Studie: Defizite bei der Digitalisierung im Recruiting

Die Corona-Krise zeigt die Schwächen im Recruiting auf: Nur gut ein Drittel der Unternehmen bildet den gesamten Prozess digital ab. Eine schnelle Umstellung auf virtuelle Verfahren ist schwierig, ermittelte eine Umfrage des Personalmagazins und der Recruitingplattform Softgarden.

In den Unternehmen bestimmen Einstellungsstopps und die Reduzierung der Recruitingaktivitäten auf besonders kritische Positionen das Bild. So geben 57 Prozent der Arbeitgeber an, dass sie deutlich weniger rekrutieren und nur noch dringend benötigte Mitarbeiter einstellen. Aber es gibt einige Unternehmen (14 Prozent), die derzeit verstärkt neue Mitarbeiter benötigen.

Andere Arbeitgeber (19 Prozent) sagen: "Wir würden gern weiterrekrutieren, schaffen es aber nicht, auf virtuelle Verfahren umzustellen." Das heißt: Fast jedes fünfte Unternehmen würde gern auf virtuelle Verfahren umstellen, hat aber bislang keine Antwort auf diese Herausforderung.

Nur wenige Recruitingprozesse sind durchgehend digitalisiert

Die Ergebnisse einer gemeinsamen Umfrage des Personalmagazins und der Recruitingplattform Softgarden, an der 1.788 Bewerber und 130 Recruitingverantwortliche teilgenommen haben, machen die Digitalisierungsdefizite im Recruiting deutlich. Nur 36 Prozent der Unternehmen bilden aktuell den Gesamtprozess digital ab – bis zum Vertragsangebot.

Dabei rechnet eine Mehrheit der Bewerber (76 Prozent) und der Recruiter (89 Prozent) damit, dass die Recruitingverfahren bedingt durch die Corona-Pandemie langfristig digitaler werden.

Jobinterviews: Persönliche Eindrücke fehlen

Grundsätzlich können sich 89 Prozent der Bewerber vorstellen, ein Jobinterview virtuell zu führen. Bei den HR-Verantwortlichen sind es sogar 96 Prozent. Bevorzugte Tools dafür sind bei den Bewerbern Skype, Whatsapp und Zoom. Recruiter bevorzugen ebenfalls mehrheitlich Skype, gefolgt von Microsft Teams und Zoom.

Immerhin 27 Prozent der befragten Bewerber haben in den vergangenen Wochen an einem Vorstellungsgespräch per Videocall teilgenommen. Bei weiteren sieben Prozent ist ein solches geplant. Die Umfrage offenbart aber, dass es bei den derzeit durchgeführten Jobinterviews Optimierungspotenziale gibt. Viele Bewerber empfinden sie zum Beispiel als zu unpersönlich oder vermissen Einblicke in den potenziellen Arbeitsplatz.

Kaum Erfahrung mit virtuellen Maßnahmen beim Onboarding

Gut zwei Drittel der Bewerber können sich grundsätzlich vorstellen, dass auch das Onboarding beim neuen Arbeitgeber virtuell durchgeführt wird – zum Beispiel mit Hilfe von Onlinekonferenzen oder -Seminaren. Bei den Recruitern sind es sogar 71 Prozent. Allerdings klafft beim virtuellen Onboarding auf Personalerseite eine große Lücke zwischen Wunsch und Wirklichkeit: 69 Prozent haben keine Erfahrung damit.

Bei den 31 Prozent, die schon Online-Onboarding durchgeführt haben, kommen unterschiedliche Verfahren zum Einsatz, unter anderem Einführungstermine via Teams, eine Onboarding-App, virtuelle Buddy-Programme, E-Learnings, Webinare und Videokonferenzen.

Mit dem Fachkräftemangel wird es nicht vorbei sein

Die Studienergebnisse machen deutlich: Die Vorteile der digitalisierten Recruitingprozesse bleiben – ebenso wie der viel zitierte Fachkräftemangel. Zwar wird die Krise die Arbeitsmärkte stark verändern. Aber der Fachkräftemangel wird nach Abklingen der Pandemie nicht der Vergangenheit angehören, sondern nach der Krise in einigen Branchen genauso stark wie zuvor auftreten – oder sogar weiter zunehmen. Dieser Ansicht sind 62 Prozent der Bewerber und 84 Prozent der Recruiter.  


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