Rz. 34
Der in § 12 Abs. 1 TzBfG vorgeschriebenen Vereinbarung über den Arbeitszeitumfang weicht die Praxis über Rahmenvereinbarungen ohne Arbeitsverpflichtung und ohne Pflicht zum Arbeitsangebot aus. Der Arbeitgeber stellt eine Gruppe von Leuten für die Verrichtung einer bestimmten Tätigkeit zusammen. In der Rahmenvereinbarung werden Art der Arbeit und Vergütung geregelt, jedoch nicht, ob und wann es zum Arbeitseinsatz kommt.
Nach BAG, Urteil v. 31.7.2002, 7 AZR 181/01
Die X-GmbH erklärt sich bereit, Herrn A in die Liste der Interessenten für zeitweilige Arbeitseinsätze aufzunehmen. Die X-GmbH ist nicht verpflichtet, Arbeitsangebote zu machen. Herr A ist nicht verpflichtet, Beschäftigungsangebote anzunehmen.
Für den Fall, dass ein befristetes Arbeitsverhältnis zustande kommt, wird folgende Vergütung vereinbart: ….
Rz. 35
Ist die Gruppe größer als der regelmäßig zu erwartende Bedarf, kann der Arbeitgeber durch entsprechende Angebote den Einsatz bedarfsgerecht steuern.
Rz. 36
Ist durch die Rahmenvereinbarung klar geregelt, dass keine Arbeitspflicht besteht und erst mit Angebot und Annahme ein Arbeitsverhältnis begründet wird, handelt es sich bei der Rahmenvereinbarung nach der Rechtsprechung des BAG um kein Dauerarbeitsverhältnis, damit auch nicht um Abrufarbeit. Ein Rahmenvertrag ohne Arbeitspflicht begründet kein Arbeitsverhältnis. Unter dem Gesichtspunkt des Gestaltungsmissbrauchs kann Abrufarbeit vorliegen, wenn Dienstbereitschaft erwartet und die Arbeit zugewiesen wird. Es besteht auch keine Pflicht, statt Rahmenvereinbarung und Einzelarbeitsvertrag ein Abrufarbeitsverhältnis zu begründen. Der Arbeitgeber ist also frei, ob er ein Abrufarbeitsverhältnis oder aber eine Rahmenvereinbarung ohne Arbeitspflicht mit Einzelvereinbarungen über die jeweiligen Einsätze vereinbart.
Die rechtliche Einordnung sog. "Null-Stunden-Verträge" hängt von der konkreten Ausgestaltung ab. Als "Null-Stunden-Verträge" werden Verträge bezeichnet, in denen kein zeitlicher Mindestumfang der zu erbringenden Arbeitsleistung vereinbart wird. Entscheidend ist, ob der Arbeitnehmer ein Ablehnungsrecht hat oder nicht. Ergibt sich aus der Vereinbarung wegen der nach § 305 Abs. 2 BGB gebotenen Eindeutigkeit, dass der Arbeitnehmer ein Ablehnungsrecht hat, handelt es sich um eine wirksame Rahmenvereinbarung, die keine wechselseitigen Leistungspflichten begründet. Dies ist dann auch nicht nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unangemessen und verstößt nicht gegen § 12 TzBfG.
Gefährlich ist die Lösung über Rahmenverträge jedoch im Hinblick auf die Befristungskontrolle der befristeten Einzelarbeitsverträge. Die Befristung der Einzelarbeitsverträge bedarf der Schriftform nach § 14 Abs. 4 TzBfG. Die Anwendung von § 14 Abs. 2 TzBfG scheidet ab der 2. Beschäftigung aus, sodass für die befristeten Einzelarbeitsverträge ein sachlicher Grund vorliegen muss, wie z. B. ein kurzfristiger Vertretungsbedarf oder Arbeitsanfall.
Enthält ein Null-Stundenvertrag eine Arbeitspflicht ohne Festschreibung einer Arbeitszeit, liegt Abrufarbeit vor. Nach der Neureglung wird nunmehr nach § 12 Abs. 1 Satz 3 TzBfG eine wöchentliche Arbeitszeit von 20 Stunden fingiert. Die Bedeutung der Erhöhung von 10 auf 20 Wochenstunden darf nicht unterschätzt werden. Wird z. B. bei Minijobbern Arbeit auf Abruf ohne festgeschriebene Arbeitszeit praktiziert, drohen zumindest bei einer sozialversicherungsrechtlichen Betriebsprüfung Probleme. Da ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Vergütung der vollen Zeit von 20 Wochenstunden besteht, sind nach dem Entstehungsprinzip in der Sozialversicherung auch die daraus resultierenden Sozialversicherungsbeiträge entstanden und fällig, die der Arbeitgeber nach § 28g SGB IV alleine zu tragen hat.
Rz. 37
Nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs ist davon auszugehen, dass eine Rahmenvereinbarung ohne Arbeitspflicht in den Anwendungsbereich der Richtlinien 76/207/EWG vom 9.2.1976 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen und 97/81/EG zu Teilzeitarbeit fällt. Eine Rahmenvereinbarung, die weder Wochenarbeitszeit noch Ausgestaltung festlegt, stellt aber keine mittelbar diskriminierende Maßnahme dar, weil der Arbeitnehmer zwischen Annahme und Ablehnung der Arbeit wählen kann und daher die Vergleichbarkeit mit Vollzeitbeschäftigten nicht vorliegt.