, Meetings (welchen) kommuniziert?
- Wie wird sichergestellt, dass alle Mitarbeiter angemessen über die Befragung informiert werden?
Rollen (Wer?):
- Wer ist hauptverantwortlich, d. h., wer unterschreibt die Information und warum?
- Wer informiert und wann?
- Wer steht für Fragen zur Verfügung?
- Wie ist der Betriebsrat eingebunden?
Zusätzlich zur Auswahl der geeigneten Kommunikationsform und der geeigneten Informationsmittel ist es bei der Kommunikation zu Mitarbeitern, insbesondere bei möglicherweise kritischen Kommunikationsinhalten, die man bei Mitarbeiterbefragungen ganz sicher nicht ausblenden sollte, sehr wichtig, die Balance zwischen notwendiger Informationsmenge und zu viel Informationen zu halten. Bei den Mitarbeitern soll durch geeignete Kommunikation auf möglicherweise vorhandene Ängste und Misstrauen angemessen eingegangen und damit Vertrauen geschaffen werden. Auf der anderen Seite soll der Mitarbeiter aber nicht durch zu viel oder ungeeignete Information überladen, verwirrt oder gelangweilt werden.
Effektivität einzelner Kommunikationskanäle
Zum Prozess der Kommunikation gibt es jeweils eine formale und eine informale Komponente, denn neben den eher formalen (meist vorbereiteten) Formaten gibt es auch die Möglichkeit, informell über Meinungsbildner und Beziehungen zu kommunizieren. Die Schwerpunktsetzung in diesen Bereichen beeinflusst natürlich auch entscheidend, welche Rollen in der Kommunikation zur Mitarbeiterbefragung bedient werden sollen.
Die Vielzahl der effektiven Kommunikationswege und deren Effektivität hat Allan Church in seinem interessanten Buch „Designing and Using Organizational Surveys“ untersucht: Interessanterweise sind es gemäß dieser Studie nicht die offiziellen, internen Kommunikationskanäle, über welche am effektivsten kommuniziert werden kann, sondern Gerüchte mit 72 % Effektivität und externe Medien mit einer Effektivität von etwa 2/3. Weiterhin sind persönliche Kommunikationswege, idealerweise über die jeweilige direkte Führungskraft der Mitarbeiter, meist wirksamer als offizielle Informationskanäle.
Kanal | Wirksamkeit (von 1-5 auf 100 %-Skala gebracht) |
Gerüchte | 72 % |
Externe Medien | 66 % |
Über die direkte Führungskraft | 65 % |
Unternehmenskommunikation | 63 % |
Interne Mitteilungen auf Unternehmensebene | 62 % |
58 % | |
Meetings | 58 % |
Interne Videobotschaften | 54 % |
Interne Mitteilungen auf Abteilungsebene | 50 % |
Schwarzes Brett | 43 % |
Kontakt mit der Unternehmensleitung | 40 % |
Tipps zur Kommunikation bei Mitarbeiterbefragungen
Im Zusammenhang mit Mitarbeiterbefragungen haben sich zudem einige Ratschläge zur Kommunikation mit Mitarbeitern herauskristallisiert, welche Church wie folgt hervorhebt:
- Kommunizieren Sie vollständig, ohne zu überfrachten.
- Stellen Sie sicher, dass Kernbotschaften definiert sind und effektiv kommuniziert werden.
- Nutzen Sie unterschiedliche Methoden und Wiederholungen, um die Kernbotschaften effektiv zu kommunizieren und deren Verständnis sicherzustellen.
- Kommunizieren Sie offen und ehrlich.
- Erklären Sie die Rollen der einzelnen Stakeholder im Kommunikationsprozess.
- Die Kommunikation sollte idealerweise sichtbar von der Unternehmensleitung wie auch der Arbeitnehmervertretung durch persönliche Stellungnahmen (Einladung, Geleitwort etc.) mitgetragen sein.
- Die Verpflichtung zu angemessenen und nachvollziehbaren Follow-up-Aktionen sollte an geeigneter Stelle deutlich von der verantwortlichen Stelle ausgesprochen werden.
- Die Kommunikation sollte vom Beginn der Planung einer Mitarbeiterbefragung bis zum Ende der Follow-up-Aktionen und in einem fortlaufenden Prozess auch bis hin zur Planung der nächsten Befragung kontinuierlich sein.
Buchtipp: Der obige Text ist ein Auszug aus dem Buch "Mitarbeiterbefragungen. Ein effektives Instrument der Mitbestimmung" von Volker Nürnberg. Hier können Sie das Buch im Haufe-Shop bestellen. |