Vergütung: Tipps für Personaler in Gehaltsrunden

Das Jahresende naht und mit ihm auch in vielen Unternehmen große und kleine Gehaltsrunden. Damit Personaler sich hier strategisch gut positionieren und erfolgreich verhandeln, gibt der bekannte Gehaltscoach Martin Wehrle Tipps.

Haufe Online-Redaktion: Zum Jahresende steht in einigen Unternehmen auch eine Gehaltsrunde an. Was ist der wichtigste Tipp, den Sie Personalern für die Verhandlungen mit auf den Weg geben würden?

Martin Wehrle: Dass Sie sich von der Leistung der Mitarbeiter leiten lassen - und nicht nur von der Selbst-PR! Nicht die Lautesten sollen sich durchsetzen, sondern die Besten. Am wirkungsvollsten sind Gehaltserhöhungen, wenn der Mitarbeiter sie nicht nach allen Regeln der Kunst durchsetzen muss - sondern wenn er sie als Anerkennung für seine Leistung bekommt. Die aktive Rolle sollte auf Seiten der Firmen liegen, statt immer nur nach dem Feuerwehr-Prinzip dort zu löschen, wo gerade ein Mitarbeiter laut "Hilfe, mehr Gehalt!" ruft.

Haufe Online-Redaktion: Jürgen Klopp hat seinen Vertrag bis 2019 verlängert und bekommt das doppelte Gehalt. Wenn ein solch hohes Gehalt eines Managers offengelegt wird, wie sollte sich ein Personaler dann in der nächsten großen Gehaltsrunde im Unternehmen verhalten - schließlich weckt das Begehrlichkeiten ...

Wehrle: Natürlich registrieren die Mitarbeiter, was die Manager verdienen. Und es passt nicht zusammen, dass Gehälter im Top-Management erhöht, bei den einfachen Mitarbeitern aber gekürzt werden. Idealerweise entwickeln sich die Gehälter von Managern und Mitarbeitern in die gleiche Richtung - nach oben, wenn die Geschäfte gut laufen; und auf der Stelle oder nach unten, wenn die Geschäfte schlecht laufen. Andernfalls kann ein Personaler nur darauf verweisen, dass er lediglich ein bestimmtes Budget zu vergeben hat und dieses nach Kräften gerecht verteilen möchte.

Haufe Online-Redaktion: Personaler werden nicht nur an den großen Gehaltsrunden beteiligt, sondern auch an Gehaltsverhandlungen zwischen Führungskraft und Mitarbeiter. Mit welcher Verhandlungstaktik sollte ein Personaler in solche Gespräche gehen?

Wehrle: Als Personaler schaut man in dieser Situation objektiver: Chef und Mitarbeiter arbeiten im Alltag eng zusammen, da spielt der "Nasen-Faktor" eine große Rolle. Dabei sollten Gehälter nicht nach Sympathie, sondern nach Leistung und Qualifikation vergeben werden. Genau auf diese Punkte kann man als Personaler den Blick lenken. Und natürlich gehört auch der Gedanke dazu: Was muss man einem qualifizierten Mitarbeiter bieten, dass er dauerhaft in der Firma bleibt? Niemand weiß so gut wie Personaler, dass es meist mehr Geld kostet, einen Abgewanderten zu ersetzen, als ihn bei der Stange zu halten. Aber natürlich müssen sich die Forderungen in einem realistischen Rahmen bewegen. Auch hier hat ein Personaler objektivere Maßstäbe als ein Fachvorgesetzter.

Haufe Online-Redaktion: Eine vor kurzem veröffentlichte Studie belegt, dass Mitarbeiter, die in Gehaltsverhandlungen mit einer krummen Summe als erstes Angebot starten, ein höheres Gehalt heraushandeln als die, die mit einem glatten Angebot einsteigen. Entspricht das Ihrer Erfahrung und ist das ein Tipp, den Sie weitergeben würden?

Wehrle: Ja, absolut! Wenn ein Mitarbeiter "500 Euro mehr pro Monat" fordert, denkt jeder Vorgesetzte: Jetzt handle ich ihn auf 300 oder 400 runter. Wenn er ab 524 Euro fordert, entsteht sofort der Eindruck: Das hat er sich gut überlegt, da wird nicht viel Spielraum zum Verhandeln sein! Natürlich ist dieser Rückschluss falsch: Auch bei ungeraden Summen darf verhandelt werden. Ja, es sollte sogar verhandelt werden. Denn wenn eine Forderung einfach nur durchgewinkt wird, hat der Mitarbeiter später das Gefühl: "Ich habe zu wenig gefordert, es wäre noch mehr drin gewesen!" Verhandeln erhöht die Entscheidungssicherheit.

Haufe Online-Redaktion: Wer sollte das erste Angebot abgeben?

Wehrle: Wer die erste Zahl nennt, hat die besseren Karten - denn diese Zahl beeinflusst den weiteren Verlauf der Verhandlung. Allerdings rate ich Personalern davon ab, mit Mini-Angeboten in den Ring zu steigen. Das kann die Motivation der Mitarbeiter massiv schädigen und als mangelnde  Wertschätzung wahrgenommen werden. Für "fair" halte ich ein Angebot, das dem Mitarbeiter noch eine kleine Spanne zum Hochhandeln offenlässt - dann gehen beide zufriedener aus der Verhandlung.

Martin Wehrle hat sich als Gehaltscoach und Autor von Ratgeberliteratur zu Gehaltsfragen einen Namen gemacht. 2013 ist sein neues Buch "Geheime Tricks für mehr Gehalt" erschienen.

Das Interview führte Kristina Enderle da Silva, Redaktion Personal.


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