Zum Netzwerken setzen Beschäftigte aufs Büro

Nach Meinung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer könnte fast jeder zweite Arbeitsplatz mobil sein. Das zeigt eine deutschlandweite Befragung. Rein remote wollen aber die wenigstens arbeiten - vor allem unter den jüngeren Beschäftigten. Denn: Zum Netzwerk-Aufbau, zum Austausch und auch für einen Schulterblick setzen sie auf das Büro.

Das Forschungs- und Beratungsinstitut Great Place to Work hat in Kooperation mit der IHK Südlicher Oberrhein 1.032 Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in ganz Deutschland zum Thema "Zukunft der Arbeitswelt" befragt. Ziel war es herauszufinden, wie Beschäftigte über ihre Arbeitsplatzsituation denken.

Ein überraschendes Ergebnis der Befragung: Aus Sicht der Mitarbeitenden wäre fast jeder zweite Arbeitsplatz in ihrem Unternehmen remote-fähig, also unabhängig von einem bestimmten Standort. Erwartungsgemäß ist die Quote derer, die mobiles Arbeiten für möglich halten, in der Informations- und Kommunikationsbranche mit 86 Prozent besonders hoch. Aber selbst im Gesundheits- und Sozialwesen hält ein Drittel der Befragten das mobile Arbeiten zumindest teilweise für möglich.

Junge Menschen möchten nicht nur remote arbeiten

Eine weitere Erkenntnis der Studie: Kaum jemand möchte seinen Arbeitsalltag nur im Büro oder nur zu Hause verbringen (jeweils 11 Prozent). Obwohl der Ruf nach flexiblen Arbeitsmodellen meist den jungen Arbeitnehmenden zugesprochen wird, zeigt die Studie ein differenzierteres Bild: 18 bis 25-jährige Beschäftigte möchten zwar gerne hybrid arbeiten, 56 Prozent von ihnen wünschen sich jedoch, dass dabei der Schwerpunkt auf der Präsenz im Büro liegt. Andreas Schubert, Geschäftsführer von Great Place to Work, überrascht das nicht: "Junge Menschen, die in die Arbeitswelt streben, brauchen ein Netzwerk, Austausch und auch einen Schulterblick. Das alles passiert im Büro."

Anders ist das bei den älteren Kolleginnen und Kollegen: Mitarbeitende, die 55 Jahre und älter sind, zieht es verstärkt ins Homeoffice. 55 Prozent der Befragten in dieser Altersgruppe wünschen sich, dass sie vollständig oder hauptsächlich von zu Hause oder unterwegs arbeiten können. Das hat einen ganz einfachen Grund, so die Begründung der Studie: Ältere Beschäftigte haben sich über die Jahre bereits ein gutes Netzwerk im Unternehmen aufgebaut, sie kennen sich untereinander und können aus ihrer Sicht auf eine verstärkte körperliche Anwesenheit im Unternehmen verzichten.

Büro als Ort zum Netzwerken und konzentrierten Arbeiten

Wichtig für Arbeitgeber: Die Zufriedenheit der Beschäftigten mit ihrem Arbeitgeber hängt stark vom Arbeitsplatzmodell und der Arbeitsplatzausgestaltung ab. Der Umfrage zufolge bewerten Mitarbeitende, die in einem hybriden Arbeitsmodell tätig sind, die Arbeitsplatzkultur in ihrem Unternehmen deutlich positiver als Beschäftigte, die nicht remote arbeiten.

Doch auch für hybrid Arbeitende ist die Büroausstattung ein wichtiger Faktor: Fast drei Viertel (74 Prozent) der Befragten kommen ins Büro, um konzentriert arbeiten zu können. "Das bedeutet, dass die Arbeitsplatzatmosphäre vor Ort dies auch zulassen muss", sagt Emmanuel Beule, Referent Digitale Unternehmensentwicklung bei der IHK Südlicher Oberrhein. "Es geht nicht einfach nur darum, Büromöbel zu kaufen. Man braucht ein Konzept." Denn fast genauso wichtig ist den Mitarbeitenden laut der Studie das Treffen mit den Kollegen (70 Prozent). Auch hierfür müssen die richtigen Räume geschaffen werden.

Remote Work: Auch Mitarbeiterführung muss hybrid werden

Die mögliche Sorge von Führungskräften, dass die Mitarbeitenden im Homeoffice weniger produktiv sind, wird durch die Studie nicht begründet. 56 Prozent der Befragten sehen durch die Arbeit zu Hause sogar einen Produktivitätszuwachs, weitere 30 Prozent immerhin keine Verschlechterung ihrer Arbeitsleistung.

Ein nicht zu unterschätzendes Risiko hybrider Arbeitsmodelle stellt sich laut Umfrage jedoch bei denjenigen dar, die ausschließlich von zu Hause aus arbeiten möchten. Ihnen ermöglicht das Homeoffice, sich noch besser abzukapseln, der Kontakt zu Kollegen und Teamgeist spielen für sie meist eine untergeordnete Rolle. Mitarbeitende, die keine Teamplayer sind, gehen dadurch immer weiter verloren - sofern die Führungskraft nicht reagiert. Beule leitet daraus ab, dass die Mitarbeiterführung der Zukunft nicht singulär, sondern hybrid erfolgen muss. "Das ist durchaus anstrengend für beide Seiten – Führungsverantwortliche als auch Beschäftigte. Man muss sich um die kümmern, die nach dem klassischen Modell arbeiten wollen, und um die, die neue Arbeitsideen mitbringen. Das kostet mindestens die doppelte Zeit.", so Beule.


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